TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/30 91/19/0138

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
JN §66 Abs2;
PaßG 1969 §23 Abs1;
PaßG 1969 §28;
PaßG 1969 §29 Abs3 lita;
PaßG 1969 §37;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des A in Trabzon, Türkei, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulates in Istanbul, vom 3. April 1991, Zl. 7.11/132/91, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I

1. Mit Eingabe an das Österreichische Generalkonsulat in Istanbul (die belangte Behörde) vom 22. Februar 1991 hatte der nunmehrige Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, "um die Ausstellung eines befristeten Wiedereinreise-Sichtvermerkes (Vorschlag: 1 Jahr) ersucht". In diesem Antrag war - unter Vorlage eines an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gerichteten Sichtvermerks-Antrages des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 1990 und des daraufhin an ihn ergangenen Antwortschreibens dieser Behörde vom 18. Februar 1991, wonach vorliegend die österreichischen Vertretungsbehörden in der Türkei zur Entscheidung zuständig seien - darauf hingewiesen worden, daß der Beschwerdeführer in Trabzon, Türkei, wohnhaft sei.

2. Mit Schreiben vom 3. April 1991 teilte die belangte Behörde dem Vertreter des Beschwerdeführers folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr Dr. GÜ

Zur Ihrem Schreiben 90/2/164 vom 22.2.1991 teilt das Generalkonsulat mit, daß bei Durchsicht der Unterlagen des letzten Jahres kein SV-Antrag von A aufgefunden werden konnte.

Da laut Ihrem Antrag vom 19.10.1990 an die BH Feldkirch Herr A in Frastanz wohnhaft ist, kann durch das Generalkonsulat dzt. kein Sichtvermerk erteilt werden.

    Mit freundlichen Grüßen

                                          Adolf K

                                          Generalkonsul"

3. Durch dieses vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Schreiben erachtet er sich "in seinem Recht verletzt, eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Sichtvermerk) für Österreich zu bekommen". Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten (in Ablichtung) vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist festzuhalten, daß die angefochtene Erledigung (oben I.2.) als eine die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erteilung des beantragten Sichtvermerkes verneinende Entscheidung zu qualifizieren ist, die als verfahrensrechtlicher Bescheid einer Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist. Die vorliegende Bescheid-Beschwerde ist demnach zulässig.

2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz, BGBl. Nr. 422/1969, (PaßG 1969) bedürfen Fremde zur Einreise in das Bundesgebiet außer einem gültigen Reisedokument (§ 22) eines österreichischen Sichtvermerkes; dies gilt nicht, wenn durch zwischenstaatliche Vereinbarung anderes bestimmt wird oder wenn der Fremde während einer Zwischenlandung auf einem österreichischen Flugplatz dessen Transitraum nicht verläßt (Transitreisender).

Im Beschwerdefall bedurfte der Beschwerdeführer eines Sichtvermerkes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1991, Zl. 91/19/0067).

Nach § 29 Abs. 1 PaßG 1969 obliegt die Erteilung von Sichtvermerken im Ausland u.a. bei gewöhnlichen Sichtvermerken den österreichischen Vertretungsbehörden.

Zufolge des § 29 Abs. 3 leg. cit. richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Erteilung von Sichtvermerken im Ausland (lit. a) nach dem Aufenthalt.

3.1. Die belangte Behörde hat ihre zuständigkeitsverneinende Entscheidung damit begründet, daß der Beschwerdeführer "laut Antrag vom 19. Oktober 1990 an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch" in Frastanz wohnhaft sei. Diese Begründung ist verfehlt, da die belangte Behörde die Beurteilung ihrer örtlichen Zuständigkeit nicht auf den vorgenannten, sondern auf den Zeitpunkt ihrer angefochtenen Entscheidung abzustellen hatte. Für diesen Zeitpunkt aber hatte die belangte Behörde unter Zugrundelegung des (bei ihr am 3. April 1991) eingelangten Sichtvermerks-Antrages vom 22. Februar 1991 davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer "in Trabzon wohnt". Die unzutreffende Begründung erweist sich indes nicht als wesentlicher Verfahrensmangel, da die belangte Behörde auch ohne diesen Fehler zu keiner anderen Entscheidung hätte kommen können.

3.2. Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er in Trabzon wohne, also dort seine Wohnung habe, bedeutet, daß er in dieser Stadt über eine Räumlichkeit verfügt, die er tatsächlich benützt bzw. bewohnt, wo er sich sohin aufzuhalten pflegt (vgl. die auch für den vorliegenden Fall relevanten Ausführungen zum Begriff der Wohnung bei MAYER, Das österreichische Zustellrecht, Wien 1983, S. 32). "Wohnen" ist mithin nichts anderes als das ausschließlich nach tatsächlichen Umständen bestimmte "Sichaufhalten", der (gewöhnliche) Aufenthalt (zu letzterem vgl. § 66 Abs. 2 JN). Damit hatte die belangte Behörde der Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit zur beantragten Erteilung des Sichtvermerkes den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Trabzon zugrunde zu legen. Da sich diese Stadt - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - im Amtsbereich der österreichischen Botschaft in Ankara befindet, war die belangte Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vom 3. April 1991 zur begehrten Sichtvermerks-Erteilung örtlich unzuständig.

4. Nach dem Gesagten steht der angefochtene Bescheid im Ergebnis mit dem Gesetz (§ 29 Abs. 3 lit. a PaßG 1969) im Einklang, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Antrages (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidcharakter Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190138.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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