TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/12 91/06/0120

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.1992
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
L85007 Straßen Tirol;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

ABGB §287;
BauO Tir 1989 §1 Abs3 litf;
BauO Tir 1989 §2 Abs5;
BauRallg;
LStG Tir 1989 §1 Abs1;
LStG Tir 1989 §1 Abs3 litd;
LStG Tir 1989 §2 Abs5;
LStG Tir 1989 §2 Abs6;
LStG Tir 1989 §37;
LStG Tir 1989 §44;
LStG Tir 1989 §5;
WRGNov 1990 §105 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer als Richter, über die Beschwerde der Gemeinde P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Mai 1991, Zl. IIb1-L-1793/5-1991, betreffend die Entfernung einer Straßeneinbindung gemäß § 5 TStG, (mitbeteiligte Partei: Gemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles ergibt sich aus den hg. Erkenntnissen vom 12. Februar 1991, Zl. 90/07/0090, und vom 26. November 1991, Zl. 91/07/0086, folgendes: Die beschwerdeführende Gemeinde hat aufgrund einer von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft erteilten und im Instanzenzug vom Landeshauptmann bestätigten Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz im Bereich der Gemeindegrenze zur mitbeteiligten Gemeinde Regulierungsarbeiten an einem dort verlaufenden Bach durchgeführt, sowie (zur Herstellung einer Zufahrt zu einem neu errichteten Kurhaus) in diesem Zusammenhang ein Straßenbauwerk errichtet, welches von der D-Straße abzweigt, den Bach mittels einer Brücke quert und in die Wegparzelle der genannten Zufahrt zu dem dort (teilweise) errichteten Kurhaus einmündet. Die - auf die "§§ 1 Abs. 1 iVm § 41 Abs. 4 und 5, § 38 Abs. 1 sowie §§ 14, 105 und 111 WRG 1959" gestützte wasserrechtliche Bewilligung wurde (in Stattgebung einer Beschwerde der mitbeteiligten Gemeinde) mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1991, Zl. 90/07/0090, aufgehoben. In der Begründung dieses Erkenntnisses vertrat der dort erkennende Senat die Auffassung, daß es sich bei dem Projekt um ein den Zwecken der §§ 63 ff WRG 1959 entsprechendes Regulierungsvorhaben im Sinne des § 41 WRG 1959 handle, sodaß die - fehlende - Zustimmung der mitbeteiligten Gemeinde zur Inanspruchnahme ihrer Grundflächen zwar nicht zur Abweisung des Bewilligungsansuchens hätte führen müssen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, Zl. 87/07/0162); die beantragte wasserrechtliche Bewilligung dürfe aber nur dann erteilt werden, wenn sich der Bewilligungswerber (die Beschwerdeführerin) mit dem Grundstückseigentümer (die mitbeteiligte Gemeinde) über den beabsichtigten Eingriff samt Entschädigung geeinigt habe, oder ein entsprechendes Zwangsrecht nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes begründet worden sei oder - u.a. bei Fehlen von Einwendungen des betroffenen Grundeigentümers - die Dienstbarkeit der Inanspruchnahme fremden Grundes nach § 114 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt gelte. Letzteres habe die Berufungsbehörde zu Unrecht angenommen, zumal die mitbeteiligte Gemeinde als Grundeigentümerin gegen die Inanspruchnahme ihres Grundes in der mündlichen Wasserrechtsverhandlung vom 8. November 1989 Einwendungen erhoben habe.

Auch den im zweiten Rechtsgang vom Landeshauptmann erlassenen Ersatzbescheid, mit welchem der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit neuerlich an die erste Instanz verwiesen wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. November 1991, Zl. 91/07/0086, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil nach seiner Auffassung die Behörde zu Unrecht § 66 Abs. 2 AVG angewendet habe statt eine Sachentscheidung zu treffen.

