TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/25 92/18/0170

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Veröffentlicht am 25.05.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art31 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z7;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 12. März 1992, Zl. Fr-5489/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 12. März 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, bis 19. Februar 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das "Gebiet der Republik Österreich" erlassen.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der illegal aus Ungarn in das Bundesgebiet eingereiste und am 11. Februar 1992 festgenommene Beschwerdeführer - er habe sich mit keinem gültigen Reisedokument ausweisen können - sei nicht im Besitz der zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel gewesen und habe auch keinen entsprechenden Nachweis erbringen können. Er habe sich solcherart über alle rechtlichen Bestimmungen betreffend die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet hinweggesetzt. Aber schon allein die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers rechtfertige das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot. Zwar habe er dazu in seiner Berufung ausgeführt, daß Frau H für die Kosten seines Aufenthaltes aufkomme; einen diesbezüglichen Nachweis habe der Beschwerdeführer jedoch nicht erbracht; die bloße Nennung einer Person genüge hiefür nicht. Unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 3 FrPolG kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß durch das Aufenthaltsverbot in keiner Weise das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers beeinträchtigt werde, da er zu Österreich keine wie immer geartete Bindung habe, ledig und ohne berufliche Tätigkeit sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 3 Abs. 1 FrPolG kann gegen einen Fremden ein Aufenhaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, (MRK) genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 3 Abs. 2 FrPolG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, daß er innerhalb der letzten fünf Jahre im Inland insgesamt drei Jahre einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.

2.1. Die Beschwerde rügt in bezug auf die Annahme der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers seitens der belangten Behörde zu Unrecht einen Verstoß gegen die Grundsätze der materiellen Wahrheitsforschung und der Amtswegigkeit des Verfahrens.

2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Fremde, will er eine dem § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG subsumierbare behördliche Feststellung entkräften und die daraus abzuleitende Rechtsfolge, daß eine "bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1" vorliege und damit die dort umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, vermeiden, von sich aus (initiativ) zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfügt (vgl. die Erkenntnisse vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0266, vom 20. Februar 1992, Zl. 92/18/0032, und vom 2. März 1992, Zl. 91/19/0354). Dieser Nachweis ist dem Beschwerdeführer - dies hat die belangte Behörde zutreffend erkannt - mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren (dieses wird in der Beschwerde wiederholt) nicht gelungen. Denn der in keiner Hinsicht konkretisierte Hinweis des Beschwerdeführers, eine namentlich (unter Angabe der Anschrift) genannte Person erkläre sich der Behörde gegenüber bereit, für allfällige durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich erwachsende Kosten, insbesondere solche des Unterhaltes und der Wohnbedürfnisse, aufzukommen, läßt keineswegs den verläßlichen Schluß zu, daß der Beschwerdeführer tatsächlich über die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes verfügt. Um der Behörde eine derartige Beurteilung zu ermöglichen, wäre es dem Beschwerdeführer oblegen, dieser die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der die besagte Verpflichtung übernehmenden Person unter Anschluß entsprechender, hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbarer Unterlagen bekanntzugeben (vgl. das hg. Erkenntnis Zl. 92/18/0032). Aufforderungen seitens der belangten Behörde an den Beschwerdeführer, dieser Beweislast entsprechend zu handeln, waren demnach - entgegen der Ansicht der Beschwerde - nicht geboten (vgl. die hg. Erkenntnisse Zl. 90/19/0266 und Zl. 91/19/0354).

Die im Wege des § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG getroffene Annahme der belangten Behörde, der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gefährde die öffentliche Ordnung (§ 3 Abs. 1 leg. cit.) kann somit nicht für rechtswidrig befunden werden.

3.1. Die Beschwerde vermeint in der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 31 (Abs. 1) der Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl. Nr. 55/1955) zu erblicken, da nach dieser Bestimmung die vertragschließenden Staaten keine Strafen "oder Maßnahmen" wegen illegaler Einreise oder Anwesenheit über Flüchtlinge verhängen dürften.

3.2. Dieser Einwand versagt schon deshalb, weil diese Konventions-Bestimmung - entgegen der insoweit unrichtigen Zitierung in der Beschwerde - ausschließlich auf Strafen abstellt (die nicht verhängt werden "sollen"), sohin nicht auch auf sonstige "Maßnahmen" administrativrechtlicher Natur, wie etwa die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes.

4.1. Der Beschwerdeführer kritisiert ferner, daß die belangte Behörde während des laufenden Asylverfahrens - dieses sei beim Bundesminister für Inneres anhängig - in der Begründung des bekämpften Bescheides davon ausgehe, daß "die Aussagen des Beschwerdeführers keinen relevanten Asylantrag darstellen"; die belangte Behörde habe insoweit der "Entscheidung zweiter Instanz unberechtigterweise" vorgegriffen.

4.2. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde durchaus vom Vorliegen eines rechtswirksam (nach Verhängung des Aufenthaltsverbotes) gestellten Asylantrages des Beschwerdeführers ausgegangen ist und zudem ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß über die Frage der Gewährung des Asylrechtes "im gesondert geführten Asylverfahren entschieden" werde, zeigt der Beschwerdeführer mit seinen vorstehenden Ausführungen jedenfalls keine Rechtswidrigkeit des hier angefochtenen Bescheides auf, da es sich bei den das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffenden Passagen in der Bescheidbegründung um keine die Verhängung des Aufenthaltsverbotes tragenden Begründungselemente handelt. Im übrigen sei hinzugefügt, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung eines Asylwerbers (§ 5 Abs. 1 des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968) der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstünde (vgl. etwa jüngst das hg. Erkenntnis vom 27. April 1992, Zl. 92/18/0041).

5. Das Beschwerdevorbringen zu § 3 Abs. 3 FrPolG (Interessenabwägung) erschöpft sich darin, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes "im gegenständlichen Fall nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu negieren (sind)". Damit bleiben die konkreten, die privaten Interessen des Beschwerdeführers betreffenden und das Vorliegen solcher zur Gänze verneinenden Ausführungen im bekämpften Bescheid unwidersprochen. Von daher gesehen begegnet das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung keinen rechtlichen Bedenken.

6. Da nach dem Gesagten die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - dies läßt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - damit auch ohne Mängelbehebungsauftrag hinsichtlich der fehlenden Unterfertigung der dritten Beschwerdeausfertigung - als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beweismittel Urkunden Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180170.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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