TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/16 92/06/0082

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Veröffentlicht am 16.07.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L66107 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit Tirol;
L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §474;
ABGB §523;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §29 Abs3;
BauO Tir 1989 §29;
BauO Tir 1989 §30 Abs3;
BauO Tir 1989 §31;
BauO Tir 1989 §4;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs1;
FlVfLG Tir 1978;
ROG Tir 1984 §26 Abs4 lita;
VwRallg;
WWSGG;
WWSLG Tir 1952;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des C in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 27. September 1991, Zl. MD/Präs.Abt. II-7888/1991 (mitbeteiligte Partei: J in I), betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde und dem Inhalt des damit vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Stadtmagistrats Innsbruck vom 25. September 1990 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Einräumung der Parteistellung im Verfahren zur Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer landwirtschaftlichen Gerätehalle auf der Grundparzelle 2071/2, KG A, abgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab. Im Baubewilligungsverfahren räume die Tiroler Bauordnung nur dem Bauwerber, dem Eigentümer und den Nachbarn Parteistellung ein. Soweit der Beschwerdeführer seine Parteistellung auf ein an dem zu bebauenden Grundstück bestehenden Weiderecht stütze, und vorbringe, daß eine auf dem Gesetz beruhende Dienstbarkeit anders als eine rechtsgeschäftlich eingeräumte zu beurteilen wäre, verkenne er das Wesen einer Baubewilligung. Mit dieser werde nämlich nicht in Rechte dritter Personen am Grundstück eingegriffen, sondern dem Antragsteller lediglich eine baupolizeiliche Erlaubnis erteilt. Ob daher der Bauwerber von seiner Baubewilligung Gebrauch machen könne, habe die Baubehörde nicht zu beurteilen. Auch der Umstand, daß § 29 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung anordne, daß zur Verhandlung der Bauwerber, der Grundeigentümer bzw. Bauberechtigte, der Verfasser der Planunterlagen sowie die Nachbarn und "sonstige als Parteien oder Beteiligte in Betracht kommende Personen" zu laden seien, bedeute jedoch nur, daß der Gesetzgeber für den Fall habe vorsorgen wollen, daß anderen als den genannten Personen nach anderen Gesetzen Parteistellung im Bauverfahren eingeräumt werden sollte, nicht aber, daß Personen, denen lediglich beschränkte Privatrechte an dem zu bebauenden Grundstück zustünden, Parteistellung zukommen sollte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In dem aufgetragenen Ergänzungsschriftsatz erklärte sich der Beschwerdeführer nicht nur in seinem Recht als Partei im Bauverfahren Einwendungen erheben zu können und gehört zu werden verletzt, sondern auch in seinem Rechtsanspruch darauf, daß über seine Einwendungen auf Grund der abzuführenden mündlichen Bauverhandlung abgesprochen werde. Daher begehrte er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem ohnehin auch gegenüber dem Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnis vom 20. September 1990, Zl. 90/06/0100, dargelegt hat, steht dem Beschwerdeführer aus dem Umstand, daß ihm Weiderechte an dem zu bebauenden Grundstück zustehen, keine Parteistellung im Verfahren über die Baubewilligung zu, ergibt sich die Parteistellung im Sinne des § 8 AVG doch nur im Zusammenhang mit den in Betracht kommenden materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften. Gemäß § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), hat die Behörde im Falle der Behauptung eines Nachbarn (§ 30 Abs. 1 TBO), in einem DURCH DIE BAUORDNUNG oder auf Grund deren erlassenen Verordnung gewährten Recht verletzt zu sein, über diese Einwendung abzusprechen, indem sie sie als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Abgesehen von diesem ausschließlich auf Nachbarn im Sinn des § 30 Abs. 1 TBO beschränkten Sonderfall hat die Behörde nach § 31 TBO lediglich das Vorliegen ÖFFENTLICH-RECHTLICHER HINDERNISSE baurechtlicher Art zu prüfen und gemäß Abs. 9 dieser Bestimmung mangels Vorliegens derartiger Gründe für eine Zurückweisung oder Abweisung das Bauansuchen zu bewilligen.

Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, dem Bauverfahren sei "die Aufgabe zugewiesen, im Spannungsfeld zwischen dem zur Genehmigung beantragten Bauvorhaben und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Umgebung zu entscheiden", findet in dem gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG allein maßgeblichen Gesetz keine Deckung. Einer Berücksichtigung zivilrechtlicher Ansprüche, wie sie das vorliegende Weiderecht des Beschwerdeführers darstellt (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis vom 20. September 1990), kommt schon aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht in Betracht; daß § 30 Abs. 3 TBO vorsieht, daß hinsichtlich zivilrechtlicher Ansprüche sich die Baubehörde um eine Einigung bemühen solle, ändert nichts daran, ganz abgesehen davon, daß es sich dabei nach dem Zusammenhang der Regelung um zivilrechtliche Ansprüche der als Parteien anerkannten Nachbarn handelt. In dem Zusammenhang sei nur erwähnt, daß der Gerichtshof dem Gedanken des Beschwerdeführers nicht folgen kann, daß ein Grundstück gemäß § 4 TBO nicht zur Bebauung geeignet sei, wenn es mit einer Weidedienstbarkeit belastet ist. Handelt es sich dabei doch nicht um eine "Widmung" eines Grundstücks im Sinn des § 4 Abs. 1 TBO, worunter nur die Festlegungen eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes verstanden werden können.

Wie der Gerichtshof bereits in seinem mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 20 September 1990 ausgeführt hat, ändert die Regelung bestimmter Weideservitute im Rahmen öffentlich-rechtlicher Vorschriften nichts am privatrechtlichen Charakter derartiger Rechte; der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu folgen, wonach einem derartigen Weideberechtigten die Klagsmöglichkeit nach § 523 ABGB nicht zur Verfügung stehe. Die Verweise des Beschwerdeführers auf das Zusammenlegungsverfahren gehen schon deshalb fehl, weil es sich dort um die Berücksichtigung - des für Baubewilligungen wesentlichen - neu geschaffenen Grundeigentums handelt, nicht aber um die Berücksichtigung anderer Ansprüche. Ein "Konzentrationsprinzip", auf das sich der Beschwerdeführer mehrfach beruft, ist der Tiroler Bauordnung fremd; sie sieht nämlich, anders als manche andere Bauordnungen, nicht vor, daß die Baubewilligung nur zu erteilen ist, soweit nicht auch andere, aus landesgesetzlichen Vorschriften sich ergebende Hindernisse vorliegen (andere könnten schon aus Kompetenzgründen nicht berücksichtigt werden).

Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht erkennen, inwiefern die Annahme, daß die Ladungsvorschrift des § 29 Abs. 3 TBO, soweit sie von "sonstige als Parteien .... in Betracht kommende Personen" spricht, nur Vorsorge dafür treffen wolle, daß andere Gesetze Parteistellung im Bauverfahren einräumten, mit § 8 AVG im Widerspruch stehe. Aus den Ausführungen der Beschwerde ist dies nicht zu entnehmen.

Schließlich ist nicht einsichtig, inwiefern die Verwaltungsbehörden "nicht berechtigt" gewesen seien, einen Feststellungsbescheid über die Parteistellung des Beschwerdeführers zu erlassen. Gegenstand der Bescheide war ausschließlich der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Parteistellung im Bauverfahren einzuräumen. Wenn daher ausschließlich über diesen Antrag abgesprochen wurde, kann sich der Beschwerdeführer doch nicht ernstlich in seinen Rechten verletzt erachte. Über die Frage, ob er nicht als Beteiligter zur Bauverhandlung zu laden gewesen wäre, wurde in den vorliegenden Bescheiden nicht abgesprochen.

Da sich sohin bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

BeteiligterBaurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060082.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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