TE Vfgh Erkenntnis 2006/12/1 B3269/05

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Veröffentlicht am 01.12.2006
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
ORF-G §1, §17, §38
PrivatfernsehG (PrTV-G) §46, §63, §64
VStG §9 Abs2

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die unterschiedliche Sanktionierung von Verstößen gegen die Bestimmungen über Patronanzsendungen (Sponsoring) nach dem ORF-Gesetz bzw dem Privatfernsehgesetz im Hinblick auf die grundlegende Verschiedenheit zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunkveranstalter und privaten Fernsehveranstaltern; höhere Geldstrafen für Verstöße des ORF gegen den Grundsatz der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt im Hinblick auf seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag sachlich gerechtfertigt; Verwaltungsstrafe für Privatfernsehveranstalter bloß Bestandteil eines - bis zum Entzug der Zulassung führenden - mehrstufigen Sanktionssystems

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Leiter der Rechtsabteilung des Österreichischen Rundfunks (ORF) und hinsichtlich bestimmter vom ORF einzuhaltender werberechtlicher Bestimmungen verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 Abs2 VStG. Der ORF ist eine gemäß §1 Abs1 Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G), BGBl. I Nr. 83/2001, eingerichtete Stiftung des öffentlichen Rechts mit Rechtspersönlichkeit.

2.1. Mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates (BKS) vom 22. Juni 2004, wurde der Beschwerdeführer als gemäß §9 Abs2 VStG verantwortlicher Beauftragter bestraft, weil der ORF "1.a. am 15.2.2004 um 13.36 Uhr in 1136 Wien, Würzburggasse 30 während der Sendung 'Übertragung des zweiten Durchgangs des Herrenweltcup-Slaloms in St. Anton' einen Patronanzhinweis für die Marke 'Iglo'" und "1.b.

... einen zum Kauf von Erzeugnissen anregenden Patronanzhinweis für

die Marke 'Iglo'" sowie "2.a. am 29.2.2004 um 13.51 Uhr in 1136 Wien,

Würzburggasse 30 während der Sendung 'Übertragung des zweiten

Durchgangs des Herrenweltcup-Slaloms in Kranjska Gora' einen

Patronanzhinweis für die Marke 'Iglo'" und "2.b. ... einen zum Kauf

von Erzeugnissen anregenden Patronanzhinweis für die Marke 'Iglo'" gesendet habe. Der Beschwerdeführer wurde daher gemäß §38 Abs1 Z2 iVm. §17 Abs2 Z2 ORF-G (zu 1.a. und 2.a.) und §38 Abs1 Z2 iVm. §17 Abs2 Z3 ORF-G (zu 1.b. und 2.b.) zur Zahlung einer Geldstrafe iHv. insgesamt € 22.000,- (einschließlich 10% als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß §64 VStG) verurteilt. Begründend führte der BKS aus, dass werblich gestaltete Patronanzhinweise vorlägen, weil "nicht bloß die Marke genannt, sondern offensichtlich ein Produkt der Marke Iglo in ansprechender Form ebenso gezeigt [werde] wie ein Teil des Essvorganges. Anders als klassische Werbespots [werde] dieses Bild zwar nicht durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf ein Erzeugnis durch einen gesprochenen Text unterstützt, wohl aber in den Spot 'Iss was g'scheit's' eingeblendet, wobei am Ende die Worte gesprochen werden 'Und jetzt wünscht Iglo einen guten Appetit'."

2.2. Die gegen diesen Bescheid des BKS eingebrachte Berufung wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (UVS) mit Bescheid vom 31. August 2005 ab und bestätigte gleichzeitig den Bescheid des BKS vom 22. Juni 2004. In der Berufungsverhandlung sei außer Streit gestellt worden, dass es sich bei den Übertragungen der Skiweltcuprennen vom 15. und 29. Februar 2004 um Patronanzsendungen (Sponsoring) gemäß §17 Abs1 ORF-G gehandelt habe. Entgegen dem Berufungsvorbringen bejaht der UVS das Vorliegen von Patronanzhinweisen, weil sowohl die vertragliche Gestaltung als auch die Platzierung der Spots in den jeweiligen Sendungen eindeutig für das Vorliegen von Patronanzhinweisen sprechen. Da es darüber hinaus an An- und Absagen mangle, die den Anfang oder das Ende der Patronanzsendung eindeutig kennzeichnen, und weiters spezifisch verkaufsfördernde Hinweise erfolgt seien, liege eine Übertretung des §17 Abs2 Z2 und 3 ORF-G vor.

