TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/17 90/07/0114

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.1991
beobachten
merken

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des E in M, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Juni 1990, Zl. III/1-29.287-90, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Becheid wird, soweit mit ihm Spruchabschnitt

2) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 15. Juni 1989 erkannte die Bezirkshauptmannschaft (BH) den Beschwerdeführer für schuldig,

1)

am 19. Februar 1988 gegen 14.00 Uhr in der Betriebsanlage MN bei der Befüllung des Heizöltanks nicht mit der erforderlichen Sorgfalt darauf geachtet zu haben, daß keine Gewässerverunreinigung eintritt (es seien mehrere tausend Liter Heizöl aus dem Tank in die Feistritz gelangt, weshalb Ölalarm habe gegeben werden müssen und Ölsperren errichtet worden seien;

2)

es am selben Tag trotz Eintrittes der beschriebenen Gefahr einer Gewässerverunreinigung unterlassen zu haben, die erforderlichen Sofortmaßnahmen im Sinne der Betriebsanweisung für Tankfahrzeuge zu treffen und die nächste "öffentliche Sicherheitsdienststelle" von dem Vorfall zu verständigen.

Gegen den Beschwerdeführer wurde zu 1) unter Anwendung der §§ 31 Abs. 1 und 137 Abs. 1 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 5.000,-- und zu 2) unter Anwendung der §§ 31 Abs. 2 und 137 Abs. 1 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Austreten von Mineralöl beim Befüllen des Heizöltanks sei dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Der Beschwerdeführer habe es trotz Information seitens des Schichtmeisters der MN darüber, daß nicht die gesamten bestellten 20.000 l Heizöl im Tank Platz finden würden, und trotz des Umstandes, daß von dem Tank etwa 100 mm unterhalb dessen Oberkante ein Entlüftungsrohr wegführe, unterlassen, den Befüllvorgang rechtzeitig zu verlangsamen bzw. zu unterbrechen. Gemäß der ÖNORM C 2117 sei eine Befüllung von Tankbehältern nur bis zu einem Ausmaß von 95 % ihres Volumens zulässig. Die diesem Ausmaß entsprechende Füllhöhe liege 150 mm unterhalb der Oberkante des gegenständlichen Tankbehälters. Wohl seien die vom Beschwerdeführer ergriffenen Sofortmaßnahmen (Aufbringen von Talkumpulver und von Ölbindemittel) ausreichend gewesen, doch wäre es darüber hinaus seine Pflicht gewesen, sich mit gehöriger Sorgfalt zu vergewissern, ob mit diesen Maßnahmen dem Eintritt einer Gewässerverunreinigung vorgebeugt worden sei. Auch habe es der Beschwerdeführer unterlassen, die nächste "öffentliche Sicherheitsdienststelle" zu verständigen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er sei über die Funktion der einzelnen Rohrleitungen nicht informiert worden. Die Tankanlage funktioniere mangelhaft und lasse nicht erkennen, wann ein Überlaufen bevorstehe. Die vom Beschwerdeführer ergriffenen Sofortmaßnahmen seien angesichts des Umstandes, daß ohne nähere Ortskenntnis die Einmündung des Entlüftungsrohres in einen Regenwasserkanal nicht erkennbar gewesen sei, ausreichend gewesen. Als Beweismittel beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung eines Lokalaugenscheines und die Beiziehung eines Sachverständigen für Tankanlagen und Tankeinrichtungen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 24 VStG sowie § 51 Abs. 1 VStG die Berufung ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Dies begründete die belangte Behörde damit, daß der Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der ihn treffenden Sorgfaltspflicht im Sinne des § 1299 ABGB den Befüllvorgang bei Erreichen eines Füllvolumens von 95 % des Tankinhaltes hätte abbrechen müssen. Bei Bestehen von Unklarheiten bezüglich der Funktion der einzelnen Rohre wäre es in Erfüllung dieser Sorgfaltsverpflichtung Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, sich darüber geeignet zu informieren. Da der Beschwerdeführer es unterlassen habe, den Auslaufbereich hinreichend zu lokalisieren, sei ihm der Eintritt der Gefahr einer Gewässerverunreinigung nicht bewußt geworden und habe er die ihm aufgegebene Verständigung einer Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht vorgenommen. Die Durchführung eines (nachträglichen) Lokalaugenscheines habe sich als nicht zielführend erwiesen, weil nur der Zustand im Zeitpunkt der Tatzeit maßgebend sei. Dem der Entscheidung zugrunde gelegten Gutachten des von der BH beigezogenen Amtssachverständigen sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem Vorbringen nach in seinem Recht, nur bei Vorliegen von Verschulden bestraft zu werden, verletzt. Insbesondere habe die belangte Behörde außer acht gelassen, daß die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides vor dem 1. Juli 1990 hatte die belangte Behörde das Wasserrechtsgesetz 1959 noch in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden.

