TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/24 88/07/0016

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Veröffentlicht am 24.03.1992
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
B-VG Art7 Abs1;
FlVfGG §13;
FlVfGG §4;
FlVfLG NÖ 1975 §13 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §14;
FlVfLG NÖ 1975 §17;
StGG Art2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des V jun. in T, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. November 1987, Zl. VI/3-AO-188/25, betreffend Zusammenlegung und Einzelteilung H, Ergänzung des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. April 1986 wies die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde den Antrag der beiden Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers vom 17. April 1984 auf Ergänzung des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungs- und Einzelteilungsverfahren H gemäß den §§ 13 f. des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. 6650-3 (FLG), ab.

Über die Berufung der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers entschied der Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung mit Erkenntnis vom 3. November 1987 dahin, daß der erstinstanzliche Bescheid "aus Anlaß der Berufung" gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) sowie § 13 Abs. 1 im Zusammenhalt mit § 21 Abs. 2 lit. a FLG "behoben" wurde. Begründend wurde unter Hinweis auf § 13 Abs. 1 FLG ausgeführt, diese Gesetzesstelle verpflichte die Agrarbehörden, alle jene gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen anzuordnen, die zur Schaffung gesetzmäßiger Abfindungen für die Parteien des Zusammenlegungsverfahrens erforderlich seien. Wiewohl diese Verpflichtung die Behörde bereits ex lege treffe, stehe es zweifellos den Parteien frei, die Anordnung bestimmter gemeinsamer Maßnahmen bzw. Anlagen zu begehren, die sie zur Herstellung einer gesetzmäßigen Abfindung für erforderlich hielten. Sollte die Behörde finden, daß eine von der Partei begehrte gemeinsame Maßnahme oder Anlage zur Herstellung einer gesetzmäßigen Abfindung für die Partei erforderlich sei, so habe die Behörde diese Maßnahme oder Anlage im Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen oder in einem Ergänzungsplan hiezu anzuordnen. Hiebei werde allerdings auf § 21 Abs. 2 lit. a FLG verwiesen, wonach der Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen (auch ein allfälliger Ergänzungsplan) spätestens mit dem Zusammenlegungsplan zu erlassen sei. Halte aber die Behörde die von der Partei begehrte gemeinsame Maßnahme oder Anlage zur Herstellung einer gesetzmäßigen Abfindung für nicht erforderlich, bestehe für sie keine Veranlassung, eine derartige Maßnahme oder Anlage anzuordnen. Erachte sich die Partei durch die Unterlassung der von ihr begehrten gemeinsamen Maßnahme oder Anlage als nicht gesetzmäßig abgefunden, stehe es ihr frei, dies durch Berufung gegen den Zusammenlegungsplan geltend zu machen. Die Partei habe im Zusammenlegungsverfahren einen Rechtsanspruch auf Zuteilung einer gesetzmäßigen Abfindung. Sie habe aber keinen Rechtsanspruch darauf, daß ein von ihr gestelltes Begehren auf Anordnung einer gemeinsamen Maßnahme oder Anlage von der Behörde förmlich mit Bescheid abgewiesen werde, wenn die Behörde eine solche Maßnahme oder Anlage zur Schaffung einer gesetzmäßigen Abfindung nicht als nötig erachte. Es sei im Entscheidungsbereich der Behörde gelegen, von Amts wegen alle zur Herstellung gesetzmäßiger Abfindungen erforderlichen gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen anzuordnen. Daher sei die Erlassung eines Bescheides, mit welchem ein Begehren der Beschwerdeführer auf Anordnung einer bestimmten gemeinsamen Maßnahme oder Anlage abgewiesen werde, verfehlt.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf meritorische Entscheidung verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 FLG hat die Agrarbehörde im Zusammenlegungsgebiet die erforderlichen bodenverbessernden, gelände- oder landschaftsgestaltenden Maßnahmen (wie Kultivierungen, Erdarbeiten, Aufforstungen u.dgl.) durchzuführen sowie jene Anlagen (wie Wege, Brücken, Gräben, Entwässerungs-, Bewässerungs- und Bodenschutzanlagen) zu errichten und jene Veränderungen an bestehenden Anlagen vorzunehmen, die zur zweckmäßigen Erschließung und Bewirtschaftung der Abfindungsgrundstücke notwendig sind oder sonst den Zweck der Zusammenlegung fördern und einer Mehrheit von Parteien dienen.

