TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/24 89/07/0036

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Veröffentlicht am 24.03.1992
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Index

L66207 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §66 Abs4;
GSGG §1;
GSGG §11;
GSGG §9;
GSLG Tir §1;
GSLG Tir §11 Abs1;
GSLG Tir §14 Abs1;
GSLG Tir §14 Abs4;
GSLG Tir §14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des R in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 15. Dezember 1988, Zl. LAS-158/4, betreffend landwirtschaftliches Bringungsrecht (mitbeteiligte Parteien: L und S in AA), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm das zugunsten des Beschwerdeführers bestehende Bringungsrecht aufgehoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde im übrigen zurückzuweisen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 22. April 1988 wurden gemäß §§ 11, 14 und 22 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes - GSLG 1970, LGBl. Nr. 40, über Antrag der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien unter Spruchpunkt I die mit Bescheid derselben Behörde vom 8. Mai 1954, Zl. IIIb-986/3-1953, eingeräumten landwirtschaftlichen Bringungsrechte - darunter auch ein solches zugunsten des Grundstücks 147 EZ 90002 (vormals 2 I) KG A im Eigentum des Beschwerdeführers - aufgehoben, die Bringungsgemeinschaft (Seilweggenossenschaft) AA aufgelöst und unter Spruchpunkt II die Veranlassung verschiedener Grundbuchshandlungen in bezug auf die von der Entscheidung unter Spruchpunkt I betroffenen Grundstücke festgelegt. Als Begründung wurde angegeben, es lägen die Voraussetzungen für die Aufhebung der bezeichneten Bringungsrechte sowie zur Auflösung der genannten Seilweggenossenschaft vor, da die Seilweganlage bereits seit mehreren Jahren nicht bestehe und der Bedarf zur Aufrechterhaltung der Bringungsrechte nicht mehr gegeben sei.

Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1988 wies der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) in Verbindung mit § 11 GSLG 1970 die Berufungen des Beschwerdeführers sowie eines weiteren Bringungsberechtigten ab. Begründend führte die Rechtsmittelbehörde aus:

Mit dem Bescheid aus 1954 sei die Seilweggenossenschaft AA gebildet worden und seien zu deren Gunsten auf verschiedenen Grundstücken in der KG A Bringungsrechte zur Errichtung und Erhaltung eines landwirtschaftlichen Seilweges eingeräumt worden. Die Mitbeteiligten als Eigentümer belasteter Grundstücke hätten nunmehr die Aufhebung der seinerzeit eingeräumten Bringungsrechte beantragt. Der Landesagrarsenat habe durch eine Abordnung am 20. Oktober 1988 an Ort und Stelle einen Augenschein durchgeführt und dabei folgendes festgestellt:

Die seinerzeit mit dem Seilweg AA erschlossenen Felder der Höfe 9 I, 8 I, 5 I, 2 I und 14 I je KG A seien heute durch den sogenannten G-Weg, Sektion I und II (Bescheid der AB vom 4. Mai 1987, III b 1-1442 B/28), erschlossen, sodaß die auf den seinerzeitigen Vorteilsflächen dieser Liegenschaften gewonnenen Produkte (Heu und allenfalls Getreide) auf diesem Weg zu den Hofstellen gebracht werden könnten. Früher seien jene Produkte zu den Höfen mit dem genannten Seilweg befördert worden, der nach seiner Bauart und dem ausgeführten Projekt nur eine Förderleistung von höchstens 200 kg gehabt habe. Der Seilweg bestehe heute in der Natur nicht mehr, er sei bereits seit etwa 20 Jahren verfallen. Nach Ansicht des landwirtschaftlichen Sachverständigen, welcher sich auch der Landesagrarsenat anschließe, habe dieser seinerzeit gebaute Feldaufzug (Seilweg) für die berechtigten Liegenschaften jegliche Bedeutung verloren, weil die seinerzeit erschlossene Feldflur heute über den "G-Weg" bewirtschaftet werden könne. Daß der seinerzeitige landwirtschaftliche Seilaufzug für die berechtigten Liegenschaften jegliche Bedeutung verloren habe, ergebe sich schon daraus, daß er tatsächlich seit 20 Jahren nicht mehr bestehe.

Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß sein berechtigtes Grundstück 147 nicht durch diesen Weg erschlossen und das seinerzeit eingeräumte Bringungsrecht der Errichtung und Erhaltung eines Seilweges für ihn daher nicht entbehrlich sei, müsse folgendes erwidert werden:

Wie schon aus dem seinerzeitigen Projekt ersichtlich, sei der Seilweg AA zur Beförderung von Getreide, Heu und Dünger mit einer Höchstförderleistung von 200 kg gebaut worden. Auf den berechtigten Grundparzellen würden heute jedoch nicht mehr landwirtschaftliche Produkte wie Heu oder Getreide gewonnen, sondern sie seien aufgeforstet. Die Bringung von Forstprodukten mit dieser schwachen Bringungsanlage wäre aber technisch gar nicht mehr möglich und es müßte dafür eine ganz andere Bringungsanlage errichtet werden. Abgesehen davon sei die genannte Grundparzelle des Beschwerdeführers erst vor kurzem aufgeforstet worden, sodaß noch über Jahrzehnte keine Schlägerungen zu erwarten seien und daher auch kein unmittelbarer Bedarf für eine Bringung von Forstprodukten bestehe. Wenn der Beschwerdeführer meine, die Seilweganlage sollte zur Bringung von Forstprodukten auf eine Nutzlast von 1000 kg ausgebaut werden, müsse dem entgegengehalten werden, daß dafür eine Seilweganlage mit einer ganz neuen Konzeption auf Grund eines neuen Projektes erforderlich wäre. Es sei nämlich technisch nicht möglich, einen ganz einfachen landwirtschaftlichen Seilaufzug mit 200 kg Nutzlast auf 1000 kg Nutzlast zu erhöhen. Dafür wären sicherlich neue Masten und technische Einrichtungen erforderlich, wofür die gegenwärtig eingeräumten Bringungsrechte nicht ausreichten. Im übrigen müsse noch erwähnt werden, daß eine sachgerechte Bringung der auf dem Grundstück 147 des Berufungswerbers in Jahrzehnten zu erwartenden Forstprodukte vernünftigerweise nur so erfolgen könnte, daß der bestehende "G-Weg II" nur etwa um 20 m verlängert und das anfallende Holz über ihn abtransportiert werde. Des weiteren sei auch anläßlich der mündlichen Verhandlung am 21. (richtig: 20.) Oktober 1988 festgestellt worden, daß der erwähnte G-Weg deswegen nicht bis zum Grundstück 147 des Beschwerdeführers durchgezogen worden sei, weil dieser sich an der betreffenden Bringungsgemeinschaft und an diesem Weg nicht habe beteiligen wollen. Jedenfalls sei der Landesagrarsenat auf Grund der von ihm durch entsprechende Sachverständige getroffenen Feststellungen der Ansicht, daß die Seilweganlage auch für den Beschwerdeführer jegliche Bedeutung verloren habe und daß daher die seinerzeit eingeräumten Bringungsrechte wegen der inzwischen eingetretenen Änderung der Verhältnisse entbehrlich und daher aufzuheben seien.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt erachtet, "daß entgegen der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Güter- und Seilwege-Landesgesetz 1970, LGBl. Nr. 40, das Bringungsrecht nicht aufgehoben wird".

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Die Mitbeteiligten haben zunächst eine Gegenäußerung abgegeben, den zur Verbesserung zurückgestellten Schriftsatz in der Folge aber nicht wieder vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 GSLG 1970 ist ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes, wenn sich die für dessen Einräumung maßgebend gewesenen Verhältnisse geändert haben, auf Antrag des Berechtigten oder des Eigentümers eines hiefür beanspruchten Grundstückes oder einer hiefür beanspruchten Bringungsanlage den geänderten Verhältnissen entsprechend abzuändern oder, falls der Bedarf für ein Bringungsrecht dauernd weggefallen ist, aufzuheben.

Der Beschwerdeführer beanstandet, daß ungeachtet der von ihm nicht in Abrede gestellten Änderung der maßgebenden Verhältnisse alle ehemaligen Bringungsrechte aufgehoben worden seien, obwohl zumindest in bezug auf sein berechtigtes, nach wie vor unerschlossenes Grundstück der Bedarf für ein Bringungsrecht keineswegs dauernd weggefallen sei; die Agrarbehörde wäre daher nur zu einer Abänderung, nicht zur Aufhebung berechtigt gewesen.

Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers kommt nur in bezug auf sein berechtigtes Grundstück in Betracht. Dem trägt auch seine Formulierung des Beschwerdepunktes (arg.: "das Bringungsrecht") Rechnung. Soweit er sich daher im Rahmen seiner Beschwerdeausführungen auch gegen die Auflösung der in Rede stehenden Bringungsgemeinschaft wendet, fehlt eine Rechtsverletzungsmöglichkeit. Bringungsgemeinschaften verlangen gemäß § 14 Abs. 1 GSLG 1970 mindestens drei verschiedene Eigentümer mehrerer berechtigter Grundstücke; die Auflösung der Bringungsgemeinschaft gemäß § 14 Abs. 4 GSLG 1970 wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach Abs. 1 konnte aus diesem Grund der Beschwerdeführer allein nicht verhindern.

Eine Abänderung oder Aufhebung von Bringungsrechten ist gemäß § 11 Abs. 1 GSLG 1970 an den Antrag einer der dort genannten Personen gebunden. Im Beschwerdefall lag zunächst nur ein Antrag der beiden Mitbeteiligten vor, der auf Aufhebung der Bringungsrechte lautete. Einen derartigen Antrag konnten die Agrarbehörden nur in diesem oder im Sinn einer Einschränkung, nicht in Richtung einer dem Beschwerdeführer vorschwebenden Neugestaltung (für nunmehr forstwirtschaftliche Zwecke) und zudem Erweiterung (in welcher Form immer) seines eigenen Bringungsrechtes behandeln.

Der Beschwerdeführer hat jedoch während des Berufungsverfahrens und unter Bezugnahme auf dieses einen mit 8. November 1988 datierten Antrag an die AB gerichtet, das 1954 eingeräumte landwirtschaftliche Bringungsrecht "dahin gehend abzuändern, daß die Gewichtsbeschränkung von 200 kg auf 1.000 kg angehoben wird", mit der Begründung, daß nach wie vor für sein Grundstück ein Bringungsbedarf bestehe und die Bringung nun dem Holztransport dienen solle. Damit hat der Beschwerdeführer selbst das Verlangen geäußert, "DAS Bringungsrecht" unter Bedachtnahme auf die auch insoweit, als nun eine forstliche Bringung benötigt werde, geänderten Verhältnisse abzuändern; dies gestützt auf die näher begründete Behauptung, daß von seiner Seite der Bedarf betreffend "EIN Bringungsrecht" NICHT DAUERND weggefallen sei (§ 11 Abs. 1 GSLG 1970). An die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer gegebene Kennzeichnung des gewünschten Bringungsrechtes (Seilweg auf bisheriger Trasse mit erhöhter Gewichtsbeschränkung) ist die Agrarbehörde nicht gebunden; im Falle der Bejahung eines Bedarfes im Sinne des Gesetzes sind Art, Inhalt und Umfang von Bringungsrechten unter Bedachtnahme auf die §§ 1 ff GSLG 1970 stets von Amts wegen festzusetzen. Der Antrag des Beschwerdeführers hat jedoch bewirkt, daß über den Antrag der Mitbeteiligten nicht mehr allein abgesprochen werden durfte, weil dasselbe Bringungsverhältnis betreffende Anträge gemäß § 11 Abs. 1 GSLG 1970 nicht gesondert, sondern gemeinsam zu beurteilen sind, was bei dem gegebenen Stand des Verfahrens nicht durch die belangte Behörde geschehen konnte, weil über den Antrag des Beschwerdeführers noch nicht in erster Instanz entschieden worden, jener also nicht Sache des Berufungsverfahrens war.

Unter diesen Umständen wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, die erstinstanzliche Entscheidung, soweit mit ihr auch über das Bringungsrecht des Beschwerdeführers entschieden wurde, aufzuheben, worauf die AB über beide Anträge (jenen der Mitbeteiligten, soweit er das Grundstück des Beschwerdeführers betraf, und jenen des Beschwerdeführers selbst) gemeinsam zu befinden gehabt hätte.

Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannte, war das angefochtene Erkenntnis im selben Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Inhalt der Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989070036.X00

Im RIS seit

24.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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