TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/22 92/14/0002

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Veröffentlicht am 22.04.1992
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §6 Z14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr. RS in L, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 12. November 1991, Zl. 6/146/1-BK/Km-1991, betreffend Umsatzsteuer 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer für die Streitjahre zur Umsatzsteuer von Honoraren für seine selbständige Arbeit als Schriftleiter einer periodischen Fachzeitschrift auf einem Teilgebiet des Rechtes herangezogen und die vom Beschwerdeführer geltend gemachte unechte Steuerbefreiung gemäß § 6 Z. 14 UStG 1972 als Journalist mit der Begründung nicht anerkannt, die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge seien letztlich rechtstheoretischer Natur und stellten demnach keine Neuigkeiten des Tages dar. Überdies bestehe die Leistung des Beschwerdeführers im wesentlichen nicht in der Verarbeitung von Materialien, sondern in der Themenauswahl und der Beurteilung der von anderen verfaßten Beiträge.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Befreiung der erwähnten Umsätze gemäß § 6 Z. 14 UStG 1972 verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Z. 14 UStG 1972 sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Schriftsteller, Journalist oder Komponist steuerfrei.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß die Umsätze aus seiner Tätigkeit als Schriftleiter der erwähnten Zeitschrift nicht als untrennbare Einheit zu beurteilen wären oder bei der danach gebotenen einheitlichen Betrachtung das schriftstellerische Moment der Tätigkeit überwiege und diese daher kennzeichne. Auch die Aktenlage bietet hiefür keinen Anhaltspunkt.

Entscheidend ist daher nur, ob die belangte Behörde den Inhalt des Begriffes "Tätigkeit als Journalist" im gegebenen rechtlichen Zusammenhang verkannt hat.

Mit diesem Vorwurf ist die Beschwerde im Recht.

Eine Legaldefinition dieses Begriffes durch den Steuergesetzgeber fehlt. Es ist daher davon auszugehen, daß der Begriff des Journalisten dem Sprachgebrauch gemäß zu verstehen ist. Danach ist Journalist ein "Tagesschriftsteller", also ein Publizist, der für die Presse (Zeitungen und Zeitschriften) oder für andere Medien tätig ist und entweder als Redakteur (Schriftleiter) im Angestelltenverhältnis steht oder gegen Pauschal- oder Einzelhonorar arbeitet (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, 17. Auflage, 9. Band, 501). Ähnlich versteht auch das geltende Medienrecht unter Medienmitarbeiter denjenigen, der in einem Medienunternehmen oder Mediendienst an der inhaltlichen Gestaltung eines Mediums oder der Mitteilungen des Mediendienstes journalistisch mitwirkt, sofern er als Angestellter des Medienunternehmens oder Mediendienstes oder als freier Mitarbeiter diese journalistische Tätigkeit ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebentätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Z. 11 Mediengesetz). Von Bedeutung ist daher die Mitwirkung an der inhaltlichen Gestaltung durch journalistische Tätigkeit als Angestellter oder freier Mitarbeiter. Journalistische Mitwirkung bedeutet eine schöpferische, gestaltende, selektive oder kontrollierende, insbesonders redigierende Tätigkeit in Ansehung aktualitätsbezogener Inhalte. Eine journalistische Tätigkeit verrichten insbesondere Redakteure und Reporter (vgl. Hartmann-Rieder, Kommentar zum Mediengesetz, Seite 35). Bereits unter der Herrschaft des Umsatzsteuergesetzes 1959 wurde der Redakteur als Journalist angesehen (vgl. Strack, Die Umsatzsteuer, 4. Auflage, Unternehmerbegriff, Rechtsprechung, 61 205). Auch das Journalistengesetz zählt Redakteure (Schriftleiter) zu den Journalisten (vgl. § 1 Abs. 1 Journalistengesetz). Zum Umsatzsteuergesetz 1972 vertreten Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuer-Handbuch5, die Meinung, als Journalist werde vornehmlich - also nicht ausschließlich - derjenige anzusehen sein, der Neuigkeiten des Tages sammelt, in eine sprachliche Form bringt und an Zeitungen, Zeitschriften usw. weitergibt oder Abhandlungen verfaßt, die sich mit dem Tagesgeschehen kritisch auseinandersetzen und das Wissen der Leser auf verschiedenen Gebieten erweitern oder vertiefen (Anmerkung 30 zu § 6 UStG 1972; im gleichen Sinn Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Band III, Rz 282, 283 zu § 6 Z. 14). Faßt man das wesentliche dieser Vorstellungsinhalte, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Ausdruck "Journalist" und "Tätigkeit als Journalist" verbunden sind, zusammen, so ist die Tätigkeit des Journalisten dadurch gekennzeichnet, daß eine Person an der Berichterstattung und/oder Kommentierung von aktuellem Geschehen (Neuigkeiten = Tagesereignisse) in Medien - und sei es auch redaktionell - mitwirkt. Unter Tagesgeschehen ist alles zu verstehen, was Aktualität hat, also nicht nur die jedermann interessierenden täglichen Ereignisse, sondern auch aktuelle Erscheinungen, die lediglich auf Fachinteresse stoßen und nur von Zeit zu Zeit auftreten. Die Vermittlung kann sowohl in der Verfassung von Berichten und/oder Kommentaren bestehen als etwa auch in der Sammlung, Sichtung, Auswahl, Verbesserung derartigen Materials. Journalistisch ist deshalb nicht nur die Tätigkeit des Reporters, der an Ort und Stelle oder an der Quelle die Neuigkeiten erhebt und weiterleitet, sondern auch die Tätigkeit in der Redaktion durch den Schriftleiter (Redakteur), der u.a. Beiträge auswählt, bearbeitet oder auch selbst schreibt (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Band 32, Deutsches Wörterbuch, 9. Auflage, 2116). Journalist ist der Überbegriff, der jedenfalls Reporter und Redakteur (Schriftleiter) umfaßt.

