TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/18 90/12/0328

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Veröffentlicht am 18.11.1991
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Index

15 Rechtsüberleitung Unabhängigkeitserklärung Übergangsrecht
Rechtsbereinigung;
41/01 Sicherheitsrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/07 Grenzüberwachung;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/05 Reisegebührenvorschrift;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

Behörden-ÜG §20 idF 1946/064;
GendarmerieG 1918 §1;
GendarmerieG 1918 §2;
GrKontrG 1969 §13;
PauschV Aufwandsentschädigung der Wachebeamten 1973 §2;
RGV 1955 §1 Abs1;
RGV 1955 §20 Abs3;
RGV 1955 §20 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, in der Beschwerdesache des NN in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. November 1990, Zl. 8.117/21-II/4/90, betreffend besondere Vergütung gemäß § 20 Abs. 4 RGV, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist der Gendarmerieposten X.

Mit Reiserechnung vom 2. November 1989 machte der Beschwerdeführer für die Tätigkeit bei einer alpinen Grenzpatrouille vom 20. Oktober 1989 eine besondere Vergütung gemäß § 20 Abs. 4 RGV im Ausmaß einer Tagesgebühr geltend und brachte dazu vor, während dieses Dienstes sei das Aufsuchen der Dienststelle zum Zweck der Essenseinnahme nicht möglich gewesen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer das Parteiengehör eingeräumt, der mit Eingabe vom 26. April 1990 vorbrachte, der vom Gendarmerieposten X kommandierte Grenzpatrouillendienst sei laut Dienstvorschreibung als Fußpatrouille verrichtet worden. Die dabei zurückgelegte Entfernung von der Dienststelle betrage 6 bis 12 km. Ein konkreter Mehraufwand, der eine besondere Vergütung im Sinne des § 20 Abs. 4 RGV rechtfertige, sei nachweisbar dadurch gegeben, daß die sonst übliche und sonst auch tatsächlich praktizierte Essenseinnahme bei der eigenen im Dienstort wohnhaften Familie (Entfernung von der Dienststelle 3 km) bei einem alpinen Grenzpatrouillendienst, wie er am 20. Oktober 1989 vom Beschwerdeführer geleistet worden sei, nicht möglich sei.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1990 gab das Landesgendarmeriekommando für Kärnten dem Antrag des Beschwerdeführers nicht statt. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, von einem konkreten Mehraufwand könne nicht gesprochen werden, weil andere Beamte, die nicht im Dienstort wohnten, ihre Mahlzeiten auch nicht bei ihrer Familie einnehmen könnten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Behörde habe nicht berücksichtigt, daß die Mehraufwendungen durch die Essenseinnahme getrennt von der Familie einen konkreten Mehraufwand verursacht hätten, und auch Beamte, die nicht im Dienstort wohnten, bei der Durchführung einer alpinen Grenzpatrouille einen konkreten Mehraufwand in Kauf nehmen müßten, weil sie die sonst gebotene begünstigte Essenseinnahme in den heimischen Gaststätten nicht nützen könnten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, im vorliegenden Fall stehe außer Streit, daß die vom Beschwerdeführer geleistete Grenzpatrouille eine Dienstleistung darstelle, für die ein Gebührenanspruch grundsätzlich nach § 20 Abs. 3 RGV auszuschließen sei, zumal der Beschwerdeführer ausdrücklich eine besondere Vergütung gemäß Abs. 4 der genannten Gesetzesstelle begehre. Im Hinblick darauf, daß es sich bei der Gewährung einer besonderen Vergütung im Sinne des Gesetzes um die Übung behördlichen Ermessens handle (Hinweis auf Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1979, Zl. 449/79), andererseits gemäß § 1 Abs. 1 RGV nur ein Mehraufwand ersetzt werden solle, stehe eine besondere Vergütung nur dann zu, wenn und insoweit einem Beamten tatsächlich und konkret Mehraufwendungen entstanden seien. Dem Beschwerdeführer seien anläßlich der Grenzpatrouille jedoch anzuerkennende Mehraufwendungen nicht entstanden. Soweit sich der Beschwerdeführer auf eine Differenz der Kosten zwischen der Essenseinnahme im Familienkreis im Vergleich zu einer außerhalb liegenden Verpflegung berufe, sei zu bemerken, daß die Einnahme des Essens bei der Familie während des Dienstes grundsätzlich nicht zulässig sei, weil der Beschwerdeführer während der Dienstzeit ausschließlich Dienst zu verrichten habe. Die durch Nichtbeachtung von Dienstpflichten entstandene Kostendifferenz könne nicht als Mehraufwendung geltend gemacht werden. Auch eine möglicherweise begünstigte Einnahme des Essens sei unbeachtlich, weil sie im Bereich der Beamten liege und nicht immer und auch nicht bei allen Dienststellen möglich sei. Diese Möglichkeit sei vom Beschwerdeführer auch nicht praktiziert worden. Mangels tatsächlich entstandener Mehraufwendungen komme daher eine positive Ermessensübung nicht in Betracht. Unabhängig davon hätte der Beschwerdeführer selbst bei einem nachgewiesenen Mehraufwand keinen Anspruch auf eine besondere Vergütung, weil die bei Patrouillentätigkeiten im Dienstort entstehenden Mehraufwendungen durch die pauschalierte Aufwandsentschädigung gemäß der Verordnung der belangten Behörde vom 17. April 1973, BGBl. Nr. 210, über die Festsetzung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung für Wachebeamte ohnedies abgegolten seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV), die zufolge § 92 des Gehaltsgesetzes 1956 als Bundesgesetz in Geltung steht, gebührt dem Beamten bei Dienstverrichtungen im Dienstort

