TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/29 92/02/0043

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Veröffentlicht am 29.01.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFGNov 04te Art4 Abs5 idF 1984/253;
StVO 1960 §97 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs4 liti;
VStG §50 Abs1;
VStG §50 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalte in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Juli 1991, Zl. MA 70-10/1232/90/Str, betreffend Übertretung einer kraftfahrrechtlichen Vorschrift, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher genannten Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Moped gelenkt und sei seiner Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes nicht nachgekommen. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach Art. IV Abs. 5 lit. a der 4. KFG-Novelle in der Fassung BGBl. Nr. 253/1984 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. IV Abs. 5 lit. a der 4. KFG-Novelle in der Fassung BGBl. Nr. 253/1984 begeht eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG 1950 mit einer Geldstrafe von 100 S zu ahnden ist, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die im Abs. 1 erster Satz angeführte Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 feststellt wird. Wenn die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme eines zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleges verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 300 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.

Der Beschwerdeführer behauptet, die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Bestrafung sei rechtswidrig, weil keine Anhaltung im Sinne des § 97 Abs. 5 StVO 1960 stattgefunden habe.

Die belangte Behörde geht von der Annahme aus, der Beschwerdeführer sei auf die entsprechenden Zeichen des Straßenaufsichtsorganes hin nicht stehen geblieben, sondern an diesem vorbeigefahren, und vertritt in diesem Zusammenhang den Standpunkt, daß von einer Anhaltung bereits dann die Rede sein könne, wenn die entsprechenden Anhaltezeichen erfolgten. Ob der Straßenbenützer diesen Anhaltezeichen nachkomme oder nicht, ändere nichts an der bereits erfolgten Anhaltung. Das Nichtbeachten der Anhaltezeichen könne den Betreffenden nicht straffrei machen.

Die belangte Behörde übersieht bei ihrer Argumentation, daß der Fahrzeuglenker, der eine Übertretung nach Art. IV Abs. 5 der 4. KFG-Novelle begangen hat, einen Rechtsanspruch darauf hat, mit einer Organstrafverfügung belegt zu werden (vgl. das zum im wesentlichen gleichlautenden Art. III Abs. 5 der 3. KFG-Novelle betreffend die Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch von Sicherheitsgurten ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1986, Zl. 86/02/0118, in Form von Rechtssätzen abgedruckt in Slg. Nr. 12.309/A). Die Ausstellung einer Organstrafverfügung bzw. die Aushändigung eines Zahlungsbeleges setzt aber voraus, daß der Fahrzeuglenker die Anordnung zum Anhalten befolgt hat. Befolgt er sie nicht, dann ist er gegebenenfalls nach § 97 Abs. 5 in Verbindung mit § 99 Abs. 4 lit. i StVO 1960, nicht aber nach Art. IV Abs. 5 der 4. KFG-Novelle strafbar, auch wenn er das betreffende strafbare Verhalten gesetzt hat. Das Fehlen der verfahrensrechtlichen Voraussetzung zur Ahndung dieser Verwaltungsübertretung, das in der Feststellung der Begehung der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung "bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960" (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1990, Zl. 89/03/0183) liegt, verhindert eben die entsprechende Bestrafung. Im Vorbeifahren an dem Straßenaufsichtsorgan kann auch keine Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages oder der Entgegennahme des Zahlungsbeleges erblickt werden.

Der angefochtene Bescheid erweist sich als inhaltlich rechtswidrig. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020043.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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