TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/21 92/06/0048

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Veröffentlicht am 21.05.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §76 Abs1;
AVG §76 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. und Co KG in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 16. Jänner 1992, Zl. A 17-K-7.554/1991-4, A 17-K-7.555/1991-12, Spruchteil II, betreffend Kostenvorauszahlung für nichtamtliche Sachverständige in einem Baubewilligungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.930,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hatte die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Automobilassemblingwerkes für eine Jahresstückzahl von 25.000 PKW auf den Grundstücken Nr. 1/1, 1/4, 153/1, 149/2, 149/4, 150/1 und 143, EZ 285, 288, 429 und 433, KG X und KG Y beantragt. Während des baubehördlichen Ermittlungsverfahrens wurden seitens der Behörde von der Beschwerdeführerin Gutachten gefordert, um die Genehmigungsfähigkeit des Projektes zu überprüfen. Die seitens der Behörde angeforderten Emissions- und Immissionstechnischen Daten und Prognoseberechnungen betreffend Luftschadstoffe und Geruch wurden im Auftrag der Beschwerdeführerin durch Univ.-Prof. Dr. R und Univ.-Ass. Dr. P, Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der Technischen Universität, erstellt. Die Überprüfung dieser Daten und Prognoseberechnungen war zunächst Aufgabe des von der Behörde bestellten Amtssachverständigen Dr. J.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 25. Oktober 1991 wurden gemäß § 52 Abs. 2 AVG die Herren Dipl. Ing. W, Dipl. Ing. L und Dipl.-Meteorologe F vom Technischen Überwachungs-Verein Hannover als nichtamtliche Sachverständige bestellt. Mit einem weiteren Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 31. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 76 Abs. 4 AVG aufgetragen, innerhalb von acht Tagen ab Rechtskraft des Bescheides einen Vorschuß für die voraussichtlichen Kosten der Heranziehung der drei nichtamtlichen Sachverständigen im Baubewilligungsverfahren in der Höhe von S 210.000,-- zu erlegen. Gegen beide Bescheide hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig die Berufung eingebracht. Die Berufung gegen den Bescheid vom 25. Oktober 1991 begründete sie damit, daß bereits ein amtlicher Sachverständiger für Emissions- und Immissionstechnik sowie Umweltschutz in der Person des Umweltbeauftragten Dr. J bestellt sei, weiters sei für spezielle Emissions- und Immissionsfragen im Zusammenhang mit den vor Ort bestehenden meteorologischen Voraussetzungen Herr Univ. Doz. Dr. E als nichtamtlicher Sachverständiger bestellt worden. Zusätzlich stünden die von der Beschwerdeführerin beigezogenen Privatsachverständigen für Emissions- und Immissionsfragen, nämlich Univ. Prof. Dr. R und Dr. P zur Verfügung. Die Bestellung von weiteren nichtamtlichen Sachverständigen, die überdies die meteorologischen Verhältnisse vor Ort nicht kennen, sei daher unzweckmäßig und belaste das Verfahren nur mit weiteren Kosten, welche jedenfalls auf die Beschwerdeführerin nicht überwälzt werden dürften. Ihre Berufung gegen den Bescheid vom 31. Oktober 1991 begründete die Beschwerdeführerin mit einem Hinweis auf die Berufungsausführung zum Bescheid vom 25. Oktober 1991, sowie damit, daß dann, wenn ausreichende Sachverständige zur Verfügung stünden, weitere Kosten nicht auf die antragstellende Partei überwälzt werden könnten. Darüber hinaus wurde auch auf § 52 AVG verwiesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 16. Jänner 1992 wurde unter I die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 25. Oktober 1991, betreffend die Bestellung der drei genannten Herren als nichtamtliche Sachverständige, als unzulässig zurückgewiesen. Unter II wurde die Berufung gegen den Bescheid vom 31. Oktober 1991 betreffend die Auferlegung des Kostenvorschusses für die Heranziehung der drei genannten Herren als nichtamtliche Sachverständige im Baubewilligungsverfahren als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen zuletzt genannten Spruchteil II richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin wiederholte in der Beschwerde im wesentlichen ihr Berufungsvorbringen.

Zwischenzeitlich war der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 19. Dezember 1991, zu Zl. A 17-K-7.554/1991-4,

A 17-K-7.555/1991-18 die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von insgesamt 64 Auflagen erteilt worden. Die Einwendungen zahlreicher Anrainer wurden zum Teil als unbegründet abgewiesen, zum Teil als unzulässig zurückgewiesen bzw. auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Gleichzeitig wurden der Beschwerdeführerin neben den Verwaltungsabgaben und Kommissionsgebühren die Erstattung von Barauslagen gemäß § 76 AVG für die Inanspruchnahme der nichtamtlichen Sachverständigen Dipl. Ing. W, Dipl. Ing. L und Dipl.-Meteorologe F in der Höhe von S 207.920,-- sowie für die Inanspruchnahme eines weiteren nicht amtlichen Sachverständigen, Univ. Doz. Dr. E in der Höhe von S 55.320,-- vorgeschrieben. Dieser Bescheid ist wegen der dagegen eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführerin und der Anrainer zumindest bis zum Einbringen der gegenständlichen Beschwerde nicht in Rechtskraft erwachsen.

Die belangte Behörde hat Teile des Verwaltungsaktes vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige

Abweisung der Beschwerde beantragt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzustellen, daß im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG alle für die Entscheidung der Frage, ob das betreffende subjektive Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist, maßgebenden Gründe zu beachten hat. Er hat daher eine für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit im Rahmen der Beschwerdepunkte maßgebende inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch dann aufzugreifen, wenn sie vom Beschwerdeführer weder ausdrücklich, noch nach dem Inhalt der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. NF. Nr. 11525/A). Nach dem Beschwerdevorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, für die ihrer Ansicht nach nicht erforderliche Bestellung nichtamtlicher Sachverständiger keinen Kostenvorschuß erlegen zu müssen. Im Rahmen dieses Beschwerdepunktes war der Verwaltungsgerichtshof daher gehalten, jede inhaltliche Rechtswidrigkeit aufzugreifen.

Der Bescheid vom 31. Oktober 1991, mit dem der Beschwerdeführerin ein Kostenvorschuß in der Höhe von S 210.000,-- auferlegt wurde, wurde damit begründet, daß die Vernehmung der nichtamtlichen Sachverständigen und die hiefür von ihnen zu treffenden Vorbereitungen in der über das Baubewilligungsansuchen der Verpflichteten angesetzten Ortsaugenscheinsverhandlung vom 18. November 1991, erforderlichenfalls auch am 19., 20. und 21. November 1991 erhebliche Barauslagen verursache. Noch vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides (Spruchteil II) vom 16. Jänner 1992 (dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach dem im Akt einliegenden Rückschein am 23. Jänner 1992 zugestellt) erging der Baubewilligungsbescheid vom 19. Dezember 1991, der der Beschwerdeführerin am 14. Jänner 1992 zugestellt wurde. In dem zuletzt angeführten Baubewilligungsbescheid wurden der Beschwerdeführerin, wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, der Ersatz der Barauslagen in der Höhe von S 207.904,-- für die Inanspruchnahme der nichtamtlichen Sachverständigen Dipl. Ing. W, Dipl. Ing. L und Dipl. Met. F gemäß § 76 AVG auferlegt. Aus der Begründung zu diesem Bescheidteil geht hervor, daß die Vorschreibung auf § 76 Abs. 1 AVG gestützt war. Der Umfang der für die Inanspruchnahme der nichtamtlichen, in der Kostenentscheidung genannten Sachverständigen vorgeschriebenen Barauslagen gründe sich - heißt es in der Begründung weiter - auf den in Rechtskraft erwachsenen Kostenfestsetzungsbescheid vom 6. Dezember 1991, Zl. A 17-K-7.554/1991-4 und A 17-K-7.555/1991-16.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheides betreffend die Kostenvorauszahlung gemäß § 76 Abs. 4 AVG war daher bereits ein endgültiger Kostenzahlungsauftrag, gestützt auf § 76 Abs. 1 AVG, ergangen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt kam ein Auftrag zur KOSTENVORAUSZAHLUNG nicht mehr in Betracht. Da die Berufungsbehörde von der im Zeitpunkt ihrer Entscheidung durch die Erlassung des endgültigen Kostenzahlungsauftrages geänderten Sachlage auszugehen hatte, hätte sie den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG beheben müssen. Da die belangte Behörde dies nicht erkannte, belastete sie aus diesem Grund ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheidteil (Spruch II) war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Umsatzsteuer, da diese im pauschalierten Aufwandersatz inbegriffen ist. Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060048.X00

Im RIS seit

21.05.1992

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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