TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/30 91/15/0112

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Veröffentlicht am 30.03.1992
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

GewStG §25 Abs1;
GewStG §29;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 91/15/0110 E 24. Mai 1993 91/15/0111 E 24. Mai 1993 91/15/0114 E 24. Mai 1993 91/15/0116 E 24. Mai 1993 91/15/0117 E 24. Mai 1993 92/15/0004 E 24. Mai 1993 92/15/0006 E 24. Mai 1993

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der Stadtgemeinde L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der FLD für Stmk vom 8.8.1991, Zl. B 109-4/90, betreffend Festsetzung des Steuermeßbetrages nach der Lohnsumme für die Kalenderjahre 1985 und 1986 (erstmitbeteiligte Partei: XY-Versicherung in Graz; zweitmitbeteiligte Partei: Stadt Graz, Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage strittig, ob zwei Dienstnehmer der erstmitbeteiligten Partei als Arbeitnehmer der im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde gelegenen Betriebsstätte anzusehen sind oder nicht.

Bei diesen Arbeitnehmern handelt es sich um den Gebietsleiter W und den "Lebensfachberater" P.

Die Beschwerdeführerin stellte betreffend die Streitjahre beim Finanzamt Graz-Stadt gemäß § 29 GewStG den Antrag auf Festsetzung des Steuermeßbetrages nach der Lohnsumme und stützte sich betreffend die beiden genannten Arbeitnehmer auf einen Bericht der Prüfstelle des steiermärkischen Gemeindebundes, wonach die Lohnsummensteuer zu Unrecht an die Stadt Graz abgeführt werde; die beiden Arbeitnehmer seien der Betriebstätte L zuzuordnen.

Demgegenüber vertrat die erstmitbeteiligte Partei die Auffassung, der Gebietsleiter W sei direkt und weisungsgebunden der Zentrale in Graz unterstellt, es komme ihm über Außendienstmitarbeiter der Geschäftsstellen B, M, S, R und L (bis 31. Dezember 1985) bzw. R und L (seit 1. Jänner 1986) Kontrollfunktion zu. Auch der "Lebensfachberater" P sei direkt und weisungsgebunden der Zentrale in Graz unterstellt. Beide Mitarbeiter würden von Graz aus leitend eingesetzt.

Dieser Rechtsmeinung schloß sich in der Folge das Finanzamt Graz-Stadt in einem Vorhalt an und wies anschließend den Antrag der Beschwerdeführerin ab.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung, die beiden in Rede stehenden Dienstnehmer übten ihre Tätigkeit ausschließlich von der Betriebsstätte L aus. Dies lasse sich durch Einsichtnahme in die Reisekostennachweise für Werbungskosten erheben. Die Arbeitslöhne dieser Dienstnehmer seien daher der Betriebsstätte L zuzurechnen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Dem Gebietsleiter W komme eine Kontrollfunktion über jene Außendienstmitarbeiter der erstmitbeteiligten Partei zu, die organisatorisch sowohl der Geschäftsstelle in L als auch bis einschließlich 1985 den Geschäftsstellen in B, M, S und R, ab 1986 der Geschäftsstelle in R und L zuzurechnen seien. Der Gebietsleiter sei diesen Außendienstmitarbeitern für den Bereich aller Versicherungsparten mit Ausnahme der Lebensversicherung fachlich übergeordnet. Für den letzteren Bereich komme diese Funktion dem "Lebensfachberater" P zu, dem neben dem Abschluß insbesondere die Beratung der Außendienstmitarbeiter der Geschäftsstellen L, B, M, S und R in der Sparte Lebensversicherung obliege.

Abgesehen von diesen sich aus marktpolitischen Überlegungen ergebenden regionalen Anknüpfungspunkten bestünden zwischen den einzelnen Geschäftsstellen und dem Gebietsleiter keinerlei Beziehungen. Dieser habe in keiner der Geschäftsstellen einen Arbeitsplatz inne und sei den dort beschäftigten Bediensteten weder vorgesetzt noch untergeben. Der Gebietsleiter sei vielmehr einem Organ der Landesdirektion, dem Verkaufsleiter oder, falls ein solcher nicht bestellt sein sollte, dem Landesdirektor direkt unterstellt. Am Sitze der Landesdirektion befände sich auch der arbeitsrechtliche Dienstort des Gebietsleiters, den er regelmäßig wenigstens einmal wöchentlich aufzusuchen habe. Ein sogenanntes "KFZ-Pauschale" gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972 stehe dem Gebietsleiter nicht zu.

Aus den von der Beschwerdeführerin zum Beweis ihrer Annahme, der betreffende Dienstnehmer übe seine Tätigkeit ausschließlich von der Betriebsstätte L aus, benannten Aufzeichnungen (Reisekostennachweis für Werbungskosten) ergebe sich nicht der geringste Anhaltspunkt für die Richtigkeit dieser Annahme. Gegen die Richtigkeit der Argumente der Beschwerdeführerin spreche auch die Tatsache, daß die Errichtung und Erhaltung von Geschäftsstellen hauptsächlich aus werbetechnischen Gründen erfolge und der Verbesserung des Bekanntheitsgrades der erstmitbeteiligten Partei diene. Die Geschäftsstellen dienten daneben auch den haupt- und nebenberuflichen Vermittlern und daher notwendigerweise auch dem Gebietsleiter als "Kontaktadresse". Die Kompetenzen der Geschäftsstellen seien sehr gering; dort könnten weder Versicherungsverträge angenommen noch Schadensfälle bearbeitet werden. Abgesehen vom allgemeinen Kundendienst träten in den Geschäftsstellen praktisch keine Geschäftsfälle auf; selbstverständlich stehe die Geschäftsstelle aber den Versicherungsnehmern für Auskünfte zur Verfügung und sei bei Schadensmeldungen beim Ausfüllen der Formulare behilflich.

