TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/18 91/03/0106

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs1;
StVO 1960 §52 Abs10a;
VStG §25 Abs1;
VStG §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Thomas K in I, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in I gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Februar 1991, Zl. IIb2-V-8498/3-1991, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe am 3. Februar 1990 um 22.06 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf der bezeichneten Straße innerhalb einer bestimmten Ortschaft, Höhe des ...-werkes die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h überschritten. Er habe dadurch eine Verwaltungübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, das dem Akt beiliegende Radarfoto zeige den PKW des Beschwerdeführers und die eingehaltene Geschwindigkeit von 82 km/h, wobei von diesem Wert zugunsten des Beschwerdeführers eine Meßtoleranz von 5 km/h berücksichtigt worden sei. Zur Behauptung des Beschwerdeführers, es liege eine Fehlmessung vor, sei der Meldungsleger als Zeuge einvernommen worden. Dieser habe eine Beeinträchtigung des Meßergebnisses ausgeschlossen, da auf Grund der Einblendung auf dem im Akt befindlichen Foto ersichtlich sei, daß der abfließende Verkehr und nicht der entgegenkommende Verkehr gemessen worden sei, wobei auch der Meßbereich auf dem gegenständlichen Radarfoto angezeichnet worden sei; es habe auf Grund der Gerätetype zu keiner Beeinträchtigung der Messung durch andere Fahrzeuge kommen können, sodaß die Messung ordnungsgemäß durchgeführt und somit eben die Geschwindigkeit des PKW's des Beschwerdeführers angezeigt worden sei. In seiner ersten Rechtfertigung, welche erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten komme, habe der Beschwerdeführer auch angegeben, er habe auf die Geschwindigkeit nicht geachtet. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten daher eine Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf beruft, der Beschwerdeführer habe in seiner ersten Rechtfertigung angegeben, er habe auf die Geschwindigkeit nicht geachtet, ist zunächst festzuhalten, daß das Eingeständnis, auf die Geschwindigkeit nicht geachtet zu haben, nicht zwingend in sich schließt, daß der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe.

In erster Linie beruft sich die belangte Behörde allerdings auf das im Akt erliegende Radarfoto als Beweismittel. Was dieses Beweismittel anlangt, hatte der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis folgendes ausgeführt:

"Das angefochtene Straferkenntnis ist ergangen, ohne daß geprüft worden ist, ob eine Fehlmessung der Radaranlage

vorgelegen ist oder nicht. ... Diesbezüglich wurde beantragt zu

erheben, in welchem Abstand vom Fahrbahnrand und in welchem Winkel zur Fahrbahn das Radargerät installiert worden ist. ... Weder wurde der Eichschein eingeholt, noch wurden die Beamten bezüglich des Aufstellungsortes der Radaranlage befragt. Außerdem hat sich die Behörde auch nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt, wonach auch deswegen eine Fehlmessung vorliegt, da neben dem PKW des Beschuldigten ein weiteres Fahrzeug offensichtlich vom Radarstrahl erfaßt und am Radarfoto abgebildet worden ist. Es wurde auch dargelegt, daß auch durch die am gegenüberliegenden Fahrbahnrand bestehenden Hindernisse eine Reflektion des Radarstrahls eintreten konnte. Mit diesen Argumenten hat sich die Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt, sodaß ein Verfahrensmangel bzw. Begründungsmangel vorliegt."

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde zur Ergänzung der Ermittlungen lediglich der Meldungsleger als Zeuge einvernommen. Der Inhalt der betreffenden Zeugenaussage wurde im angefochtenen Bescheid wiedergegeben.

Auf Grund dieses Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu beurteilen, ob eine Beeinträchtigung des Meßergebnisses vorliegen kann. Ob und bejahendenfalls in welcher Weise ein zweites in unmittelbarer Nähe des von der Messung betroffenen Fahrzeuges in der Gegenrichtung fahrendes Fahrzeug auf das Meßergebnis von Einfluß sein kann, ist aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes eine von einem Sachverständigen zu beantwortende Frage (siehe hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1986, Zl. 86/02/0039).

Im vorliegenden Fall wurden, wie der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde zu Recht rügt, weder die Daten der Eichung erhoben, noch wurde das Gutachten eines technischen Sachverständigen zum Radarfoto eingeholt. Stichhältig ist auch die in der Beschwerde erhobene Rüge, daß sich der Meldungsleger zwar auf den abfließenden Verkehr, welcher innerhalb der Einkerbungen am unteren Bildrand des Radarfotos ersichtlich sei, berufen habe, daß jedoch auch das in entgegengesetzter Richtung fahrende Fahrzeug innerhalb dieser Einkerbungen ersichtlich sei. Dieser Umstand wurde von der belangten Behörde nicht aufgeklärt. Auch der sich aus der Zeugenaussage des Meldungslegers ergebenden Frage, inwiefern es "auf Grund der Gerätetype" zu keiner Beeinträchtigung der Messung durch andere Fahrzeuge habe kommen können, trat die belangte Behörde nicht näher.

Der Sachverhalt bedarf somit in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Feststellen der GeschwindigkeitBeweismittel Sachverständigenbeweis Technischer SachverständigerSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030106.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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