TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/25 91/04/0240

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Veröffentlicht am 25.02.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1973 §348 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Fachgruppe der Hotel- und Beherbergungsbetriebe für Oberösterreich in Linz, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Juli 1991, Zl. 314.345/1-III/5/91, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: M in L, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in T), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei solche in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Juli 1991 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. April 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i. V.m. § 8 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit dem mit Berufung bekämpften Bescheid sei gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1973 festgestellt worden, daß die von der mitbeteiligten Partei ausgeübte Tätigkeit der Zurverfügungstellung von 16 Zimmern mit insgesamt 39 Betten in den Häusern S-Straße abc und abb, Gemeinde L, an vorwiegend jugoslawische Staatsangehörige gegen ein monatliches Entgelt von S 900,-- bis S 1.000,-- pro Bett bei gleichzeitiger Reinigung der Bettwäsche und der Zu- und Aufgänge zu den Zimmern keine gewerbliche Beherbergung gemäß § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 und somit keine der Gewerbeordnung 1973 unterliegende Tätigkeit darstelle. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin (Fachgruppe der Hotel- und Beherbergungsbetriebe für Oberösterreich) in der Sektion Fremdenverkehr der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich Berufung erhoben. Wenn in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 GewO 1973 Zweifel bestünden, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar seien, so habe gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1973 der Landeshauptmann von Amts wegen über diese Frage zu entscheiden. Gemäß § 348 Abs. 2 leg. cit. habe vor der Entscheidung der Landeshauptmann die Landeskammer der gewerblichen Wirschaft und die nach der Sachlage in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu hören, die ihre Gutachten binnen sechs Wochen abzugeben hätten. Diesen stehe gegen den Bescheid das Recht der Berufung zu, falls die Entscheidung ihren fristgerecht abgegebenen Gutachten widerspreche oder sie nicht gehört worden seien. Im Sinne dieser Gesetzesstelle habe der Landeshauptmann von Oberösterreich nach der Aktenlage mit Schreiben vom 14. November 1990 den Verfahrensakt an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich mit der Einladung übermittelt, gemäß § 348 Abs. 2 GewO 1973 ein Gutachten darüber abzugeben, ob die Zurverfügungstellung der Zimmer durch die mitbeteiligte Partei eine von der Gewerbeordnung ausgenommene Raumvermietung oder eine Beherbergung gemäß § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 darstelle. Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich habe nach der Aktenlage kein Gutachten abgegeben. Wohl aber habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20. November 1990 eine Stellungnahme abgegeben. Es stelle sich die Frage, ob der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Regelung des § 348 Abs. 2 GewO 1973 im gegenständlichen Verfahren ein Begutachtungs- und Berufungsrecht zustehe. Diese Frage sei zu verneinen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage einer GewO 1972 heiße es zu der in Rede stehenden Bestimmung: "Ist es beispielsweise zweifelhaft, ob eine Erwerbstätigkeit im Sinne der Ausnahmebestimmungen über die Land- und Forstwirtschaft vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen sei, so könne die Partei vorsorglich eine Gewerbeanmeldung erstatten; im Verfahren soll neben der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft die Landwirtschaftskammer gehört werden. Die Interessenvertretungen sollen die Streitfrage im Administrativverfahren bis in die Ministerialinstanz und darüber hinaus auch bis zum Verwaltungsgerichtshof bringen können." Daraus ergebe sich, daß die gewerblichen Interessen im Verfahren der gegenständlichen Art ausschließlich von der zuständigen Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft wahrzunehmen seien, während unter den in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen nur nichtgewerbliche Interessenvertretungen zu verstehen seien. Demgemäß stehe im gegenständlichen Verfahren wohl der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich das Recht auf Abgabe eines Gutachtens zu, nicht aber der Beschwerdeführerin als Fachgruppe der Hotel- und Beherbergungsbetriebe für Oberösterreich, welcher daher auch kein Berufungsrecht zustehen könne. Die Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der bekämpfte Bescheid gemäß seiner Zustellverfügung der Beschwerdeführerin zugestellt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - gleichwie die im gegebenen Sachzusammenhang zufolge Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des § 21 Abs. 1 VwGG dem Verfahren beigezogene mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf meritorische Entscheidung über ihre Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, nach der Bestimmung des § 348 Abs. 2 GewO 1973 habe der Landeshauptmann, die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und die nach der Sachlage in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu hören, wenn es um die Feststellung der Anwendbarkeit der Bestimmungen der Gewerbeordnung gehe, insbesondere stehe gegen den Bescheid des Landeshauptmannes ein Berufungsrecht zu, wenn die Entscheidung dem fristgerecht abgegebenen Gutachten widerspreche. Da die Entscheidung ihrem fristgerecht abgegebenen Gutachten widerspreche, sei ihr somit auch ein Berufungsrecht zugestanden. Daß die Fachgruppe der Beherbergungsbetriebe eine gesetzliche Interessenvertretung sei (§ 29 HKG), bedürfe keiner näheren Begründung. Anzuhören im Sinne des § 348 Abs. 2 GewO 1973 könnten wohl nur die Interessenvertretungen der Berufsgruppen sein, deren Mitglieder in ihren Interessen berührt würden. Hiebei mache es wohl keinen Unterschied, ob die Interessen dieser Berufsgruppe bereits von anderen gesetzlichen Berufsvertretungen wahrgenommen worden seien oder wahrgenommen hätten werden können, wie etwa von der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft. Schließlich seien die Interessen der Landeskammer keineswegs identisch mit denen der Fachgruppen. Es finde sich im Gesetz kein Anhaltspunkt dafür, daß nur die Landeskammer Parteistellung habe und es könne dies auch keineswegs aus den von der belangten Behörde herangezogenen Erläuterungen zur Gewerbeordnung 1973 abgeleitet werden, weil insofern nur ein Beispiel genannt worden sei und keineswegs die Fachgruppen in ihren Rechten hätten beschränkt werden sollen. Der Umstand, daß die Landeskammer ausdrücklich erwähnt worden sei, erkläre sich daraus, daß nur diese immer betroffen sei. Welche Interessenvertretung (z.B. Fachgruppen) noch berührt sein könnten, sei im Einzelfall zu prüfen. Wenn der Gesetzgeber von der Vorstellung ausgegangen wäre, nur die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft hätte Parteistellung, hätte er dies klar zum Ausdruck bringen müssen. Schließlich sei bei der Gesetzesauslegung in erster Linie vom Wortlaut auszugehen. Sei dieser aber - wie hier - eindeutig, brauche auf die Überlegungen des "historischen Gesetzgebers" nicht eingegangen zu werden. Aber auch vom Zweck der Norm, berührte Berufsgruppen anzuhören, könne nur abgeleitet werden, daß auch Fachgruppen gehört werden sollten. Schließlich seien im konkreten Fall typischerweise die Interessen der Beherbergungsbetriebe massiv berührt.

