TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/18 90/08/0121

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ASVG §4 Abs1 Z6;
ASVG §4 Abs3 Z2;
KrPflG 1961 §52 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse in Graz gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 30. Mai 1990, Zl. 121.859/3-7/90, betreffend Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Hildegunde B;

2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeiststraße 1; 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei ist diplomierte Assistentin für physikalische Medizin; mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 25. August 1988 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 5. September 1988 wurde ihr gemäß §§ 25 lit. a, 26 Abs. 1 und 52 Abs. 4 des Gesetzes vom 22. März 1961, BGBl. Nr. 102, betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und des Sanitätshilfsdienstes, die Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des physiko-therapeutischen Dienstes unter verschiedenen Auflagen erteilt.

Aufgrund einer Meldung der erstmitbeteiligten Partei zur Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG wurde sie von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse auch in die Pensionsversicherung (und somit in die Vollversicherung) einbezogen; als die Erstmitbeteiligte gegen ihre Einbeziehung in die Pensionsversicherung Einwände erhob, stellte die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 17. Juli 1989 gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 (ergänze: Z. 2) ASVG fest, daß die erstmitbeteiligte Partei aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit als Physikotherapeutin seit 9. Jänner 1989 der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungspflicht unterliege. Gemäß § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG seien die in der Krankenpflege selbständig erwerbstätigen Personen, die zur Berufungsausübung nach den hiefür geltenden Vorschriften berechtigt seien und in Ausübung ihres Berufes keine Angestellten beschäftigten, den Dienstnehmern gleichgestellt. Der Begriff "in der Krankenpflege selbständig erwerbstätigen Personen" umfasse nicht nur selbständige Krankenpfleger, sondern all jene Personen, die gemäß § 52 Abs. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und des Sanitätshilfsdienstes (Krankenpflegegesetz) zur freiberuflichen Ausübung berechtigt seien. In dieser Gesetzesstelle sei der physikotherapeutische Dienst ausdrücklich genannt. Der Umstand, daß in § 135 Abs. 1 ASVG die physikotherapeutische Behandlung der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sei, betreffe eine Systematik (ergänze: des Leistungsrechtes) der Krankenversicherung, sei jedoch für den Umfang der Versicherungspflicht ohne Bedeutung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Erstmitbeteiligte Einspruch. Diesem Einspruch wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. Jänner 1990 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Einspruchsbescheid erhob die erstmitbeteiligte Partei Berufung an die belangte Behörde, worin vor allem auf die abweichende Praxis anderer Gebietskrankenkassen hinsichtlich der Berufskolleginnen der Erstmitbeteiligten hingewiesen und die Voraussetzungen der Versicherungspflicht weiterhin bestritten wurden.

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 30. Mai 1990 der Berufung der Erstmitbeteiligten Folge gegeben und festgestellt, daß diese aufgrund ihrer Tätigkeit als Physikotherapeutin ab 9. Jänner 1989 NICHT der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG unterliege. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, daß der auf § 52 Abs. 4 des Krankenpflegegesetzes gestützten Rechtsauffassung der Einspruchsbehörde nicht gefolgt werden könne, weil diese Gesetzesstelle im Zusammenhang mit der freiberuflichen Ausübung des Krankenpflegefachdienstes, des physikotherapeutischen Dienstes, des Diätdienstes sowie des logopädisch-phoniatrischen Dienstes lediglich jede Art der Werbung und Anpreisung verbiete. Schon der Titel des Bundesgesetzes vom 22. März 1961, betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und des Sanitätshilfsdienstes, lasse erkennen, daß es sich dabei um verschiedene Berufsgruppen handle. § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG sei lediglich auf die in der KRANKENPFLEGE selbständig erwerbstätigen Personen abgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde der Gebietskrankenkasse. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, erklärt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die erstmitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien haben erklärt, von der Erstattung von Gegenschriften Abstand zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 ASVG sind in der Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung die den Dienstnehmern im Sinne des Abs. 3 gleichgestellten Personen vollversichert. § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG in der seit der Stammfassung BGBl. Nr. 189/1955 unveränderten Fassung lautet:

"(3) Den Dienstnehmern stehen, soweit im folgenden nichts besonderes bestimmt wird, gleich:

1.

...

2.

in der Krankenpflege selbständig erwerbstätige Personen, die zur Berufsausübung nach den hiefür geltenden Vorschriften berechtigt sind, wenn sie in Ausübung dieses Berufes keine Angestellten beschäftigen;"

Aus den im gegebenen Zusammenhang in Betracht kommenden Vorschriften des Bundesgesetzes vom 22. März 1961, betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und der Sanitätshilfsdienste, BGBl. Nr. 102 (zuletzt geändert durch Art. III des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 314/1987), leiten die Beschwerdeführerin einerseits und die belangte Behörde sowie die Erstmitbeteiligte andererseits jeweils unterschiedliche Rechtsauffassungen ab: Aus der Bestimmung des § 52 Abs. 4 leg. cit. in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nrn. 95/1969 und 197/1973, wonach FREIBERUFLICH nur der Krankenpflegefachdienst, der physikotherapeutische Dienst, der Diätdienst und der logopädisch-phoniatrisch-audiometrische Dienst ausgeübt werden dürfen, zieht die Beschwerdeführerin den Schluß, daß alle in dieser Bestimmung genannten freiberuflichen Tätigkeiten der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG unterlägen. Die belangte Behörde schließt demgegenüber aus der SYSTEMATIK des Krankenpflegegesetzes 1961, nämlich der Gegenüberstellung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und des Sanitätshilfsdienstes, daß nur Angehörige des Erstgenannten, nicht aber der beiden übrigen (daher auch nicht des physikotherapeutischen Dienstes, der einen Zweig des medizinisch-technischen Dienstes darstellt) versicherungspflichtig seien.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Auslegung des § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG zunächst die Wortbedeutung der Wendung "in der Krankenpflege selbständig erwerbstätige Personen" zu untersuchen. Der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet im allgemeinen zwischen einem Krankenpfleger (einer Krankenpflegerin) bzw. in der Krankenpflege tätigen Personen einerseits und Personen, die medizinisch-technische Dienste versehen, andrerseits. Da aber die fragliche Norm an einen engeren Adressatenkreis gerichtet ist, kommt es nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht nur auf den allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch auf einen - davon unter Umständen abweichenden - spezielleren Sprachgebrauch der beteiligten Verkehrskreise an, wobei ein besonderer Sprachgebrauch dem allgemeinen Sprachgebrauch vorgehen würde (vgl. dazu etwa F. BYDLINSKI, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, Wien 1982, 439 f). Die Anknüpfung an eine bestimmte Tätigkeit UND an die dazu erteilte behördliche Bewilligung deuten zunächst darauf hin, daß der Gesetzgeber des ASVG von einem gesetzlich umschriebenen Begriff der Krankenpflege ausgegangen ist.

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ASVG stand im hier interessierenden Zusammenhang das Bundesgesetz vom 30. März 1949, BGBl. Nr. 93 (novelliert durch das Bundesgesetz vom 18. Juli 1952, BGBl. Nr. 168), betreffend die Regelung des Krankenpflegewesens (Krankenpflegegesetz), in Geltung; dieses bestimmte auszugsweise:

"§ 1 (1) Die berufsmäßige Ausübung

1.

der Krankenpflege,

2.

der Säuglings- und Kinderpflege,

3.

der gymnastisch-physikalischen Heilpflege,

4.

der Heildiätpflege,

5.

des medizinisch-technischen Hilfsdienstes,

ist - abgesehen von den in den Übergangsbestimmungen (§ 17) zugelassenen Ausnahmen - nur solchen Personen gestattet, die die Berechtigung hiezu nach diesem Bundesgesetze erworben haben.

...

§ 2 (1)

Die Krankenpflege umfaßt die Pflege bei Krankheiten aller Art einschließlich der Wochenpflege, der Pflege geistiger und seelischer Krankheiten sowie der Hilfeleistung bei ärztlichen Verrichtungen und der Ausführung ärztlicher Anordnungen bei der Heilbehandlung.

(2) Die Säuglings- und Kinderpflege umfaßt die Pflege von Frühgeborenen oder kranken Neugeborenen, Säuglingen und Kindern.

(3) Die Pflege bei der gymnastisch-physikalisch wirksamen Heilbehandlung umfaßt alle Arten der Heilgymnastik und die mechanische Beeinflussung des kranken Körpers oder Körperteiles mit den Händen oder mit mechanisch oder physikalisch wirksamen Hilfsmitteln, mit oder ohne Zuhilfenahme von arzneilichen oder arzneiartig wirkenden Stoffen behufs Behebung oder Verhütung von Funktionsstörungen im menschlichen Organismus oder seiner Gliedmaßen.

(4) Die Heildiätpflege umfaßt die Zubereitung besonderer Kost zur Ernährung kranker oder krankheitsgefährdeter Personen (Diätkost) nach ärztlicher Anleitung oder nach allgemeinen medizinischen Richtlinien.

