TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/28 91/04/0337

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §368 Z17;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. September 1991, Zl. MA 63-P 1/91/Str, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 8. November 1990 wurde die Beschwerdeführerin wie folgt schuldig erkannt (Spruchteil nach § 44a Z. 1 VStG):

"Sie sind als gewerbebehördlich genehmigter Geschäftsführer der F-GmbH dafür verantwortlich, daß diese Gesellschaft am 4.8.1990 um 01.10 Uhr ihren Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Espressos in W, K-Gasse 10,

1)

nicht geschlossen gehalten hat und

2)

zur obgenannten Zeit sechs Gästen das weitere Verweilen im Lokal gestattet hat, obwohl für diesen Betrieb die Sperrstunde mit 24.00 Uhr festgesetzt ist."

Die Beschwerdeführerin habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 368 Z. 11 und § 198 Abs. 2 GewO 1973 in Verbindung mit § 370 Abs. 2 GewO 1973 verletzt. Gemäß § 368 Einleitungssatz leg. cit. wurde über die Beschwerdeführerin zu 1) und 2) eine Geldstrafe in der Höhe von je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 24 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. September 1991 wurde das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die übertretene Norm § 368 Z. 17 GewO 1973 lautet. Zur Begründung wurde u.a. unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 368 Z. 17 leg. cit. ausgeführt, der F-GmbH, deren gewerberechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin sei, sei die Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos mit den Berechtigungen nach "§ 109" (richtig wohl: "§ 189") Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973 mit der Beschränkung des Betriebes des Gewerbes bis 24.00 Uhr erteilt worden. Die Abänderung des Spruches des Straferkenntnisses habe der Richtigstellung der übertretenen Norm gedient.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.

Im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt ist der Beschwerde schon aus folgenden Erwägungen Erfolg beschieden:

Nach § 368 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer (Z. 17) andere als im § 366, § 367 und in Z. 1 bis 16 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

Im Grunde des § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses u.a.

1)

die als erwiesen angenommene Tat,

2)

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, und

              3)              die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung

zu enthalten. Diese Bestimmung gilt insoweit, als der Spruch eines Straferkenntnisses im Verwaltungsrechtszug bestätigt oder ganz oder teilweise neu gefaßt wird, auch für den Berufungsbescheid, und zwar, soweit die Bestätigung ausgesprochen wird, in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis.

Die belangte Behörde bezeichnete § 368 Z. 17 GewO 1973 als die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei. Es handelt sich um eine Verweisungsbestimmung. § 368 Z. 17 GewO 1973 kommt nur in Verbindung mit einem unter die Verweisung fallenden Gebot oder Verbot als verletzte Verwaltungsvorschrift in Betracht. Die belangte Behörde unterließ es, ein solches Gebot oder Verbot im Spruch anzuführen und verstieß solcherart gegen die Bestimmung des § 44a Z. 2 VStG.

Nach § 22 Abs. 1 VStG sind - nur - dann, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.

Im vorliegenden Fall wurde das erstbehördliche Straferkenntnis von der belangten Behörde in den Spruchteilen nach § 44a Z. 1 und 3 VStG bestätigt. Der Beschwerdeführerin wurde insofern die Begehung zweier verschiedener Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt. Im Spruchteil nach § 44a Z. 2 VStG wurde, wie dargelegt, nur die Bestimmung des § 368 Z. 17 GewO 1973 angeführt, ohne daß eine mit dieser Strafnorm in Verbindung stehende Gebots- oder Verbotsvorschrift zitiert wurde. Ein solches Zitat ermöglichte jedoch erst die Beurteilung, inwieweit im vorliegenden Fall eine Deliktskonkurrenz (etwa Idealkonkurrenz) im Sinne des § 22 Abs. 1 VStG vorgelegen gewesen sei. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis ist insofern nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführerin in Ansehung ein und desselben Tatortes (Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Espressos in W, K-Gasse 10) und derselben Tatzeit (4. August 1990 um 01.10 Uhr) zwei Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt wurden. Insoweit wurde von der belangten Behörde auch nicht der sich aus § 22 Abs. 1 VStG ergebenden Rechtslage Rechnung getragen.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Blankettstrafnorm

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040337.X00

Im RIS seit

28.04.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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