TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/14 91/16/0117

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Veröffentlicht am 14.05.1992
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
BAO §288 Abs1;
BAO §289;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des W in E, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. September 1991, Zl. 6-1/W 27/1/1991/S, betreffend Vorschreibung einer kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgabenschuld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Dezember 1990 hat das Zollamt Linz dem Beschwerdeführer die kraft Gesetzes nach § 174 Abs. 3 lit. c i. V.m. § 3 Abs. 2 ZollG 1988 entstandene Eingangsabgabenschuld für den am 11. März 1988 vom Zollamt Neuhaus zum freien Verkehr abgefertigten PKW, VW Golf Turbo Diesel, zur Entrichtung vorgeschrieben. Diese Entscheidung stützte sich auf das Ergebnis der Ermittlungen und insbesondere auf die Aussagen des Beschwerdeführers, wonach der tatsächliche Kaufpreis für den eingeführten PKW S 46.000,-- und nicht, wie in der Anmeldung erklärt, 4.300,-- DM betragen habe.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung räumte der Beschwerdeführer zwar ein, dem W., der nach seinen eigenen Angaben als Vermittler des Kaufgeschäftes, tatsächlich aber auch als Inkassant für den Verkäufer aufgetreten war, S 46.000,-- bzw. mehr als 4.300,-- DM für den PKW bezahlt zu haben, wies aber auch darauf hin, daß damit nicht gesagt sei, daß der Verkäufer diesen Betrag auch erhalten habe, sondern W. den Differenzbetrag für Ersatzteilbeschaffung und Reparaturorganisation veranschlagt haben könnte.

Nach einem Vorhalteverfahren hat das Zollamt Linz mit Berufungsvorentscheidung und nach Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Finanzlandesdirektion mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn der Beschwerdeführer zunächst vorbringt, daß aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht hervorgehe, um welche Einfuhr es sich gehandelt habe, weil nicht einmal das Datum oder das Einfuhrzollamt angeführt worden sei, übersieht er, daß die Finanzlandesdirektion über die gegen den erstinstanzlichen Bescheid eingebrachte Berufung zu entscheiden hatte (§ 260 Abs. 1 BAO). Dies hat die belangte Behörde mit der Berufungsentscheidung klar zum Ausdruck gebracht. Eine Wiederholung der mit erstinstanzlichem Bescheid vorgenommenen Abgabenfestsetzung im Spruch des angefochtenen Bescheides ist im Fall einer vollinhaltlichen Abweisung der Berufung auch unter dem Gesichtspunkt der Konkretisierung nicht erforderlich, sodaß für den Gerichtshof eine Verletzung der Vorschriften des § 288 Abs. 1 BAO nicht erkennbar ist.

Der Vorwurf, die belangte Behörde sei sich offenbar nicht schlüssig, welcher Betrag als Bemessungsgrundlage heranzuziehen gewesen sei, und die Begründung der angefochtenen Berufungsentscheidung lasse nicht erkennen, ob die belangte Behörde von einer Bemessungsgrundlage von S 60.000,-- oder S 46.000,-- ausgegangen sei, ist aktenwidrig. Aus dem gesamten Inhalt des Bescheides ist zu entnehmen, was die belangte Behörde auf der letzten Seite ihrer Entscheidung auch zusammenfaßt, daß sich nach den getroffenen Feststellungen eindeutig ergebe, daß für den Kauf des PKW S 46.000,-- aufgewendet worden seien.

Die Beschwerde rügt weiters, daß die belangte Behörde nicht festgestellt habe, welchen Betrag das ausländische Unternehmen als Verkäufer gefordert und tatsächlich erhalten habe. Aus der Vernehmung der Zeugen S. und W. gehe eindeutig hervor, daß der dem ausländischen Unternehmen zugeflossene Betrag höchstens 4.300,-- DM betragen habe. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, festzustellen, daß W. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in E. (Österreich) habe und dies bedeute, daß die über den Betrag von DM 4.300,-- hinausgehenden Zahlungen nicht einem Ausländer gegeben worden seien und somit nicht der Einfuhrumsatzsteuer unterliegen könnten. Eine Zahlung an einen Inländer, möge sie noch so hoch sein, begründe keine Einfuhrumsatzsteuerverpflichtung.

Strittig ist nach diesen Beschwerdevorbringen die Höhe des geschuldeten Entgeltes und damit die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer und den Außenhandelsförderungsbeitrag für den in Rede stehenden PKW.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 UStG unterliegt der Umsatzsteuer die Einfuhr von Waren im Sinne des Zollgesetzes (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn eine Ware aus den Zollausland in das Zollgebiet gelangt. Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten nach § 24 Abs. 2 erster Satz UStG, soweit im Umsatzsteuergesetz nicht anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Nach § 5 Abs. 2 UStG ist Bemessungsgrundlage für die - wie im vorliegenden Fall - nicht einem Wertzoll unterliegenden Waren das dem Lieferer für die eingeführte Ware geschuldete Entgelt.

