TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/28 91/19/0258

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.1991
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c;
AVG §67d;
AVG §67e;
AVG §67f;
AVG §67g;
AVG §79a;
B-VG Art131a;
FrPolG 1954 §5a Abs6;
FrPolG 1954 §5a;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des A, zuletzt in W, vertreten durch Dr. P und Dr. G, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. August 1991, Zl. UVS-01/14/00037/91, betreffend Kostenersatz in Angelegenheit Festnahme und Schubhaft nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. August 1991 wurde die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. Juli 1991 verfügte und an diesem Tag erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers sowie die nachfolgende Anhaltung desselben unter Berufung auf § 5a Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 21/1991, in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG für rechtswidrig erklärt. Gleichzeitig wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid - und zwar allein gegen die Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung des Kostenersatzes - richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0162) hat der unabhängige Verwaltungssenat in einem Fall wie dem vorliegenden die Vorschrift des § 79a AVG anzuwenden; dies ungeachtet des Umstandes, daß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, insbesondere auch dessen Abs. 6 zweiter Satz, nicht explizit einen Verweis darauf enthält, da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß der Gesetzgeber die Anwendbarkeit des § 79a AVG in einem solchen Fall ausschließen wollte. Die Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift geben keinen Anlaß, von dieser Rechtsanschauung abzugehen: Daß der Gesetzgeber "trotz uneinheitlicher Judikatur" der unabhängigen Verwaltungssenate zu der Kostenersatzfrage betreffend Beschwerden nach § 5a Fremdenpolizeigesetz die Novelle BGBl. Nr. 406/1991 nicht zum Anlaß genommen hat, einen Kostenersatzanspruch der obsiegenden Partei, ähnlich dem § 79a AVG einzufügen, muß keineswegs als Anhaltspunkt dafür gewertet werden, daß der Gesetzgeber die Anwendbarkeit des § 79a AVG in einem solchen Falle ausschließen wollte.

Der Schluß des Beschwerdeführers, § 79a AVG sei bei Beschwerden nach § 5a Fremdenpolizeigesetz deshalb anwendbar, weil die im § 5a Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz erwähnte Vorschrift des § 67c AVG auch im § 79a AVG erwähnt ist, ist zwar nicht zwingend, von einem "völlig verfehlten Umkehrschluß" kann aber - entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift - keine Rede sein.

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung der Möglichkeit einer Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat durch § 5a Fremdenpolizeigesetz offenbar die Zuständigkeitsvorschrift des § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG (Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) im Auge hatte. Gerade weil die bisherige Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 1990, Zlen. B 947, 1006/89) die aufgrund eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides erfolgte Festnahme und Anhaltung nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifizierte, schien es bei der Schaffung einer Beschwerdemöglichkeit dagegen naheliegend, eine Zuordnung zu der Vorschrift des § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG vorzunehmen. Auch aus dem im § 5a Abs. 6 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz enthaltenen Verweis, wonach die §§ 67c bis 67g AVG mit der nachfolgend angeführten "Maßgabe" gelten sollen, ist erschließbar, daß der Gesetzgeber zwar die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat für Beschwerden gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG (an diese Gesetzesstelle knüpft § 67c Abs. 1 AVG ausdrücklich an) geltenden Vorschriften des AVG - sohin auch jene des § 79a - auch für Beschwerden gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz grundsätzlich angewendet wissen, jedoch eine teilweise davon abweichende Regelung schaffen wollte.

Was schließlich den Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift darauf anlangt, daß die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung auch von anderen unabhängigen Verwaltungssenaten geteilt werde, so kann dahinstehen, ob dies zutrifft, weil diesem Umstand bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides keine Rechtserheblichkeit zukäme.

Der Bescheid war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190258.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten