TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/30 92/10/0015

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Veröffentlicht am 30.04.1992
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde

1. der E L in B und 2. der H N in M, beide vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. August 1991, Zl. 18.323/10-I A 8/91, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. August 1991 wurde festgestellt, daß eine Teilfläche aus der Parzelle nn1 der KG S Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 sei. In der Begründung wurde ausgeführt, nach den Feststellungen der Behörde erster Instanz sei die gegenständliche Grundfläche mit 20 bis 30-jährigen Robinien und vereinzelt mit Obstbäumen bestockt, wobei die Robinien eine Überschirmung von 90 % aufwiesen. Die Fläche weise bei einem Gesamtausmaß von 1.000 m2 eine Breite von 25 m und eine Tiefe von 40 m auf. Diese Ausführungen würden durch die Stellungnahme des in zweiter Instanz beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen bestätigt. Darin werde auch ausdrücklich festgehalten, daß auch bei Nichtbeachtung der Obstbäume die Überschirmung mit forstlichem Bewuchs jedenfalls 90 % der Fläche betrage. Wie bereits im Bescheid des Landeshauptmannes erläutert werde und sich auch aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 ergebe, beziehe sich diese Bestimmung auf Flächen, die bisher nicht als Wald anzusehen gewesen seien. Die Auslegung der Beschwerdeführerinnen, wonach diese Bestimmung im Falle der Naturverjüngung auf Flächen, die bisher nicht als Wald anzusehen gewesen seien, nicht anzuwenden sei, finde daher keine gesetzliche Deckung.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 25. November 1991, B 1059/91-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten die Beschwerdeführerinnen die Auffassung, das Forstgesetz 1975 gebe der Behörde die Möglichkeit, eine Grundfläche zu Wald zu erklären, wenn eine landwirtschaftliche Nutzfläche durch Naturverjüngung neu bewaldet werde. Die den Gegenstand des Verwaltungsgerichtshofverfahrens bildende Fläche sei ein im Ortsgebiet liegender Garten, der nie landwirtschaftlich genutzt worden sei; für eine solche Fläche sei eine Waldfeststellung unzulässig.

Die belangte Behörde lege auch den Begriff der Naturverjüngung unrichtig aus. Eine Naturverjüngung setze begrifflich einen Altbestand voraus. Einen solchen habe es nie gegeben. Die vorhandenen Obstbäume seien niemals auch nur ein waldähnlicher Bewuchs gewesen. Wenn der Obstbaumbestand von Sträuchern und Bäumen im Laufe der Jahrzehnte durchsetzt worden sei, sei dies keine Naturverjüngung. Weder der Landeshauptmann noch die belangte Behörde hätten sich in ihren Entscheidungen mit den Einwänden der Beschwerdeführerinnen gegen das Vorliegen einer Naturverjüngung auseinandergesetzt. Auch mit dem Einwand, daß die streitgegenständliche Fläche an der Straße und zwischen bebauten Grundstücken liege, habe sich die belangte Behörde nicht befaßt. Diese Überlegung sei deshalb von erheblicher Bedeutung, weil nur im Falle der Neubewaldung einer landwirtschaftlichen Grundfläche deren Unterstellung unter das Forstgesetz denkbar sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 5 Abs. 1 lit. a des Forstgesetzes 1975 hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen, wenn Zweifel bestehen, ob eine Grundfläche Wald ist.

Stellt die Behörde fest, daß die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, daß

a)

die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder

b)

eine Rodungsbewilligung erteilt wurde oder

c)

die Behörde aus einem anderen Anlaß festgestellt hat, daß es sich nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt,

und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grünfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt (§ 5 Abs. 2 leg. cit.).

Nach § 1 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 sind Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

Nach dem Anhang zum Forstgesetz zählen Robinien zu den Holzgewächsen gemäß § 1 Abs. 1.

Nach § 4 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 unterliegen Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von 10 Jahren ab deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von 5/10 ihrer Fläche, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.

Gegenstand einer Neubewaldung sind nach § 4 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 Grundflächen, ohne daß dem Gesetzestext eine Einschränkung dahingehend entnommen werden könnte, daß damit nur landwirtschaftlich genutzte Grundstücke gemeint seien. Eine solche Auslegung ist auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Forstgesetz 1975, auf die sich die Beschwerdeführerinnen berufen, nicht abzuleiten. Der Hinweis der Beschwerdeführerinnen bezieht sich offenbar auf die Erläuterungen zu dem mit § 4 des Forstgesetzes 1975 im wesentlichen übereinstimmenden § 6 der Regierungsvorlage (1266 BlgNR XIII. GP, Seite 85/86). Dort heißt es:

"Unter den Begriff Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sollen auch neu bewaldete Grundstücke fallen. Bei diesen ist wichtig, von welchem Zeitpunkte an dies zutrifft. Nun gibt es über die Umwandlung von landwirtschaftlichem Grund in Waldgrund in den meisten Bundesländern einschlägige Vorschriften. Auf diese wurde daher im Abs. 2 bei der Festlegung dieses maßgeblichen Zeitpunktes entsprechend Bedacht genommen, indem bei Neuaufforstung 10 Jahre, bei Naturverjüngung eine Überschirmung von 0,5 als Kriterien fixiert werden. Beide Fristen gehen mit Sicherheit über den Fristenlauf der Untersagung der Neubewaldung gemäß den einschlägigen Landesgesetzen - in der Regel 5 Jahre - hinaus, sodaß eine Beeinträchtigung der diesbezüglichen Zielsetzung des Landesgesetzgebers ausgeschlossen ist."

Diese Erläuterungen setzen sich lediglich mit den bei der Umwandlung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in Wald im Verhältnis zwischen Bundesrecht und Landesrecht auftretenden Problemen auseinander, besagen aber nicht, daß andere als landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht einer Neubewaldung unterliegen.

Unzutreffend ist auch die Auffassung der Beschwerde, eine Naturverjüngung setze einen Altbestand voraus. Dem steht der eindeutige Wortlaut des § 4 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 entgegen, demzufolge Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von 5/10 ihrer Fläche den Bestimmungen des Forstgesetzes unterliegen. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerinnen hat sich die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides mit dem Begriff der Naturverjüngung auseinandergesetzt; sie hat insbesondere auf die Begründung des zweitinstanzlichen Bescheides verwiesen, der sich ausführlich mit diesem Begriff befaßt hat. Ob die streitgegenständliche Fläche an der Straße und zwischen bebauten Grundstücken liegt, ist angesichts des im Beschwerdefall gegebenen Sachverhaltes rechtlich ohne Belang. Daß sich die belangte Behörde damit nicht auseinandergesetzt hat, stellt keinen Begründungsmangel dar.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführerinnen durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100015.X00

Im RIS seit

30.04.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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