Parallel zu diesem Verwaltungsgeschehen erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 6. Juli 1990 der beschwerdeführenden Gemeinde gemäß § 5 Abs. 5 des Tiroler Straßengesetzes BGBl. Nr. 13/1989 (in der Folge: TStrG), den Auftrag, die Einbindung der Einfahrt zu diesem näher bezeichneten Hotel auf Gp. 586/1 in die Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde unverzüglich zu beseitigen. Auch mit der Einräumung einer Dienstbarkeit durch die Wasserrechtsbehörde - so die Begründung dieses Bescheides -, im Rahmen des Brückenbaues auch Privatgrund der mitbeteiligten Gemeinde in Anspruch nehmen zu dürfen, sei keinesfalls auch das Recht eingeräumt, eine Einbindung in die angrenzende Straße der mitbeteiligten Gemeinde vornehmen zu dürfen. § 5 des Tiroler Straßengesetzes bestimme, daß der Sondergebrauch einer Straße der schriftlichen Zustimmung des Straßenverwalters bedürfe, wobei auch die Einbindung privater Straßen in eine öffentliche Straße unter diese Gesetzesbestimmung falle. Mit Schreiben vom 13. Juni 1990 sei die Beschwerdeführerin u.a. aufgefordert worden, innerhalb von vierzehn Tagen ein entsprechendes Ansuchen unter Beifügung aller erforderlichen Unterlagen für diesen Sondergebrauch vorzulegen, widrigenfalls der Auftrag auf unverzügliche Beseitigung ergehen müsse. Ein solches Ansuchen sei nicht erfolgt, sodaß gegenüber der Beschwerdeführerin als "Eigentümer der Anlage" die Beseitigung der Einbindung zu verfügen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, worin sie (zusammengefaßt und sinngemäß) geltend machte, daß die mitbeteiligte Gemeinde im wasserrechtlichen Verfahren keine Einwände erhoben, sondern nur das Vorliegen eines Übereinkommens hinsichtlich der Grundinanspruchnahme verlangt habe. Eine Zustimmung zur Einbindung des Straßen- und Brückenbaues an die "Einfahrt N-Mitte" liege daher vor.

Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Juli 1990 abgewiesen. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin, sowie der Zitierung des § 5 TStrG führte die Berufungsbehörde darin aus, daß bei der von der Beschwerdeführerin erwähnten wasserrechtlichen Verhandlung lediglich die Absenkung des A-baches und der Bau einer Brücke zur Diskussion gestanden seien, nicht aber eine allfällige Gestattung der Einbindung nach § 5 des Tiroler Straßengesetzes, die im übrigen schriftlich hätte erfolgen müssen; dies sei aber nicht geschehen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, in der sie - nach Darstellung der Vorgeschichte des Projektes - an ihrer Auffassung festhielt, daß das vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde unterfertigte Protokoll über die wasserrechtliche Verhandlung vom 8. November 1989 eine Zustimmung zur Einbindung in Schriftform bedeute. Die Baumaßnahmen seien nach Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung des Projektes verwirklicht worden. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde sei (gemeint: anläßlich der wasserrechtlichen Verhandlung) auch als Vertreter der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Straßenverwalter tätig geworden. Überdies liege ein Antrag des Straßenverwalters, wie er gemäß § 5 Abs. 5 TStrG für einen Beseitigungsauftrag erforderlich sei, nicht vor. Die Berufungsbehörde hätte auch die Unvereinbarkeit der Stellung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde als Behörde einerseits und als Vertreter des Straßenverwalters andererseits wahrnehmen müssen. Auch die Verhandlung und Beschlußfassung (über die Berufung der Beschwerdeführerin) durch den Gemeindevorstand im Rahmen einer Gemeinderatssitzung sei rechtswidrig gewesen. Überdies habe der Bürgermeister als Behörde erster Instanz auch bei der Beschlußfassung durch den Gemeindevorstand mitgewirkt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde, aber auch - wie die Beschwerdeausführungen zeigen - die Beschwerdeführerin gehen übereinstimmend davon aus, daß die im Zuge eines Brückenbauwerkes erfolgte Einbindung der vom Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin ausgehenden Zufahrtsstraße zum Kurhaus "B" in den Abschnitt "Knoten N-Mitte" der Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde einen Sondergebrauch an der zuletzt genannten Straße im Sinne des § 5 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, darstelle. Während die belangte Behörde - wie auch in der von ihr erstatteten Gegenschrift bekräftigt wird - die Auffassung der mitbeteiligten Gemeinde teilt, daß die für den Sondergebrauch erforderliche schriftliche Zustimmung der mitbeteiligten Gemeinde als Straßenverwalter nicht vorliege, vertritt die Beschwerdeführerin - wie schon im Verwaltungsverfahren, so auch in ihrer Beschwerde - die Auffassung, daß der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde in der Wasserrechtsverhandlung vom 8. November 1989 die erforderliche Zustimmung zu Protokoll (und damit schriftlich) erteilt habe.

Gemäß § 4 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes, LGBL. Nr. 13/1989, steht an einer neu gebauten öffentlichen Straße der Gemeingebrauch ab ihrer Freigabe für den öffentlichen Verkehr offen. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Widmung einer Straße für den Gemeingebrauch auf verschiedene, im Gesetz näher genannte Weise eingeschränkt werden. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle darf der Gemeingebrauch außer in den gesetzlich bestimmten Fällen von niemanden behindert werden.

