TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/20 91/19/0009

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Veröffentlicht am 20.02.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z6;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des S in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 5. November 1990, Zl. Fr 3/322/90, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 20. September 1990 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969 abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, der Beschwerdeführer habe bereits im Zeitpunkt der am 18. März 1989 erfolgten (sichtvermerksfreien) Einreise die Absicht gehabt, länger als drei Monate in Österreich zu bleiben bzw. hier eine Beschäftigung aufzunehmen. Der Beschwerdeführer sei deshalb wegen der Übertretung gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz 1969 rechtskräftig bestraft worden. Eine ihm bis April 1989 gewährte Frist zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen für die Gewährung eines weiteren Aufenthaltes in Österreich habe er nicht genützt. Im Dezember 1989 sei festgestellt worden, daß er sich nach wie vor im Bundesgebiet aufhalte. Auf Grund dieses unerlaubten Aufenthaltes sei er wegen der Übertretung des § 14 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz rechtskräftig bestraft worden. Anläßlich einer Vorsprache bei der belangten Behörde am 14. Dezember 1989 habe er fälschlicherweise behauptet, bis Februar 1990 Arbeitslosengeld zu beziehen. Am 13. April 1990 habe er erklärt, in der folgenden Woche mit der Arbeit zu beginnen. In seinem schriftlichen Sichtvermerksantrag vom 20. September 1990 habe er erklärt, seit 1. September 1990 als Koch in einem näher genannten Cafe-Restaurant zu arbeiten. Auf Grund der Erhebung habe sich herausgestellt, daß dieses Lokal noch gar nicht eröffnet worden sei.

Auf Grund der wiederholten unrichtigen Angaben des Beschwerdeführers gegenüber Organen der belangten Behörde sei eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers anzunehmen. Sein gesetzwidriges Verhalten lasse befürchten, daß es bei einem weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich auch in Zukunft zu Gesetzesverstößen kommen werde. Der Sichtvermerksantrag des Beschwerdeführers sei daher abzuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1.1. Der Beschwerdeführer macht Verfahrensmängel geltend und meint, auf Grund der Tatsache, daß die belangte Behörde ihn nicht unter der im Antrag vom 20. September 1990 angegebenen Adresse vorgeladen und auch sonst nicht versucht habe, mit ihm in Kontakt zu treten, sei der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden. Im Falle seiner Vernehmung hätte er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die offensichtlich auf Mißverständnissen beruhten, leicht entkräften können.

1.2. Mit diesen allgemein gehaltenen, auf die Begründung des angefochtenen Bescheides und den Akteninhalt nicht konkret eingehenden Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen. Die Feststellungen der belangten Behörde sind durch den Akteninhalt, insbesondere die niederschriftlichen Aussagen des Beschwerdeführers selbst gedeckt. Hinsichtlich der Bestrafungen des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde ihre Feststellungen auf rechtskräftige Strafverfügungen stützen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers läßt nicht erkennen, welche konkrete Sachverhaltsfeststellung unrichtig sein soll und inwiefern eine Feststellung auf "Mißverständnissen" beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hatte demnach den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu prüfen.

2.1. Der Beschwerdeführer führt aus, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides habe er an einer näher angegebenen Adresse in T gewohnt, weshalb die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen sei. Außerdem sei die Zustellung des angefochtenen Bescheides gesetzwidrig gewesen, weil er ortsabwesend gewesen sei.

2.2. Bei diesen Behauptungen handelt es sich um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerungen, weshalb darauf nicht näher eingegangen zu werden brauchte. Die belangte Behörde hatte im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht den geringsten Anhaltspunkt für die Annahme, der Beschwerdeführer habe seinen Wohnsitz verlegt.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch die Gesetzwidrigkeit der am 7. November 1990 erfolgten Hinterlegung geltend macht, ist ihm zu erwidern, daß allfällige Zustellmängel gemäß § 7 Zustellgesetz jedenfalls mit der Behebung der Sendung am 8. November 1990 geheilt wären.

3.1. Gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt. Nach § 25 Abs. 3 lit. d leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Dieser Versagungsgrund liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem dann vor, wenn der Fremde ein Verhalten gesetzt hat, das den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 Fremdenpolizeigesetz erfüllt und demnach als bestimmte Tatsache im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. zu gelten hat (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0154, vom 28. Jänner 1991, Zl. 90/19/0508, und vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0166). Nach § 3 Abs. 2 Z. 6 Fremdenpolizeigesetz hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 zu verschaffen. Nach § 2 Abs. 1 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn ihnen von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt oder mit Bescheid eine Aufenthaltsberechtigung verlängert wurde.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer mehrmals unrichtige Angaben gegenüber ihren Organen gemacht, die den Bezug von Arbeitslosengeld und die Aufnahme von Beschäftigungen betroffen haben. Dabei handelt es sich um Angaben über seine persönlichen Verhältnisse im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 6 Fremdenpolizeigesetz. Daß diese Angaben zu dem Zweck gemacht wurden, die belangte Behörde zur Erteilung eines Sichtvermerkes zu veranlassen, liegt auf der Hand. Schon deshalb durfte die belangte Behörde das Vorliegen eines Versagungsgrundes gemäß § 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969 annehmen.

3.3. Dazu kommt die von der belangten Behörde festgestellte rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Übertretung nach dem Paßgesetz 1969, die ebenfalls die Annahme eines Versagungsgrundes nach § 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969 gerechtfertigt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mißt die Rechtsordnung der Beachtung der Regelungen über die Einhaltung paßrechtlicher Vorschriften solches Gewicht bei, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1991, Zl. 91/19/0068, und vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0198).

4. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Änderung der ZuständigkeitMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltSachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)Maßgebender Zeitpunktörtliche ZuständigkeitWahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen örtliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991190009.X00

Im RIS seit

06.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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