Nach Ansicht des UVS habe der Beschwerdeführer nicht darlegen können, dass er für die Einhaltung eines Aufsichts- und Kontrollsystems gesorgt habe, das geeignet sei, derartige Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Da sein System eine lückenlose Kontrolle nicht gewährleiste, lastet der UVS dem nunmehrigen Beschwerdeführer ein Kontroll- und Aufsichtsverschulden in der Form der Fahrlässigkeit an.

Zur Strafbemessung führt der UVS aus, dass die Begrenzung von sog. Sponsoring dem Zweck diene, die kommerzielle Ausrichtung von Programmen und die Vermengung kommerzieller Interessen mit der redaktionellen Gestaltung von Beiträgen hintanzuhalten. In Anbetracht der fahrlässig begangenen Verletzung der Aufsichts- und Kontrollpflichten sowie der persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (unter Bedachtnahme auf bestehende Sorgepflichten) des Beschwerdeführers seien die verhängten Strafen angemessen.

3. In der gegen diesen Bescheid des UVS gemäß Art144 B-VG eingebrachten Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung in Rechten wegen einer - von ihm als gleichheitswidrig erachteten - Wortfolge in §38 Abs1 Z2 ORF-G geltend und beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

4. Der UVS erstattete keine Gegenschrift, teilte jedoch mit, dass sich die Verwaltungsakten beim Verwaltungsgerichtshof befinden.

5. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nahm zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des §38 ORF-G Stellung und erachtete die gegen diese Norm erhobenen Bedenken als unbegründet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. In der Beschwerde werden Bedenken dahingehend geäußert, dass §38 Abs1 Z2 ORF-G mit Blick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verfassungswidrig sei, weil Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen über Patronanzsendungen gemäß §17 ORF-G mit einer weitaus höheren Strafe belegt würden als inhaltsgleiche Verstöße eines (privaten) Fernsehveranstalters nach §46 Privatfernsehgesetz (PrTV-G). Angesichts der im Wesentlichen gleichlautenden Anforderungen an Patronanzsendungen in §17 ORF-G und §46 PrTV-G sei die unterschiedliche Sanktionierung abhängig vom Rundfunkveranstalter sachlich nicht begründbar.

2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des ORF-G, BGBl. I Nr. 83/2001 idF BGBl. I Nr. 97/2004, lauten:

"Patronanzsendungen (Sponsoring)

§17. (1) Eine Patronanzsendung im Fernsehen liegt vor, wenn ein nicht im Bereich der Produktion von audiovisuellen Werken tätiges vffentliches oder privates Unternehmen einen Beitrag zur Finanzierung solcher Werke mit dem Ziel leistet, den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild, die Tätigkeit oder die Leistungen des Unternehmens zu fördern.

(2) Patronanzsendungen müssen folgenden Anforderungen genügen:

1.

Inhalt und Programmplatz einer Patronanzsendung dürfen vom Auftraggeber auf keinen Fall in der Weise beeinflusst werden, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhängigkeit des Österreichischen Rundfunks in Bezug auf die Sendungen angetastet werden.

2.

Sie sind als Patronanzsendung durch den Namen oder das Firmenemblem des Auftraggebers am Anfang und am Ende eindeutig zu kennzeichnen (An- und Absage). Hinweise auf den Auftraggeber während der Sendung sind unzulässig.

3.

Sie dürfen nicht zu Kauf, Miete oder Pacht von Erzeugnissen oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen, anregen.

(3) Patronanzsendungen dürfen nicht von natürlichen oder juristischen Personen in Auftrag gegeben werden, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Erzeugnissen oder die Erbringung von Dienstleistungen ist, für die die Werbung gemäß §13 Abs4 und §16 oder nach anderen gesetzlichen Bestimmungen verboten ist.

(4) Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information dürfen nicht im Sinne von Abs1 finanziell unterstützt werden.

(5) An- und Absagen von Patronanzsendungen sind, sofern es sich bei den Patronanzsendungen nicht um solche zu Gunsten karitativer oder sonstiger im öffentlichen Interesse liegender Zwecke handelt, in die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeit einzurechnen. Die einzurechnende Zeitdauer von An- und Absagen regionaler Sendungen im Fernsehen (§3 Abs2) bestimmt sich nach dem Verhältnis des durch die regionale Sendung technisch erreichbaren Bevölkerungsanteils zur Gesamtbevölkerung Österreichs.

(6) Auf die Vergabe von Sendezeiten an Medieninhaber periodischer Druckwerke für An- und Absagen von Patronanzsendungen findet §13 Abs8 sinngemäß Anwendung. Die für An- und Absagen an diese Medieninhaber vergebene Sendezeit ist in die höchstzulässige wöchentliche Werbezeit gemäß §13 Abs8 einzurechnen.

(7) Die Gestaltung von Sendungen oder Sendungsteilen nach thematischen Vorgaben Dritter gegen Entgelt ist unzulässig.

Verwaltungsstrafen

§38. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36 000 € zu bestrafen, wer als Rundfunkveranstalter nach diesem Bundesgesetz - soweit die nachfolgend und in Abs2 genannten Bestimmungen auf seine Tätigkeit Anwendung finden (§9 Abs4)

-

1.

die Programmgrundsätze des §10 Abs1, Abs2 oder Abs11 bis 13 verletzt oder

2.

den §§13 Abs2 bis 4, Abs5 zweiter Satz oder Abs6 und 7 oder den §§14 bis 17 zuwiderhandelt.

(2) Ein Rundfunkveranstalter nach diesem Bundesgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe in der Höhe von 36 000 € bis zu 58 000 € zu bestrafen, wenn er gegen die Bestimmung des §12 verstößt.

(3) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs1 oder 2 liegt nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

(4) Verwaltungsstrafen gemäß Abs1 oder 2 sind durch den Bundeskommunikationssenat zu verhängen. Die Strafgelder fließen dem Bund zu."

Die mit BGBl. I Nr. 159/2005 vorgenommene Änderung des §17 Abs2 Z2 ORF-G ist mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten und daher für den vorliegenden Fall unbeachtlich.

2.2. Für die Beurteilung der Beschwerde sind darüber hinaus folgende Bestimmungen des PrTV-G, BGBl. I Nr. 84/2001, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 169/2004, maßgeblich:

"Patronanzsendungen

§46. (1) Eine Patronanzsendung liegt vor, wenn ein nicht im Bereich der Produktion von audiovisuellen Werken oder Hörfunkprogrammen tätiges öffentliches oder privates Unternehmen einen Beitrag zur Finanzierung solcher Werke oder Programme mit dem Ziel leistet, den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild, die Tätigkeit oder die Leistungen des Unternehmens zu fördern.

(2) Patronanzsendungen müssen folgenden Anforderungen genügen:

1.

Inhalt und Programmplatz einer Patronanzsendung dürfen vom Auftraggeber auf keinen Fall in der Weise beeinflusst werden, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhängigkeit der Rundfunkveranstalter in Bezug auf die Sendungen angetastet werden.

2.

Sie sind als Patronanzsendung durch den Namen oder das Firmenemblem des Auftraggebers am Programmanfang und am Programmende eindeutig zu kennzeichnen (An- und Absage).

3.

Sie dürfen nicht zu Kauf, Miete oder Pacht von Erzeugnissen oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen, anregen.

(3) Patronanzsendungen dürfen nicht von natürlichen oder juristischen Personen in Auftrag gegeben werden, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Erzeugnissen oder die Erbringung von Dienstleistungen ist, für die die Werbung gemäß §39 oder nach anderen gesetzlichen Bestimmungen verboten ist.

(4) Bei Patronanzsendungen von Unternehmen, deren Tätigkeit die Herstellung oder den Verkauf von Arzneimitteln und therapeutischen Behandlungen umfasst, darf nur auf den Namen oder das Erscheinungsbild des Unternehmens hingewiesen werden, nicht aber auf Arzneimittel oder therapeutische Behandlungen, die nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind.

(5) Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information dürfen nicht im Sinne von Abs1 finanziell unterstützt werden.

Verfahren zum Entzug und zur Untersagung

§63. (1) Bei wiederholten oder schwer wiegenden Rechtsverletzungen durch den Rundfunkveranstalter oder wenn der Rundfunkveranstalter die in den §§10 und 11 genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, hat die Regulierungsbehörde von Amts wegen das Verfahren zum Entzug der Zulassung, im Falle der Kabelrundfunkveranstaltung gemäß §9 Abs1 das Verfahren zur Untersagung der Kabelrundfunkveranstaltung einzuleiten.

(2) Die Regulierungsbehörde hat eine öffentliche mündliche Verhandlung abzuhalten. In diesem Verfahren kommt dem Rundfunkveranstalter Parteistellung zu.

