TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/13 91/06/0213

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Veröffentlicht am 13.02.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
BauO Tir 1989 §31 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde

1. der N-GmbH und 2. der Z-GmbH, beide in W, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 27. September 1991, Zl. MD/Präs. Abt. II-2494/1991, betreffend Bewilligung von Werbeeinrichtungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Landeshauptstadt Innsbruck insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 3. September 1990 beantragten die Beschwerdeführerinnen die Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von Werbeeinrichtungen auf dem Objekt XY in Innsbruck, S-Straße. In einem Gutachten vom 2. Oktober 1990 äußerte sich das Stadtbauamt, Abteilung Stadtplanung, dahingehend, daß das Objekt XY mit seiner Westfassade den Abschluß der S-Straße bilde und somit räumlicher Bestandteil dieser Straße sei. Die vorgeschlagene Plazierung der Werbeeinrichtungen wirke nicht gestalterisch integriert und lasse einen Qualitätsverlust der Gesamtgestaltung erwarten, ebenso erlaube das Konzept der Gestaltung des Objektes keine Addition von Werbezügen. Aus der Sicht des Stadtplanungsamtes sollte bei einem Einkaufszentrum in der Innenstadt ein strengerer Maßstab angelegt werden, als in Stadtrandlage. Deshalb sollte der Hinweis "XY" über den Haupteingängen ausreichend sein. Die Anbringung der übrigen Werbeeinrichtungen könne nicht befürwortet werden. Mit einem Bescheid vom 14. Februar 1990 (richtig wohl: 1991) wurde die Bewilligung für die Anbringung von drei näher beschriebenen Werbeeinrichtungen erteilt. Mit einem weiteren Bescheid vom 14. Februar 1991 wurde die Bewilligung zur Anbringung von Werbeeinrichtungen (drei Leuchtschriften und R-Module) abgewiesen. Der gegen den abweisenden Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 14. Februar 1991 rechtzeitig eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerinnen hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid lediglich hinsichtlich vier R-Modulen stattgegeben, im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde habe zur Frage einer allfälligen Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes durch die gegenständlichen Werbeeinrichtungen ein ergänzendes Sachverständigengutachten des Amtes für Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung, Bauberatung, vom 10. Mai 1991 eingeholt, welches den Beschwerdeführerinnen im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme zugemittelt worden sei. Nach Wiedergabe des Gutachtens führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, das Gutachten, das über einen eingehenden Befund und ein Gutachten im engeren Sinn verfüge, lege auf schlüssige Art und Weise dar, weshalb die beantragten Werbeeinrichtungen oberhalb des Hauptdachgesimses aufgrund ihrer Lage, Größe, Farbgebung und Lichtwirkung bei Dunkelheit sowie der negativen Beeinflussung der Gebäudegestaltung das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild beeinträchtigen.

Gegen diesen Bescheid, soweit damit der Berufung der Beschwerdeführerinnen nicht stattgegeben wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, (TBO), ist ein Ansuchen um die Erteilung der Bewilligung für die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung einer Werbeeinrichtung insbesondere auch dann abzuweisen, wenn die Werbeeinrichtung durch ihre Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild beeinträchtigen würde oder einer Verordnung nach § 24 Abs. 5 oder örtlichen Bauvorschriften nach § 20 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 widerspricht.

Nach den vorgelegten Aktenunterlagen wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheidteil die Bewilligung für die Aufstellung folgender Werbeeinrichtungen am Objekt S-Straße, versagt:

1.)

Leuchtschrift "C", 2 Stück, Ausmaß 4,60 m mal

0,80 m, Farben: Buchstaben gelb,

2.)

Leuchtschrift "H", 2 Stück, Ausmaß 3,00 m mal

1,80 m, (Ellipsenform, Farben: Buchstaben weiß auf rotem Grund,

3.)

R-Module, Ausmaß 1,40 m mal 1,10 m, Farben: Streifen in Farben und

4.)

Leuchtschrift "N", 3 Stück, Ausmaß 12,40 m mal 1,10 m, Farben: Buchstaben weiß auf rotem Grund.

Diese Werbeschriften sollten selbstleuchtend ausgeführt und an der Attika mittels einer Stahlunterkonstruktion befestigt werden.

Zur Frage, ob eine Werbeeinrichtung das Orts- oder Straßenbild beeinträchtigen würde, ist das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, das die Behörde auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 13. September 1983, Zl. 83/05/0097). Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß das vom Stadtmagistrat eingeholte Gutachten des Stadtbauamtes vom 2. Oktober 1990 die erforderliche Schlüssigkeit vermissen ließ und sich auf aus dem Befund nicht nachvollziehbare Feststellungen beschränkte. Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten vom 10. Mai 1991 enthält einen eingehenden Befund, aus dem hervorgeht, daß das Objekt "XY" an der stadtgestalterisch markanten Schnittstelle der drei städtebaulich unterschiedlichen Bereiche liegt und deren Ränder prägt. Die S-Straße ist nach diesem Gutachten ein relativ einheitlich und geschlossen bebauter, im Stadtgefüge bedeutender Straßenraum aus dem 19. Jahrhundert, der sich von der Altstadt nach Osten über den Bahnviadukt hinaus streckt. Das gegenständliche Objekt "XY" bilde den östlichen Abschluß dieses Raumes und sei bereits vom D her sichtbar.