Demgegenüber regelt § 5 TStrG den Sondergebrauch, insbesondere seine Voraussetzungen, wie z.B. die schriftliche Zustimmung des Straßenverwalters in Abs. 1, ferner die näheren Umstände der Erteilung der Bewilligung zum Sondergebrauch, dessen Widerruf und schließlich die Maßnahmen zur Beseitigung von Anlagen, die ohne Bewilligung des Sondergebrauches bzw. entgegen eines Widerrufes dieser Bewilligung hergestellt bzw. aufrechterhalten werden. Die in den §§ 4 und 5 TStrG verwendeten Begriffe "Gemeingebrauch" und "Sondergebrauch" erhalten in § 2 Abs. 5 und 6 TStrG folgende Umschreibung:

"(5) Der Gemeingebrauch ist die jedermann unter den gleichen Bedingungen ohne besondere Ermächtigung zustehende Benützung einer Straße zu Verkehrszwecken im Rahmen der Widmung.

(6) Ein Sondergebrauch ist jede nicht unter den Gemeingebrauch fallende Benützung einer Straße."

Damit bedeuten beide Begriffe im Rahmen des Tiroler Straßengesetzes jedenfalls das "Benützen einer Straße" und zwar entweder im Rahmen des Gemeingebrauchs oder außerhalb desselben.

§ 5 Abs. 5 TStrG lautet:

"(5) Die Behörde hat auf Antrag des Straßenverwalters dem Eigentümer einer Anlage, die im Rahmen eines Sondergebrauchs errichtet wurde, dem nicht zugestimmt wurde, aufzutragen, diese unverzüglich zu beseitigen. Abs. 3 vierter Satz gilt sinngemäß."

Der in dieser Bestimmung zitierte Abs. 3 vierter Satz betrifft die sofortige Beseitigung einer solchen Anlage wegen Gefahr im Verzug und ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung.

Die Abtragung der von ihr errichteten baulichen Anlage durfte der Beschwerdeführerin daher überhaupt nur dann gemäß § 5 Abs. 5 TStrG aufgetragen werden, wenn sie "im Rahmen eines Sondergebrauches" errichtet wurde, d.h. unmittelbar dazu bestimmt gewesen wäre, einem anderen Gebrauch als dem Gemeingebrauch, bzw. NICHT der "Benützung einer Straße zu Verkehrszwecken im Rahmen der Widmung" (§ 2 Abs. 5 leg. cit.) zu dienen. Davon kann aber im Beschwerdefall nicht die Rede sein, dient doch die Einbindung der Zufahrtsstraße bzw. des Brückenbauwerkes zweifelsfrei Verkehrszwecken im Rahmen der Widmung der Gemeindestraße: sie soll lediglich den Benützern der anzubindenden Straße das Erreichen der Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde ermöglichen. Die Einbindung von Verkehrszubringern in eine öffentliche Straße, um auf dieser die Ausübung des Gemeingebrauchs zu ermöglichen oder zu erleichtern, ist daher kein Sondergebrauch an dieser Straße (vgl. zu diesem Begriff KRIZEK, Das öffentliche Wegerecht, 1967, 66 ff, sowie zum - inhaltsgleichen - Begriff der Sondernutzung MELICHAR, Die öffentlichen Sachen und der Gemeingebrauch, JBl. 1967, 179 ff insbesondere 183; NEISSER, Gemeingebrauch und Zufahrtrecht, ÖJZ 1967, 597 ff insbesondere 599; LEBITSCH, Probleme des Gemeingebrauchs ..., JBl. 1983, 68 ff inbesondere 72 f, und SPIELBÜCHLER IN: Rummel I2, RdZ 5 zu § 287 ABGB mit jeweils zahlreichen weiteren Hinweisen) im Sinne des § 2 Abs. 6 und des § 5 TStrG.

Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG alle für die Entscheidung der Frage, ob das betreffende subjektive Recht eines Beschwerdeführers verletzt worden ist oder nicht, maßgebenden Gründe zu beachten und daher eine für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit im Rahmen der Beschwerdepunkte maßgebende inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch dann aufzugreifen hat, wenn sie - wie hier - von der Beschwerdeführerin weder ausdrücklich noch nach dem Inhalt der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A, uva.), war diese, dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen.

