TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/17 92/11/0022

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Veröffentlicht am 17.03.1992
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Index

L94409 Krankenanstalt Spital Wien;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
23/01 Konkursordnung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §549;
GSVG 1978 §104 idF 1987/610;
KAG Wr 1987 §52;
KAG Wr 1987 §54;
KO §46 Abs1 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 28. Dezember 1989, Zl. MA 14-M 19/86, betreffend Ersatz von Pflegegebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin "gemäß §§ 52 Abs. 1 bzw. 54 des Wiener Krankenanstaltengesetzes", LGBl. Nr. 23/1987, (aus dem Zeitraum vom 18. Juli bis zum 20. Dezember 1983 ein aushaftender Pflegegebührenbeitrag für ihre verstorbene Großmutter im Ausmaß von S 4.392,87 festgesetzt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt, weil bei der Berechnung des ihr vorgeschriebenen Pflegegebührenersatzes als Nachlaßschuld nur die Kosten für ein einfaches Begräbnis in der Höhe von S 20.000,-- und nicht die von ihr tatsächlich getragenen Kosten von S 25.650,-- (S 31.650,-- laut Rechnung abzüglich des "Sterbegeldes" in der Höhe von S 6.000,--) berücksichtigt worden seien.

Die belangte Behörde begründete die Annahme des für die Bestattungskosten angenommenen Betrages damit, daß ein überschuldeter Nachlaß vorlag, bei dem "eine kridamäßige Verteilung der Aktiven vorgenommen" werde. Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 7 KO seien die Kosten einer einfachen Bestattung Masseforderungen. Bei Heranziehung des § 549 ABGB, auf den sich die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren berufen habe, würde "kein großer Unterschied bestehen". Bei der Beurteilung der Kosten eines solchen Begräbnisses sei im Einzelfall immer davon auszugehen, daß einerseits die Pietätsgefühle der Hinterbliebenen nicht verletzt und andererseits die Grenzen des wirtschaftlich Tragbaren gewahrt blieben. Ein Betrag von S 20.000,-- sei für eine einfache Bestattung "im Hinblick auf das Vermögen der Erblasserin" angemessen.

Die Beschwerdeführerin ist damit im Recht, wenn sie rügt, die belangte Behörde sei eine hinreichende Begründung für die Angemessenheit der berücksichtigten Begräbniskosten schuldig geblieben. Wieso der Betrag von S 20.000,-- - und nicht der von der Beschwerdeführerin tatsächlich aufgewendete Betrag - den Kosten einer einfachen Bestattung entsprechen soll, ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Selbst wenn die Kosten eines angemessenen Begräbnisses im Sinne des § 549 ABGB, nach dem zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis gehören, bei überschuldeten Nachlässen (im Hinblick auf das "Vermögen des Verstorbenen") mit den Kosten einer einfachen Bestattung im Sinne der Konkursordnung gleichzusetzen wären, fehlte eine Begründung für die absolute Höhe des angenommenen und in die Rechnung einbezogenen Betrages von S 20.000,--.

An diesem Begründungsmangel vermag der Versuch der belangten Behörde, in der Gegenschrift anhand der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien betreffend den Höchsttarif für das Bestattergewerbe die fehlende Begründung nachzutragen, nichts zu ändern. Ein einem Bescheid anhaftender Begründungsmangel kann nicht nachträglich dadurch saniert werden, daß der Rüge dieses Mangels in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof in der Gegenschrift Argumente entgegengehalten werden, die bereits im angefochtenen Bescheid hätten aufscheinen müssen.

2. Ein weiterer Streitpunkt liegt in der Berücksichtigung des "Sterbegeldes"; dabei handelt es sich offenbar um den Bestattungskostenbeitrag nach dem § 104 GSVG in der Fassung vor der 13. Novelle, BGBl. Nr. 610/1987. Dieser war gemäß § 104 Abs. 2 leg. cit. zur Bestreitung der Kosten der Bestattung zu verwenden; er stand demjenigen zu, der die Kosten der Bestattung bestritten hat; er betrug S 6.000,--.

Es ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin die Kosten der Beerdigung ihrer Großmutter bestritten und daß sie den in Rede stehenden Bestattungskostenbeitrag bezogen hat. Strittig ist lediglich die Art und Weise der Berücksichtigung dieses Beitrages. Die belangte Behörde hat diese Berücksichtigung so vorgenommen, daß sie das "Sterbegeld" den Nachlaßaktiven und die Begräbniskosten in der vollen Höhe den (bevorrechteten) Nachlaßschulden hinzugezählt hat. Die Beschwerdeführerin spricht sich gegen die erstgenannte Hinzurechung aus und berücksichtigt ihrerseits das "Sterbegeld" in der Weise, daß sie die Begräbniskosten (in der von ihr für richtig angesehenen Weise, nämlich in der tatsächlich entrichteten Höhe) um das "Sterbegeld" verringert.

Es ist offenkundig, daß die beiden unterschiedlichen Berechnungsarten zu demselben Ergebnis führen müssen, weil es für die Bildung einer Differenz auf dasselbe herauskommt, ob die beiden für die Bildung einer Subtraktion maßgebenden Größen um dieselbe Zahl erhöht oder verringert werden. Daß die Beschwerdeführerin bei ihrer Rechnung zu einem anderen - niedrigeren - ihr vorzuschreibenden Betrag kommt, ist offensichtlich darauf zurückzuführen, daß sie die tatsächlichen Begräbniskosten einsetzt und nicht bloß S 20.000,-- wie die belangte Behörde (vgl. obigen Punkt 1).

Wegen der zu Punkt 1 aufgezeigten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des gestellten Begehrens. Die Anwendung des Art. III Abs. 2 der zitierten Verordnung kam nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführerin die Zuerkennung eines geringeren Schriftsatzaufwandes als des nach der im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung in Geltung gestandenen Pauschalierungsverordnung (BGBl. Nr. 206/1989) gültigen Pauschalbetrages beantragte. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil in diesem Zusammenhang nur S 420,-- (S 240,-- für zwei Beschwerdeausfertigungen, S 120,-- für die Vollmachtsurkunde und S 60,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zuerkannt werden konnten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110022.X00

Im RIS seit

17.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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