TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/19 88/07/0128

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Veröffentlicht am 19.11.1991
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

BauO Stmk 1968 §57 Abs1 litj;
WRG 1959 §112 Abs1;
WRG 1959 §112 Abs2;
WRG 1959 §27 Abs1 litf;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der E Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. September 1988, Zl. 511.090/01-I5/88, betreffend Verlängerung einer Bauvollendungsfrist, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. September 1980 erteilte der Landeshauptmann von Steiermark dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin gemäß § 32 Abs. 2 lit. a und b WRG 1959 unter einer Reihe von Vorschreibungen die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer geordneten Deponie für Sonderabfälle auf im einzelnen bezeichneten Grundstücken in der KG W sowie zur fallweisen Einbringung von Sickerwässern in den P-Bach; dabei wurde gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 für die Bauvollendung der Sonderabfalldeponie eine Frist bis 30. Juni 1983 bestimmt. Diese Frist wurde über Ansuchen des Berechtigten seitens derselben Behörde gemäß § 112 Abs. 2 WRG 1959 zunächst mit Bescheid vom 20. Dezember 1983 bis 31. Oktober 1984 und sodann mit Bescheid vom 14. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1987 erstreckt. Ein weiteres Fristverlängerungsbegehren der Beschwerdeführerin wies der Landeshauptmann mit Bescheid vom 25. Februar 1988 gemäß § 112 Abs. 1 und 2 WRG 1959 ab; der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 14. September 1988 gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge. Begründend wurde dazu ausgeführt, im erstinstanzlichen Bescheid sei zu Recht darauf hingewiesen worden, daß es sich bei der Verlängerung von Baufristen um keine Ermessensentscheidung handle. Es bestehe vielmehr ein Rechtsanspruch auf Verlängerung der Bauvollendungsfrist, wenn die Nichteinhaltung der Frist auf vom Konsenswerber nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen sei. Die hierauf bezügliche, von der Berufungsbehörde durchzuführende Prüfung könne sich im gegenständlichen Fall daher darauf beschränken, ob die Nichteinhaltung der dem Unternehmen bis 31. Dezember 1987 gewährten Frist auf von diesem nicht zu vertretende Umstände zurückgehe. Unter triftigen Gründen seien im wesentlichen solche Umstände zu verstehen, die außerhalb der unmittelbaren Einflußsphäre des Konsenswerbers lägen und von diesem nicht selbst mittelbar oder unmittelbar herbeigeführt worden seien. Darunter könnten sowohl tatsächliche nicht beeinflußbare Vorgänge als auch rechtliche Hindernisse subsumiert werden. Zutreffenderweise habe die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung auf das im österreichischen Verwaltungsrecht herrschende Kumulationsprinzip hingewiesen, dem zufolge es Sache des Antragstellers sei, alle für die Durchführung eines Vorhabens erforderlichen Bewilligungen einzuholen (d.h. zu beantragen). Es stehe der Wasserrechtsbehörde keineswegs zu, die rechtliche Auseinandersetzung zwischen Baubehörde und Beschwerdeführerin über die baurechtliche Bewilligungsbedürftigkeit des Deponieprojektes in merito zu beurteilen, doch stütze sich die Beschwerdeführerin in ihrem Vorbringen zur Erhärtung des Vorliegens triftiger Gründe im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 vor allem auf die von ihr behauptete baubehördliche Bewilligungsfreiheit des Deponievorhabens.

Spätestens seit dem Beschluß der Novelle zur Steiermärkischen Bauordnung vom 14. Juli 1987 könne der Beschwerdeführerin aber nicht mehr guter Glaube zugebilligt werden, wenn sie weiterhin auf der von ihr behaupteten baubehördlichen Bewilligungsfreiheit beharre.

Es bleibe von der Beschwerdeführerin unwidersprochen, daß sie auch weiterhin und bis in die letzte Zeit um eine baubehördliche Bewilligung für das Deponievorhaben nicht angesucht habe, sie habe vielmehr klar zu erkennen gegeben (S. 21, 22 der Berufung), daß sie es auch in Hinkunft ablehne, dem von ihr sonst als richtig anerkannten Kumulationsprinzip in der Verwaltung auch im baubehördlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Aus all dem gehe nach Meinung der Berufungsbehörde schlüssig hervor, daß die Nichteinhaltung der Bauvollendungsfrist sehr wohl auf von der Konsenswerberin zu vertretende Umstände, nämlich die beharrliche Weigerung, um eine baubehördliche Bewilligung anzusuchen, zurückzuführen sei. Das Vorliegen triftiger Gründe im Sinn des § 112 Abs. 2 WRG 1959 sei somit nicht erwiesen.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf weitere Verlängerung der Bauvollendungsfrist verletzt erachtet.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 sind zugleich mit der Bewilligung einer Wasseranlage angemessene Fristen für den Baubeginn und die Bauvollendung, bei Wasserbenutzungsanlagen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f, kalendermäßig zu bestimmen. Diese Frist kann die Wasserrechtsbehörde gemäß § 112 Abs. 2 WRG 1959 aus triftigen Gründen verlängern, wenn vor ihrem Ablaufe darum angesucht wird.