(3) Liegt eine Rechtsverletzung im Sinne des Abs1 vor, so hat die Regulierungsbehörde

1.

außer in den Fällen der Z2 dem Rundfunkveranstalter mit Bescheid aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden; der Rundfunkveranstalter hat diesem Bescheid binnen der von der Regulierungsbehörde festgesetzten, längstens achtwöchigen Frist zu entsprechen und darüber der Regulierungsbehörde zu berichten;

2.

in den Fällen, in denen gegen einen Rundfunkveranstalter bereits mehr als einmal ein Bescheid gemäß Z1 ergangen ist oder wenn der Rundfunkveranstalter einem Bescheid gemäß Z1 nicht entspricht, die Zulassung zu entziehen oder im Falle von Kabelrundfunkveranstaltung gemäß §9 Abs1 mit Bescheid auszusprechen, dass dem Kabelrundfunkveranstalter die weitere Veranstaltung für eine Dauer von bis zu fünf Jahren untersagt ist.

(4) Die Regulierungsbehörde hat eine Kabelrundfunkveranstaltung gemäß §9 Abs1 jedenfalls bis zu einer Dauer von fünf Jahren zu untersagen, wenn bei der Anzeige gemäß §9 Abs2 oder 4 bewusst unrichtige Angaben gemacht wurden.

(5) Das Verfahren zum Entzug der Zulassung ist - ausgenommen in den Fällen des §6 - weiters einzuleiten, wenn ein Fernsehveranstalter den Charakter des von ihm im Antrag auf Zulassung dargestellten und in der Zulassung genehmigten Programms (§5 Abs3) wie insbesondere durch eine Änderung der Programmgattung oder eine wesentliche Änderung der Programmdauer grundlegend verändert hat, ohne dafür über eine Genehmigung durch die Regulierungsbehörde zu verfügen.

Verwaltungsstrafbestimmungen

§64. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit Geldstrafe bis zu 4 000 € zu bestrafen, wer

1.

der Anzeigepflicht nach §4 Abs6,

2.

der Anzeigepflicht nach §6,

3.

der Anzeigepflicht nach §9 Abs1, 3 oder 4,

4.

der Anzeigepflicht nach §10 Abs6 oder 7,

5.

der Anzeigepflicht nach §25 Abs6,

6.

der Anzeigepflicht nach §29 Abs1 oder 3,

7.

einem Verbreitungsauftrag gemäß §20 Abs5,

8.

der Verpflichtung gemäß §20 Abs1,

9.

der Verpflichtung gemäß §52

nicht nachkommt.

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit Geldstrafe bis zu 8 000 € zu bestrafen, wer

1.

die Programmgrundsätze des §31 oder §32 verletzt,

2.

die Anforderungen des §34, §35, §36, §37, §38, §39, §40, §41, §42, §43, §44, §45 oder §46 verletzt,

3.

Fernsehprogramme entgegen einer gemäß §56 Abs1 oder §57 Abs1 erlassenen Verordnung weiter verbreitet.

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit Geldstrafe bis zu 40 000 € zu bestrafen, wer

1.

Rundfunk ohne Zulassung veranstaltet, soweit dafür eine Zulassung nach diesem Bundesgesetz notwendig ist,

2.

Kabelrundfunk entgegen einer Untersagung gemäß §63 Abs3 Z2 oder Abs4 veranstaltet,

3.

eine Programmänderung im Sinne des §6 ohne Genehmigung der Regulierungsbehörde vornimmt.

(4) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe in Höhe von 36 000 € bis zu 58 000 € zu bestrafen, wer gegen die Bestimmung des §55 verstößt.

(5) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs1 bis 4 liegt nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

(6) Verwaltungsstrafen gemäß Abs1 bis 4 sind durch die Regulierungsbehörde zu verhängen."

3. Der Verfassungsgerichtshof teilt das Bedenken, wonach die Ungleichbehandlung des ORF im Vergleich zu sonstigen privaten Rundfunkveranstaltern mangels sachlicher Rechtfertigung zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Gleichheitswidrigkeit führe, weil ein Verstoß gegen §17 ORF-G gemäß §38 Abs1 ORF-G mit einer Geldstrafe bis zu € 36.000,- zu bestrafen sei, während bei einem Verstoß gegen den gleich gelagerten §46 PrTV-G gemäß §64 Abs2 PrTV-G eine Geldstrafe von bloß bis zu € 8.000,- verhängt werden könne, nicht.

3.1. Der Gleichheitsgrundsatz richtet sich auch an den Gesetzgeber (vgl. etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern verfassungsrechtliche Schranken, als er ihm verbietet, Differenzierungen vorzunehmen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind (vgl. zB VfSlg. 14.038/1995, 14.039/1995, 16.407/2001).

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner in VfSlg. 17.006/2003 dargelegten Ansicht fest, wonach es aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen zulässig ist, den ORF, der aufgrund seines öffentlich-rechtlichen Auftrages in §1 ORF-G eine Sonderstellung einnimmt, strengeren Vorschriften zu unterwerfen (in diesem Sinne ist Art3 iVm. Art10 und 11 Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989, ABl. Nr. L 298 vom 17. Oktober 1989, S 23-30, zu verstehen). Gerade aufgrund dieses gesetzlich verankerten öffentlich-rechtlichen Auftrages zur Rundfunkveranstaltung und des hohen Verbreitungsgrades des vom ORF gesendeten Fernsehprogramms, wodurch die Einflussnahme auf eine große Zahl an Zusehern möglich wird, ist ein Verstoß des ORF gegen den Grundsatz der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt (§13 Abs3 ORF-G, §38 PrTV-G), der einen Eckpfeiler der Regelung der Fernsehwerbung darstellt, als besonders gravierend zu beurteilen und mit entsprechend höheren Geldstrafen zu belegen (vgl. dazu Morscher/Christ, Rundfunkrechtliche Werberegelungen für öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen, Wirtschaftsrechtliche Blätter: wbl 2005/393 [395, 397]; Tahedl, Zur Kennzeichnungspflicht für Radio- und Fernsehwerbung, ecolex 1997/583 [584]; zur Beschränkung der Rundfunkwerbung vgl. Grabenwarter, Inhaltliche und zeitliche Beschränkungen der Rundfunkwerbung, in Berka/Grabenwarter/Holoubek [Hrsg.], Medienfreiheit versus Inhaltsregulierung, 2006, S 33-63 [35, 56]).

3.3. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist die Strafbestimmung des §64 PrTV-G nicht isoliert zu betrachten, sondern vielmehr im Kontext mit der für Privatfernsehveranstalter geltenden Rechtslage, insbesondere mit §63 PrTV-G, zu sehen. Der Regulierungsbehörde steht bei wiederholten oder schwerwiegenden Rechtsverletzungen durch einen Privatfernsehveranstalter die Möglichkeit offen, ein Verfahren zum Entzug der Zulassung einzuleiten. Die Verwaltungsstrafe ist in diesen Fällen bloß ein Bestandteil eines mehrstufigen Sanktionssystems, das letztlich auch zum Entzug der Sendelizenz führen kann.

Demgegenüber stellt die in §38 Abs1 ORF-G vorgesehene Geldstrafe die einzig mögliche Sanktionsform bei Verletzungen des ORF-G dar. Auf den Unrechtsgehalt einer Rechtsverletzung oder auf wiederholte Verstöße kann die Regulierungsbehörde - sieht man von der durch §37 Abs2 ORF-G eingeräumten Möglichkeit, unter detailliert geregelten Voraussetzungen einzelne Organe des ORF abzuberufen oder aufzulösen, ab - lediglich mittels Festsetzung der Strafhöhe reagieren.

Diese unterschiedlichen Sanktionssysteme lassen darauf schließen, dass die Sanktionswirkung der Geldstrafen nach dem ORF-G und dem PrTV-G nicht isoliert vergleichbar ist. Während die Verurteilung eines Privatfernsehveranstalters zu einer Geldstrafe einen Schritt in Richtung eines Verfahrens zum Entzug der Sendelizenz bedeuten kann, wird bei Begehung einer Verwaltungsübertretung nach §38 ORF-G eine Geldstrafe bis zu € 36.000,- (Abs1) bzw. von € 36.000,- bis € 58.000,- (Abs2) verhängt, wobei allein die Höhe der verhängten Geldstrafe Ausdruck des Unrechtsgehalts, der Schwere oder der wiederholten Begehung ist.

Die tief greifende Verschiedenheit zwischen dem ORF als öffentlich-rechtlichem Rundfunkveranstalter und den privaten Fernsehveranstaltern schließt es aus, Teilbereiche der diese Materien betreffenden Regelungen herauszugreifen und einander zur Beurteilung an Hand des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber zu stellen (zB VfSlg. 13.829/1994, 16.923/2003).

4. Da der Beschwerdeführer nur die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet hat, war nicht darauf einzugehen, ob die Verletzung eines anderen (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes vorliegt (zB VfSlg. 15.432/1999, 16.553/2002).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Rundfunk, Privatfernsehen, Werbung, Verwaltungsstrafrecht, Verantwortlichkeit Organe, Geldstrafe, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B3269.2005

Dokumentnummer

JFT_09938799_05B03269_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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