1.

nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes II, Unterabschnitt A, der Ersatz der Kosten für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels oder das Kilometergeld sowie der Ersatz der Kosten der Beförderung des erforderlichen Dienstgepäcks;

2.

die Tagesgebühr nach Tarif II, wenn der ununterbrochene Aufenthalt außerhalb der Dienststelle die Dauer von 12 Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes 8 Stunden, so gebühren zwei Drittel dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes 5 Stunden, so gebührt ein Drittel dieser Tagesgebühr.

Nach Absatz 3 der genannten Bestimmung besteht jedoch kein Anspruch auf Vergütung nach Abs. 1 für Dienstverrichtungen, die im Dienstort außerhalb der Dienststelle vorgenommen werden und als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind.

Beamten, auf die die Bestimmung des Abs. 3 Anwendung findet, kann im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen eine besondere Vergütung zuerkannt werden.

Nach übereinstimmender Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes ist es aus dem Zusammenhalt der zitierten Bestimmungen der Absätze 3 und 4 des § 20 RGV geboten, auch im Absatz 4 die Befugnis zu einer gebundenen Entscheidung zu sehen. Da die Bestimmungen der RGV bei allen erfaßten Tatbeständen den Ersatz des Mehraufwandes regeln (§ 1 Abs. 1), ist § 20 Abs. 4 so auszulegen, daß die Zuerkennung einer besonderen Vergütung unterbleibt, wenn für regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen auf anderer Rechtsgrundlage schon eine Entschädigung gewährt wird (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1974, Slg. 7.326 sowie Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1976, Slg. N.F. Nr. 9.088/A sowie vom 27. Juni 1968, Slg. N.F. Nr. 7.380/A).

Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß die Dienstverrichtung, für die der Beschwerdeführer Tagesgebühren nach § 20 Abs. 4 RGV anspricht, als Patrouillendienst (Dienstgang mit unbestimmtem Ziel im Bereich der Staatsgrenze) zum normalen Sicherheitsdienst im Überwachungsrayon gehört. In dem außerhalb des Bereiches der Bundespolizeibehörden gelegenen Dienstort des Beschwerdeführers fungiert die Bundesgendarmerie als uniformierter bewaffneter Wachkörper zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 1 Gendarmeriegesetz 1918, StGBl. 75, § 20 Behördenüberleitungsgesetz, StGBl. 94/1945, in der Fassung BGBl. Nr. 64/1946). Nach § 2 Abs. 2 des Gendarmeriegesetzes ist jeder Bezirkshauptmannschaft ein Bezirksgendarmeriekommando unterstellt, welches unter der Leitung des Vorstandes der Bezirkshauptmannschaft den öffentlichen Sicherheitsdienst im Bezirk zu versehen hat. Nach diesen Bestimmungen ist die durch Sicherheitsorgane zu versehende Grenzüberwachung im Verwaltungsbezirk der Dienststelle des Beschwerdeführers als normaler Sicherheitsdienst der Gendarmerie anzusehen (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1968, vgl. hiezu auch § 13 GrenzkontrollG.).

Gemäß § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 hat der Beamte Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihm in Ausübung des Dienstes oder aus Anlaß der Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden ist. Nach Abs. 2 in der Fassung des Art. II Z. 3 des BG BGBl. Nr. 447/1990 mit Wirkung vom 1. Juli 1990 wird der Ersatz des Mehraufwandes, der einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung entsteht, soweit es sich nicht um den Ersatz eines Schadens handelt, durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.

Auf Grund dieser Bestimmung in Verbindung mit § 15 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 erließ der Bundesminister für Inneres die Verordnung vom 17. April 1973, BGBl. Nr. 210/1973, über die Festsetzung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung für die Wachebeamten. Danach gebührt den Wachebeamten unter anderen des Gendarmeriedienstes eine pauschalierte monatliche Aufwandsentschädigung in einem nach § 2 der Verordnung abgestuften Ausmaß, das sich nach der Verwendungsgruppe des Beamten und der Art seines Dienstes richtet. Insbesondere ist nach Z. 2 die pauschalierte Aufwandsentschädigung für Beamte des Gendarmeriedienstes danach abgestuft, ob sie die Exekutivdiensttauglichkeit besitzen und überwiegend im Außendienst oder Nachtdienst stehen.

Geht man im Beschwerdefall vom unbestrittenen Sachverhalt aus, wonach der Beschwerdeführer als Gendarmeriebeamter zu regelmäßigen Patrouillengängen im Grenzgebiet eingesetzt wird, so steht ihm nach der dargestellten Rechtslage ein Anspruch auf besondere Abgeltung dieser Dienstverrichtungen im Dienstort nach § 20 Abs. 4 RGV nicht zu. Nur auf diese Bestimmung stützt sich aber der vom Beschwerdeführer geltend gemachte gegenständliche Anspruch. Der Beschwerdeführer vermeint, daß sein Anspruch darin zu begründen sei, daß er während der Grenzpatrouillengänge nicht wie sonst üblich seine Mittagsmahlzeit zu Hause einnehmen könnte. Dieser Sachverhalt vermag jedoch schon deshalb keinen Anspruch auf eine besondere Vergütung nach § 20 Abs. 4 RGV zu vermitteln, da es sich bei Patrouillengängen im Dienstort um regelmäßige Dienstverrichtungen des Gendarmeriebeamten handelt, die durch die pauschalierte Aufwandsentschädigung solcher Beamter nach der zitierten Verordnung des Bundesministers für Inneres abgegolten wird.

Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer außer bei den gegenständlichen Patrouillengängen sein Mittagessen zu Hause einnehmen konnte, ohne dadurch Dienstpflichten zu verletzen, bzw. ob er die Möglichkeit gehabt hätte, außerhalb der Patrouillengänge eine verbilligte Mittagsmahlzeit einzunehmen oder nicht. Davon ausgehend, ist aber auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers nicht begründet, weil nicht zu erkennen ist, daß die belangte Behörde auch bei Durchführung weiterer vom Beschwerdeführer vermißter Ermittlungshandlungen und Gewährung des Parteiengehörs zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990120328.X00

Im RIS seit

29.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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