Im angefochtenen Bescheid wurde die Versagung einer weiteren Verlängerung der Bauvollendungsfrist über den 31. Dezember 1987 hinaus im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführerin seit der Novelle zur Steiermärkischen Bauordnung 1968 vom 14. Juli 1987, LGBl. Nr. 67, womit "insbesondere Ablagerungsplätze für Müll" (§ 57 Abs. 1 lit. j) für bewilligungspflichtig erklärt wurden, kein "guter Glaube" mehr zugebilligt werden könne, ferner, daß sie auch weiterhin nicht um baubehördliche Bewilligung für ihr Deponievorhaben angesucht und schließlich, daß sie zu erkennen gegeben habe, dies auch in Hinkunft nicht zu beabsichtigen.

Dazu ist folgendes zu bemerken: Die in der Argumentation der belangten Behörde ausgedrückte Anschauung, bis zur Erlassung besagter Novelle wären vertretbare Hindernisse zur fristgerechten Bauvollendung vorgelegen, ist sachverhaltsbezogen einsichtig und widerspricht nicht dem Gesetz. Die genannte Bauordnungsnovelle ist im Landesgesetzblatt für die Steiermark am 29. September 1987 kundgemacht worden. Selbst unter der von der belangten Behörde angenommenen Voraussetzung, daß ab diesem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin ein BaubewilligungsANSUCHEN hätte stellen müssen, ist nicht ersichtlich, wieso eine BAUVOLLENDUNG aus wasserrechtlicher Sicht noch bis Ende 1987 - also innerhalb von drei Monaten - als realisierbar anzunehmen war. Auch wenn dies nicht zwangsläufig bedeuten mußte, daß eine Fristerstreckung in dem von der Beschwerdeführerin begehrten Ausmaß erforderlich war, ist doch eine gänzliche Abweisung einer Fristerstreckung über den 31. Dezember 1987 hinaus ungerechtfertigt. Aber auch die Unterlassung einer Antragstellung bei der Baubehörde knapp vor Ablauf jener Frist, deren weitere Erstreckung durch die Wasserrechtsbehörde ungewiß war, rechtfertigt bei objektiver Betrachtung nicht die Annahme einer nur deswegen verhinderten Realisierbarkeit des Vorhabens bis zum vorangegebenen Termin oder etwa einer (verschleierten) Abstandnahme vom Vorhaben selbst. Schließlich läßt sich aus der in der Begründung des angefochtenen Bescheides angegebenen Stelle des Berufungsschriftsatzes der Beschwerdeführerin (Seite 21 und 22) eine künftige Ablehnung der Einholung einer baubehördlichen Bewilligung nicht (eindeutig) herauslesen, da das Schwergewicht der diesbezüglichen Ausführungen auf der Dastellung und subjektiven Rechtfertigung des von der Beschwerdeführerin bisher eingeschlagenen Verfahrensweges lag. Darauf, wie die nun in der Beschwerde ausgebreitete Rechtsanschauung der Beschwerdeführerin für ein weiteres Vorgehen im Hinblick auf eine Bauvollendung in jener "angemessenen" Frist (§ 112 Abs. 1 WRG 1959) als Maßstab für eine Fristverlängerung gemäß § 112 Abs. 2 WRG 1959, auf die die Beschwerdeführerin selbst anspielt, zu beurteilen ist, brauchte hier nicht eingegangen zu werden - siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1990, Zlen. 89/06/0050, 0145 und 0200 -, weil die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Versagung jeder weiteren Fristerstreckung mit dem Argument, es lägen hiefür keine triftigen Gründe vor, bei der zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides gegebenen Rechts- und Sachlage - und allein hierauf war bei der Prüfung der behaupteten Rechtsverletzung abzustellen - mit dem Gesetz nicht in Einklang stand.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Mehrwertsteuer, die nicht gesondert vergütet werden kann (vgl. die Rechtsprechung bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 686 f.), sowie Stempelgebühren für zur Rechtsverfolgung nicht erforderliche Schriftstücke.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988070128.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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