TE Vfgh Beschluss 1989/3/14 KI-4/88

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art138 Abs1 lita / bejahend
VfGG §42 Abs1
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Kein bejahender Kompetenzkonflikt zwischen einem Gericht und einer Verwaltungsbehörde; Rechtssache nach jeweils anderen Rechtsnormen zu beurteilen - keine Identität des Streitgegenstandes; Abweisung des Verfahrenshilfeantrages wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem vorliegenden Antrag begehren G und A N die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrages auf Entscheidung eines positiven Kompetenzkonfliktes im Sinne des Art138 Abs1 lita B-VG zwischen dem Bezirksgericht

Spittal/Drau und dem Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung.

2. Diesem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Eingabe vom 3. 5. 1988 beantragte A N bei der Agrarbezirksbehörde Villach die Bildung der Bringungsgemeinschaft "Koflweg". Im Zuge der am 14. 7. 1988 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu der sämtliche von der geplanten Trasse des Koflweges betroffenen Grundeigentümer geladen waren, wurde weiters die zwangsweise Einräumung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes auf dem Grundstück 721 (Wiese) in EZ 18 KG Goppelsberg sowie die zwangsweise Einbeziehung der Grundstücke 720 (Wald) und 721 (Wiese) in EZ 18 KG Goppelsberg, die im Eigentum der zur Verhandlung nicht erschienenen J, A, H und M E stehen, in die Bringungsgemeinschaft begehrt.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens erlangte die Agrarbezirksbehörde Villach davon Kenntnis, daß bereits zum Zeitpunkt des Einlangens des an sie gerichteten Antrages beim Bezirksgericht Spittal/Drau zu GZ 4 C 129/87 eine Eigentumsfreiheitsklage der Eigentümer der Grundstücke 720 und 721 in EZ 18 KG Goppelsberg gegen A und G N anhängig war.

In dieser Klage wurde die Fällung des Urteils begehrt, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, das Gehen und Fahren über das Grundstück 721 in EZ 18 KG Goppelsberg zu unterlassen. Begründet wurde dieses Begehren im wesentlichen damit, daß die beklagten Parteien entgegen dem ausdrücklichen Verbot der Eigentümer die gegenständliche Grundfläche in der beschriebenen Weise benützten, ohne dazu berechtigt zu sein.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 1. 6. 1988 wurde die gegenständliche Klage als unbegründet abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung der klagenden Parteien gab das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluß vom 3. 8. 1988 Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur (neuerlichen) Verhandlung und Urteilsfällung an das Gericht I. Instanz zurück.

In der Folge unterbrach die Agrarbezirksbehörde Villach mit Bescheid vom 14. 10. 1988 unter Berufung auf §38 AVG 1950 iVm §14 Agrarverfahrensgesetz 1950 das bei ihr anhängige Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gerichtsanhängige Eigentumsfreiheitsklage. Gegen diesen Bescheid ist beim Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung zu Z Agrar 11-843/1/88 eine Berufung anhängig.

II. Ein bejahender Kompetenzkonflikt zwischen einem Gericht und einer Verwaltungsbehörde, zu dessen Entscheidung gemäß Art138 Abs1 lita B-VG der Verfassungsgerichtshof berufen ist, kann iS des §42 Abs1 VerfGG 1953 nur dann entstehen, wenn beide Behörden, also Gericht und Verwaltungsbehörde, die Entscheidung derselben Sache auf Grund derselben Rechtsnorm in Anspruch nehmen, aber nur eine dieser Behörden zuständig ist. Ein bejahender Kompetenzkonflikt kann infolgedessen nur gegeben sein, wenn eine der beiden angerufenen Stellen zu Unrecht ihre Zuständigkeit (in derselben Sache) in Anspruch nimmt (vgl. VfSlg. 9415/1982 mwH).

Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht Spittal/Drau nach dem Klagebegehren über einen von den Eigentümern behaupteten, aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (§523 ABGB; s. dazu etwa Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts8, II, S 91) erfließenden Anspruch gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung der Benützung einer bestimmten Grundfläche durch Begehen und Befahren zu entscheiden, der behauptetermaßen deshalb besteht, weil sich diese Benützung nicht auf einen privatrechtlichen Titel - eine entsprechende Dienstbarkeit - zu stützen vermag.

Demgegenüber hat die Agrarbehörde über Anträge auf Bildung einer Bringungsgemeinschaft iS des §1 des (Kärntner) Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969 unter Einbeziehung der Grundstücke 720 (Wald) und 721 (Wiese) in EZ 18 KG Goppelsberg sowie auf Einräumung eines Bringungsrechtes iS des §14 leg. cit. auf diesen Grundstücken zu entscheiden.

Allein schon der Umstand, daß jede der angerufenen Stellen die ihr vorliegende Rechtssache jeweils nach anderen Rechtsnormen zu beurteilen hat, schließt die (behauptete) Identität des Streitgegenstandes aus. Daraus folgt, daß ein bejahender Kompetenzkonflikt nicht vorliegt (vgl. VfSlg. 1720/1948, 9415/1982; KI-4/87 vom 6. 12. 1988).

III. Bei dieser Sach- und Rechtslage war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG) in nichtöffentlicher Sitzung (§72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG) abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:KI4.1988

Dokumentnummer

JFT_10109686_88K00I04_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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