TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/28 91/14/0166

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Veröffentlicht am 28.01.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §881 Abs2;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §2 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr. H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 27. Juni 1991, Zl. 4/22/2-BK/F-1991, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist emeritierter Rechtsanwalt. In einer Beilage zu den Steuererklärungen für das Jahr 1988 gab sein steuerlicher Vertreter bekannt, daß er mit Übergabsvertrag vom 26. Juli 1988 seinem Sohn Dr. J. H. seinen Anteil am Betriebsvermögen der Rechtsanwaltskanzlei Dr. H./Dr. B. per 1. Juli 1988 übergeben habe. Im Übergabsvertrag habe sich der Übernehmer verpflichtet, an die Ehefrau des Übergebers ab Juli 1988 eine monatliche Versorgungsrente in Höhe von S 12.000,-- zu bezahlen. Diese Vereinbarung sei ein Vertrag zugunsten Dritter, also eine Überlassung noch nicht zugeflossener Einkünfte mit der Einkunftsquelle. Die Einkünfte seien daher der neuen Besitzerin der Einkunftsquelle, Frau F. H., zuzurechnen.

In Punkt II) des Übergabevertrages heißt es unter anderem:

c) Die Zuwendung der Versorgungsrente durch den Übergeber an seine mit Rechtswirksamkeit des gegenständlichen Übergabsvertrages unmittelbar gegen den Übernehmer berechtigte Ehegattin erfolgt in Erfüllung der dem Übergeber gegenüber seiner Ehefrau und der Übergebertochter C. H. obliegenden Unterhaltsverpflichtung.

Sollte diese Unterhaltsverpflichtung des Übergebers gegenüber seiner Ehefrau erlöschen oder ruhen, wird vereinbart:

1) Erlischt der Unterhaltsanspruch von F. H. durch deren Tod, aber zu Lebzeiten der Tochter C. H., dann ist die Versorgungsrente an den Übergeber (ab dem auf den Monat des Todes der Berechtigten folgenden Ersten) unmittelbar zu leisten;

2) Erlischt oder ruht der Unterhaltsanspruch von F. H. zu Lebzeiten der Tochter C., dann vermindert sich die Versorgungsrente der Berechtigten um die Hälfte;

3) Durch den Tod der Übergebertochter C. H. vor ihrer Mutter vermindert sich deren Rentenforderung nicht...

d) Die Versorgungsrente im Sinne der vorstehenden Beschreibung zugunsten der Ehegattin des Übergebers bzw. des Übergebers selbst (a bzw. c1) ist auf Lebensdauer der Berechtigten bedungen...

In einem zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin am 16. August 1988 geschlossenen Vergleich betreffend Unterhalt wird in Punkt 3 auf die zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn Dr. J. H. getroffene vertragliche Regelung verwiesen, wonach Frau F. H. zu ihrem und ihrer Tochter C. Unterhalt eine Versorgungsrente zuzukommen habe. Die Ehegattin übernahm in diesem Vergleich die Erfüllung der Unterhaltsansprüche der (nicht selbsterhaltungsfähigen) Tochter in ihre eigene Leistungspflicht.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid rechnete die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für 1988 sonstige Einkünfte in Höhe von S 72.000,-- zu. Sie führte im wesentlichen aus: Die Unterhaltsverpflichtungen seien Voraussetzung für die Rentenzahlungen an die Ehegattin. Dies ergebe sich einerseits daraus, daß die im Übergabsvertrag vom Beschwerdeführer ausbedungene Rente an seine Ehegattin Voraussetzung für den am 16. August 1988 geschlossenen Unterhaltsvergleich und somit für die am selben Tag erfolgte Ehescheidung gewesen sei; andererseits daraus, daß gemäß Übergabsvertrag sich bei Erlöschen oder Ruhen des Unterhaltsanspruches der Ehegattin zu Lebzeiten der Tochter die Rente um die Hälfte vermindere und bei Erlöschen des Unterhaltsanspruches infolge Todes der Ehegattin die Rente an den Beschwerdeführer zu leisten sei. Damit aber sei der Übergabsvertrag nach dem Willen der Vertragsparteien dahingehend auszulegen, daß es dem Beschwerdeführer ausschließlich darauf ankomme, seine gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen, und nicht der Ehegattin ein eigenes von den Unterhaltsverpflichtungen unabhängiges Rentenstammrecht einzuräumen. Das Vorbringen, daß mit dem Übergabsvertrag ein Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 881 ABGB geschlossen worden sei und daher Frau F. H. unmittelbar gegenüber Dr. J. H. forderungsberechtigt sei und dies notfalls im Klagewege durchsetzen könne, ändere nichts daran, daß die Rentenzahlungen von den Unterhaltspflichten des Übergebers (des Beschwerdeführers) abhängig blieben. Denn die Weiterleistung von Rentenzahlungen an den Beschwerdeführer im Todesfall der Ehegattin und die Verminderung der Rentenansprüche infolge des teilweisen Wegfalles der Unterhaltsverpflichtung sei mit einer Übertragung eines selbständigen Rentenstammrechtes nicht vereinbar. Die Einkünfte aus den Rentenzahlungen seien daher für die Ehegattin des Beschwerdeführers auch keine originären, sondern abgeleitete Einkünfte, da ihr die Einkunftsquelle nicht zugerechnet werden könne. Die unmittelbare Berechtigung zur Inanspruchnahme des Übernehmers reiche somit nicht aus, um von einem Übergang einer Einkunftsquelle auszugehen.