Die BH hat den in Spruchabschnitt 1) des erstinstanzlichen Bescheides erhobenen Strafvorwurf auf § 31 Abs. 1 WRG 1959 gestützt. Gemäß dieser Gesetzesstelle hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Der dem Spruchabschnitt 2) dieses Bescheides zugrunde gelegte Abs. 2 dieses Paragraphen lautet in seinen im Beschwerdefall maßgeblichen Passagen:

Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, so hat der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen.

Gemäß dem als Übertretungs- und Strafnorm herangezogenen § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind insbesondere Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis S 20.000,-- zu bestrafen.

Voraussetzung für die Bestrafung wegen einer Übertretung der Bestimmungen des § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 137 Abs. 1 WRG 1959 - es handelt sich hiebei um ein Erfolgsdelikt, das den Eintritt der Gefahr einer Gewässerverunreinigung erfordert (vgl. hg. Erkenntnisse vom 1. März 1979, Slg. NF Nr. 9787/A, und vom 26. September 1989, Zl. 86/07/0086) - ist ebenso wie im Fall der Übertretung gemäß § 31 Abs. 2 WRG 1959 die für den Täter erkennbare Eignung seiner Maßnahmen oder Unterlassungen, eine Gewässerverunreinigung herbeizuführen (vgl. das erstangeführte hg. Erkenntnis).

Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß der Beschwerdeführer noch vor der Befüllung des Heizöltanks vom Schichtmeister der MN darauf aufmerksam gemacht wurde, daß der Tank nicht die gesamte bestellte Heizölmenge von 20.000 l werde aufnehmen können. Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang selbst angegeben, er habe sich vor dem Befüllen mittels einer Taschenlampe vom Füllstand des Tanks überzeugt. Auch hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, das Ausmünden eines Rohres aus dem Tank in einer Höhe von 100 mm unterhalb dessen Oberkante sei ihm verborgen geblieben. Vielmehr hat er angegeben, er sei lediglich über die Funktion der einzelnen, mit dem Tank in Verbindung stehenden Rohre nicht informiert worden. Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß dem Beschwerdeführer als mit der Problematik des Befüllens von Tankanlagen Vertrauten ab einer in die Nähe des untersten aus dem Behälter ragenden Rohres reichenden Füllhöhe angesichts der ihm nicht bekannten Funktion dieses Rohres die Gefahr eines Austrittes von Heizöl und damit die Gefahr einer Gewässerverunreinigung bewußt sein mußte. Darin, daß der Beschwerdeführer keine Maßnahmen zur Vorbeugung gegen ein solches Austreten - etwa durch Verlangsamen oder Unterbrechen des Befüllvorganges - getroffen hat, hat die belangte Behörde somit zu Recht ein fahrlässiges, die Strafbarkeit gemäß § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 137 Abs. 1 WRG 1959 nach sich ziehendes Verhalten des Beschwerdeführers erblickt.

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde erweist sich aber, soweit sie sich gegen die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides in seinem Spruchabschnitt 2) wendet, als berechtigt. Der dem Beschwerdeführer in diesem Spruchabschnitt gemachte Vorwurf der Unterlassung erforderlicher Sofortmaßnahmen sowie der sofortigen Meldung an eine Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes setzt - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - Kenntnis des Ausmaßes der eingetretenen Verunreinigungen bzw. der davon ausgehenden Gefahr einer Gewässerverunreinigung voraus. Der Beschwerdeführer hat sich in dieser Hinsicht damit verantwortet, daß er die für ihn erkennbaren Ölaustritte durch vom Amtssachverständigen als grundsätzlich geeignet beurteilte Sofortmaßnahmen (Aufbringen von Talkumpulver und von Ölbindemittel) bekämpft habe, daß für ihn aber eine weitergehende Verunreinigung bzw. Gefahr einer Gewässerverunreinigung infolge der nicht ersichtlichen Einmündung des Entlüftungsrohres in einen Regenwasserkanal nicht erkennbar gewesen sei. Darüber, daß das Einfließen von ausgetretenem Heizöl in diesen Kanal für den mit der örtlichen Situation nicht vertrauten Beschwerdeführer ohne weiteres erkennbar gewesen sein mußte, finden sich aber weder im angefochtenen Bescheid noch sonst in den Verwaltungsakten entsprechende Feststellungen. In dieser Hinsicht wäre sohin die Durchführung weiterer Ermittlungen - etwa in Form des vom Beschwerdeführer beantragten Lokalaugenscheines - erforderlich gewesen.

Da der Sachverhalt insoweit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und somit auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990070114.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten