TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/25 89/07/0177

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.1991
beobachten
merken

Index

L66506 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrGG Stmk 1971 §51;
AgrGG Stmk 1985 §1 Abs5;
FlVfGG §17 Abs1;
FlVfGG §41 impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des

1.) T und der 2.) O gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Mai 1989, Zl. 710.809/02-OAS/89, betreffend Beteiligung an einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Siedlungsgemeinschaft U, vertreten durch den Obmann R) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen ist zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles eingangs auf das den Verfahrensparteien bekannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1988, Zl. 87/07/0138, hinzuweisen. Mit dem damals angefochtenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung (LAS) vom 22. Juli 1987 war - soweit für den nunmehrigen Beschwerdefall von Bedeutung - die Gründung der (neuen) Agrargemeinschaft U (AG) mit dreizehn Stammsitzliegenschaften unter Ausschluß der Beschwerdeführer bestätigt worden. Mit dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil der LAS zu Unrecht davon ausgegangen war, der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer habe hinsichtlich seiner Mitgliedschaft an der AG eine verbindliche Verzichtserklärung abgegeben. Auf eine für die Beschwerdeführer bindende Erklärung ihres Rechtsvorgängers habe somit die Entscheidung, wonach die Beschwerdeführer nicht als Mitglieder der AG in Frage kämen, nicht gestützt werden können. Ob ein solcher Ausschluß allenfalls in im Rahmen der Selbstverwaltung der Siedlungsgemeinschaft U (der nunmehr mitbeteiligten Partei, in der Folge kurz: SG) gefaßten, ordnungsgemäß zustandekommenen und verbindlichen Beschlüssen Deckung finde, vermöge der Verwaltungsgerichtshof nicht zu beurteilen, weil es diesbezüglich an entsprechenden Feststellungen der Agrarbehörden fehle.

Im nach der Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof fortgesetzten Verfahren holte der LAS schriftliche Stellungnahmen der Beschwerdeführer und der SG ein; ferner hielt er am 25. Mai 1988 eine mündliche Berufungsverhandlung ab, in welcher die Sach- und Rechtslage neuerlich erörtert wurde. Nachdem in dieser Verhandlung der Obmann der SG erklärt hatte, eine schriftliche Verzichtserklärung des E existiere nicht, doch seien Beschlüsse im Rahmen der Selbstverwaltung der SG gefaßt worden, wonach er nicht in die AG aufzunehmen sei, wurde die Verhandlung vor dem LAS geschlossen.

Mit seinem Bescheid vom 25. Mai 1988 gab der LAS nunmehr der Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid insofern Folge, als dessen Spruchpunkt II Z. 2 dahin abgeändert wurde, daß an der AG zu je 1/14 die jeweiligen Eigentümer von vierzehn im einzelnen angeführten Stammsitzliegenschaften, darunter nunmehr auch der "Nachlaß E", anteilsberechtigt seien. Begründend führte der LAS dazu nach einer ausführlichen Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes im wesentlichen aus, es sei dem Verwaltungsgeschehen auf Grund der Aktenlage nicht zu entnehmen, daß die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer im Sinne des § 51 des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes - StAgrGG 1985, LGBl. Nr. 8/1986, rechtsverbindliche Erklärungen abgegeben hätten, aus denen abgeleitet werden könnte, daß eine Beteiligung an der AG ausgeschlossen worden wäre. Auch gebe es keine diesbezügliche spruchmäßige Aussage in einem agrarbehördlichen Bescheid. Es sei daher grundsätzlich auch der Nachlaß nach E an der AG anteilsberechtigt. Eine Beschränkung des Anteilsrechtes auf die (Stammsitz-)Liegenschaft der Beschwerdeführer sei jedoch nicht möglich gewesen, weil das Anteilsrecht an der AG ein nachträglich hervorgekommenes Nachlaßvermögen darstelle, über welches erst in einer künftigen zivilrechtlichen Nachtragsabhandlung zwischen den Erben nach E abzuhandeln sein werde; dazu komme den Agrarbehörden keine Entscheidungsbefugnis zu. Es sei daher eine Anteilsberechtigung des Nachlasses nach E an der AG zu verfügen und auszusprechen gewesen, daß vierzehn Stammsitzliegenschaften an der AG beteiligt seien. Die Frage offener finanzieller Ausgleiche sei nicht Sache des anhängigen Berufungsverfahrens und bleibe der internen Willensbildung im Rahmen der autonomen Selbstverwaltung der SG vorbehalten.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde erhoben und geltend gemacht, nicht der Nachlaß nach E, sondern die Beschwerdeführer persönlich seien Eigentümer der Stammsitzliegenschaft, weil es mit dem Miterben nach E diesbezüglich bereits zu einem Erbübereinkommen gekommen sei.