Die belangte Behörde hat daher ihrer rechtlichen Beurteilung ein zu enges Bild journalistischer Tätigkeit zugrundegelegt, nämlich eines, das den Journalisten auf den Reporter reduziert, der Neuigkeiten ermittelt und an die Redaktion berichtet. Ein solches erschiene überdies im gegebenen Zusammenhang unechter Befreiung von der Umsatzsteuer als unsachliche Differenzierung bedenklich. Das Zusammenwirken am Zustandekommen sprachlicher Nachrichten und Kommentare über Aktuelles in einer Redaktion zwischen Reporter und Redakteur (Schriftleiter) ist so eng, daß es nicht gerechtfertigt erschiene, die auswählende, verbessernde und ergänzende Tätigkeit des Redakteurs (Schriftleiters) anders zu behandeln als die Tätigkeit des stoffsammelnden und berichtenden Reporters oder Kommentators.

Die Tätigkeit eines Schriftleiters (Redakteurs) - die Ausdrücke Redakteur und Schriftleiter sind gleichbedeutend, dieser ist veraltend (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Band 32, Deutsches Wörterbuch, 9. Auflage, 2320) - ist daher Tätigkeit als Journalist im Sinne des § 6 Z. 14 UStG 1972.

Juristische Fachzeitschriften sind schon im Hinblick auf das erwünschte Publikumsinteresse in erster Linie auf Aktualität abgestellt. Sie berichten daher überwiegend über Aktuelles auf dem Gebiet der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und der Rechtslehre, also im oben dargelegten Sinn über Tagesgeschehen auf dem betreffenden Fachgebiet für den daran interessierten Leserkreis. Daß die Zeitschrift, für die der Beschwerdeführer als Schriftleiter tätig war und für deren Redaktion er im Streitzeitraum honoriert wurde, diesem Aktualitätsprofil nicht entsprochen hätte, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Anhaltspunkte für einen derart außergewöhnlichen Sachverhalt liegen auch nicht vor. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers war die für einen Schriftleiter (Redakteur) typische (Auswahl der Beiträge, deren Überarbeitung, Gliederung, Ordnung und Aufbau in der Zeitschrift). Solcherart hat der Beschwerdeführer in der für Journalismus kennzeichnenden Weise an der Verbreitung von aktuellen Informationen durch ein Medium in Sprachform mitgewirkt und damit Tätigkeiten als Journalist entfaltet, für die er die hinsichtlich ihrer Steuerpflicht strittigen Honorare erhielt.

Die belangte Behörde hat daher den umsatzsteuerrechtlichen Begriff der Tätigkeit als Journalist verkannt und solcherart ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zu dessen Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen mußte.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140002.X00

Im RIS seit

22.04.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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