Gemäß § 14 Abs. 1 FLG hat die Behörde über die gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen einen Entwurf zu erstellen. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen ist über die Ergebnisse der Planung ein Bescheid (Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen) zu erlassen.

Der Beschwerdeführer widerspricht der Anschauung der belangten Behörde, die Partei eines Zusammenlegungsverfahrens habe keinen Rechtsanspruch auf meritorische Behandlung eines Begehrens auf Anordnung einer gemeinsamen Maßnahme oder Anlage (in Form einer Abweisung). Er vermag allerdings keine Bestimmung des FLG anzuführen, die seine Ansicht stützt, also einen derartigen Anspruch begründet. Auch ist die Meinung des Beschwerdeführers, es wäre insoweit, als einem amtswegigen verwaltungsbehördlichen Handeln kein Antragsrecht von Parteien korrespondiert, der Gleichheitssatz verletzt, schon deshalb verfehlt, weil der Beschwerdeführer dabei von einer "Partnerschaft" im Verhältnis zwischen Staatsbürger und "Behörde" ausgeht, welche die staatliche Hoheitsverwaltung, um die es in diesem Zusammenhang geht, gerade nicht kennzeichnet (vgl. etwa Antoniolli - Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, Wien 1986, S. 21). Daß Parteien mit Anregungen in bezug auf die Anordnung gemeinsamer Maßnahmen und Anlagen an die Agrarbehörde herantreten und darüber hinaus im Fall der Unterlassung einer insofern erforderlichen Ergänzung diesen Umstand, wenn er sich auf die Abfindung in gesetzwidriger Weise auswirkt, geltend machen können - nicht nur dann, wenn es, wie der Beschwerdeführer meint, um die "tunlichst gleiche Beschaffenheit" der Abfindungsgrundstücke geht -, ist in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses bereits zutreffend erwähnt worden. Schließlich läßt sich aus der Tatsache der Anberaumung einer Verhandlung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Zusammenlegungsplan vor Fällung des nun angefochtenen Erkenntnisses "eine vorgefaßte Auffassung" auf seiten der belangten Behörde für die Beschwerde schon deshalb nicht gewinnen, weil eine bestimmte von der Behörde vertretene RECHTSauffassung - und nur um eine solche würde es sich dabei handeln - in der Regel nicht auf einen Einzelfall beschränkt bleibt.

Der von der belangten Behörde vertretene Rechtsstandpunkt, das Begehren der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers sei nicht meritorisch - durch Abweisung - zu behandeln gewesen, steht daher mit dem Gesetz, das den Parteien kein Antragsrecht in bezug auf die Anordnung gemeinsamer Maßnahmen und Anlagen einräumt, im Einklang.

Da das Verlangen der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers allerdings ausdrücklich als Antrag bezeichnet und mit ihm ein (vermeinter) Anspruch geltend gemacht wurde, hätte die belangte Behörde als Berufungsinstanz den erstinstanzlichen Bescheid richtigerweise jedoch nicht (ersatzlos) zu beheben, sondern dahin abzuändern gehabt, daß jener Antrag als unzulässig zurückgewiesen wird (siehe dazu die zu § 66 AVG 1950 unter E 96 angegebenene Rechtsprechung bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1987, S. 637 f.). Durch dieses Versäumnis wurde der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Entscheidung über seinen Antrag verletzt.

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen - von Amts wegen wahrzunehmender

(vgl. VwSlg. 11525/A) - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988070016.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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