TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/11 91/10/0003

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Veröffentlicht am 11.11.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

EGVG Art9 Abs1 Z7;
VStG §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des O in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 15. Jänner 1990, Zl. III-4033/89, betreffend Übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z 7 EGVG 1950, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe durch die Veröffentlichung des Artikels "Dachau-Lüge" in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "S - Februar 1986 - 15. Jahrgang" nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes verbreitet und dadurch eine Übertretung gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG begangen.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 25. September 1990, B 296/90-3, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.3. In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.4. Die belangte Behörde, die von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nahm, hat die Verwaltungsakten vorgelegt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

2.1. Der durch Bundesgesetz vom 19. Februar 1986, BGBl. Nr. 248, geschaffene Art. IX Abs. 1 Z. 7 EGVG 1980 lautet mit dem Rest des Absatzes auszugsweise:

"(1) Wer ...

7. nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet,

begeht hinsichtlich der Tat nach Z. 7 dann, wenn sie nicht gerichtlich strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung ..."

2.2. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Veröffentlichung des Artikels "Dachau-Lüge" in der Zeitschrift "S" erfolgte nach dem Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides offenbar im Februar 1986.

Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie VOR ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes wurde durch das zitierte Bundesgesetz vom 19. Februar 1986 verwaltungsbehördlich unter Strafe gestellt. Das diese Bestimmung enthaltende Bundesgesetzblatt Nr. 248 wurde am 7. Mai 1986 ausgegeben; die Bestimmung des Art. IX Abs. 1 Z. 7 sind somit am 8. Mai 1986 in Kraft getreten.

Die Bestrafung des Beschwerdeführers auf Grund einer Verwaltungsvorschrift, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes noch gar nicht galt, erweist sich daher als rechtswidrig.

2.3. Auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigte.

2.4. Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

2.5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der Verordung BGBl. Nr. 104/1991. Für Schriftsatzaufwand konnte - wegen Unterschreitung des zur Zeit der Beschwerdeverfassung geltenden Ansatzes (vgl. die bei DOLP,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 673, wiedergegebene Rechtssprechung) - nur der tatsächlich verzeichnete Betrag zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991100003.X00

Im RIS seit

11.11.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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