Die danach noch offene Frage, ob die Beschwerdeführerin durch diesen Rechtsirrtum der belangten Behörde im Ergebnis in ihren Rechten verletzt wurde, erfordert Erörterungen darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen (auch bewilligungsrechtlicher Natur) der Eigentümer einer Wegparzelle deren Anschluß an eine (hier: im anderen Gemeindegebiet liegende) öffentliche Straße (hier: Gemeindestraße) herzustellen berechtigt ist bzw. welche Behörde unter Anwendung welcher Rechtsvorschriften dem Eigentümer einer solchen Wegparzelle die Beseitigung einer konsenslos hergestellten baulichen Anlage gegebenenfalls aufzutragen hätte.

Das Tiroler Straßengesetz enthält dazu (anders als etwa das Steiermärkische Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964, LGBl. Nr. 154, in seinem § 25 Abs. 6) keine ausdrückliche Regelung; es gilt gemäß § 1 Abs. 1 jedoch nur für ÖFFENTLICHE Straßen und Wege, soweit in § 1 Abs. 3 nichts anderes bestimmt ist. Von den in § 1 Abs. 3 aufgezählten Ausnahmetatbeständen kommt im Beschwerdefall lediglich lit. d in Betracht, wonach das Tiroler Straßengesetz für Straßen und Wege, die der Instandhaltung öffentlicher Gewässer dienen, nicht anzuwenden ist. Da nach der Aktenlage auszuschließen ist, daß das strittige Straßenbauwerk der INSTANDHALTUNG öffentlicher Gewässer dient und dies auch von keiner Seite behauptet wird, wäre das Tiroler Straßengesetz auf das strittige Bauvorhaben jedenfalls anzuwenden, wenn es sich auch bei der Wegparzelle der Beschwerdeführerin um eine öffentliche Straße handeln sollte.

Gemäß § 2 Abs. 3 TStrG sind öffentliche Straßen und Wege dem Gemeingebrauch gewidmete Straßen und Wege. Gemäß § 6 leg. cit. kommen als öffentliche Straßen Landesstraßen, Gemeindestraßen, öffentliche Interessentenstraßen und öffentliche Privatstraßen in Betracht.

Während gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. die Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße durch Verordnung der Gemeinde zu erfolgen hat, bedarf es zur Qualifikation einer Straße als "öffentliche Privatstraße" gemäß § 34 Abs. 1 leg. cit. entweder einer Erklärung des über die Straße Verfügungsberechtigten über die Widmung zum Gemeingebrauch oder einer unabhängig vom Willen des über die Straße Verfügungsberechtigten seit mindestens dreißig Jahren der Deckung eines dringenden öffentlichen Verkehrsbedürfnisses dienenden Benützung.

Die vorgelegten Verwaltungsakten enthalten keine Hinweise darüber, ob die Zufahrtsstraße, welche im Wege des strittigen Brückenbauwerkes in die Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde eingebunden werden soll, dem "Gemeingebrauch" im dargelegten Sinne gewidmet und somit (jedenfalls und zumindest) als öffentliche Privatstraße anzusehen ist: Während die Gemeindebehörden diesen Punkt nicht berühren, geht die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides von der "Herstellung der Einbindung einer privaten Straße (Zufahrt zum Hotel B) in eine öffentliche Straße" aus, ohne dies allerdings näher zu begründen und ohne sich mit der (auch bei Vorliegen einer "privaten Straße" bedeutsamen) Frage der Öffentlichkeit dieser Straße auseinanderzusetzen. Aktenkundig gemachte Stücke aus dem Wasserrechtsakt, insbesondere die Projektbeschreibung im Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 4. Dezember 1989 deuten darauf hin, daß die Zufahrtsstraße möglicherweise öffentliches Gut der beschwerdeführenden Gemeinde darstellt und somit (im Sinne des § 287 zweiter Satz ABGB) dem Gemeingebrauch gewidmet wäre. Träfe dies zu, dann unterläge das Bauvorhaben jedenfalls den Bestimmungen des Tiroler Straßengesetzes und bedürfte - ungeachtet einer allenfalls darüber hinaus erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung - einer Straßenbaubewilligung im Sinne des § 44 TStrG. Dazu wäre von der beschwerdeführenden Gemeinde als Straßenverwalter gemäß § 41 Abs. 1 TStrG (unter Einhaltung der übrigen in dieser Bestimmung genannten Bestimmungen) bei der Behörde (nachträglich) anzusuchen. Da die strittige Straßeneinbindung auf dem Gemeindegebiet einer anderen Gemeinde erfolgte (nämlich der mitbeteiligten Gemeinde), das Projekt somit zwei Gemeindegebiete betrifft, ist Straßenbaubehörde erster Instanz gemäß § 75 Abs. 2 lit. b TStrG die Bezirksverwaltungsbehörde. Der mitbeteiligten Gemeinde ist in diesem Verfahren als Eigentümerin der Grundparzelle, auf welcher die Gemeindestraße verläuft, in welche eingebunden werden soll, "betroffener Grundeigentümer" im Sinne des § 43 TStrG und könnte ihre Rechte im Rahmen der dort gezogenen Grenzen insbesondere auch alle sich aus § 37 leg. cit. hinsichtlich der Gemeindestraße der mitbeteiligten Gemeinde bzw. hinsichtlich des "Schutzinteresses" dieser Straße im Sinne des § 2 Abs. 9 TStrG ergebenden Einwände geltend machen. Der ZUSTIMMUNG der mitbeteiligten Gemeinde als Straßenverwalter der Gemeindestraße bedarf es im Bewilligungsverfahren nach dem siebenten Abschnitt des Tiroler Straßengesetzes allerdings nicht; die Beschwerdeführerin hätte vielmehr - vorausgesetzt das Projekt entspräche den Voraussetzungen des §§ 44 in Verbindung mit § 37 TStrG - einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Straßenbaubewilligung.

