TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/29 91/02/0117

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Veröffentlicht am 29.01.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des E in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 5. August 1991, Zl. VI/2-930/1-1991, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 5. August 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, sich am 13. Februar 1990 um

14.35 Uhr am Gendarmerieposten Mattersburg gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert zu haben, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe am 13. Februar 1990 gegen 13.40 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw bis zum Haus Nr. 15 (Zentralsparkasse) in der Gustav Degengasse im Stadtgebiet von Mattersburg, vom Brunnenplatz kommend, gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb nach der zuerst genannten Gesetzesstelle über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft die Annahme der belangten Behörde, er habe zu dem im Spruch angegebenen Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug gelenkt, und macht in diesem Zusammenhang geltend, die belangte Behörde sei zu dieser Feststellung auf Grund der Aussage seiner geschiedenen Ehefrau gekommen, ohne den von ihm zum Nachweis der objektiven Unrichtigkeit dieser Aussage beantragten Lokalaugenschein durchzuführen.

Die belangte Behörde führte zur Begründung ihrer Beweiswürdigung aus, bei der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt noch über das Verschulden etwas bestimmt werde. Bei Ungehorsamsdelikten obliege es aber dem Täter, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spreche. Dies habe in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu geschehen, worin aber gewöhnlich keine hinreichende Glaubhaftmachung der damit behaupteten Tatsachen erblickt werden könne. Es sei daher ein solches Vorbringen durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. Stellung konkreter Beweisanträge entsprechend zu untermauern. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer lediglich behauptet, daß er seinen Pkw am genannten Ort zur genannten Zeit einer Person namens "J" überlassen habe, die er lediglich "vom Sehen her" gekannt habe. Er habe für diese Behauptung weder einen Beweis erbracht noch einen Beweisantrag gestellt.

Mit diesen Ausführungen verkennt die belangte Behörde zwar die Rechtslage. Bestreitet nämlich der Beschuldigte, den objektiven Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes gesetzt zu haben, so trifft die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde; zu einer Umkehr der Beweislast gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 kommt es nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, der Täter jedoch lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede stellt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1967, Slg. N.F. Nr. 7087).

Da im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, er habe zum fraglichen Zeitpunkt das in Rede stehende Fahrzeug nicht selbst gelenkt, den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bestritt, war es Sache der belangten Behörde, den entsprechenden Schuldbeweis zu erbringen, und nicht Sache des Beschwerdeführers, seine Unschuld zu beweisen.

Diese irrige Rechtsansicht schlug sich im angefochtenen Bescheid aber deshalb nicht nieder, weil sich die belangte Behörde in der Folge sehr wohl mit den ihr vorliegenden Ermittlungsergebnissen zur Frage der Täterschaft auseinandersetzte und diese einer Würdigung unterzog. Diese Beweiswürdigung erfolgte allerdings auf mangelhafter Sachverhaltsgrundlage, weil die belangte Behörde, wie in der Beschwerde zutreffend dargetan, den vom Beschwerdeführer beantragten Entlastungsbeweis eines Lokalaugenscheines ohne nähere Begründung nicht durchführte, obwohl nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß sie bei Aufnahme dieses Beweises zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991020117.X00

Im RIS seit

29.01.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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