TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/28 91/11/0182

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Veröffentlicht am 28.04.1992
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs1 litf;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Oktober 1991, Zl. MA 70-8/454/91, betreffend Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 3 KFG 1967 die Entziehung der Lenkerberechtigung angedroht.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtenen Maßnahme liegt die Annahme zugrunde, der Beschwerdeführer sei im Zusammenhang mit einem Vorfall vom 3. November 1990 als verkehrsunzuverlässig zu beurteilen. Wegen dieses Vorfalles wurde er mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Brigittenau, vom 22. April 1991 schuldig erkannt, Verwaltungsübertretungen nach § 16 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO 1960 (verbotenes Überholen mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern) und nach § 11 Abs. 1 und 2 StVO 1960 (rechtswidrig vorgenommener Fahrstreifenwechsel und Unterlassung einer entsprechenden Anzeige) für schuldig erkannt.

Es kann dahinstehen, ob durch diese rechtskräftige Bestrafung für die belangte Behörde bindend feststeht, daß in Ansehung des Beschwerdeführers eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 vorliegt (in dem dem Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakt befindet sich keine Ausfertigung oder Kopie des in Rede stehenden Straferkenntnisses - vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1989, Zl. 89/11/0061). Selbst wenn dies der Fall wäre, so würde die Wertung dieser bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 den angefochtenen Bescheid nicht rechtfertigen. Die Androhung wurde nämlich erstmals mit Mandatsbescheid () der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 15. Juli 1991 verfügt und sodann mit Vorstellungsbescheid der Erstbehörde vom 29. August 1991 und mit dem angefochtenen Berufungsbescheid bestätigt. Es kommt somit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (u.a.) darauf an, ob aus dem Verhalten des Beschwerdeführers am 3. November 1990 geschlossen werden konnte, daß er am 19. Juli 1991 (dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides vom 15. Juli 1991) noch als verkehrsunzuverlässig angesehen werden konnte, m.a.W. daß aus dem Vorfall auf eine Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von etwa 8 1/2 Monaten geschlossen werden konnte. Dies erscheint deswegen nicht gerechtfertigt, da der Beschwerdeführer - abgesehen von einem Parkdelikt - bis zu dem Vorfall vom 3. November 1990 gerichtlich und verwaltungsbehördlich unbescholten war und auch im Anschluß an den Vorfall nicht wieder straffällig wurde, obwohl er im Besitze seiner Lenkerberechtigung war; von der Anhängigkeit des Entziehungsverfahrens hatte er nach der Aktenlage keine Kenntnis. Das - unter dem Gesichtspunkt der Einmaligkeit des strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers zum Tragen kommende - Wertungskriterium der Verwerflichkeit der Tat sowie das weitere Kriterium der zwischen dem 3. November 1990 und dem 19. Juli 1991 verstrichenen Zeit und des Verhaltens des Beschwerdeführers während dieser Zeit fallen für den Beschwerdeführer entscheidend ins Gewicht. Auch wenn die Gefährlichkeit der Verhältnisse und die Rücksichtslosigkeit des Beschwerdeführers gegenüber anderen Straßenbenützern am 3. November 1990 besonders hoch gewesen sein sollten, könnte dies nicht eine bis 19. Juli 1991 andauernde Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers begründen. Eine Androhung nach § 74 Abs. 3 KFG 1967 setzt wie eine Entziehung der Lenkerberechtigung voraus, daß die Verkehrsunzuverlässigkeit noch im Zeitpunkt ihres Ausspruches gegeben sein muß. Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf die geltend gemachten Verfahrensfehler eingegangen zu werden brauchte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung die Umsatzsteuer bereits enthalten ist und Stempelgebührenersatz für Beilagen zur Beschwerde nur im Ausmaß von S 30,-- (für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zuerkannt werden konnte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991110182.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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