TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/26 91/05/0185

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Veröffentlicht am 26.11.1991
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Index

L85002 Straßen Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

LStG Krnt 1978 §2 Abs1 litb;
StVO 1960 §1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. K in V, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 22. Juli 1991, Zl. 3-Gem-793/2/91, betreffend Öffentlicherklärung einer Straße (mitbeteiligte Partei: Stadt V), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am 11. Juni beim Bürgermeister der mitbeteiligten Stadt V eingelangten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung der Öffentlichkeit einer Straße, die über die Grundstücke n2, n5 und n9, alle KG XY, führt. Über diesen Antrag fand am 1. August 1990 eine Verhandlung statt, bei welcher an Ort und Stelle festgestellt wurde, daß ein asphaltierter Weg bis zur Liegenschaftsgrenze des Grundstückes n2 reicht, der als öffentliches Gut ausgewiesen ist. Am südseitigen Ende dieses öffentlichen Weges beginnt ein geschotterter Weg in derselben Breite, der am Einfahrtstor eines Hotels endet. Der Weg sei laut Grundbuchstand im Eigentum der N. Baugesellschaft m.b.H. Der Beschwerdeführer brachte vor, die Öffentlichkeit sei schon dadurch gegeben, daß diese Straße nicht nur von Anrainern, sondern auch von der Öffentlichkeit schon seit mehr als dreißig Jahren benützt werde. Zum Beweis dafür führte er zwei Personen an, eine davon (E.S.) gab in der Verhandlung an, in den Kriegsjahren seien auf dem Baugrundstück der Baugesellschaft Baracken der englischen Besatzungsmacht errichtet worden. Der gegenständliche Weg sei schon damals als Zufahrt zum Barackenlager benützt worden. Eine Tafel "Privatweg" sei auf diesem Weg nie vorhanden gewesen. Der Eigentümer des Hotels, vor dessen Einfahrtstor der Weg endet, stellte ebenfalls den Antrag, daß der Weg ins öffentliche Gut gelangen solle, weil er der Meinung sei, die Notwendigkeit einer störungsfreien Zu- und Abfahrt zu beanspruchen. Der Weg werde seit mehr als 30 Jahren von der Öffentlichkeit benützt, das Hotel habe im Jahr mindestens 6000 Übernachtungen, die Zufahrt zum Hotel bestehe seit dessen Errichtung im Jahre 1962. Seither sei an diesem Zufahrtsweg nie eine Tafel "Privatweg" vorhanden gewesen. Der Vertreter des Tiefbauamtes gab an, das gegenständliche Wegstück werde seit der Errichtung des Hotels als Hauszufahrt benützt. Erhaltungsarbeiten am Weg würden nach Wissen des Tiefbauamtes von der Stadt V nicht durchgeführt, wohl aber die Schneeräumung. Auch die Müllabfuhr benütze diesen Weg bis zum Hotel. Der Rechtsvertreter der Baugesellschaft brachte in der Verhandlung vor, der frühere Eigentümer habe während der Dauer seines Eigentums an der Parzelle n2 eine Tafel "Privatweg" angebracht. Er habe dem Beschwerdeführer den Zugang über das Grundstück Nr. n2 untersagt. Sollten durch die englische Besatzungsmacht Baracken aufgestellt worden und der Zugang über den gegenständlichen Weg erfolgt sein, was ausdrücklich bestritten werde, so sei dies ohne Zustimmung der jeweiligen Eigentümer erfolgt. Eine Ersitzung sei nicht eingetreten, da 30 Jahre nicht verstrichen seien. In der Folge sei auch mit der Entfernung des Barackenlagers ein diesbezügliches Interesse an der Wegbenützung aufgegeben worden. Es bestehe keine Kontinuität zwischen dem seinerzeitigen Barackenlager und dem Beschwerdeführer und dem Eigentümer des Hotels. In weiteren Stellungnahmen brachte der Beschwerdeführer vor, sowohl sein Grundstück, als auch ein weiteres seien derzeit unverbaut, jedoch als Bauland-Kurgebiet gewidmet. Beide Grundstücke hätten zusammen ein Ausmaß von rund 7000 m2. Dies ermögliche die Errichtung von rund 90 Wohnungen bzw. im Falle einer gewerblichen Nutzung im Maximalfall rund 500 Betten. Es sei sohin mit einem entsprechenden Verkehrsaufkommen in Zukunft zu rechnen. Der derzeit als "Aufschließungsstraße" der genannten Grundstücke verfügbare Promenadenweg "Jesenfeldrain" habe eine Breite von rund 3 m. Dieser Weg müßte im Falle einer widmungsgemäßen Nutzung bei derzeit noch unverbauten Grundstücken entsprechend verbreitert werden, was aufgrund der örtlichen Gegebenheiten unmöglich scheine. Der Eigentümer der Parzelle Nr. n2 legte eine Erklärung des früheren Eigentümers vom 16. August 1990 vor, wonach er dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers die Benützung seines Grundstückes untersagt habe. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers erklärte, daß der Eigentümer des Grundstückes Nr. n2 aber jedenfalls gegen die weitere Benützung des Weges durch den Hausmeister eines Gebäudes auf der Liegenschaft Nr. m0/3 nicht mehr protestiert habe. Die Eigentümerin des Grundstückes Nr. n2 brachte in ihrer Stellungnahme vom 30. August 1990 ergänzend vor, daß zwischen dem derzeitigen, über das Grundstück Nr. n2 zum Hotel führenden Weg und den Grundstücken des Beschwerdeführers kein Verbindungsweg bestehe; es sei weder die langjährige Ausübung noch ein dringendes Verkehrsbedürfnis gegeben. Der in der Natur vorhandene Fahrweg diene ausschließlich der Benützung durch den Eigentümer des Hotels, sodaß der Tatbestand des dringenden Verkehrsbedürfnisses zugunsten der Allgemeinheit nicht vorliege.

