TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/17 92/05/0013

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Veröffentlicht am 17.03.1992
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §111 Abs2;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des B in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 1991, Zl. R/1-V-91111, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. n2 des Grundbuches über die Kat. Gem. X, auf welchem sich ein baubehördlich bewilligtes Wohngebäude befindet, dessen Keller seit ca. 30 Jahren von Alois E. zu Wohnzwecken benützt wird.

Am 7. September 1990 hat der Beschwerdeführer beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Marktgemeinde einen Antrag auf baubehördliche Überprüfung dieses Gebäudes und allfällige Erlassung eines Auftrages zur Räumung des Kellers gestellt, worauf am 16. Oktober 1990 vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Beiziehung eines bautechnischen und eines medizinischen Sachverständigen ein Ortsaugenschein durchgeführt worden ist. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1990 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer mit, daß sich die Baubehörde zur Erlassung von Aufträgen nicht veranlaßt sehe, wobei darauf hingewiesen worden ist, daß diese Mitteilung keinen Bescheid darstelle. Da auch in der Folge von der Baubehörde erster Instanz kein Bescheid erlassen worden ist, brachte der Beschwerdeführer beim Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht ein, wobei er neuerlich darauf hinwies, daß die Verwendung des Kellers zu Wohnzwecken nicht der Rechtsordnung entspreche und wegen der zu geringen Raumhöhen und fehlenden Belichtungsflächen eine nachträgliche Genehmigung nicht erteilt werden könne.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. Mai 1991 wurde sodann ausgesprochen, daß "ein baubehördlicher Auftrag gemäß § 113 der NÖ. Bauordnung 1976, LGBl. 8200, in der geltenden Fassung nicht erteilt wird".

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß nach Ansicht der Baubehörde zweiter Instanz niemandem ein Rechtsanspruch auf die Erteilung eines Auftrages nach § 113 der NÖ. Bauordnung 1976 zustehe.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der NÖ. Landesregierung vom 6. Dezember 1991 gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ. Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.

Nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 113 Abs. 1 und 4 der NÖ. Bauordnung 1976 führte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Ansicht vertreten, daß einem Hauseigentümer kein Rechtsanspruch auf die Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages zustehe. In seiner Entscheidung VwGH-Slg. N. F. Nr. 9063/A habe der Gerichtshof ausnahmsweise einen solchen Rechtsanspruch eines Hauseigentümers in einer Schutzzone im Geltungsbereich der Bauordnung für Wien für gegeben erachtet. Nach der NÖ. Bauordnung 1976 besitze der Nachbar dann einen Rechtsanspruch auf die Erlassung baupolizeilicher Aufträge, wenn seine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt werden. Andere Personen (Bestandnehmer, Miteigentümer usw.) besäßen hingegen keinen Rechtsanspruch. Im Lichte dieser Judikatur sowie im Sinne der erwähnten gesetzlichen Bestimmungen sei also davon auszugehen, daß die Baubehörde von Amts wegen Aufträge zu erteilen habe, sofern dies zur Vermeidung von Gefährdungen und Belästigungen notwendig sei, ein Anspruch des Gebäudeeigentümers auf die Erteilung eines Auftrages zur Unterlassung einer konsenswidrigen Nutzung bestehe aber nicht, da es ihm ja freistehe, den konsensgemäßen Zustand herzustellen bzw. eine konsenswidrige Nutzung auch ohne Auftrag der Baubehörde - wenn nötig mit Hilfe des Gerichtes - zu unterbinden. Dem Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde könne also nicht entgegengetreten werden, wenn er die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages mit der Begründung abgelehnt habe, daß ein Anspruch des Gebäudeeigentümers auf Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages im Geltungsbereich der NÖ. Bauordnung 1976 nicht bestehe. Insgesamt dürfe nicht übersehen werden, daß es nur unter den Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 und 4 leg. cit. Aufgabe der Baubehörde sei, die Delogierung von Mietern von Räumen, die nicht für Wohnzwecke bewilligt oder nicht mehr dazu geeignet seien, durchzusetzen. Im übrigen stehe es dem Beschwerdeführer frei, im Zivilrechtsweg eine Räumung der Kellerräume zu verlangen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat in der vorstehend wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf hingewiesen, daß zwar der NACHBAR im Geltungsbereich der NÖ. Bauordnung 1976 einen Rechtsanspruch auf die Erlassung baupolizeilicher Aufträge hat, wenn seine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1985, Zl. 83/05/0189, BauSlg. Nr. 376), aber andere Personen (Bestandnehmer, Miteigentümer) einen derartigen Rechtsanspruch nicht besitzen (vgl. dazu Hauer-Zaussinger, Die Bauordnung für Niederösterreich, Prugg-Verlag Eisenstadt, 3. Aufl., S. 342, Anm. 3 zu § 113 Abs. 2 Z. 1 und 2). Die belangte Behörde hat daraus mit Recht abgeleitet, daß der Gebäudeeigentümer keinen Anspruch auf Erteilung eines Auftrages auf Unterlassung einer konsenswidrigen Nutzung besitzt. Eines derartigen Rechtes bedarf der Gebäudeeigentümer auch gar nicht, da ihm ja schon auf Grund seines Eigentumsrechtes, also ohne diesbezüglichen baubehördlichen Auftrag, die Möglichkeit offensteht, den konsensgemäßen Zustand in seinem Gebäude gegebenenfalls unter Inanspruchnahme der ordentlichen Gerichte herzustellen. Von einer Schlechterstellung des Eigentümers der Baulichkeit gegenüber dem Nachbarn kann daher schon aus diesem Grunde nicht die Rede sein. Der Beschwerdeführer macht demnach zu Unrecht geltend, daß ihm von der belangten Behörde kein Anspruch auf die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zuerkannt worden sei, was auch zusätzlich dadurch deutlich wird, daß ein baupolizeilicher Auftrag im Sinne des VIII. Abschnittes der NÖ. Bauordnung 1976 nur an den Eigentümer einer Baulichkeit gerichtet werden darf, weshalb eine den Vorstellungen des Beschwerdeführers offenbar vorschwebende Rechtslage zur Folge hätte, daß er als Gebäudeeigentümer gegenüber der Baubehörde einen durchsetzbaren Anspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages an ihn besäße.

Mit seinem Hinweis auf die Regelung des § 113 Abs. 4 der NÖ. Bauordnung 1976 ("Wenn es zur Vermeidung von Gefahren für Personen und Sachen oder von unzumutbaren Belästigungen notwendig ist, hat die Baubehörde eine Nutzung einer Baulichkeit zu einem anderem als dem bewilligten Verwendungszweck mit Bescheid zu verbieten.") kann der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt nichts gewinnen, weil die Baubehörde nach dem Vorgesagten ohnedies nur ihm gegenüber als Eigentümer der Baulichkeit ein derartiges Verbot aussprechen dürfte.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat daher durch den gegenüber dem Beschwerdeführer ergangenen bescheidmäßigen Ausspruch, einen baubehördlichen Auftrag gemäß § 113 der NÖ. Bauordnung 1976 nicht zu erteilen, keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt, weshalb die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers zu Recht als unbegründet abgewiesen hat.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Baurecht Mieter Bestandnehmer GewerbebetriebBaurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050013.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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