TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/19 89/14/0258

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Veröffentlicht am 19.02.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §119 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1 Z7;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Schubert sowie die Hofräte Dr Hnatek, Dr Karger, Dr Baumann und Mag Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr Kirchmayr, über die Beschwerde des G in B, vertreten durch Dr R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 23. August 1989, GZ 2030-2/1988, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist bei einer Kammer für Arbeiter und Angestellte als Leiter einer Außenstelle beschäftigt. Für das Jahr 1987 stellte er einen Antrag auf Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte wegen erhöhter Werbungskosten. Diese umfaßten - neben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittigen Aufwendungen - 24.020 S für Fachzeitschriften und Zeitungen und 50.003,96 S für Fachbücher. Das Finanzamt berücksichtigte von den insgesamt geltend gemachten Werbungskosten den Teilbetrag von 36.822 S. Bei den übrigen Aufwendungen, hauptsächlich Ausgaben für Literatur, sei kein ausreichender Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 15. Juni 1988, 87/13/0052, Berufung. Aufwendungen für Fachliteratur, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe, seien als Werbungskosten absetzbar. Der Titel eines Druckwerkes allein berechtige noch nicht zu dem Schluß, daß es sich um allgemeinbildende Werke handle. Vielmehr sei die Frage der Zuordnung zur beruflichen oder privaten Sphäre nach dem Inhalt der Werke zu beurteilen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung, eine genaue Aufstellung, aus der die Verbindung jedes einzelnen Fachbuches mit der Berufstätigkeit ersichtlich sei, sowie eine Bestätigung des Arbeitgebers über die berufliche Notwendigkeit der einzelnen Fachbücher nachzureichen, nicht gefolgt. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung stelle das Finanzamt fest, die für die Gewährung des beantragten Freibetrages erforderlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben.

Der sich gegen diesen Bescheid wendende Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beinhaltet nähere Ausführungen zum dienstlichen Tätigkeitsfeld des Beschwerdeführers. Es umfasse die Bearbeitung schwieriger rechtlicher, wirtschaftlicher und organisatorischer Angelegenheiten, insbesondere die Begutachtung von Gesetzesentwürfen, Ausarbeitung von Stellungnahmen, Erstellung von Rechtsgutachten, Abfassung von Eingaben und Anträgen und die Erledigung sonstiger Schriftsätze. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer mit der Leitung eines Referates betraut.

In weiterer Folge des Ermittlungsverfahrens reichte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Arbeitgeberin nach, in der nur sehr global die Berufsnotwendigkeit der Fachliteratur dargelegt wird. Investitionen in vertiefende Literatur fänden bei den Auskunfts-, Beratungs- und Vertretungsleistungen des Beschwerdeführers ihren positiven Niederschlag. Als Antwort auf ein schriftliches Ersuchen der belangten Behörde um detaillierte Angaben zur Berufsbezogenheit der einzeln aufgelisteten 164 Werke verweist die Arbeitgeberin auf das vorangegangene, sehr allgemein gehaltene Schreiben. Daneben betont sie die gesetzliche Verpflichtung der Arbeiterkammer, die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und zu fördern. Die vertiefende Information und Weiterbildung des Beschwerdeführers sei daher in allen diesen Bereichen notwendig. Es werde seitens der Arbeiterkammer begrüßt, wenn sich Dienstnehmer aus eigenem Interesse weiterbildeten und entsprechende Fachliteratur anschafften, ohne dafür eine Vergütung erwarten zu können.

Die nunmehr angefochtene abweisende Berufungsentscheidung stellt in der Begründung auf die finale Werbungskostendefinition ab. Nach dem hg Erkenntnis vom 26. April 1989, 88/14/0091, sei für eine Qualifikation als Werbungskosten entscheidend, ob es sich um Aufwendungen handle, ohne die die Stellung des Abgabenpflichtigen als Arbeitnehmer gefährdet oder sein berufliches Fortkommen beeinträchtigt wäre bzw die eindeutig und ausschließlich im Zusammenhang mit der Erzielung der jeweiligen Einnahmen stünden. Der Beschwerdeführer habe aber derartige Umstände nicht einmal behauptet. Entsprechende Anhaltspunkte ergäben sich auch nicht aus den beiden Schreiben der Arbeiterkammer, die entweder nicht bereit oder nicht in der Lage gewesen sei, konkrete Aussagen zu treffen, ob der Beschwerdeführer die Druckwerke auf seine Kosten anschaffen und sich daraus eingehend informieren habe müssen, um seinen Beruf ausüben zu können. Dadurch habe die Arbeiterkammer die Mitwirkungspflicht eines Arbeitgebers an der Sachverhaltsfindung nicht ausreichend erfüllt. Es überschreite die Grenze der Amtswegigkeit, 160 Bücher und Zeitschriften zu lesen, um damit aus dem Inhalt der einzelnen Bücher und Zeitschriften auf die Zuordnung zur privaten bzw beruflichen Sphäre schließen zu können. Es sei somit zulässig, vom Titel der Druckwerke die entsprechenden allgemeinen religiösen, ethischen, geschichtlichen, kulturellen, politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Themen abzuleiten.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird ausgeführt, daß die Fachliteratur für die Beratung der vorsprechenden Arbeiterkammermitglieder, die Argumentation im Zusammenhang mit Klagen in der Klagserzählung vor dem Arbeits- und Sozialgericht, bei Auseinandersetzungen mit Arbeitgebern und den Pensions- bzw Unfallversicherungsanstalten dringend nötig sei. Der Umfang der "nötigen" Fachliteratur richte sich nach der persönlichen Arbeitsweise und Zielsetzung des Einzelnen. Gesamt betrachtet stehe eindeutig fest, daß der Beschwerdeführer das realisierte Leistungsniveau ohne das Studium der Fachliteratur nicht erreicht hätte. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird gerügt, daß wegen des großen Umfanges der geltend gemachten Fachliteratur ein geringerer Maßstab angelegt und oberflächlich ermittelt und entschieden worden sei. Wenn die Auskünfte eines Arbeitgebers nicht ausreichend seien, könne dies nicht zu Lasten des Beschwerdeführers ausgelegt werden. § 143 BAO bewirke vielmehr eine Verpflichtung der Behörde, gegenüber einem Arbeitgeber darauf zu drängen, daß er seinen Auskunftspflichten entsprechend nachkomme. Als Alternative hätte der Beschwerdeführer aufgefordert werden müssen, die als erforderlich erscheinenden zusätzlichen Angaben zu machen. Was den Inhalt der Publikationen betreffe, wäre der Beschwerdeführer anzuleiten und aufzufordern gewesen, Themenübersichten zu erstellen. Darüber hinaus liege ein gravierender Begründungsmangel sowohl beim Bescheid erster Instanz als auch beim Berufungsbescheid vor. Die Behörde habe zu keiner einzigen Publikation konkret Stellung genommen und in keinem einzigen Fall individuell begründet, weshalb die Zuordnung des entsprechenden Aufwandes zu den Werbungskosten nicht vorgenommen worden sei.

Die Behörde beantragt in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus den vom Beschwerdeführer bekanntgegebenen Titeln war die Berufsbezogenheit aller Druckwerke, für die er Werbungskosten geltend machte, nicht zu erkennen (vgl das bereits erwähnte hg Erkenntnis vom 15. Juni 1988, 87/13/0052). Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers, der selbst um den Zusammenhang der Druckwerke mit seinem Beruf am besten Bescheid wissen mußte, gewesen, diese Berufsbezogenheit für alle Druckwerke im einzelnen darzutun, wozu ihn spätestens die Berufungsvorentscheidung veranlassen hätte müssen. Mangels einer solchen Offenlegung hätte die belangte Behörde den Aufwendungen für die Druckwerke zur Gänze den Abzug als Werbungskosten versagen können. Wenn sie dennoch 36.822 S als Werbungskosten anerkannte, kann der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt sein.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl Nr 104/1991.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989140258.X00

Im RIS seit

19.02.1992

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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