TE Vfgh Erkenntnis 1990/2/27 B483/89

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Veröffentlicht am 27.02.1990
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960
90/02 Kraftfahrgesetz 1967

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb StGG Art5 KFG 1967 §§57. 58 StVO 1960 §5 Abs3 StVO 1960 §58 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Eigentumsrecht durch Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheins eines Motorrads; ungeeignete Maßnahmen zur Hintanhaltung der Gefährdung der Verkehrssicherheit

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch die am 15. März 1989 bei Kühnsdorf (Kärnten) erfolgte Entfernung der Kennzeichentafeln und Abnahme des Zulassungsscheines seines Motorrades durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer sei am 15. März 1989 mit seinem Motorrad (amtliches Kennzeichen K ...) auf der Seeberg-Bundesstraße von Kühnsdorf kommend Richtung Völkermarkt gefahren. Dort habe der Gendarmeriebeamte O S routinemäßig Verkehrskontrollen durchgeführt und beim Beschwerdeführer zunächst die Tatsache bemängelt, daß die sogenannte Zulassungsplakette am Fahrzeug nicht angebracht sei. Sodann habe der Gendarmeriebeamte die Kraftfahrzeugsteuerkarte sowie den Zulassungsschein des Motorrades kontrolliert und dabei bemerkt, daß (offensichtlich von der Zulassungsbehörde) statt der richtigen Kennzeichennummer K ... eine falsche Nummer (nämlich K ...) in diesen Urkunden angeführt worden war. Es habe sich dabei offensichtlich um einen Irrtum des zuständigen Beamten der Zulassungsbehörde gehandelt. Ungeachtet eines in diese Richtung gehenden Hinweises des Beschwerdeführers habe der Gendarmeriebeamte den Beschwerdeführer aufgefordert, sofort sein Motorrad abzustellen und die Fahrt nicht mehr fortzusetzen. Dagegen habe sich der Beschwerdeführer ausgesprochen und dem Beamten erklärt, daß der Irrtum der Zulassungsbehörde kein Anlaß für eine Außerbetriebnahme des Motorrades sein könne.

Als der Beschwerdeführer daraufhin seine Fahrt habe fortsetzen wollen, habe der Gendarmeriebeamte S seine Dienstpistole gezogen und sie mit der Aufforderung gegen den Beschwerdeführer gerichtet, hier zu bleiben, da er ansonsten von der Pistole Gebrauch machen würde. Daraufhin habe der Beschwerdeführer dem Beamten erklärt, daß er ihm ruhig nachschießen könne, er werde jetzt wegfahren. Der Gendarmeriebeamte habe sodann die Dienstpistole wieder in den Halfter zurückgegeben und sich vor das Motorrad des Beschwerdeführers hingestellt, sodaß dem Beschwerdeführer ein Wegfahren unmöglich gewesen wäre. Der Beamte habe den Beschwerdeführer "aufs Ärgste beschimpft" und schließlich die Verhaftung ausgesprochen.

Der Beschwerdeführer sei mit dem Dienstfahrzeug des Beamten zum Gendarmerieposten Kühnsdorf gebracht worden, wobei der Gendarmeriebeamte S bei den dort diensthabenden Gendarmeriebeamten eine Verhaftung des Beschwerdeführers abgestritten habe. S sei anschließend mit dem Dienstfahrzeug zum abgestellten Motorrad zurückgefahren und habe dort die Kennzeichentafeln abgenommen. Weiters sei dem Beschwerdeführer der Zulassungsschein gegen eine entsprechende Bestätigung abgenommen worden.

Der Beschwerdeführer beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, daß er durch die Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und weiters im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit dadurch verletzt worden sei, daß der Beamte ihn mit einer Pistole bedroht, ihn verhaftet und zum Gendarmerieposten Kühnsdorf vorgeführt habe.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt hat als belangte Behörde in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt und dies im wesentlichen wie folgt begründet:

Der Gendarmeriebeamte S sei durch die nicht am Motorrad angebrachte Zulassungsplakette sowie das Nichtübereinstimmen der Kraftfahrzeugpapiere (Zulassungsschein, Kraftfahrzeugsteuerkarte) mit dem am Motorrad angebrachten amtlichen Kennzeichen K ... veranlaßt worden, das Motorrad des Beschwerdeführers genauer zu kontrollieren. Diese Amtshandlung sei vom Beschwerdeführer immer wieder durch Beschimpfungen und Vorhaltungen verhindert und so dem Beamten keinerlei Möglichkeit geboten worden, eine ordnungsgemäße Fahrzeugkontrolle durchzuführen. Das äußerst aufgeregte und unkontrollierte Verhalten des Beschwerdeführers, welches sich während der Amtshandlung immer mehr gesteigert habe, hätte den Beamten zu der berechtigten Annahme geführt, daß hier irgend etwas nicht in Ordnung sei.