Werbeeinrichtungen in der S-Straße befinden sich überwiegend im Erdgeschoßbereich, darüber hinaus gebe es einzelne vertikale Werbeträger, die sich jedoch alle auf die Fassade beschränken und sich nie oberhalb des Dachgesimses befänden. Die Größe der Werbeeinrichtung biete sich längs zur Hauptblickachse dar, die oberen Gebäudeabschlüsse würden in keinem Fall überragt. Der östliche Abschluß dieses Straßenraumes, nämlich die Westfassade des gegenständlichen Objektes "XY" werde hingegen durch die beabsichtigten Werbeeinrichtungen von einer horizontalen Aneinanderreihung einzelner großformatiger, bunter Werbeeinrichtungen gekrönt. Durch ihre Situierung oberhalb des Hauptgesimses sowie der damit verbundenen Fernwirkung und Überlagerung mit dem Naturraum, durch die Lage quer zur Hauptblickrichtung, die konzentrierte Addition sowie durch die aufdringliche Farbgebung dominierten diese Werbeeinrichtungen das Gebäude und damit auch den Straßenraum entscheidend.

Die Nord- und Ostfassade des Objektes "XY" begrenzten den südwestlichen Bereich eines weitläufigen, differenziert gestalteten Grün- und Naturraumes. Dieser Natur- und Landschaftsraum werde durch die Bergkulissen sowie die umgebenden Randbebauungen und die Bepflanzung geprägt. Die beantragten großformatigen und bunten Werbeeinrichtungen an der Nordfassade des Objektes "XY" seien auf die Hauptfuß- und Radwegachse ausgerichtet, bereits von der T-Straße aus sichtbar und wirkten besonders auffällig im nördlichen Bereich des Grünraumes.

Die Südfassade mit den beantragten Werbeeinrichtungen wirke auf den städtebaulichen Bereich der A-Straße im Abschnitt "B-Brücke". Dieser Straßen- und Landschaftsraum sei charakterisiert einerseits durch eine straßenbegleitende, zum Teil geschlossene Bebauung, sowie durch den Grünraum der X. Großräumlich gesehen werde der Ort insbesondere Richtung Norden durch die Silhouette der Bepflanzung und Bebauung vor der Kulisse der Hungerburgterrasse und der Nordkette geprägt. Die beantragten, großformatigen und bunten Werbeeinrichtungen - konzentriert in horizontaler Aneinanderreihung oberhalb des Hauptdachgesimses angebracht - störten diese Silhouette und führten damit zu einer Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes.

Zusammengefaßt wurde in diesem Gutachten festgestellt, daß die oberhalb der Hauptdachgesimse beantragten Werbeeinrichtungen an der Nord-, West- und Südfassade - mit Ausnahme der ohnedies bewilligten Schriftzüge "XY" aufgrund ihrer Lage, Größe und Farbgebung und Lichtwirkung bei Dunkelheit sowie der negativen Beeinflussung der Gebäudegestaltung das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild beeinträchtigen.

Dieses Gutachten, dem die Beschwerdeführerinnen während des Verwaltungsverfahrens nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sind, gründete sich auf einen eingehenden Befund, aus dem sich die daraus gezogenen Schlüsse nachvollziehbar ergaben. Daß die örtlichen Gegebenheiten auch richtig wiedergegeben wurden, wurde auch durch die von den Beschwerdeführerinnen anläßlich ihrer Berufung vorgelegten Bildaufnahmen nicht widerlegt. Mit Recht konnte daher die belangte Behörde dieses Gutachten ihrem Bescheid zugrundelegen und die beantragte Bewilligung versagen. Wenn die Beschwerdeführerin nun gleichzeitig mit der Beschwerde erstmals ein Gutachten über die Wirkung der Werbeeinrichtungen auf das Orts- und Landschaftsbild vorlegen, verstößt sie damit gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot. Im übrigen geht auch aus diesem Gutachten nicht hervor, daß im Amtsgutachten vom 10. Mai 1991 die örtlichen Gegebenheiten unrichtig wiedergegeben worden seien.

Die Beschwerdeführerinnen erblicken eine Rechtswidrigkeit darin, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, an Ort und Stelle einen Augenschein abzuhalten und sich dort selbst ein Bild über eine allfällige Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes zu machen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die Frage, ob Werbeeinrichtungen das Orts- oder Landschaftsbild beeinträchtigen, deshalb Gegenstand des Beweises durch Sachverständige ist, weil nur der Sachverständige aufgrund seines Fachwissens in der Lage ist, objektive Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen. Aufgabe der entscheidenden Behörde ist es, das Gutachten auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen, nicht jedoch die subjektive Ansicht der Behördenorgane in die Entscheidung einfließen zu lassen.

Da die Beschwerdeführerinnen durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt waren, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigenbeweis Technischer Sachverständiger Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild Landschaftsbild

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991060213.X00

Im RIS seit

13.02.1992

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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