(5) Der medizinisch-technische Hilfsdienst umfaßt die Hilfeleistung bei der Anwendung von Röntgenstrahlen oder von radioaktiven Stoffen zur Untersuchung und Behandlung von Menschen, bei der Zubereitung radioaktiver Stoffe und bei ähnlichen ärztlichen Verrichtungen, ferner die Untersuchung menschlicher Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen sowie menschlicher Körpergewebe und Arbeiten mit Kulturen lebender Krankheitserreger.

§ 4. Auf die in den §§ 1 und 2 angeführten Berufe findet die Gewerbeordnung keine Anwendung ...

Gemäß § 11 Abs. 1 dieses Gesetzes erhielten Personen, die die Schlußprüfung über die Ausbildung im Sinne des § 10 leg. cit. mit Erfolg abgelegt haben von der Prüfungskommission ein Diplom, welches sie gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. auch zur freiberuflichen Ausübung dieser Tätigkeit berechtigte. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ist also abzuleiten, daß - ungeachtet der Bezeichnung dieses Gesetzes als "Krankenpflegegesetz" - terminologisch zwischen den einzelnen Berufssparten, insbesondere auch zwischen Krankenpflege einerseits und der gymnastisch-physikalischen Heilpflege bzw. den medizinisch-technischen Hilfsdiensten andererseits, unterschieden wurde.

Diese Unterscheidung tritt noch deutlicher in der ebenfalls aus der unmittelbaren Entstehungszeit des ASVG stammenden Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, des medizinisch-technischen Dienstes und des Sanitätshilfsdienstes, vom 14. Oktober 1955 (621 Blg. sten. Prot. NR VII. GP) zutage, in welcher zwischen dem Krankenpflegefachdienst (umfassend die Krankenpflege im eigentlichen Sinn, die Kinderkranken- und Säuglingspflege, einschließlich Wochenbettpflege und der psychiatrischen Krankenpflege), den medizinisch-technischen Diensten (einschließlich des physikotherapeutischen Dienstes) und den Sanitätshilfsdiensten unterschieden wird und in welchem - zufolge der unterschiedlichen fachlichen Voraussetzungen - auch bereits eine vollständige Trennung der Ausbildungswege zwischen den einzelnen Berufssparten vorgesehen ist (EB zur RV, Seite 15). In diesen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (Seite 16) ist ferner ausdrücklich von den drei Sparten der Krankenpflege, und zwar der allgemeinen Krankenpflege, der Kinderkranken- und Säuglingspflege sowie der Pflege von Geisteskranken die Rede, welche dem medizinisch-technischen Dienst und den Berufen des Sanitätshilfsdienstes gegenübergestellt werden. Wenngleich das dieser Regierungsvorlage aus dem Jahre 1955 zugrundeliegende Konzept erst im Krankenpflegegesetz 1961, BGBl. Nr.102, Gesetzeskraft erlangte (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 345 Blg. sten. Prot. IX. GP, Seite 16), zeigen sowohl die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ASVG noch in Geltung gestandenen Vorschriften des Krankenpflegegesetzes 1949 als auch der damals in Diskussion befindliche Gesetzentwurf, daß (jedenfalls) die medizinisch-technischen Dienste NICHT als Teil der Krankenpflege verstanden wurden und sich auch in fachlicher Hinsicht von dieser grundlegend unterschieden haben.

Wenn daher im § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG von "in der Krankenpflege selbständig erwerbstätigen Personen" die Rede ist, dann kann darunter nach dem dargelegten (fachlichen) Sprachgebrauch nicht auch der medizinisch-technische Dienst, insbesondere nicht der einen Teil desselben bildende physiko-therapeutische Dienst verstanden werden.