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insoweit verletzt, als ihm die vom Übernehmer aufgrund des Übergabsvertrages geleisteten Rentenbeträge zugerechnet wurden. Er beantragt, die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Frage der Zurechnung von aufgrund eines ÜbergabSvertrages vom Übernehmer an die Ehegattin des Übergebers bezahlten Versorgungsrenten hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1983, 83/14/0078, befaßt, auf welches sich beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens schon im Abgabenverfahren berufen haben. Der Gerichtshof hat in diesem Erkenntnis den Erwerb eines eigenen Rentenstammrechtes - und damit der Einkunftsquelle - durch die Rentenempfängerin für den Fall bejaht, daß sie im Sinne des § 881 Abs. 2 ABGB ein unmittelbares Recht erworben hat, vom Leistungspflichtigen die Erfüllung der Rentenzusage an sie zu fordern und nötigenfalls im Klagewege durchzusetzen (vgl. auch Tanzer in Ruppe, Handbuch der Familienverträge, Seite 742).

Ein solcher echter Vertrag zugunsten Dritter liegt aber auch im Beschwerdefall vor. Selbst die belangte Behörde bestreitet nicht, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers gegen den Kanzleiübernehmer (ihren Sohn) aufgrund des Übergabsvertrages unmittelbar berechtigt ist. Da im zwischen ihr und dem Beschwerdeführer am 16. August 1988 im Zuge der Ehescheidung abgeschlossenen Unterhaltsvergleich auf die streitgegenständliche Rente Bezug genommen wurde, kann auch davon ausgegangen werden, daß sie das aus dem Übergabsvertrag erworbene Recht nicht im Sinne des § 882 Abs. 1 ABGB zurückgewiesen hat.

Damit ist der Beschwerdefall aber bereits zugunsten des Beschwerdeführers entschieden. Die belangte Behörde betont zwar immer wieder, daß der Beschwerdeführer mit der Zuwendung der Rente eine bestehende Unterhaltspflicht erfüllen wollte. Dieses Motiv ändert aber nichts daran, daß der Ehegattin des Beschwerdeführers gegenüber dem Kanzleiübernehmer ein selbständiger Anspruch eingeräumt wurde (vgl. zur Bedeutung einer im Unterhaltsbereich liegenden Motivation neuerlich das Erkenntnis vom 6. Dezember 1983). Auch der Umstand, daß die Rentenansprüche sich bei teilweisem Wegfall der Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers vermindern, spricht nicht gegen die Existenz eines eigenen Rentenstammrechts, zumal die Ursache allfälliger Änderungen nicht im Verhältnis zwischen dem Rentenverpflichteten und der Rentenberechtigten läge, sondern im Verhältnis zwischen der Rentenberechtigten und einem Dritten, nämlich dem Beschwerdeführer. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, daß er selbst über den von der Berechtigten auf Lebensdauer erworbenen Rentenanspruch in keiner Weise disponieren kann. Auch die belangte Behörde räumt ein, daß der Beschwerdeführer im Falle eines Verzichtes der Forderungsberechtigten gegenüber dem Übernehmer für sich keinen Anspruch ableiten könnte und daß der Übernehmer im Falle des Voraustodes des Beschwerdeführers gegenüber der Berechtigten keinen Verminderungs- oder Befreiungsanspruch erheben könnte. Daß die Renten im Falle des Voraustodes der Begünstigten (zu Lebzeiten der Tochter) an den Beschwerdeführer zu zahlen sind, ist auf die Zurechnung vor diesem Ereignis ohne Einfluß. Es bestehen keine Bedenken dagegen, daß ein Rentenstammrecht unter einer auflösenden Bedingung übertragen wird. Für die Annahme eines Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts bietet die Aktenlage keinen Anhaltspunkt.

Da der Beschwerdeführer seiner Ehegattin sohin nicht etwa bloß Einkünfte überlassen, sondern eine Einkunftsquelle verschafft hat, erweist sich der von einer anderen Rechtsansicht ausgehende angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Stempelgebühren wurden überhöht verzeichnet; der Mängelbehebungsschriftsatz vom 16. September 1991 wäre bei dem VwGG entsprechender Beschwerdeführung entbehrlich gewesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991140166.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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