Auch für die Erteilung eines Abbruchauftrages bei konsenslosem Bestand des Projektes wäre in diesem Fall gemäß § 48 iVm § 75 Abs. 2 lit. b TStrG die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.

Läge hingegen keine öffentliche Straße, sondern eine nicht öffentliche Privatstraße (wenn auch im Eigentum der beschwerdeführenden Gemeinde) vor, dann wäre (in Ermangelung einer anderslautenden Bestimmung) gemäß seinem § 1 Abs. 2 das Tiroler Straßengesetz nicht anzuwenden. Da eine Straße und ein Brückenbau mit dem Erdboden verbundene bauliche Anlagen sind, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind (§ 3 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, TBO, LGBl. Nr. 33/1989) käme in diesem Fall in zweiter Linie eine Bewilligungspflicht gemäß § 25 lit. e TBO in Betracht. (hinsichtlich derer gemäß § 50 Abs. 3 TBO hier ebenfalls die Bezirkshauptmannschaft zuständig wäre). Gemäß § 1 Abs. 3 lit. f TBO sind aber aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht nur bauliche Anlagen ausgenommen, die nach den straßenrechtlichen Vorschriften öffentliche Straßen oder Teile davon sind, sondern auch solche baulichen Anlagen,

"die nach anderen gesetzlichen Vorschriften einer Bewilligung bedürfen, wenn bei der Erteilung dieser Bewilligung auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und die Sicherheit von Sachen sowie auf den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes Bedacht zu nehmen ist; dies gilt nicht für Gebäude".

Gemäß § 105 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 idF der Novelle BGBl. Nr. 252/1990, kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens im öffentlichen Interesse, insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn (u.a.) eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder gesundheitsschädliche Folgen zu befürchten wären (lit. a), bzw. eine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauches, eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur oder eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmals von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes unter der Naturschönheit entstehen kann (lit. f). Die in § 105 Abs. 1 WRG DEMONSTRATIV aufgezählten öffentlichen Interessen, auf welche die Wasserrechtsbehörde "Bedacht zu nehmen hat", umfassen - wie die genannten Beispiele zeigen - auch jene des § 1 Abs. 3 lit. f TBO: Sollte daher die einzubindende Zufahrtstraße eine nicht dem Gemeingebrauch gewidmete Privatstraße sein, so wäre zu deren Einbindung nur eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich, wenn das Bauwerk als Teil eines nach den Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes bewilligungspflichtigen Vorhabens anzusehen wäre (wovon der Verwaltungsgerichtshof in seinen beiden eingangs genannten Erkenntnissen ausgegangen ist).

Da die belangte Behörde aufgrund ihrer unrichtigen Rechtsauffassung Feststellungen über den rechtlichen Charakter der Straßenparzelle der Beschwerdeführerin nicht getroffen und auch die - unabhängig davon jedenfalls gegebene - Unzuständigkeit der Gemeindebehörden zur Erlassung des von der Beschwerdeführerin bekämpften Abbruchauftrages nicht wahrgenommen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, der Höhe nach jedoch begrenzt durch das in der Beschwerde ausdrücklich mit S 10.110,-- bezifferte Ersatzbegehren. Stempelmarken konnten der beschwerdeführenden Gemeinde nicht zugesprochen werden, da die Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechtes im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises gemäß § 2 Z. 2 des Gebührengesetzes 1957 von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit ist; diese Befreiung erstreckt sich auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 1969, Slg. Nr. 7554/A, uva.)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991060120.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten