TE Vfgh Erkenntnis 1989/10/6 B1571/88

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Veröffentlicht am 06.10.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Leitsatz

Sachentscheidung im Anlaßfall; keine Aufhebung einer im Beschwerdeverfahren präjudiziellen Vorschrift; Abweisung der Beschwerde; im Ergebnis erfolglose Anregung zur Einleitung eines amtswegigen Normenprüfungsverfahrens; kein Kostenzuspruch

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Landeshauptmann von Wien erkannte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. Juni 1988 den Beschwerdeführer schuldig, dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §4 Abs2 der Wiener Fiaker-, Taxi- und Mietwagen-Betriebsordnung, LGBl. 21/1987, (Wr. BetriebsO 1987), begangen zu haben, daß er am 21. Feber 1988 in Wien ein Taxi im Fahrdienst verwendet und hiebei den Taxiausweis nicht an der Innenseite der Windschutzscheibe deutlich sichtbar angebracht habe. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß §14 Abs1 Z7 (richtig: Z6) des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes eine Geldstrafe und eine Ersatzarreststrafe verhängt.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (nämlich des §4 Abs2 der Wr. BetriebsO 1987, die auf §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes gestützt wird) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Der Landeshauptmann von Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Er begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. 1. Mit Beschluß vom 1. März 1989 leitete der Verfassungsgerichtshof aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art139 Abs1 B-VG von amtswegen Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit

a) des §4 Abs2 der Wiener BetriebsO 1987 (hg. Zl. V20/89), sowie

b) des §31 Abs2 Z5 und des §58 Abs3, 4 und 5 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 13. März 1986, BGBl Nr. 163, mit der gewerbepolizeiliche Regelungen für die nichtlinienmäßige Beförderung von Personen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs getroffen werden (Bundes-BetriebsO 1986) (hg. Zl. V21/89),

ein.

2. Mit Erkenntnis vom 27. September 1989, V20,21/89 hob er §4 Abs2 der Wiener BetriebsO 1987 nicht als verfassungswidrig auf, wohl aber den §31 Abs2 Z5 und den §58 Abs3, 4 und 5 der Bundes-BetriebsO 1986.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid wird auf §4 Abs2 der Wiener BetriebsO 1987 gegründet. Gegen diese Bestimmung bestehen - wie sich aus dem soeben zitierten Erkenntnis ergibt - weder die im Einleitungsbeschluß vom 1. März 1989 (s. o. II.1.) enthaltenen noch sonstige verfassungsrechtliche Bedenken.

Auf die als gesetzwidrig aufgehobenen Vorschriften der Bundes-BetriebsO 1986 (s.o. II.2.) wurde der angefochtene Bescheid nicht gegründet und war darauf auch nicht zu stützen. Diese Bestimmungen waren nur deshalb präjudiziell, weil sie der Verfassungsgerichtshof im Verordnungsprüfungsverfahren V20/89 (s.o. II.1.a) anzuwenden hatte (vgl. VfGH 27.9.1989 V20,21/89).

Daraus ergibt sich, daß - weil auch gegen die sonstigen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen - der Beschwerdeführer nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

2. Da der Beschwerdeführer nur die Verletzung von Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet hat, war nicht darauf einzugehen, ob die Verletzung eines anderen (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes vorliegt (zB VfSlg. 9607/1983).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Dem Beschwerdeführer waren die beantragten Prozeßkosten nicht zuzusprechen. Das amtswegige, zur Aufhebung von Bestimmungen der Bundes-BetriebsO 1986 führende Verordnungsprüfungsverfahren ist nämlich vom Beschwerdeführer nicht angeregt worden. Angeregt wurde von ihm lediglich die Prüfung von Vorschriften der Wr. BetriebsO 1987; diese Anregung war letztlich erfolglos - s.o. II.2. (vgl. VfSlg. 7097/1973).

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Kosten, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B1571.1988

Dokumentnummer

JFT_10108994_88B01571_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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