Auch die SG hat gegen den Bescheid des LAS vom 25. Mai 1988 berufen und insbesondere ausgeführt, die Beschwerdeführer seien von einer Teilnahme an der AG ausgeschlossen, weil ihre Aufnahme in der Jahreshauptversammlung der SG am 24. Oktober 1985 abgelehnt worden sei. Ein diesbezügliches Recht sei auch nicht zum Gegenstand der Verlassenschaftsabhandlung nach E gemacht worden.

Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde wurde am 3. Mai 1989 eine mündliche Verhandlung abgehalten, in welcher der Vertreter der SG neuerlich auf den genannten Beschluß der Hauptversammlung hinwies. Die Vertreterin der Beschwerdeführer führte dazu ohne nähere Hinweise aus, der Beschluß der Hauptversammlung sei rechtswidrig gewesen; E habe nie eine Verzichtserklärung abgegeben. In der Berufungsverhandlung wurden noch B und C als Zeugen vernommen, ferner wurden ergänzende Stellungnahmen des Erst-Beschwerdeführers und des Obmannes der SG eingeholt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Mai 1989 gab die belangte Behörde der Berufung der SG gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 5 sowie § 2 StAgrGG 1985 statt, behob den Bescheid des LAS und stellte den Bescheid der Agrarbezirksbehörde Graz (ABB) vom 4. Dezember 1986 wieder her. Die Berufung der beiden Beschwerdeführer wurde gemäß denselben Gesetzesstellen als unbegründet abgewiesen.

Auch die belangte Behörde gab in der Begründung ihres Bescheides vorerst ausführlich den bisherigen Verfahrensverlauf wieder. Ihren rechtlichen Erwägungen stellte die belangte Behörde die (zutreffende) Überlegung voran, daß die belangte Behörde auf Grund der nunmehr abändernden Entscheidung des LAS zur Entscheidung über die erhobenen Berufungen gemäß § 7 Abs. 2 Z. 1 des Agrarbehördengestzes 1950 idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 476/1974 zuständig sei.