Mit Bescheid vom 5. November 1990 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Öffentlichkeit einer Straße gemäß § 2 Abs. 1 lit. b und § 58 Abs. 1 des Kärntner Straßengesetzes 1978, LGBl. Nr. 33, abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der geschotterte Privatweg diene keinem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis. Der Weg ende nämlich als Sackgasse vor dem Einfahrtstor einer privaten Pension und werde somit nur vom Eigentümer und den Gästen dieser Pension benützt. Die Zufahrtsberechtigung zu dieser Pension sei von den Eigentümern des gegenständlichen Privatweges und deren Rechtsvorgängern nie in Frage gestellt worden.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers holte die Berufungsbehörde eine Stellungnahme des Magistrates, Abteilung Verkehrsplanung, ein. In ihrer Stellungnahme vom 28. Jänner 1991 teilte die Abteilung Verkehrsplanung mit, in diesem Bereich bestehe ein rechtswirksamer Straßen- und Bebauungsplan. Dieser sehe im gegenständlichen Bereich eine Aufschließungsstraße als Sackgasse mit Wendemöglichkeit vor. Aufgrund eines Antrages des Grundeigentümers, den Flächenwidmungsplan dahingehend zu ändern, daß diese Verkehrsfläche aus dem Flächenwidmungsplan herausgenommen werden solle, sei diese Frage in der Bauausschußsitzung vom 23. Jänner 1990 nochmals behandelt worden. Dabei habe der Bauausschuß den Beschluß gefaßt, den seinerzeit festgelegten Planungsgedanken der Aufrechterhaltung dieser Aufschließungsstraße im Flächenwidmungsplan beizubehalten. Dies vor allem deshalb, weil aufgrund der bestehenden Widmungen zukünftige Aufschließungen benötigt würden. Zu welchem Zeitpunkt allerdings eine solche Straße zu errichten sei, sei heute nicht aussagbar, da die Verwertung der Grundstücke nicht voraussehbar sei. Zum jetzigen Zeitpunkt bestehe zur Umwandlung der Privatstraße in eine öffentliche Straße kein Anlaß; eine solche Umwandlung liege auch nicht im öffentlichen Interesse. Die Verkehrsaufschließung des Bestandes sei teilweise durch öffentliche Straßenflächen sowie durch Privatflächen ausreichend gegeben. Nach Einräumung des Parteiengehörs gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 26. April 1991 der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 5. November 1990 keine Folge. Die dagegen eingebrachte Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 22. Juli 1991 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Stadt V hat eine Gegenschrift vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat eine Äußerung zu den Gegenschriften eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Kärntner Straßengesetzes 1978 sind öffentliche Straßen alle dem Verkehr von Menschen und Fahrzeugen gewidmeten Grundflächen, die in langjähriger Übung seit mindestens 30 Jahren allgemein ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt werden, wenn sie einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis dienen (stillschweigende Widmung).