Rechtlich vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß sowohl der Gebietsleiter als auch der "Lebensfachberater" organisatorisch der Landesdirektion zuzuordnen seien, weil der Einsatz und die Leitung dieser Dienstnehmer ausschließlich durch die Landesdirektion erfolge und den Geschäftsstellen dabei überhaupt kein Einflußnahmerecht zukomme. Davon, daß die beiden betreffenden Dienstnehmer ständig von der Betriebsstätte L aus tätig würden, könne keine Rede sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht insoweit verletzt, "als darin festgestellt wird, daß der Gebietsleiter und der Lebensfachberater der Betriebsstätte L der XY-Versicherung lohnsummensteuermäßig der Landesdirektion zuzuordnen sind und daher für deren Arbeitslöhne kein Lohnsummensteuermeßbetrag und folglich keine Lohnsummensteuer in der Stadtgemeinde L anfallen würde".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; sie und die beiden mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften, in denen die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 GewStG ist Besteuerungsgrundlage die Lohnsumme, die in jedem Kalendermonat an die Arbeitnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gezahlt worden ist.

Insoweit die Beschwerdeführerin darin einen Verfahrensmangel erblickt, daß die belangte Behörde nicht auf Grund der erfolgten Reisetätigkeit (Reisekostenabrechnung, Dienstreiseaufzeichnungen für den Werbungskostennachweis) L als tatsächlichen Dienstausübungsort für die beiden Dienstnehmer festgestellt hat, ist ihr folgendes zu entgegnen: Im angefochtenen Bescheid wird auf Grund der von der belangten Behörde gepflogenen Ermittlungen eindeutig festgestellt, daß sich aus den Aufzeichnungen nicht der geringste Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Behauptung der Beschwerdeführerin ergibt. Der behauptete Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor, zumal auch die Beschwerde jede konkrete Darlegung schuldig bleibt, warum die belangte Behörde die erwähnten Aufzeichnungen anders hätte beurteilen müssen.

In Darstellung des Beschwerdegrundes der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das von der belangten Behörde herangezogene Moment des "leitenden Einsatzes" der beiden Dienstnehmer von Graz aus und bezeichnet dieses als überholt. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht beizutreten.

Wie Lenski-Steinberg (Komm. z. GewStG8 Anm. 8 zu § 23d GewStG) zutreffend betonen, kommt es betreffend den Fall von leitenden Angestellten der Zentrale eines Unternehmens, die auswärtige Betriebsstätten zu beaufsichtigen oder zu überwachen haben, darauf an, wo sich die Haupttätigkeit vollzieht. Dort ist der Mittelpunkt der Tätigkeit dieser Angestellten. In der Regel wird dies die Zentrale sein. Ähnlich äußert sich Philipp (Komm. z. GewStG Rz 5 zu § 25 GewStG), der unter Hinweis auf Judikatur des BFH ausführt, daß einer Betriebsstätte die Lohnsumme jener Arbeitnehmer zuzurechnen ist, die mit der Betriebsstätte vorwiegend verbunden sind, auch wenn sie ihre Tätigkeit außerhalb der Räumlichkeiten dieser Betriebsstätte ausüben. Philipp (aaO. Rz 10) betont - wiederum unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH -, daß darauf abzustellen sei, ob ein Arbeitnehmer organisatorisch zu einer bestimmten Betriebsstätte gehöre; maßgeblich sei die Betriebsstätte, von der aus er leitend eingesetzt werde.

Mit Rücksicht darauf, daß nach dem erhobenen Sachverhalt die beiden Dienstnehmer der erstmitbeteiligten Partei, um deren Arbeitslöhne es geht, der Zentrale in Graz direkt unterstellt sind, in der Geschäftsstelle L keinen Arbeitsplatz haben und den dort beschäftigten Bediensteten weder vorgesetzt noch untergeordnet sind, sowie unter Bedachtnahme darauf, daß sowohl der Gebietsleiter als auch der "Lebensfachberater" als Außendienstmitarbeiter nicht nur im Einzugsgebiet der Geschätsstelle L, sondern auch im Gebiet anderer Geschäftsstellen tätig werden, von ihnen aber regelmäßig, wenigstens einmal wöchentlich der Sitz der Landesdirektion in Graz aufzusuchen ist, bietet der vorliegende Fall keinen Anlaß dafür, diese Dienstnehmer der Betriebsstätte im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin zuzuordnen, auch wenn sie sich dort immer wieder aufhalten. Die belangte Behörde ist vielmehr zu Recht von der Maßgeblichkeit einer ständigen Beziehung dieser beiden Dienstnehmer zur Zentrale in Graz ausgegangen. Demgegenüber vermochte die Beschwerdeführerin kein Argument zu liefern, das eine engere Beziehung der beiden Dienstnehmer zur Betriebsstätte L begründen könnte.

Da sich somit der angefochtene Bescheid auch als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991150112.X00

Im RIS seit

30.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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