In der Sache selbst sei davon auszugehen, daß es sich nicht um die Frage der Mitgliedschaft an einer schon ursprünglich bestandenen Agrargemeinschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 StAgrGG 1985 handle, sondern vielmehr um eine (neue) Agrargemeinschaft im Sinne des § 1 Abs. 5 StAgrGG 1985. Nach dieser Bestimmung könne die Agrarbehörde Grundstücke von neu zu errichtenden wie auch solche schon bestehender Eigentumsgemeinschaften ohne Rücksicht auf die Rechtsform als agrargemeinschaftliche Grundstücke erklären, wenn der wirtschaftliche Zweck der Gemeinschaften eine Regelung der Verwaltung und Nutzung nach den für Agrargemeinschaften geltenden Vorschriften als erforderlich erscheinen lasse. Gemäß § 2 Abs. 1 StAgrGG 1985 bilde die Gesamtheit der Eigentümer der Stammsitzliegenschaften eine Agrargemeinschaft. Im Beschwerdefall sei vorerst eine SG begründet worden, die von allem Anfang an geplant habe, aus einem Teil der von ihr erworbenen landwirtschaftlichen Grundstücke eine AG mit nur dreizehn Mitgliedern zu bilden. Davon sei auch die ABB in ihrem Bescheid vom 5. Februar 1979 (allerdings nur in den Entscheidungsgründen) ausgegangen. Schließlich sei es im Bescheid der ABB vom 4. Dezember 1986 unter Spruchpunkt II zur Neubegründung einer Agrargemeinschaft gekommen, an welcher die Beschwerdeführer nicht beteiligt worden seien. Der dazu vom LAS nach der Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof vertretenen Auffassung, daß mangels einer entsprechenden Verzichtserklärung die Verlassenschaft nach E an der AG beteiligt sei, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen. E sei zwar Mitglied der SG gewesen, er habe aber, wie sich aus dem Inhalt der Verwaltungsakten ergebe, keinen Antrag auf Einbeziehung in die AG gestellt. Das StAgrGG 1985 biete keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Agrarbehörde Personen innerhalb neu zu errichtender Eigentumsgemeinschaften gegen den Willen dieser Gemeinschaft an sich oder auch gegen ihren eigenen Willen in eine Agrargemeinschaft einbeziehen könne. Ein ausdrückliches Begehren auf Einbeziehung in die AG habe aber E nicht gestellt. Sein Verhalten lasse vielmehr den Schluß zu, daß er tatsächlich eine Beteiligung an dieser AG abgelehnt habe. Auch der verhältnismäßig niedrige Anteil, mit welchem E an der SG beteiligt worden sei, habe nach dem Ermittlungsergebnis auf dem Umstand beruht, daß er an der "Weidefläche" nicht habe beteiligt sein wollen. Er habe auch kein Rechtsmittel gegen den Bescheid der ABB vom 5. Februar 1979 ergriffen, und er habe keine Einwendungen gegen den Inhalt eines Schreibens des Grundauffangfonds erhoben, in welchem ausdrücklich festgehalten worden sei, daß mit den Grundstücken der verbleibenden Restfläche eine Agrargemeinschaft gegründet werden solle, deren Mitglieder die Mitglieder der SG mit Ausnahme des E sein sollten. Schließlich hätten zahlreiche Zeugen bestätigt, daß E eine Mitgliedschaft an der AG abgelehnt habe. Es sei daher nicht ersichtlich, daß E der erst neu zu bildenden AG habe beitreten wollen.

Zu untersuchen sei daher nur noch, ob vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die AG neu begründet worden sei, die Beschwerdeführer einen entsprechenden Antrag auf Aufnahme in diese AG gestellt hätten und ob die SG diesem Antrag stattgegeben habe. Dazu sei zunächst festzustellen, daß Rechtsnachfolger nach E die beiden Beschwerdeführer einerseits und F andererseits gewesen seien; letzterer habe jedenfalls einen entsprechenden Antrag nie gestellt. Die Beschwerdeführer hätten zwar einen solchen Antrag eingebracht, doch sei dieser mit Beschluß der Hauptversammlung der SG vom 24. Oktober 1985 abgelehnt worden. Damit liege für die belangte Behörde eine Willensbildung der SG nicht vor, die eine Aufnahme der Beschwerdeführer in die AG zum Gegenstand gehabt hätte. Daran vermöge auch der Hinweis der Beschwerdeführer nichts zu ändern, daß der Obmann der SG seinerzeit grundsätzlich die Aufnahme der Beschwerdeführer in die AG bejaht habe. Abgesehen davon, daß der Obmann vor der belangten Behörde erklärt habe, daß sich seine Äußerung ausschließlich auf eine finanzielle Abgeltung des Übergenusses bezogen habe, sei für eine allfällige Teilnahme an der AG im Rahmen der Selbstverwaltung ausschließlich ein Beschluß der SG maßgeblich. Ein solcher positiver Beschluß liege aber nicht vor.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, daß zwar eine Eigentumsgemeinschaft im Sinne des § 1 Abs. 5 StAgrGG 1985 vorliege, daß den Verwaltungsakten aber kein Nachweis zu entnehmen sei, wonach im Rahmen dieser Eigentumsgemeinschaft auch E die Aufnahme in eine Agrargemeinschaft begehrt habe. Darüber hinaus stehe fest, daß die Beschwerdeführer zwar einen Antrag auf Aufnahme in die zu bildende AG gestellt hätten, dieser Antrag aber von der Hauptversammlung der SG im Rahmen ihrer Selbstverwaltung abgewiesen worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde sei daher festzuhalten, daß weder die Verlassenschaft nach E noch die Beschwerdeführer persönlich einen Anspruch darauf hätten, in die neu zu bildende AG aufgenommen zu werden. Bei diesem Ergebnis habe es sich erübrigt, auf die Argumente hinsichtlich der Frage einzugehen, ob die Beschwerdeführer persönlich oder die Verlassenschaft nach E Mitglied der AG zu sein hätten.

