Index
L82000 Bauordnung;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde der Sonja D Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien XII, Hilschergasse 25/15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Jänner 1991, Zl. R/1-B-8928, betreffend die Anordnung der Ersatzvornahme und einen Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. November 1980 hatte der Bürgermeister der Gemeinde Senftenberg dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin den Auftrag erteilt, das abweichend von einem Baubewilligungsbescheid vom 28. August 1979 errichtete Bauwerk innerhalb von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides abzutragen. Eine dagegen erhobene Berufung hatte der Gemeinderat mit Bescheid vom 19. März 1981 als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid vom 2. Juli 1981 hatte der Bürgermeister der Gemeinde Senftenberg ein Bauansuchen des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin um Erteilung einer nachträglichen baubehördlichen Bewilligung abgewiesen und (neuerlich) den Auftrag erteilt, den konsensgemäßen Zustand unverzüglich herzustellen. Die dagegen erhobene Berufung hatte der Gemeinderat mit Bescheid vom 29. September 1981 abgewiesen. Der dagegen erhobenen Vorstellung hatte die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 19. Februar 1982 Folge gegeben, den Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens entschied der Gemeinderat mit Bescheid vom 22. September 1986 wie folgt:
"Die Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 (AVG) in Verbindung mit § 63 Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Senftenberg vom 5.11.1980, Zahl Bp. 63/79, wird bestätigt."
Dieser Bescheid blieb der Aktenlage nach unbekämpft.
Mit Bescheid vom 19. April 1988 wies der Gemeinderat die Berufung gegen den Bescheid vom 2. Juli 1981 ab. Auch dieser Bescheid wurde der Aktenlage nach nicht weiter angefochten.
Mit Erledigung vom 30. Oktober 1987 drohte die Bezirkshauptmannschaft Krems dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin die Durchführung der Ersatzvornahme des mit Bescheid vom 5. November 1980 erlassenen baupolizeilichen Auftrages an und setzte eine Erfüllungsfrist von vier Monaten fest.
Nach weiteren, hier nicht wesentlichen Verfahrensschritten ordnete die Bezirkshauptmannschaft Krems mit Bescheid vom 13. Juli 1989 die angedrohte Ersatzvornahme an und trug gleichzeitig die Zahlung eines Betrages von S 12.500,-- als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme auf. Dieser nunmehr an die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin gerichtete Bescheid wurde damit begründet, daß sie auf Grund des Bescheides der Baubehörde vom 5. November 1980, bestätigt durch die Entscheidung vom 22. September 1986, zur Entfernung des Holzhauses verpflichtet sei. Die Vorschreibung der Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gründe sich auf die eingeholten Kostenvoranschläge sowie auf die Kostenberechnung durch den Amtssachverständigen. Ein von der Beschwerdeführerin vorgelegtes Anbot hätte nicht als ein solches einer "Fachfirma" qualifiziert werden können.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung behauptete die Beschwerdeführerin insbesondere die Unzulässigkeit der Vollstreckung. Für die errichtete Baulichkeit bestehe eine in Rechtskraft erwachsene Baubewilligung vom 28. August 1979, die den Rechtsvorgänger der Verpflichteten berechtige, einen 3 x 4 m großen Schuppen zu errichten. Die rund 2 x 4 m große Veranda, für die eine nachträgliche Baubewilligung nicht hätte erwirkt werden können, sei bereits im Jahre 1986 entfernt und Fensteröffnungen seien verschlossen worden. Die Baulichkeit entspreche nunmehr dem Baubewilligungsbescheid. Damit werde auch dem Bescheid vom 11. September 1981 Rechnung getragen, in dem die Verpflichtung ausgesprochen worden sei, den konsensgemäßen Zustand (Beschränkung auf 3 x 4 m) herzustellen. Eine Vollstreckungsverfügung sei aber hinsichtlich eines Auftrages unzulässig, der schon erfüllt sei. Weiters wurde auch die Höhe der vorgeschriebenen Kosten bekämpft.
Auf Grund dieser Berufung ersuchte die Niederösterreichische Landesregierung die Bezirkshauptmannschaft Krems um Feststellung, ob der Auftrag zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes bereits erfüllt worden sei. Mit Schreiben vom 12. Februar 1990 teilte die Bezirkshauptmannschaft Krems mit, daß nach einem Erhebungsbericht der Gemeinde die gegenständliche Veranda noch vorhanden sei (dieses Ermittlungsergebnis wurde der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht).
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. Jänner 1991 wies die Niederösterreichische Landesregierung die Berufung der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung ging die Berufungsbehörde davon aus, daß der Bescheid des Bürgermeisters vom 5. November 1980, bestätigt durch den Berufungsbescheid vom 22. September 1986, in Rechtskraft erwachsen sei. Ein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung sei mit Bescheid des Gemeinderates vom 19. April 1988 rechtskräftig abgewiesen worden. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die Veranda bei dem Blockhaus bereits entfernt worden sei, habe die Berufungsbehörde die Bezirkshauptmannschaft Krems um eine diesbezügliche Erhebung ersucht, die ergeben habe, daß die Veranda noch vorhanden sei. Die Durchführung der Ersatzvornahme erweise sich somit nicht etwa aus dem Grunde als unzulässig, daß die Beschwerdeführerin bereits ihrer Verpflichtung nachgekommen wäre. Im einzelnen wurde sodann näher ausgeführt, aus welchen Gründen auch der Kostenvorauszahlungsauftrag der Sach- und Rechtslage entspreche.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß nach Zustellung des Titelbescheides eine Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei, nämlich ein Teilabbruch des Schuppens auf das bewilligte Ausmaß. Schon mit diesem Vorbringen bekämpft die Beschwerdeführerin zu Recht die Zulässigkeit der Vollstreckung.
Zunächst ist davon auszugehen, daß hinsichtlich des den Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens bildenden Bauwerkes zwei baupolizeiliche Aufträge ergangen sind, nämlich die in der Sachverhaltsdarstellung erwähnten Aufträge vom 5. November 1980 und vom 2. Juli 1981. Während der erstgenannte Auftrag die Beseitigung des konsenswidrig errichteten Bauwerkes zur Gänze vorschreibt, wird mit dem Auftrag vom 2. Juli 1981 lediglich die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes angeordnet. Über die Berufung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin gegen den Auftrag vom 5. November 1980 entschied der Gemeinderat sowohl mit Bescheid vom 19. März 1981 als auch mit Bescheid vom 22. September 1986. Beide Bescheide sind der Aktenlage nach in Rechtskraft erwachsen. Über den Bescheid vom 2. Juli 1981 entschied der Gemeinderat endgültig erst mit Bescheid vom 19. April 1988. Der Aktenlage nach ist auch dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen. Der Bescheid vom 2. Juli 1981 ist sohin durch (partielle) materielle Derogation an die Stelle des Bescheides vom 5. November 1980 getreten, was zur Folge hat, daß der Bescheid vom 5. November 1980 nicht mehr Titel eines Vollstreckungsverfahrens sein darf, sondern nur mehr der Bescheid vom 2. Juli 1981. Danach konnte aber Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens nicht mehr die Beseitigung des Bauwerkes sein, sondern die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes. Dadurch, daß die belangte Behörde in dieser Beziehung die Rechtslage verkannt hat, hat sie ihren Bescheid Grunde mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Bemerkt wird noch, daß die belangte Behörde auch verpflichtet gewesen wäre, der Beschwerdeführerin das Ergebnis des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis zu bringen und ihr Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen (siehe § 45 Abs. 3 AVG).
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Bei dieser Situation erübrigte es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Geltendmachung eines den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrages.
Schlagworte
Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050043.X00Im RIS seit
03.05.2001