TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/2 89/07/0131

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Veröffentlicht am 02.06.1992
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Index

L66506 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrGG Stmk 1985 §11 Abs1;
AgrGG Stmk 1985 §11 Abs3;
AVG §68 Abs1;
FlVfGG §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des H in E und der Verlassenschaft nach PG, vertreten durch CG in E, beide beschwerdeführenden Parteien vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. April 1989, Zl. 8-LAS 13 E 6/24-89, betreffend Singularteilung (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft EW in E, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 1978, Zl. 1805/76, Bezug genommen. Mit diesem wurde aufgrund der Beschwerde des H und des PG in E das damals angefochtene Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Juni 1976, mit welchem im Instanzenzug der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Ausscheidung im Weg der Singularteilung aus der am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Agrargemeinschaft abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil sich die belangte Behörde bei Beantwortung der Frage der Zulässigkeit der beantragten Teilung nach § 11 Abs. 3 AgrGG 1971 auf ein nicht ausreichendes Sachverständigengutachten gestützt hatte und daher der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben war.

Im fortgesetzten Verfahren gab der Landesagrarsenat mit Erkenntnis vom 28. September 1982 der Berufung der beschwerdeführenden Parteien gegen den ihren Teilungsantrag nach der zuvor genannten Gesetzesstelle abweisenden Bescheid der Agrarbezirksbehörde Leoben (ABB) gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 statt und entschied wie folgt:

"Auf Grund des gemeinsamen Antrages der an der Agrargemeinschaft "EW" anteilsberechtigten Mitglieder H und PG vom 24. April 1972 auf Singularteilung durch Ausscheiden unter Aufrechterhaltung der übrigen Agrargemeinschaft wird gemäß den Bestimmungen der §§ 11 Abs. 1 und 3, 47 und 48 AgrGG 1971 die Einleitung des Singularteilungsverfahrens verfügt."

Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft, worauf die beschwerdeführenden Parteien von der ABB ersucht wurden, einen geeigneten Teilungsvorschlag zu erstatten. Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens erging sodann der Bescheid der ABB vom 19. Oktober 1987, mit welchem gemäß den §§ 7 ff, 33 Abs. 2 und 3, 46 und 47 des Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetzes - StAgrGG 1985, LGBl. Nr. 8/1986, das Ausscheiden der beiden genannten Agrargemeinschaftsmitglieder - der beschwerdeführenden Parteien - aus der mitbeteiligten Partei im Weg der Singularteilung bewilligt und ihnen die in einem Lageplan dargestellten Abfindungsflächen zugeteilt wurden.

Gegen diesen Bescheid beriefen die mitbeteiligte Partei, die sich gegen die Bewilligung der Teilung wandte, die beschwerdeführenden Parteien, die mit den ihnen zugewiesenen Abfindungsflächen nicht einverstanden waren, und eine Servitutsgemeinschaft (deren Berufung als unzulässig zurückgewiesen wurde). Mit Erkenntnis vom 19. April 1989 entschied der Landesagrarsenat dahin, daß gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und die Berufung der beschwerdeführenden Parteien abgewiesen, der Bescheid der ABB behoben und gleichzeitig der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Singularteilung gemäß §§ 7, 9, 11 Abs. 3, 46 und 47 StAgrGG 1985 als unzulässig abgewiesen wurde. Die Abweisung des Teilungsbegehrens wurde auf der Grundlage von Sachverständigengutachten damit begründet, daß die beantragte Teilung - und zwar jede Teilungsvariante - den Bestimmungen des § 11 Abs. 3 StAgrGG 1985 widersprechen würde.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei sich die beschwerdeführenden Parteien in dem Recht auf Durchführung der beantragten Singularteilung verletzt erachten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch von einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine solche mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Gerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 88/07/0051, in Übereinstimmung mit der Rechtsanschauung der dort wie hier belangten Behörde dargelegt hat, ist ein Spezialteilungsverfahren schon dann einzuleiten, wenn ein Antrag gemäß § 11 Abs. 1 StAgrGG 1985 vorliegt, ohne daß aus Anlaß der Einleitung bereits zu prüfen wäre, ob eine Teilung nach § 11 Abs. 3 desselben Gesetzes zulässig sei. Diesen Standpunkt hat die belangte Behörde indessen in ihrem Erkenntnis vom 28. September 1982, dessen Spruch oben wiedergegeben wurde, (noch) nicht vertreten, wobei hervorzuheben ist, daß § 11 Abs. 1 und 3 des damals anzuwendenden und angewendeten AgrGG 1971 mit § 11 Abs. 1 und 3 StAgrGG 1985 wörtlich übereinstimmt. Die belangte Behörde hat bei jener Gelegenheit nicht nur im Spruch ihres Erkenntnisses

auf § 11 Abs. 3 leg. cit. Bezug genommen ("... wird gemäß ...

§§ 11 Abs. 1 und 3 ... die Einleitung des Singularteilungsverfahrens verfügt."), sondern ihre Einleitungsverfügung auch sachverhaltsbezogen auf diese Bestimmung gegründet, wobei die belangte Behörde auf der Grundlage fachkundiger Stellungnahmen und in ausführlicher Auseinandersetzung mit diesen zu dem Ergebnis gelangte, daß eine Teilung nach dieser Bestimmung nicht unzulässig sei. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, daß in diesem Stadium des Verfahrens zwar, wie geschehen, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Teilung nach § 11 Abs. 3 leg. cit. zu prüfen gewesen seien, daß sich aber ein detailliertes Eingehen auf eventuelle Ausscheidungs- bzw. Abfindungsflächen erübrige, weil dies vielmehr den Gegenstand des weiteren Ermittlungsverfahrens bilden werde. Im stufenweisen Aufbau des Teilungsverfahrens hat die (belangte) Agrarbehörde daher im Beschwerdefall bereits anläßlich der Einleitung des Teilungsverfahrens die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 StAgrGG 1985 geprüft und auf die ihre Entscheidung tragende Beurteilung, eine Teilung sei nicht unzulässig, die Einleitungsverfügung gegründet; sie hat zugleich für die Fortsetzung des Verfahrens in erster Instanz der ABB den weiteren Verfahrensgang vorgegeben. In der nächsten Verfahrensphase hätten die Agrarbehörden daher lediglich dann zu einer das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 StAgrGG 1985 verneinenden Entscheidung gelangen können, wenn sich die maßgeblichen Umstände seither geändert hätten - wovon im nun angefochtenen Erkenntnis nicht ausgegangen wurde. Dem steht auch nicht § 33 Abs. 2 StAgrGG 1985 entgegen, wonach die Ausscheidung bei der Singularteilung mit Bescheid auszusprechen ist, "wenn sich nicht etwa im Zuge dieses Verfahrens die Gründe für eine Abweisung des Ausscheidungsbegehrens ergeben". Denn gemäß derselben Gesetzesstelle ist das Verfahren bei der Singularteilung "nach den Bestimmungen über das Teilungsverfahren sinngemäß durchzuführen". Die Bestimmungen über das Teilungsverfahren umfassen auch § 11 Abs. 3 StAgrGG 1985. Dadurch wird aber nicht eine zweimalige Entscheidung in derselben Sache ermöglicht. Wenn also die Zulässigkeit der Teilung erst nach der Einleitung geprüft wird - wie in dem mit dem oben erwähnten hg. Erkenntnis vom 24. März 1992 erledigten Fall -, ergeben sich die für oder gegen eine Teilung sprechenden Gründe erst in diesem späteren Zusammenhang; geht man, wie dies im vorliegenden Beschwerdefall mit dem Erkenntnis der belangten Behörde vom 28. September 1982 (unrichtigerweise) geschehen ist, jedoch davon aus, daß die Prüfung der Zulässigkeit bereits aus Anlaß der Einleitung des Verfahrens zu erfolgen habe, bedeutet dies für das an die Einleitung anschließende Verfahren, daß in derselben Hinsicht lediglich Änderungen rechtserheblicher Sachverhaltselemente gegenüber der Einleitungsverfügung eine abweichende Beurteilung zulassen. Daß aber etwa aus § 26 des Normales der mitbeteiligten Partei, wie diese meint, hervorginge, eine Singularteilung wäre (kraft Verzichtes der Mitglieder) von vornherein ausgeschlossen, kann dieser Bestimmung, die von der "Auflösung der Genossenschaft" und vom "Verkauf des Bürgerwaldes" handelt, nicht entnommen werden, dies abgesehen von der Frage der Wirksamkeit eines derartigen Ausschlusses von Gesetzes wegen vorgesehener Veränderungsmöglichkeiten.

Zusammenfassend ergibt sich, daß die belangte Behörde nicht berechtigt war, bei der gegebenen Rechts- und Sachlage den Sonderteilungsantrag der beschwerdeführenden Parteien, neuerlich gestützt auf § 11 Abs. 3 StAgrGG 1985, nur diesmal mit entgegengesetzter Wertung, abzuweisen.

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des gestellten, den pauschalierten Schriftsatzaufwand schon zur Zeit der Beschwerdeerhebung der Höhe nach unterschreitenden Antrages.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989070131.X00

Im RIS seit

02.06.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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