Gegen diesen Bescheid haben die beiden Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung verfassungesetzlich gewährleisteter Rechte an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher jedoch mit Beschluß vom 26. September 1989, B 784/89, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Das Fehlen eines Antrages auf Aufnahme in die AG könne den Beschwerdeführern nicht schaden, weil ein derartiger Antrag auch von den restlichen dreizehn Migliedern nie gestellt worden sei. Auch sei es nicht zu einer verbindlichen Verzichtserklärung gekommen, durch Stillschweigen aber könne E seinen Anspruch auf Aufnahme in die AG nicht verloren haben. Sein Ausschluß laufe auf eine noch dazu entschädigungslose Enteignung hinaus.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, auch sie beantragt die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit LGBl. Nr. 8/1986 wurde das steiermärkische Gesetz über die Agrargemeinschaften - AgrGG 1971, LGBl. Nr. 169/1971, als StAgrGG 1985 wiederverlautbart. Gemäß § 1 Abs. 5 dieses Gesetzes kann die Agrarbehörde Grundstücke von neu zu errichtenden wie auch solche schon bestehender Eigentumsgemeinschaften ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der diese Gemeinschaften verbüchert sind, als agrargemeinschaftliche Grundstücke erklären, wenn der wirtschaftliche Zweck der Gemeinschaften eine Regelung der Verwaltung und Nutzung nach den für Agrargemeinschaften geltenden Vorschriften als erforderlich erscheinen läßt. Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. bildet die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an welche Anteile an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden sind (Stammsitzliegenschaften), einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteile zustehen, eine Agrargemeinschaft.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß jene von der SG erworbenen Grundstücke, die nicht ins Einzeleigentum ihrer Mitglieder übertragen werden sollten, als agrargemeinschaftlich erklärt werden sollten und von der Agrarbezirksbehörde auch als agrargemeinschaftlich erklärt worden sind. Strittig ist ausschließlich, ob alle vierzehn Mitglieder der SG zu Inhabern beteiligter Stammsitzliegenschaften erklärt werden sollten oder ob die Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger davon ausgeschlossen sein sollten. Die belangte Behörde ist zu ihrem diesbezüglich mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden Ergebnis, wonach die AG nur aus dreizehn Stammsitzliegenschaften bestehen solle, auf Grund von drei zusammenwirkenden Überlegungen gelangt: Es hätten die Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger keinen darauf abzielenden Antrag gestellt; E habe vielmehr immer wieder zu verstehen gegeben,daß er auf eine Beteiligung an der AG verzichte; schließlich habe die SG im Rahmen ihrer Selbstverwaltung den Beschluß gefaßt, die AG nur zwischen den Inhabern von insgesamt dreizehn Stammsitzliegenschaften, also unter Ausschluß der Beschwerdeführer, zu begründen.

Zur ersten dieser drei Erwägungen machen die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, zu überprüfen und festzustellen, daß auch die übrigen Mitglieder der SG kein Aufnahmeansuchen für die neu zu begründende AG gestellt hätten. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor. Zwar haben Erhebungen in der von den Beschwerdeführern aufgezeigten Richtung tatsächlich nicht stattgefunden; sie erübrigten sich jedoch einerseits deshalb, weil aus dem Inhalt der vorgelegten Akten hervorgeht, daß tatsächlich keine individuellen Aufnahmeanträge durch die einzelnen Inhaber der vorgesehenen Stammsitzliegenschaften gestellt worden sind, und andererseits deshalb, weil die Stellung solcher Anträge für die Begründung der AG und für die Feststellung ihres Umfanges gar nicht erforderlich war. Darauf wird im folgenden noch zurückzukommen sein.

Was die von der belangten Behörde neuerlich aufgegriffene Frage einer Verzichtserklärung des E betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 8. März 1988, Zl. 87/07/0138, ausgesprochen, daß eine bindende Rechtslage in dieser Richtung mit Rücksicht auf § 51 StAgrGG 1985 durch E nicht geschaffen worden ist. An diese Auffassung war gemäß § 63 Abs. 1 VwGG auch die belangte Behörde gebunden. Die Beschwerdeführer sind deshalb insoweit im Recht, als sie in ihrer Beschwerde geltend machen, auch im angefochtenen Bescheid hätte nicht von einem solchen Verzicht ausgegangen werden dürfen. Von Relevanz für das Verfahrensergebnis wäre dieses Vorbringen allerdings nur dann, wenn die belangte Behörde ausschließlich von einem solchen Verzicht als entscheidend dafür ausgegangen wäre, daß die Beschwerdeführer bzw. ihr Rechtsvorgänger nicht als Inhaber einer weiteren (vierzehnten) Stammsitzliegenschaft der neuen AG in Betracht gekommen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits mehrfach erwähnten Vorerkenntnis ausdrücklich darauf verwiesen, daß der Ausschluß der Beschwerdeführer bzw. ihres Rechtsvorgänges aus der neuen AG ungeachtet des Verhaltens des E in im Rahmen der Selbstverwaltung der SG gefaßten, ordnungsgemäß zustande gekommenen und verbindlichen Beschlüssen Deckung finden könne. War dies, wie es die belangte Behörde letztlich im angefochtenen Bescheid angenommen hat, der Fall, dann hatte die Begründung der neuen AG ohne die Beschwerdeführer ihre rechtliche Deckung, und alle im angefochtenen Bescheid enthaltenen Hinweise auf einen Verzicht des E hätten nur mehr einen den Hintergrund der SG-internen Vorgänge illustrierenden, rechtlich nicht entscheidenden Charakter.

Der Beschwerde sind dazu keine rechtlich relevanten Ausführungen zu entnehmen; allerdings führen die Beschwerdeführer in der Wiedergabe des Sachverhaltes unter II. ihrer Beschwerde selbst aus, die AG habe bereits in einer Vollversammlung vom 19. März 1984 die Gründung der AG unter Ausschluß der Beschwerdeführer beschlossen. In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich tatsächlich das Protokoll einer Vollversammlung der SG vom 19. März 1984, aus welchem hervorgeht, daß damals die Mitglieder der SG "vollzählig erschienen" waren und - so Seite 3 des Protokolls - einstimmig "die Mitgliedschaft aller 13 Mitglieder (mit Ausnahme E) von EZ. 1-13, welche bisher Anzahlungen und Leistungen erbracht haben, zu gleichen Teilen" beschlossen haben.