In ihrer Gegenschrift führte die belangte Behörde hiezu aus, die gewerblichen Interessen im Verfahren der gegenständlichen Art seien ausschließlich von der zuständigen Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft wahrzunehmen, der das Recht auf Abgabe eines Gutachtens und das Berufungsrecht zustehe. Daß dieses auch den Fachgruppen zustehe, finde im § 348 Abs. 2 GewO 1973 keine Deckung. Vielmehr seien in dieser Norm unter den in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen nur nichtgewerbliche Interessenvertretungen zu verstehen. Anderenfalls wäre die gesonderte Einräumung einer (eingeschränkten) Parteistellung an die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft völlig überflüssig.

Die mitbeteiligte Partei widersprach in ihrer Gegenschrift der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, der Gesetzgeber verweise ausdrücklich auf die jeweilige Gliederung einer Landeskammer, wenn er einer Fachgruppe Anhörungsrechte oder sonstige Verfahrensrechte einräume. Ein Vergleich der Bestimmung des § 348 Abs. 2 mit der des § 349 Abs. 8 GewO 1973 ergebe die Richtigkeit dieser Rechtsansicht. Auch im § 347 Abs. 2 leg. cit. und in zahlreichen anderen Bestimmungen der Gewerbeordnung werde ausdrücklich auf die jeweilige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft hingewiesen. Die Terminologie des Gesetzgebers basiere offenbar auf Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG. Dort werde zwischen den Kammern für Handel, Gewerbe und Industrie einerseits und sonstigen Einrichtungen beruflicher Vertretungen andererseits unterschieden.

Die Beschwerdeführerin trägt hiezu in ihrer Gegenäußerung vor, der Gesetzgeber der Gewerbeordnung habe durch die weitreichende Formulierung des § 348 Abs. 2 nur klargestellt, daß es auf die Bestimmungen des Handelskammergesetzes ankomme, welche Fachgruppe oder sonstige Gliederung der Kammerorganisation Berufungsrechte haben solle. Habe der Gesetzgeber aber lediglich einer bestimmten Fachgruppe Anhörungsrechte einräumen wollen, habe er das Wort "Fachgruppe" auch verwendet (so z.B. § 182 Abs. 1 GewO); er spreche also keinesfalls nur von "Gliederungen" der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, wenn er anderen Körperschaften der Kammerorganisation als der Landeskammer Rechte einräume. Aus all dem ergebe sich, daß der Gesetzgeber keinesfalls die Absicht gehabt habe, Fachgruppen nicht als "sonstige gesetzliche berufliche Interessenvertretungen" anzuerkennen, sondern durch die umfassende Umschreibung als "Gliederung" auch Organisationen der Kammer (Sektionen usw.) Rechte habe einräumen wollen, die keine Körperschaft und somit auch sonst keine Träger von eigenen Rechten und Pflichten sein könnten. In diesem Zusammenhang werde insbesondere auch auf das zu § 363 Abs. 2 und 3 GewO 1973 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1986, Slg. N.F. Nr. 9135/A, hingewiesen.

Die Beschwerde ist nicht begründet:

Gemäß § 348 Abs. 2 GewO 1973 hat der Landeshauptmann vor einer Entscheidung nach Abs. 1 leg. cit. die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und die nach der Sachlage in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu hören.

Schon aus dem klaren Gesetzeswortlaut folgt in Ansehung der Geltendmachung gewerblicher Interessen im Sinne der diesbezüglich nicht als rechtswidrig zu erkennenden Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ein ausschließliches Anhörungsrecht der jeweils in Betracht kommenden Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft, nicht aber daneben oder darüber hinaus auch ein Anhörungsrecht deren Gliederungen, wie z.B. der Fachgruppen. Dies folgt insbesondere auch aus einer Betrachtungsweise im gesetzlichen systematischen Zusammenhang, da der Gesetzgeber bei Normierung von Anhörungsrechten im Rahmen der Bestimmungen der Gewerbeordnung durchaus auch - wie etwa in dem von der mitbeteiligten Partei angeführten Fall - ein solches von im jeweiligen Einzelfall betroffenen Gliederungen der Landeskammern, so insbesondere auch Fachgruppen vorsieht. Ausgehend davon ergibt sich aber auch kein Anhaltspunkt, daß unter dem Tatbestandsmerkmal des § 348 Abs. 2 "und die nach der Sachlage in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen" ein weiteres Anhörungsrecht einer "Fachgruppe" - d.h. im gegenständlichen Fall ein Anhörungsrecht der Beschwerdeführerin - verstanden werden könnte; für eine derartige Annahme im Sinne des Beschwerdevorbringens spricht insbesondere auch nicht eine aus dem Gesetzeszusammenhang erkennbare dahingehende teleologische Überlegung.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040240.X00

Im RIS seit

25.02.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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