TE Vwgh Beschluss 1992/6/17 91/03/0164

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Veröffentlicht am 17.06.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
92 Luftverkehr;

Norm

LuftfahrtG 1958 §137 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ZSV §26 Abs7;
ZSV §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, in der Beschwerdesache des K in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 14. Mai 1991, Pr.Zl. 74.268/5-FUK/91, betreffend Widerruf der Bestellung zum Mitglied der Flugunfallskommission, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 2. Oktober 1988 ereignete sich um 13.51 Uhr UTC auf dem Flugfeld Trausdorf ein Flugunfall.

Mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 12. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer als Sachverständiger für Flugbetrieb gemäß § 137 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957 (LFG), zum Mitglied der Unfallskommission bestellt, die den Unfall zu untersuchen hatte.

Mit Schreiben vom 5. März 1991 teilte der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr dem Beschwerdeführer mit, es sei beabsichtigt, seine Bestellung zum Mitglied der Flugunfallskommission für den angeführten Flugunfall zu widerrufen. Aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere dem kürzlich vorgelegten Gutachten eines weiteren Mitgliedes der Flugunfallskomission im selben Gegenstande, gehe - so heißt es in dem Schreiben - zweifelsfrei hervor, daß der Beschwerdeführer an den Vorgängen, die zum gegenständlichen Unfall geführt haben, mitbeteiligt gewesen sei. Somit läge Befangenheit im Sinne des § 28 Abs. 1 Zivilluftfahrt-Störungsverordnung, BGBl. Nr. 152/1978 (ZSV 1978), in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG vor. Dem Beschwerdeführer werde Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

In der Stellungnahme vom 23. März 1991 führte der Beschwerdeführer aus, daß er am 2. Oktober 1988 auf dem Flugfeld Trausdorf deshalb anwesend gewesen sei, weil er am Morgen dieses Tages Flugschüler gehabt habe. Die von ihm durchgeführte Schulung sei um etwa 13.00 Uhr beendet gewesen. Von diesem Zeitpunkte an habe er sich nur mehr als Zuschauer auf dem Flugplatz aufgehalten. In der Startliste sei er deshalb als verantwortlicher Fluglehrer eingetragen, weil er am Morgen den ersten Flugschüler gehabt habe. Diese Eintragung als verantwortlicher Fluglehrer sei nur so zu verstehen, daß er für seine Flugschüler verantwortlich gewesen sei. Er sei keineswegs für die Schulung, die andere Fluglehrer durchgeführt haben, verantwortlich gewesen. Er sei auch nicht Flugplatzbetriebsleiter gewesen und daher für allfällige Sorgfaltsverletzungen anderer Personen nicht verantwortlich. Im übrigen übersehe die Behörde, daß gemäß § 28 Abs. 1 ZSV 1978 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG die Befangenheit nur von ihm selbst erklärt werden könne, wozu er jedoch keine Veranlassung sehe.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1991 wurde vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr gemäß § 26 Abs. 7 ZSV 1978 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 leg. cit. und § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG die Bestellung des Beschwerdeführers zum Mitglied der Flugunfallskommission, die den Flugunfall am 2. Oktober 1988 auf dem Flugfeld Trausdorf zu untersuchen hatte, widerrufen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer scheine am Unfalltag auf den Startlisten als verantwortlicher Fluglehrer auf, ferner sei er laut Mitteilung des Flugplatzhalters an diesem Tag als Startleiter für den Segelflugbetrieb eingeteilt gewesen. Die Behörde könne sich den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 23. März 1991 nicht anschließen. Der Beschwerdeführer sei am 2. Oktober 1988 - ungeachtet dessen, ob er davon Kenntnis gehabt habe oder nicht - als Startleiter für den Segelflugbetrieb eingeteilt und aus diesem Grunde am gegenständlichen Unfall mitbeteiligt gewesen, sodaß Befangenheit vorliege. Die Wahrnehmung der Befangenheit obliege gemäß § 28 Abs. 1 ZSV 1978 dem Mitglied der Flugunfallskommission und gehöre zu den Amtspflichten des Sachverständigen, deren Verletzung gemäß § 26 Abs. 7 ZSV 1978 einen Widerrufsgrund für die Bestellung zum Sachverständigen darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Erwägungen als unzulässig.

Gemäß § 137 Abs. 1 LFG sind Unfälle von Zivilluftfahrzeugen, die zur Tötung oder schweren Verletzung von Personen oder zur erheblichen Beschädigung eines Luftfahrzeuges geführt haben, unbeschadet sonstiger behördlicher Erhebungen von einer Flugunfallskommission zu untersuchen. Zweck der Untersuchung ist es, dem Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft (nunmehr - wie auch in den folgenden Bestimmungen - Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) ein Gutachten über die Unfallsursachen zu erstatten und Maßnahmen zur Vermeidung derartiger Unfälle vorzuschlagen.

Gemäß § 137 Abs. 2 LFG ist die Flugunfallskommission vom Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft für jeden Unfall gesondert zu bestellen. Es dürfen nur Personen bestellt werden, deren volle Unbefangenheit außer Zweifel steht. Die Flugunfallskommission setzt sich aus einem rechtskundigen Beamten des Bundesministeriums für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft als Leiter und vier weiteren Mitgliedern zusammen, die aus einer vom Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft zu führenden Liste von Sachverständigen zu bestimmen sind. Vor der Aufnahme von Sachverständigen in diese Liste ist der Zivilluftfahrtbeirat zu hören.

Gemäß § 137 Abs. 3 LFG hat das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft die näheren Vorschriften über die Führung der Untersuchungen unter Bedachtnahme auf den Zweck der Untersuchung durch Verordnung zu erlassen.

Nähere Regelungen über die Bestellung der Flugunfallskommissionen enthält § 27 ZSV 1978.

Für die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt werden konnte, ist maßgebend, ob er einen Rechtsanspruch oder zumindest ein rechtliches Interesse daran hat, daß seine Bestellung zum Mitglied der Flugunfallskommission nicht widerrufen wird. Dies ist jedoch zu verneinen. Denn die Bestellung einer Person zum Mitglied der Flugunfallskommission erfolgt - ähnlich der Bestellung eines amtlichen Sachverständigen oder Prüfungskommissärs (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 19. Februar 1953, Slg. Nr. 2865/A, und vom 13. März 1974, Slg. Nr. 8572/A) - nur durch einen einseitigen Hoheitsakt der Behörde. Sie erhält dadurch keine ihre persönliche Sphäre ergreifende Rechtsstellung, woraus sich ergibt, daß die Behörde, ohne in Rechte oder rechtliche Interessen der betreffenden Person einzugreifen, jederzeit die Bestellung widerrufen kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann anzuerkennen, wenn das betreffende Spezialgesetz der bestellten Person gewisse Rechte auf das Amt zuerkennt oder den Widerruf der Bestellung an bestimmte Voraussetzungen knüpft, wie dies in Ansehung des Widerrufes der Bestellung zum Flugunfallssachverständigen geschehen ist (vgl. § 26 Abs. 7 ZSV 1978). Hingegen gewähren weder die Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes noch die der ZSV 1978 den bestellten Mitgliedern der Flugunfallskommission ein Recht oder ein rechtliches Interesse auf Beibehaltung ihrer Bestellung.

Da sohin den dargelegten Erwägungen zufolge eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht vorliegen konnte, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in Verbindung mit § 12 Abs. 4 leg. cit. mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere des § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030164.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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