Entgelt ist gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz UStG alles, was der Empfänger einer Lieferung aufzuwenden hat, um die Lieferung zu erhalten.

Gemäß § 4 Außenhandelsförderungs-Beitragsgesetz 1984 i.V.m.

§ 15 Handelsstatistisches Gesetz 1988 (§ 18 Handelsstatistisches Gesetz 1958) ist als Wert für die Berechnung des Außenhandelsförderungsbeitrages bei nicht wertzollpflichtigen Waren der Grenzwert heranzuziehen.

Wird gemäß § 217 Abs. 1 BAO eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet - die Eingangsabgabenschuld wird mit ihrem Entstehen fällig (§ 175 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 ZollG) -, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.

Mit ihren auf die Bemessungsgrundlage der in Rede stehenden Abgaben bezugnehmenden Beschwerdegründen bekämpft der Beschwerdeführer in Wahrheit in erster Linie die Beweiswürdigung durch die Abgabenbehörde. Diese hat gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es hiebei, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewißheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen läßt (siehe zuletzt hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zl. 90/16/0156).

Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines angefochtenen Bescheides beinhaltet unter anderem die Aufgabe, zu überprüfen, ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Überlegungen der belangten Behörde schlüssig sind oder nicht, das heißt, ob sie unter anderem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Die Richtigkeit eines Aktes der Beweiswürdigung aber in dem Sinne, daß festgestellt wird, daß eine Darstellung den Tatsachen, eine andere diesen nicht entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (siehe zuletzt zitiertes Erkenntnis).

Die belangte Behörde hat die einzelnen widersprüchlichen Aussagen in der angefochtenen Berufungsentscheidung im Kern wiedergegeben und ist bei der Beweiswürdigung letztlich der ersten Aussage des Beschwerdeführers, von der ihr schien, daß sie nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Wahrheit am nächsten kommt, gefolgt. Nach dieser Aussage habe der Beschwerdeführer dem W. insgesamt S 63.000,-- bezahlt, wovon der "PKW S 46.000,-- gekostet" habe. S 15.000,-- habe er W. als Gegenleistung für eine durchgeführte Reparatur an diesem PKW und S 2.000,-- für einen Ersatzteil (Vorderachse) bezahlt.

Bei den Beschwerdeausführungen scheint der Beschwerdeführer zu übersehen, daß die belangte Behörde bei der vorgenommenen Beweiswürdigung in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung davon ausging und ausgehen durfte, daß auch nur bestimmte Teile von Aussagen und Angaben wahr (oder falsch) seien. Die beiden in diesem Vorfall neben dem Beschwerdeführer involvierten Personen W. und S. sind vom Zollamt nicht als unter der Wahrheitspflicht stehende Zeugen, wie der Beschwerdeführer meint, gehört worden, sondern als Verdächtige. Darin, daß die belangte Behörde bei der Höhe des vereinbarten, geschuldeten und letztlich bezahlten Entgeltes der unbeeinflußten und selbst belastenden ersten Aussage des Beschwerdeführers gefolgt ist und nicht den widersprüchlichen Aussagen des W. und S., vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Überprüfungsbefugnis der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Auch zeigt der Beschwerdeführer weder einen Verstoß gegen die Denkgesetze noch einen solchen gegen das allgemeine menschliche Erfahrungsgut auf, sondern sucht vielmehr den Beweisergebnissen nur eine andere Gewichtung zu verleihen. Wenn er rügt, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, welchen Betrag der ausländische Unternehmer als Verkäufer gefordert habe, dann steht dies im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben in der Niederschrift, wonach über den Vermittler W. S 46.000,-- für den PKW mündlich vereinbart worden ist. Daß nicht der in der nicht unterschriebenen Rechnung angeführte niedrigere Betrag von DM 4.300,-- das tatsächlich geschuldete Entgelt darstellte, war nach Angabe des Beschwerdeführers in der Niederschrift auch Gegenstand des Gespräches bei der Übernahme des PKW vom Verkäufer. Dem Beschwerdeführer ist es mit seinen vorgebrachten Gründen somit nicht gelungen, einen Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen das allgemeine menschliche Erfahrungsgut aufzuzeigen.

Im übrigen vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen, worin die Rechtswidrigkeit der Abgabenbemessung bestehen soll, wenn der Geldbetrag einem inländischen Inkassanten mit Wohnsitz im Inland übergeben worden ist. Verkäufer des PKW war das ausländische Unternehmen und diesem schuldete der Beschwerdeführer das Entgelt, das als Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer herangezogen wurde.

Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991160117.X00

Im RIS seit

14.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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