Die belangte Behörde hat darüber weder Erhebungen gepflogen noch Feststellungen getroffen. Wohl aber hat sie (Seite 19 ff des angefochtenen Bescheides) festgestellt, die Beschwerdeführer hätten einen Antrag auf Aufnahme in die AG eingebracht, dieser sei jedoch mit Beschluß der Hauptversammlung der SG vom 24. Oktober 1985 abgelehnt worden; ein positiver Beschluß der SG für eine allfällige Teilnahme der Beschwerdeführer an der AG liege daher nicht vor. Dazu enthält die Beschwerde überhaupt keine Ausführungen. Der somit unbestritten gebliebene Hinweis auf einen im Rahmen der Selbstverwaltung der SG gefaßten, verbindlichen Beschluß findet auf der anderen Seite ebenfalls Deckung in den vorgelegten Verwaltungsakten. Nach dem über die Jahreshauptversammlung der SG vom 24. Oktober 1985 vorliegenden Protokoll haben daran unter anderem die Beschwerdeführer teilgenommen. Punkt 8. dieser Niederschrift lautet wie folgt:

"BESCHLUSSFASSUNG ÜBER NACHTRÄGLICHE AUFNAHME T IN DIE

AGRARGEMEINSCHAFT:

Der Obmann berichtet, daß dieser Punkt in die Tagesordnung aufgenommen wurde, um über eine allfällige, nachträgliche Aufnahme von T reden und entscheiden zu können. - Er erinnert daran, daß die Entscheidung über eine Mitgliedschaft bei der Agrargemeinschaft bereits 1974 gefaßt werden mußte, wobei der Rechtsvorgänger E trotz Zureden eine Mitgliedschaft bei der Agrargemeinschaft strikt ablehnte. Die bereits 1974 fällige Anzahlung von S 11.000,-- je Anteil (insg. S 143.000,--) wurde von den restlichen 13 Mitgliedern erbracht; E beteiligte sich auch nicht an der Aufbringung der Arbeits- und Aufwandskosten zur Aktivierung des Weidebetriebes in Höhe von S 176.000,--.

Als 'einfachste Lösung' stellt T neuerlich den Antrag um nachträgliche Aufnahme in die Agrargemeinschaft.

Diskussion und GEHEIME ABSTIMMUNG. Von 25 abgegebenen Stimmen ist 1 leer, 5 für und 19 gegen eine Aufnahme T in die Agrargemeinschaft."

Diese Niederschrift scheint insofern berichtigungsbedürftig zu sein, als die Jahreszahl 1974 offenbar richtig 1984 zu lauten hätte, und als es sich in Wahrheit nicht um eine "nachträgliche Aufnahme" in die AG handeln konnte, weil diese AG am 24. Oktober 1985 mangels behördlicher Gründung noch gar nicht bestanden hat. Dessenungeachtet bringt dieses Protokoll - und zwar, wie gesagt, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestritten - zum Ausdruck, daß die Frage der an der neuen AG zu beteiligenden Stammsitzliegenschaften im Rahmen der Selbstverwaltung der SG erörtert und einer Beschlußfassung mit dem Ergebnis unterzogen wurde, daß die SG beabsichtigte, ihre nicht ins Einzeleigentum zu überführenden Grundstücke zu agrargemeinschaftlichen erklären zu lassen, wobei an der Agrargemeinschaft eben nur dreizehn Stammsitzliegenschaften beteiligt sein sollten.

Mit diesem im Rahmen der Selbstverwaltung der SG als der Eigentümerin der betroffenen Grundstücke eingenommenen Haltung stimmte das Verfahren der Agrarbehörden bei der nachfolgenden Bescheiderlassung im Sinne des § 1 Abs. 5 StAgrGG 1985 überein. Diese Vorgangsweise - zu deren Begründung es (anders als die belangte Behörde meint) keiner gesonderten Antragstellung der einzelnen Eigentümer der künftigen Stammsitzliegenschaften bedurfte - vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als gesetzwidrig zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde zeigt daher im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG im Zusammenhalt mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie C Z. 7 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989070177.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten