TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/12 92/18/0056

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Veröffentlicht am 12.06.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
GewO 1859 §25;
GewO 1859 §26;
GewO 1859 §30;
GewO 1859 §39;
GewO 1859 §74;
GewO 1973 §359 Abs1;
GewO 1973 §368 Z17;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Dezember 1991, Zl. MA 63-S 82/90/Str, betreffend Nichteinhaltung von bescheidmäßigen Vorschreibungen (mitbeteiligte Partei: F in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang wegen

Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk, vom 3. Oktober 1990 wurde die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter anderem für schuldig befunden, sie habe es als verantwortlicher Beauftragter der zur Vertretung nach außen Berufenen namentlich angeführten Arbeitgeberin zu verantworten, daß in einem örtlich beschriebenen Betrieb: A. am 26. Jänner 1990 Auflagen rechtskräftiger Bescheide über die Genehmigung dieser gewerblichen Betriebsanlage zum Schutz der Arbeitnehmer nicht eingehalten worden seien, als folgende Mängel bestanden hätten:

4. Die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel seien nicht (gemäß einer näher zitierten ÖVE-Vorschrift) alle zwei Jahre auf ihren Sicherheitsgrad und auf einwandfreie Funktion der Schutzmaßnahmen überprüft worden, da die letzte elektrotechnische Überprüfung der elektrischen Anlage am 7. Dezember 1987 und der Kühlung am 6. November 1987 - somit vor mehr als zwei Jahren - durchgeführt worden sei, und daß B. am 9. Februar 1990 neuerlich Auflagen rechtskräftiger Bescheide über die Genehmigung dieser gewerblichen Betriebsanlage zum Schutz der Arbeitnehmer nicht eingehalten worden seien, als folgende Mängel bestanden hätten: 5. Folgende (näher beschriebene) Kälteanlagen seien nicht mindestens einmal im Jahr einer Überprüfung durch einen Sachverständigen oder zumindest ein technisch gebildetes Organ einer "Aufstellungsfirma" für Kühlanlagen auf Dichtheit überprüft worden, da die letzte Überprüfung am 5. September 1988 erfolgt sei. Die mitbeteiligte Partei habe damit Verwaltungsübertretungen und zwar nach § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes in Verbindung zu A. 4. mit Punkt 18 des Bescheides vom 31. Dezember 1968 und zu B. 5. mit Punkt 29 des Bescheides vom 31. Dezember 1968 begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Auf Grund der unter anderem dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung behob die belangte Behörde das erwähnte Straferkenntnis vom 3. Oktober 1990 unter anderem in den Punkten A. 4. und B. 5. und stelle das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG 1950 ein.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid vom 31. Dezember 1968 sei die gegenständliche Betriebsanlage gemäß § 25 der Gewerbeordnung 1859 (GewO) gewerbebehördlich genehmigt worden. Gemäß § 30 GewO seien bezüglich der Errichtung und des Betriebes der Betriebsanlage Bedingungen und Beschränkungen vorgeschrieben worden, deren teilweise Nichterfüllung dem Mitbeteiligten unter den Punkten A. 4. und B. 5. vorgeworfen worden seien. Da diese Auflagen ausdrücklich nur auf § 30 GewO gestützt worden seien, stelle "dieser Bescheid" demnach nur eine gewerberechtliche Vorschrift dar und sei für die Einhaltung dieser Auflagen der gewerberechtliche Geschäftsführer nach den Vorschriften der Gewerbeordnung 1973 verantwortlich. Diesbezüglich sei daher das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten als verantwortlichen Beauftragten einzustellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid, und zwar soweit die Einstellung des Strafverfahrens zu den Punkten A. 4. und B. 5. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verfügt wurde, richtet sich die vorliegende, auf § 9 Abs. 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 gestützte Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem erwähnten Bescheid vom 31. Dezember 1968 wurde entsprechend der Einleitung des Spruches die Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage "gemäß § 25 Gewerbeordnung" erteilt. Weiters wurden "gemäß § 30 GewO" bezüglich der Errichtung und des Betriebes der Betriebsanlage "Bedingungen und Beschränkungen" vorgeschrieben, wobei die Ziffern 18 und 29 wie folgt lauten:

"18) Die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel sind gemäß § 12 ÖVE - E 5/1964 in angemessenen Zeitabständen alle 2 Jahre auf ihren Sicherheitsgrad und auf einwandfreie Funktion der Schutzmaßnahmen zu überprüfen. Die Ergebnisse der vorgenommenen Überprüfungen sind fortlaufend geordnet für die Überwachungsorgane der zuständigen Behörden zur Einsichtnahme bereitzuhalten.

29) Die Anlage ist mindestens einmal im Jahre, stets aber nach jeder größeren Reparatur oder Betriebsstörung einer Überprüfung durch einen Sachverständigen zu unterziehen, als welcher auch ein technisch gebildetes Organ einer Aufstellungsfirma für Kühlanlagen zu gelten hat. Über das Ergebnis jeder Überprüfung und der vorgenommenen Druckproben sind Bescheinigungen auszustellen, welche im Betrieb zur Einsicht für die behördlichen Organe bereitzuhalten sind."

In der Begründung dieses Bescheides vom 31. Dezember 1968 findet sich unter anderem folgender Satz:

"Die Vorschreibung der Bedingungen und Beschränkungen bei der Errichtung der Anlage zum Schutze der im Betrieb Beschäftigten und der Nachbarschaft ist in den §§ 26, 30 und 74 GewO. begründet."

Schon entsprechend dieser Begründung des Bescheides vom 31. Dezember 1968 in Verbindung mit den Vorschreibungen zu den Punkten 18 und 29 seines Spruches ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht zweifelhaft, daß diese Vorschreibungen jedenfalls auch dem Schutz der Arbeitnehmer dienen. Es war daher verfehlt, von einer mangelnden Verantwortung des Mitbeteiligten für die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen deshalb auszugehen, weil er nicht der gewerberechtliche Geschäftsführer sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1990, Zl. 90/19/0479). Ergänzend sei bezüglich der Anwendbarkeit der Strafbestimmungen des § 31 Arbeitnehmerschutzgesetz auf § 34 Abs. 3 leg. cit. verwiesen.

Der Bescheid vom 9. Dezember 1991 war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180056.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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