TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/1 91/13/0202

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Veröffentlicht am 01.07.1992
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §2 Abs3 Z6;
EStG 1972 §28 Abs3 idF 1981/520;
EStG 1972 §28 Abs3;
MRG §1 Abs4 Z1;
MRG §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 28. Juni 1991, Zl 6/4-4151/90-07, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte für das Jahr 1987 hinsichtlich seiner aus Vermietung und Verpachtung erzielten Einkünfte die Berücksichtigung eines steuerfreien Betrages gemäß § 28 Abs 3 EStG 1972. Nachdem diesem Antrag vom Finanzamt zunächst bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1987 Folge gegeben worden war, wurde anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung die Ansicht vertreten, daß die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen. Das gegenständliche Mietobjekt sei nach dem 30. Juni 1953 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden. § 20 Mietrechtsgesetz sei daher nach § 1 Abs 4 Z 1 Mietrechtsgesetz nicht anwendbar, sodaß die Mieteinnahmen nicht der mietrechtlichen Verrechnungspflicht unterlägen.

Das Finanzamt folgte dieser Ansicht und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für 1987 einen entsprechenden neuen Sachbescheid.

In einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer hätte mit allen Mietern Mietverträge abgeschlossen, die zum Großteil die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes enthielten. Hinsichtlich sämtlicher anderer, nicht im Mietvertrag gesondert behandelter Punkte wären zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und den Mietern andererseits jeweils mündliche Vereinbarungen getroffen worden, welche die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes beinhalten. Die Zuhilfenahme öffentlicher Mittel sei im konkreten Fall keine Voraussetzung für die Begünstigung des § 28 Abs 3 EStG 1972, da die Mietverhältnisse, wenn auch auf freiwilliger Basis durch die mündlichen Vereinbarungen zur Gänze und nicht nur in den Kündigungsbestimmungen dem Mietrechtsgesetz unterlägen. Abgesehen davon sei der Beschwerdeführer der Meinung, daß der Zinsenzuschuß durch die Stadtgemeinde Y. entgegen der Meinung des Prüfers sehr wohl öffentliche Mittel im Sinne des Mietrechtsgesetzes darstellte, sodaß auch ohne mündliche Vereinbarung das Mietrechtsgesetz Anwendung finde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen: Dies einerseits deswegen, weil unter "öffentlichen Mitteln" im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung nur Wohnbauförderungsmittel zu verstehen seien, nicht aber andere Mittel der öffentlichen Hand, auch nicht der Zinsenzuschuß der Stadtgemeinde Y. Voraussetzung für die Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 28 Abs 3 EStG 1972 sei die Verrechnungspflicht nach mietrechtlichen Vorschriften. Eine solche liege nicht vor, wenn die Verrechnungspflicht auf einem privatautonom abgeschlossenen Vertrag beruhe. Derartige vertragliche Regelungen könnten nicht Grundlage für die Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 28 Abs 3 EStG 1972 sein.

Nach dem Inhalt der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt in der Beschwerde die Ansicht, daß "nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtige Einnahmen" auch dann vorliegen, wenn die Anwendbarkeit mietrechtlicher Vorschriften vertraglich vereinbart wurde. Dies deswegen, weil der Gesetzgeber nicht normiere, aus welchem Rechtsgrund die Einnahmen verrechnungspflichtig sein müßten. Dieser Ansicht kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Der Gesetzgeber des § 28 Abs 3 EStG 1972 normiert als Rechtsgrund für die Verrechnungspflicht der Einnahmen nach dem klaren Gesetzeswortlaut mietrechtliche Vorschriften. Wenn der Gesetzgeber von "Vorschriften" spricht, so kann darunter im gegebenen Zusammenhang nur eine - öffentlichrechtliche - Anordnung, nicht aber eine privatrechtliche Vereinbarung verstanden werden. Wurde die nach mietrechtlichen Vorschriften nicht gegebene Verrechnungspflicht der Einnahmen durch einen privatrechtlichen Vertrag vereinbart, so sind der Rechtsgrund für die Verrechnungspflicht der Einnahmen der privatrechtliche Vertrag, nicht aber die entsprechenden mietrechtlichen Vorschriften, selbst wenn Inhalt des privatrechtlichen Vertrages die einvernehmliche Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes war. Die Durchsetzbarkeit und Erzwingbarkeit der Verrechnungspflicht beruht diesfalls auf dem privatrechtlichen Vertrag, nicht aber auf mietrechtlichen Vorschriften. Es ist durchaus richtig, daß der Gesetzgeber die Begünstigung des § 28 Abs 3 EStG 1972 normiert hat, damit entsprechende Geldmittel zur Erhaltung und Verbesserung des Objektes ungeschmälert zur Verfügung stehen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Bildung eines steuerfreien Betrages im Sinne des § 28 Abs 3 EStG 1972 an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, die in dieser Gesetzesstelle näher definiert werden. Werden diese Voraussetzungen - wie etwa das Vorliegen einer Verrechnungspflicht nach mietrechtlichen Vorschriften - nicht erfüllt, so kann ein entsprechend steuerfreier Betrag nicht gebildet werden.

Unter dem Gesichtspunkt einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung rügt der Beschwerdeführer überdies, daß die belangte Behörde ausführlicher zu begründen gehabt hätte, warum sie trotz gegebener Zinsenzuschüsse der Stadtgemeinde Y. der Ansicht gewesen sei, daß das Mietrechtsgesetz nicht anwendbar sei. Abgesehen davon, daß ein derartiger Begründungsmnagel unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften zu rügen gewesen wäre, kann der Gerichtshof nicht finden, daß die belangte Behörde eine wesentliche Begründungslücke zu verantworten hat. Sie hat den Beschwerdeführer mit der Begründung, daß unter öffentlichen Mitteln im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nur Wohnbauförderungsmittel, nicht aber andere Mittel der öffentlichen Hand zu verstehen sind, ausreichend über ihre zu der erfolgten Beurteilung führenden Erwägungen unterrichtet und in die Lage versetzt, seine Rechte zweckmäßig zu verfolgen. Gegen die zutreffend (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, § 1 Rz 46) erfolgte rechtliche Beurteilung selbst hat der Beschwerdeführer jedoch nichts eingewendet. Der allgemeine Hinweis darauf, daß Zinsenzuschüsse der Stadtgemeinde Y. öffentliche Mittel darstellen, ist nicht geeignet, aufzuzeigen, daß der Gesetzgeber des Mietrechtsgesetzes unter öffentlichen Mitteln im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG uneingeschränkt alle Mittel der öffentlichen Hand, wie sie zweifellos auch Zinsenzuschüsse einer Stadtgemeinde darstellen, verstanden wissen wollte.

Auch die Rüge, die belangte Behörde hätte Erhebungen über Art und Umfang der mit den Mietern (mündlich) getroffenen Vereinbarungen durchführen und dem Beschwerdeführer das Ergebnis dieser Erhebungen bekanntgeben müssen, ist verfehlt. Die belangte Behörde ging ausdrücklich auch unter der Annahme, daß dem Vorbringen des Beschwerdeführers entsprechende mündliche Vereinbarungen abgeschlossen wurden, davon aus, daß diese Vereinbarungen keine Grundlage für die Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 28 Abs. 3 EStG 1972 darstellen können. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung des gerügten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wenn sie diesbezüglich dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren folgte.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl Nr 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991130202.X00

Im RIS seit

01.07.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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