TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/26 91/11/0137

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Veröffentlicht am 26.11.1991
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KDV 1967 §31a Abs2;
KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des W in Z, vertreten durch Dr. C und Dr. P, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 26. August 1991, Zl. 8V-2423/1/1991, betreffend Aufforderung gemäß § 75 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d. Glan vom 5. August 1991 wurde der Beschwerdeführer - er besitzt seit dem Jahre 1989 eine Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F - gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, zur Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über seine geistige und körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen binnen Monatsfrist ein "Gutachten" einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit beizubringen. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Behörden gingen, gestützt auf eine vom Gendarmerieposten Weitensfeld an die Erstbehörde erstattete Sachverhaltsdarstellung, von der Annahme aus, der Beschwerdeführer habe am 6. August 1989 und am 1. September 1990 jeweils einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und anschließend Fahrerflucht begangen (anläßlich des letzteren Vorfalles sei gegen ihn auch eine Anzeige wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 erstattet worden), am 15. April 1990 in einer Diskothek einem der Anwesenden eine Ohrfeige versetzt und ihm das Sweatshirt zerrissen, sowie am 16. September und am 7. Oktober 1990 anläßlich von Gasthausbesuchen an tätlichen Auseinandersetzungen teilgenommen, wobei Personen zum Teil schwere Verletzungen erlitten hätten. Die Kraftfahrbehörden hegten auf Grund dessen Bedenken dahin, daß beim Beschwerdeführer die geistige und körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr gegeben sein könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 75 Abs. 1 KFG 1967 ist bei Bestehen von Bedenken, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung noch gegeben sind (§ 64 Abs. 2), unverzüglich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Nach § 75 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 ist vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ein neuerliches ärztliches Gutachten gemäß § 67 Abs. 2 einzuholen. Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid unter anderem mit der Aufforderung, zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde zu erbringen, keine Folge, so ist ihm nach § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 die Lenkerberechtigung zu entziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen für eine bescheidmäßige Aufforderung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 konkret begründete Bedenken gegen den aufrechten Bestand einer der dort genannten Erteilungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. die Erkenntnisse vom 22. Februar 1984, Zlen. 83/11/0274, 0275, und vom 19. Februar 1991, Zl. 90/11/0130). Die belangte Behörde hat zum Ausdruck gebracht, daß sie Bedenken gegen die geistige und körperliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen hege. Derartige Bedenken waren im Hinblick auf die Häufung strafbarer Handlungen des Beschwerdeführers, darunter zweier Straftaten von erheblichem Gewicht als Verkehrsteilnehmer, auch begründet, weil es sich hiebei zweifellos um verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten im Sinne des § 67 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 in Verbindung mit § 31a Abs. 2 KDV 1967 handelte, und zwar unabhängig davon, ob bei diesen Vorfällen "Alkohol im Spiel" war. Lediglich dagegen, daß dies der Fall gewesen sein soll (was die belangte Behörde allerdings nicht angenommen hat), wendet sich der Beschwerdeführer der Sache nach bei seinem diesbezüglichen Vorbringen, hingegen wird das Verhalten selbst nicht in Abrede gestellt. Die belangte Behörde konnte somit vom Vorliegen begründeter Bedenken im Sinne des § 75 Abs. 1 KFG 1967 ausgehen.

Die hier in Rede stehenden Bedenken richten sich gegen das Vorliegen der "geistigen und körperlichen Eignung" des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen und betreffen sohin nicht seine Verkehrszuverlässigkeit, die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer ärztlichen Begutachtung gar nicht zugänglich ist, weshalb insoweit auch die Einholung eines Befundes einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle nicht in Betracht kommt (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 14. Juni 1988, Zl. 87/11/0239, und vom 1. Oktober 1991, Zl. 91/11/0112). Daher geht das Beschwerdevorbringen, das in Rede stehende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers bilde keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967, insbesondere auch nicht eine solche gemäß Abs. 2 lit. e dieses Paragraphen, und es lasse weiters den Schluß auf seine Verkehrsunzuverlässigkeit nicht zu, ins Leere.

Nicht berechtigt ist auch das Vorbringen, die Behörde könne gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 lediglich die Beibringung "von Befunden, nie aber die Beibringung eines fertigen Gutachtens" auftragen, letzteres obliege stets der Behörde. Richtig ist, daß § 75 Abs. 2, ebenso wie § 67 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967, von der Beibringung von "Befunden" spricht. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber der Sache nach um nichts anderes als um den "Befund" einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle im Sinne des (auch im Verfahren betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung anzuwendenden) § 67 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967. Damit ist nach den Materialien zur 4. Kraftfahrgesetz-Novelle - mit ihr wurde in § 67 Abs. 2 letzter Satz der Ausdruck "Gutachten" durch den Ausdruck "Befund" ersetzt - die Äußerung einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle über das Ergebnis einer von ihr vorgenommenen Untersuchung als Entscheidungshilfe bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens gemeint (Erläuterungen zur Änderung der RV, zu 57 Blg. NR XIV. GP, 12). Daß die Kraftfahrbehörden den beizubringenden Befund als "Gutachten" bezeichnet haben, ist als bloßes Vergreifen im Ausdruck für die Frage einer Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers ohne rechtliche Bedeutung.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991110137.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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