Über die Feststellung der Öffentlichkeit der im § 2 Abs. 1 lit. b angeführten Straßen entscheidet gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. der Bürgermeister. Der Entscheidung hat eine mündliche, mit einem Augenschein verbundene Verhandlung vorauszugehen. Über den Antrag eines Beteiligten auf Feststellung der Öffentlichkeit einer Straße hat der Bürgermeister ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden und den Bescheid über die Öffentlichkeit der Straße längstens binnen sechs Monaten nach Einlangen des Antrages beim Gemeindeamt zu erlassen.

Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß vier Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit von einer öffentlichen Straße aufgrund stillschweigender Widmung gesprochen werden kann:

1. Die Straße muß dem allgemeinen Verkehr ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten dienen.

2. Die Benützung muß unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr erfolgen.

3. Der Gemeingebrauch muß durch einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren ausgeübt worden sein.

4. Die Verkehrsfläche muß einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis dienen.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nun ergeben, daß die gegenständliche Straße, die als Zufahrt zum Hotel Eichenhof dient, seit 1962 für dieses Hotel benützt wird. Da zwischen 1962 und dem 12.Mai 1991, jenem Tag, an dem der Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Gemeinde erlassen wurde, keine 30 Jahre vergangen sind, liegt schon die mehr als 30jährige Übung nicht vor. Überdies wird die Zufahrt des Hotelbetriebes über die Grundstücke Nr. n2, n5 und n9, KG XY, aufgrund eines privaten Rechtstitels seit 1962 (laut Eigentümer des Hotels erst seit 1963) benützt. Eine kontinuierliche Benützung dieses Wegstückes seit Auflassung des Barackenlagers der Besatzungsmacht bis zum Jahre 1962 konnte auch der Beschwerdeführer nicht dartun.

Selbst wenn man davon ausgeht, daß für den Beschwerdeführer und einen weiteren Eigentümer einer noch nicht bebauten Liegenschaft ein Verkehrsbedürfnis anzunehmen ist, kann daraus noch kein allgemeines dringendes Verkehrsbedürfnis abgeleitet werden. Zu diesem Begriff hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 14. Oktober 1975, Zl. 1113/74, ausgesprochen, daß ihm nur die Bedeutung "dringendes Verkehrsbedürfnis zugunsten der Allgemeinheit" beigemessen werden kann, zu welchem das überhaupt fehlende oder doch für niemanden dringende Verkehrsbedürfnis und das dringende Verkehrsbedürfnis nur eines einzelnen oder einer relativ kleinen Personenzahl den Gegensatz bilden. Der zuletzt angeführte Fall der relativ kleinen Personenzahl liegt nach den nach dem Inhalt der Verwaltungsakten gegebenen tatsächlichen Umständen hier vor. Die nach dem Gesetz erforderliche Voraussetzung der Allgemeinheit eines dringenden Verkehrsbedürfnisses kann aber nicht darin erblickt werden, daß einige Grundstücke möglicherweise in Zukunft bebaut werden und dann allenfalls ein dringendes Verkehrsbedürfnis eines größeren Personenkreises vorliegt.

Für die Feststellung der Öffentlichkeit des gegenständlichen Weges fehlte somit das allgemeine dringende Verkehrsbedürfnis sowie die langjährige Übung seit mindestens 30 Jahren.

Da die vier Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b des Kärntner Straßengesetzes kumulativ vorliegen müssen, bedurfte es bei Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen keiner weiteren Ergänzung des Ermittlungsverfahrens.

Der erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Hinweis darauf, daß auf dem Grundstück Nr. m5/7 ein Seminarhotel geplant sei, widerspricht dem aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot, weshalb darauf nicht einzugehen war.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050185.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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