TE Vwgh Beschluss 1992/7/9 92/10/0076

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Veröffentlicht am 09.07.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über den Antrag des J M in G, auf Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 27. März 1991 abgeschlossenen Verfahrens zu Zl. 91/10/0027, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 45 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1991, Zl. 91/10/0027-2, wurde dem Antragsteller seine in einer Forstrechtsangelegenheit eingebrachte Beschwerde unter Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Verbesserung einer Reihe von Mängeln zurückgestellt. Da eine Zustellung dieser Verfügung an der vom Antragsteller angegebenen Abgabestelle scheiterte, wurde das Schriftstück durch Hinterlegung gemäß § 8 i. V.m. § 23 Zustellgesetz zugestellt.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde vom Antragsteller nicht befolgt, weshalb mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1991, Zl. 91/10/0027-6, das Verfahren eingestellt wurde.

Einem Wiedereinsetzungsantrag wurde mit hg. Beschluß vom 11. November 1991, Zl. 91/10/0167-5, nicht stattgegeben.

Mit Schreiben vom 16. Februar 1992 stellte der Antragsteller einen "Wiederaufnahmewiederholungsantrag". In diesem Antrag wird ausgeführt, die Befolgung des Verbesserungsauftrages sei deshalb nicht erfolgt, weil der Antragsteller durch viele gesetzlose Amtshandlungen gezwungen gewesen sei, seinen Besitz zu verkaufen (Datum 12.2.1992), wodurch auch seine Zustelladresse aufgehoben gewesen sei. Er sei deshalb nicht mehr ortsanwesend gewesen. Dies habe auch die Gemeinde gewußt. Dem Postamt M habe er mitgeteilt, daß er in G ein Postfach errichtet habe, wohin ihm auch Post nachgesandt worden sei. Warum ihm die Rückscheinpost bzw. die Hinterlegungsscheine nicht nachgesandt worden seien, wisse er nicht. Es hätte auch ein Anruf an das Postamt G genügt, um seine Verständigung vom Einlangen von Post, die nicht nachgesandt werden könne, zu veranlassen. Er habe auch keine Wohnung gefunden und habe daher im Auto geschlafen, sodaß es ihm nicht möglich gewesen sei, eine neue Zustelladresse anzugeben. Im Mai habe er eine schwere Infektion gehabt, sodaß er nicht imstande gewesen sei, von G zum Postamt M zu fahren. Er sei zu einem Bediensteten des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung gegangen, um sich zu erkundigen, ob vom Verwaltungsgerichtshof schon eine Antwort vorliege, was verneint worden sei. Er sei sogar persönlich zum Verwaltungsgerichtshof gegangen, wo er die Antwort erhalten habe, daß sein Verfahren wegen Nichtbefolgung des Verbesserungsauftrages eingestellt worden sei. Mit gleichem Tag habe er einen Schriftsatz eingereicht, daß die Nichtbefolgung des Verbesserungsauftrages nicht durch seine Schuld erfolgt sei. Gleichzeitig habe er die Wiedereinsetzung beantragt und als Zustelladresse seinen Anwalt angeführt. Die Nichtbehebung des Verbesserungsauftrages stelle daher keinen "Ungehorsam" gegenüber einem richterlichen Befehl dar; vielmehr sei er diesen Ereignissen machtlos gegenübergestanden.

Nach § 45 Abs. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1.

das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.

das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3.

nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder

4.

im Verfahren vor den Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte oder

5.

das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.

Für das Vorliegen der im § 45 Abs. 1 Z. 1 sowie 3 bis 5 genannten Wiederaufnahmegründe fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Das Vorbringen des Antragstellers könnte allenfalls dahin gedeutet werden, daß er meint, dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1991, Zl. 91/10/0027-6, über die Einstellung des Verfahrens betreffend die Beschwerde des Antragstellers sei zu Unrecht die Annahme zugrundegelegen, die Frist zur Mängelbehebung sei fruchtlos verstrichen, weil die Mängelbehebungsverfügung gar nicht zugestellt worden sei.

Dies trifft jedoch nicht zu:

Der Antragsteller hat durch Einbringung einer Beschwerde ein Verfahren anhängig gemacht. In der Beschwerde hat er eine bestimmte Adresse (Abgabestelle) angegeben. Nach § 8 Abs. 1 des Zustellgesetzes hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde - im vorliegenden Fall dem Verwaltungsgerichtshof - unverzüglich mitzuteilen. Eine solche Mitteilung hat der Beschwerdeführer nicht gemacht. Die Unterlassung einer solchen Mitteilung hat nach § 8 Abs. 2 des Zustellgesetzes zur Folge, daß, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch (nach den Bestimmungen des § 23 leg. cit.) vorzunehmen ist, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Da die Voraussetzungen des § 8 des Zustellgesetzes vorlagen, wurde der Mängelverbesserungsauftrag auf diese Weise wirksam zugestellt. Zum Zeitpunkt des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1991 war die Mängelbehebungsfrist bereits abgelaufen. Dieser Beschluß beruht daher nicht auf der irrigen Annahme einer Fristversäumnis.

Der Antrag ist außerdem verspätet. Nach § 45 Abs. 2 VwGG ist ein Wiederaufnahmeantrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses zu stellen.

Dem Antragsteller wurde anläßlich einer persönlichen Vorsprache im Verwaltungsgerichtshof am 1. August 1991 der hg. Beschluß vom 27. März 1991, Zl. 91/10/0027, mit dem das Verfahren über seine Beschwerde wegen Nichtbefolgung des Mängelbehebungsauftrages innerhalb der gesetzten Frist eingestellt wurde, ausgefolgt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller Kenntnis davon, daß der hg. Beschluß vom 27. März 1991, Zl. 91/10/0027, auf der Annahme einer Fristversäumnis des Antragstellers beruhte. Auch die Umstände, die im Wiederaufnahmeantrag gegen diese Annahme einer Fristversäumnis vorgebracht werden, waren dem Antragsteller schon damals bekannt. Mit der Ausfolgung des hg. Beschlusses vom 27. März 1991, Zl. 91/10/0027, begann die zweiwöchige Frist des § 45 Abs. 2 VwGG zu laufen. Der lange nach Ablauf dieser Frist gestellte Antrag ist daher verspätet.

Dem vorliegenden Antrag konnte daher mangels Vorliegens der im Gesetz geforderten Voraussetzungen nicht stattgegeben werden.

Für den Antragsteller wäre aber auch nichts zu gewinnen, wenn sein Antrag als Wiedereinsetzungsantrag gedeutet würde, da diesbezüglich entschiedene Sache vorliegt.

Gleiches gilt für eine Deutung als neuerliche Beschwerde.

Da der Antrag somit offenkundig aussichtslos war, erübrigte sich auch eine Behebung der ihm anhaftenden Formgebrechen (vgl. den hg. Beschluß vom 6. Juni 1991, Zl. 91/09/0059 u.a.).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100076.X00

Im RIS seit

09.07.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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