Diese Überlegungen werden durch die Berücksichtigung der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ASVG vorgefundenen Rechtslage gestützt: Als Vorläuferbestimmung des § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG ist § 6 des (Reichs-)Angestelltenversicherungsgesetzes, DRGBl. I, Seite 563, vom 28. Mai 1924 anzusehen, welches zufolge § 1 Abs. 1 Z. 2 der Verordnung über die Einführung der Sozialversicherung im Lande Österreich vom 22. Dezember 1938 vom 1. Jänner 1939 bis 31. Dezember 1955 in Österreich in Geltung gestanden ist. Danach konnte die Reichsregierung (später gemäß § 2 Abs. 2 Behördenüberleitungsgesetz der Bundesminister für soziale Verwaltung) die Versicherungspflicht auch auf andere Personen erstrecken, die eine ähnliche Tätigkeit, wie die im § 1 Angestelltenversicherungsgesetz bezeichneten (ergänze: Dienstnehmer) auf eigene Rechnung ausübten, ohne in diesem Betrieb Angestellte zu beschäftigen. Aufgrund dieser Ermächtigung wurden mit Verordnung vom 8. Oktober 1929, DRGBl. I, S. 151, die selbständigen Musiker, mit Verordnung vom 14. März 1932, DRGBl. I, S. 142, die selbständigen Krankenpfleger(innen) und mit Verordnung vom 7. Februar 1943, DRGBl. I, Seite 87, die selbständigen Wochenpflegerinnen in die Versicherungspflicht einbezogen (vgl. SKOLNIK, Sozialversicherungsrecht I. Teil, Wien 1952, 248; ferner SCHMITZ, Die Angestelltenversicherung II, Wien 1951, S. 59).

In den Gesetzesmaterialien zum ASVG (Regierungsvorlage:

599 Blg. sten. Prot. NR, VII. GP, Seite 5; Ausschußbericht:

613 Blg NR, VII. GP, Seite 6) wird im Zusammenhang mit den "Gleichgestellten" im Sinne des § 4 Abs. 3 (in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage irrtümlich mit Abs. 4 bezeichnet) darauf hingewiesen, daß "die meisten ... Personen ... schon bisher in der Sozialversicherung erfaßt" (Regierungsvorlage) bzw. "zum größten Teil schon gegenwärtig in allen Zweigen der Sozialversicherung versichert" gewesen seien (so der Ausschußbericht); es werden aber in diesem Zusammenhang jeweils nähere Begründungen für die Ausdehnung der Versicherungspflicht in die eine oder andere Richtung gegeben (so für die Einbeziehung der bildenden Künstler, Gepäckträger, Berg- und Fremdenführer). Eine Begründung für die umfassendere Formulierung des § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG ist weder der Regierungsvorlage noch dem Ausschußbericht zu entnehmen. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Stammfassung des ASVG vom Gesetzgeber vorgefundene Rechtslage in Verbindung mit dem Umstand, daß im hier interessierenden Zusammenhang aus den Gesetzesmaterialien nicht hervorgeht, daß an eine wesentliche Ausdehnung dieses Personenkreises gedacht worden ist, läßt somit ebensowenig einen Schluß in die Richtung zu, daß mit der Wendung "in der Krankenpflege erwerbstätige Personen" ein über den allgemeinen Sprachgebrauch und den besonderen Sprachgebrauch der beteiligten Verkehrskreise hinausgehender Personenkreis, wie etwa jener der medizinisch-technischen Dienste erfaßt werden sollte. Dem Umstand, daß diese Berufe damals (wie heute) in EINEM Gesetz geregelt waren, welches (damals) als "Krankenpflegegesetz" bezeichnet war, kommt keine maßgebende Bedeutung zu, weil der zu ermittelnde Sprachgebrauch zur Zeit des historischen Gesetzgebers im (häufig verkürzenden) Titel eines Gesetzes allein nicht hinreichend zum Ausdruck kommt und eine Verweisung auf ALLE im Krankenpflegegesetz genannten Berufe dem § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG gerade nicht entnommen werden kann (vgl. im Gegensatz dazu etwa § 30b Gehaltsgesetz 1956, worin von "... Tätigkeiten im Sinne des Krankenpflegegesetzes ..." die Rede ist). Aus diesem Grund ist nicht von entscheidender Bedeutung, daß gemäß § 52 Abs. 4 des Krankenpflegegesetzes, BGBl. Nr. 102/1961 in der Fassung BGBl. Nrn. 93/1949 und 197/1973, AUCH der physiko-therapeutische Dienst FREIBERUFLICH ausgeübt werden darf. Der belangten Behörde, die den Hinweis auf § 52 Abs. 4 leg. cit. offenbar versehentlich auf die anderslautende Stammfassung dieser Bestimmung (nunmehr Abs. 5) bezogen hat, sodaß ihrer Begründung in diesem Punkt nicht beigetreten werden kann, ist im Ergebnis darin beizupflichten, daß die freiberufliche Ausübung des physiko-therapeutischen Dienstes nicht als ein Teil der Krankenpflege im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG anzusehen ist, weshalb die Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten zu verneinen ist.

Die Beschwerde der Gebietskrankenkasse war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990080121.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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