TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/4 91/11/0120

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.1992
beobachten
merken

Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KDV 1967 §30 Abs1 idF 1988/455;
KDV 1967 §30 Abs1;
KDV 1967 §31a;
KFG 1967 §123 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des FH in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 5. Juli 1991, Zl. 421.176/3-IV/2/91, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1990, Zl. 89/11/0300, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis war ein Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. November 1989 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden, mit dem in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Oktober 1988 die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen wurde, daß ihm für die Dauer seiner geistigen und körperlichen Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

Im fortgesetzten Verfahren erging zunächst ein Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Jänner 1991, mit dem der Berufung gegen den Erstbescheid der Bundespolizeidirektion Linz wiederum keine Folge gegeben wurde, der Erstbescheid aber dahin abgeändert wurde, daß die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 "auf Dauer" entzogen wird.

Mit dem angefochteten Bescheid wurde der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Jänner 1991 erhobenen Berufung keine Folge gegeben.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß sich aus der Begründung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Jänner 1991 ergibt, daß die Wendung "auf Dauer" als "auf Lebenszeit" zu verstehen ist, sodaß dem Beschwerdeführer nie mehr eine Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Die Behörde stützte sich dabei darauf, daß ihr Amtssachverständiger in dem im fortgesetzten Verfahren eingeholten Gutachten u.a. ausgeführt hat, daß die beim Beschwerdeführer festgestellten schweren, seine geistige und körperliche Eignung ausschließenden Mängel als Dauerzustand anzusehen seien und eine weitere Verschlechterung zu erwarten sei. Die ohne einen Zusatz, der eine andere Deutung gebieten würde (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1983, Zl. 83/11/0258), gebrauchte Wendung "auf Dauer" ist daher als längere Dauer der Entziehung der Lenkerberechtigung als fünf Jahre im Sinne des § 123 Abs. 1 KFG 1967 anzusehen. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Jänner 1991 war demnach zulässig, und die Fällung einer Sachentscheidung über diese Berufung durch die belangte Behörde entsprach dem Gesetz.

Die Aufhebung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. November 1989 durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgte deswegen, weil sich aus der Vielzahl der beim Beschwerdeführer festgestellten Erkankungen und Gebrechen ("Polymorbidität") für sich noch nicht die geistige und körperliche Nichteignung des Beschwerdeführers ergebe. Die Behörde hätte den relevanten Zusammenhang der einzelnen Gebrechen darzustellen gehabt, auf Grund dessen deren Auswirkungen verstärkt bzw. deren Kompensierbarkeit ausgeschlossen werde. Der dem ärztlichen Gutachten zugrunde gelegte verkehrspsychologische Befund sei auch entgegen dem zweiten Satz des § 67 Abs. 2 KFG 1967 im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides älter als ein Jahr gewesen.

Der Beschwerdeführer wurde im fortgesetzten Verfahren am 28. August 1990 von einem Amtsarzt des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung untersucht. Am 14. November 1990 fand in der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit in Linz eine Untersuchung des Beschwerdeführers statt. Auf Grund dieser Untersuchungen und weiterer fachärztlicher Befunde vom September 1990 erstattete der Amtsarzt am 23. November 1990 das ärztliche Gutachten im Sinne des § 67 Abs. 2 KFG 1967. Danach sei der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B auf Dauer nicht mehr geistig geeignet. Seine kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und seine "Verkehrsangepaßtheit" - wie sich aus dem Zusammenhang dieser Aussage im Gutachten ergibt, ist damit die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Sinne des letzten Satzes des § 30 Abs. 1 KDV 1967 gemeint - seien nicht mehr gegeben. Die hochgradigen Abbauerscheinungen im geistigen Bereich seien auf organische Veränderungen des zentralen Nervensystems zurückzuführen und daher als Dauerzustand anzusehen; eine weitere Verschlechterung sei zu erwarten. Die belangte Behörde ließ durch einen Amtsarzt des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz auf der Grundlage dieser Befunde und dieses Gutachtens ein mit 11. April 1991 datiertes weiteres Gutachten erstellen, in dem der Amtssachverständige zu demselben Ergebnis gelangte.

Gegen das Gutachten vom 23. November 1990 wendete der Beschwerdeführer nur ein, daß er die Lenkerberechtigung dringend benötige und hievon ohnehin nur für die notwendigen Fahrten (Arzt, Apotheke, Einkaufen) Gebrauch mache und äußerst vorsichtig unterwegs sei. Er bestritt ferner, geistig zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr geeignet zu sein, er weise lediglich gewisse körperliche Gebrechen auf.

Die belangte Behörde hat sich nach der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das amtsärztliche Gutachten vom 11. April 1991, das diesem zugrunde gelegte Gutachten vom 23. November 1990 sowie auf die in letzterem verwerteten Befunde gestützt. Dagegen bestehen weder in formeller noch in inhaltlicher Hinsicht Bedenken. Der angefochtene Bescheid wurde innerhalb Jahresfrist nach Erstellung der maßgeblichen Befunde erlassen. Das Gutachten ist schlüssig aus den Befunden abgeleitet. In bezug auf die bei der verkehrspsychologischen Untersuchung festgestellten schweren Defizite in allen relevanten Leistungsfunktionen hat der Beschwerdeführer nach Aussage des dem Befund erstellenden Psychologen "hochgradig selbstunkritisch" bzw. "kritiklos und selbstüberschätzend" reagiert. Der Amtsarzt und ihm folgend die belangte Behörde haben diese Festellungen übernommen, ohne daß der Beschwerdeführer dem im Verwaltungsverfahren entgegengetreten wäre. Es kann daher keinesfalls als unzutreffend angesehen werden, dem Beschwerdeführer jedenfalls die geistige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen abzusprechen, fällt doch die Frage der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ausschließlich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/11/0143), die der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit zum Teil (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1990, Zl. 90/11/0024) unter diese Erteilungsvoraussetzung. Schlüssig ist auch die Aussage der Sachverständigen, der im Jahr 1909 geborene Beschwerdeführer werde die in Rede stehenden Eignungsvoraussetzungen nie mehr erfüllen.

Der Beschwerdeführer ist den entsprechenden Äußerungen der Amtsärzte nicht auf sachverständiger Ebene, sondern nur mit subjektiven und laienhaften Behauptungen entgegengetreten.

Die Beschwerdeausführungen können der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der angefochtene Bescheid wurde - wie ausgeführt - keineswegs "rein auf die Aktenlage" gestützt. Die belangte Behörde brauchte eine Wiederholung der Befundaufnahme auch nicht zu veranlassen, weil diese noch nicht älter als ein Jahr war und weil der Beschwerdeführer dagegen nichts vorgebracht hat, was die Behörde hiezu genötigt hätte. Die Ausführungen über die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers gehen ins Leere, weil das Vorliegen dieser Erteilungsvoraussetzung nicht in Zweifel gezogen worden war; die Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers erfolgte ausschließlich wegen der festgestellten Beeinträchtigungen seiner Gesundheit.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991110120.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten