TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/18 92/07/0024

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Veröffentlicht am 18.02.1992
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §18;
FlVfGG §19;
FlVfGG §28;
FlVfGG §29;
FlVfGG §30;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3;
FlVfLG Tir 1978 §39 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla, Dr. Kratschmer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des

1. E und des 2. F, beide in I, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 20. Juni 1991, Zl. LAS-312/2, betreffend Teilung einer Stammsitzliegenschaft,zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Mit Eingabe vom 30. April 1990 beantragte der Zweitbeschwerdeführer bei der Agrarbehörde erster Instanz die Erteilung der Bewilligung für den zwischen ihm (als Geschenknehmer) und dem Erstbeschwerdeführer (als Geschenkgeber) abgeschlossenen Schenkungsvertrag vom 5. April 1990, auf Grund dessen das durch eine Teilung des Gst 1599/2 neu zu bildende Gst 1599/7 im Ausmaß von 696 m2 (letzteres bildet den Gegenstand der Schenkung) vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 1601, KG I, abgeschrieben werden soll und (gleichzeitig) die mit dieser Liegenschaft bücherlich verbundenen Holz- und Streunutzungsrechte auf dem in EZ 870, KG I, vorgetragenen Gst 4082/1, Teil 25 und 269, mit der aus dem abzuschreibenden Gst 1599/7 neu entstehenden Liegenschaft verbunden werden sollen.

2. Mit Bescheid vom 9. Jänner 1991 verweigerte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gemäß § 38 Abs. 4 lit. d des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG 1978) die begehrte Bewilligung.

3. Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wies der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 20. Juni 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 1 TFLG 1978 als unbegründet ab. Gleichzeitig sprach die belangte Behörde aus, daß der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt zu lauten habe:

"Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I.Instanz verweigert gemäß § 39 Abs. 1 TFLG die im Schenkungsvertrag vom 5.4.1990 vorgesehene Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 1601 GB I, wonach die mit dieser Stammsitzliegenschaft verbundenen Teilwaldrechte Nr. 25 und 269 auf Gp 4082/1 KG I auf die für die Gp 1599/7 zu eröffnende EZ.... KG I übertragen werden sollen."

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Da es im vorliegenden Fall durch die beabsichtigte Verfügung über die Teilwaldrechte auf Seiten des Erwerbers (des Zweitbeschwerdeführers) nicht zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes kommen könne, da das abzuschreibende Gst 1599/7 (mit dem die Teilwaldrechte verbunden werden sollen) selbst bei großzügigster Auslegung des Begriffes "landwirtschaftlicher Betrieb" keinen derartigen Betrieb darstelle, habe die Erstinstanz völlig zu Recht die beantragte Bewilligung versagt. Daran ändere auch nichts der Umstand, daß sie unrichtigerweise den vorliegenden Sachverhalt dem nach § 38 Abs. 3 TFLG 1978 bewilligungspflichtigen Tatbestand der Absonderung von Mitgliedschafsrechten (Anteilsrechten) an einer Agrargemeinschaft subsumiert habe. Rechtlich gesehen handle es sich bei den gegenständlichen vertraglichen Regelungen um die Teilung einer Stammsitzliegenschaft. Da die Behörde die Frage der Bewilligungsfähigkeit einer Absonderung von agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten praktisch unter den gleichen Gesichtspunkten zu prüfen habe wie jene der Bewilligungsfähigkeit der Teilung einer Stammsitzliegenschaft, zumal gemäß § 39 Abs. 1 TFLG 1978 die Bestimmung des § 38 Abs. 4 leg.cit. auf die Teilung einer Stammsitzliegenschaft sinngemäß anzuwenden sei, habe die Erstinstanz im Ergebnis die richtige Entscheidung getroffen.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung ablehnte, dem Verwaltunsgerichtshof mit Beschluß vom 25. November 1991,

B 931/91, abgetretene Beschwerde, mit der inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

II

Der Verwaltunsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 38 Abs. 3 TFLG 1978 darf die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.

Zufolge Abs. 4 dieses Paragraphen ist die Bewilligung nach Abs. 3 unter anderem zu verweigern, wenn (lit. d) der Erwerb des Anteilrechtes nicht der Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes dient, sofern dieser Erwerb nicht durch die Agrargemeinschaft bzw. durch die Gemeinde als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes erfolgt.

Gemäß § 39 Abs. 1 TFLG 1978 ist für den Fall, daß eine Stammsitzliegenschaft geteilt wird, in die Teilungsurkunde eine Bestimmung darüber aufzunehmen, ob mit dem Trennstück Mitgliedschaftsrechte an einer Agrargemeinschaft auf den Erwerber übergehen oder nicht. Diese Bestimmung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Bewilligung der Agrarbehörde. Diese hat darauf zu achten, daß die Anteilsrechte den Trennstücken im Verhältnis ihres wirtschaftlichen Bedarfes zustehen. Die Bewilligung ist zu verweigern, wenn die Teilung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der beteiligten Liegenschaften, insbesondere der Schaffung und der Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe, und den Rücksichten der Landeskultur widerspricht. Die Bestimmung des § 38 Abs. 4 gilt hiebei sinngemäß.

2. Der Verwaltunsgerichtshof pflichtet der belangten Behörde bei, daß es sich bei dem im Schenkungsvertrag vom 5. April 1990 vereinbarten Vorgang um die Teilung einer Stammsitzliegenschaft im Sinne des § 39 Abs. 1 TFLG 1978 und nicht - wie die Erstbehörde meinte - um eine Absonderung im Sinne des § 38 Abs. 3 leg.cit. handle. Zur näheren Begründung dieser Rechtsanschauung wird auf das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1991, Zl. 91/07/0018, dem ein in allen wesentlichen Punkten gleichgelagerter Fall zugrunde lag, verwiesen (§ 43 Abs. 2 VwGG).

3.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht - darin erschöpft sich ihr Vorbringen -, daß die belangte Behörde über eine Sache entschieden habe, "die nie Gegenstand des Verfahrens, auch nicht der Vorinstanz, war". Während die Erstbehörde der Absonderung und Übertragung der Teilwaldrechte die Zustimmung versagt habe - allein dagegen sei auch die Berufung der Beschwerdeführer gerichtet gewesen -,habe die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid dahin abgeändert, daß nunmehr der vorgesehenen Teilung der Stammsitzliegenschaft die Bewilligung versagt werde.

3.2. Die einen Verstoß gegen § 66 Abs. 4 AVG geltend machende Rechtsrüge ist verfehlt. Die Berufungsbehörde darf ihre Entscheidungsbefugnis nach § 66 Abs. 4 zweiter Satz leg.cit. nur im Rahmen der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz leg.cit. ausüben. "Sache" in diesem Sinne ist, sofern dem Berufungswerber nicht nur ein eingeschränktes Berufungsrecht zukommt, die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Diese "Angelegenheit" war im Beschwerdefall der an die Agrarbehörde erster Instanz zur Bewillligung herangetragene, den Gegenstand des Schenkungsvertrages vom 5. April 1990 bildende Vorgang, also die Abschreibung des Gst 1599/7 (mit neu zu eröffnender EZ) vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 1601, KG I, unter gleichzeitiger Übertragung der bisher mit dieser Liegenschaft verbundenen Holz- und Streunutzungsrechte (Teilwaldrechte 25 und 269 auf dem Gst 4082/1, KG I) auf das abzuschreibende Grundstück. Dieser komplexe Vorgang (Sachverhalt) war von der Erstbehörde in rechtlicher Hinsicht als "Absonderung" im Sinne des § 38 Abs. 3 TFLG 1978 qualifiziert worden. Diese RECHTLICHE Beurteilung - und nur diese - hat die belangte Behörde in Erfüllung der sie treffenden gesetzlichen Verpflichtung einer eigenständigen Prüfung auch der jeweils relevanten Rechtsfragen einer Änderung unterzogen, und zwar sowohl im Spruch als auch in der Begründung. Diese Vorgangsweise aber ist durch § 66 Abs. 4 AVG gedeckt.

4. Nach dem Gesagten läßt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992070024.X00

Im RIS seit

18.02.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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