Es sei jedoch nicht richtig, daß der Beamte die Dienstpistole gezogen und gegen den Beschwerdeführer mit der Aufforderung gerichtet habe, hierzubleiben, da er ansonsten von der Pistole Gebrauch machen werde. Das Verhalten des Beschwerdeführers (äußerst erregt und unbeherrscht, Verweigerung der Kontrolle des Motorrades), die Möglichkeit des Nichtbestehens eines Versicherungsschutzes, das Nichtübereinstimmen der Kraftfahrzeugpapiere mit dem am Motorrad angebrachten amtlichen Kennzeichen sowie die Annahme, der Beschwerdeführer könnte unter diesen Verhältnissen die Fahrt nicht mehr sicher und gefahrlos fortsetzen, hätten den Beamten zum weiteren Schritt der vorübergehenden Kennzeichenabnahme bewogen. Der Beamte habe daher dem Beschwerdeführer gegenüber die Absicht der Kennzeichenabnahme zum Ausdruck gebracht und gleichzeitig die Amtshandlung für beendet erklärt.

Da im Dienstfahrzeug des Gendarmeriebeamten kein geeignetes Werkzeug für die Abnahme der Kennzeichentafeln vorhanden gewesen sei, habe der Beamte dem Beschwerdeführer erklärt, er sei genötigt, aus Kühnsdorf Werkzeug zu holen. Bei dieser Gelegenheit habe der Beschwerdeführer den Gendarmeriebeamten aus eigenem ersucht, mit ihm bis zur Firma K nach Kühnsdorf mitfahren zu dürfen, um für die Verbringung des Motorrades zu sorgen. Der Beamte sei diesem Ersuchen nachgekommen.

Die in der Beschwerde behauptete Verhaftung des Beschwerdeführers habe nicht stattgefunden. Die Abnahme der Kennzeichentafeln sei nicht nur zwecks Klärung des Sachverhaltes wegen des Unterschiedes in der Nummer des Kennzeichens, "sondern vielmehr auch aus Gründen des völlig unbeherrschten und nicht mehr unter Kontrolle habenden" persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers, der Möglichkeit des Nichtbestehens eines Versicherungsschutzes sowie der Annahme des Gendarmeriebeamten erfolgt, der Beschwerdeführer könne unter diesen Verhältnissen die Fahrt nicht mehr sicher und gefahrlos fortsetzen (Hinweis auf §58 Abs1 StVO).

3. Der Verfassungsgerichtshof hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Gendarmeriebeamten O S und A E sowie des E K als Zeugen und des Beschwerdeführers als Partei im Rechtshilfewege sowie schließlich durch Einsichtnahme in die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, Z1598/89.

Der Beschwerdeführer und der Zeuge S wiederholten dabei im wesentlichen jenes Vorbringen, welches einerseits in der Beschwerde und andererseits in der Gegenschrift der belangten Behörde enthalten ist.

Der Zeuge K ist Inhaber einer Kfz-Werkstätte im Parterre eines Hauses in Kühnsdorf, in dessen erstem Stock der Gendarmerieposten Kühnsdorf untergebracht ist. K gab als Zeuge an, daß der Beschwerdeführer eines Nachmittags im Frühjahr 1989 sein Geschäft betreten und ihn ersucht habe, sein Motorrad abzuholen und telefonisch seine Frau zu informieren, daß er nunmehr am Gendarmerieposten Kühnsdorf sei, seine Frau möge auch einen Rechtsanwalt verständigen. Der Beschwerdeführer habe damals das Kfz-Lokal allein betreten. Nach dem kurzen erwähnten Wortwechsel habe er sich in die Postenkanzlei im ersten Stock begeben. Den Gendarmeriebeamten S habe der Zeuge zu dieser Zeit weder im Lokal noch vor diesem gesehen. Er (der Zeuge) könne sich nicht erinnern, ob der Beschwerdeführer damals gesagt habe, er sei verhaftet worden, eine derartige Äußerung des Beschwerdeführers sei aber auch nicht auszuschließen. Der Beschwerdeführer sei damals bei ihm im Geschäft etwas erregt gewesen. Möglicherweise hätte er (der Zeuge) eine Äußerung des Beschwerdeführers über eine Verhaftung in Erinnerung behalten, denn so ein Vorfall wäre schließlich nicht alltäglich.

Der am Nachmittag des 15. März 1989 am Gendarmerieposten Kühnsdorf Journaldienst versehende Beamte A E gab als Zeuge im wesentlichen an, kurz nach 16.00 Uhr habe sein Kollege S den Dienstraum betreten und ihm gesagt, daß er eine Motorradkennzeichentafel abnehmen müsse und deshalb einen Schraubenzieher suche. Kurz darauf habe Strammer mit einem Schraubenzieher den Posten verlassen. Einige Minuten danach habe der ihm (E) persönlich bekannte Beschwerdeführer die Postenkanzlei betreten und erzählt, S habe ihm von seinem Motorrad die Kennzeichentafeln abgenommen. Der Beschwerdeführer habe den Zeugen ersucht, zwecks Kontaktierung eines Rechtsanwaltes telefonieren zu dürfen. Nach etwa zehn bis fünfzehn Minuten sei S wieder zurückgekommen und habe sich in den Nebenraum begeben. S habe dem Beschwerdeführer bedeutet, er möge so lange warten, bis er ihm die Bestätigung über die Abnahme der Kennzeichentafeln geschrieben und ausgefolgt habe. Erst als die Frau des Beschwerdeführers am Gendarmerieposten erschienen sei, habe der Beschwerdeführer behauptet, von S verhaftet worden zu sein. Der Zeuge E, von dieser Äußerung überrascht, habe seinen Kollegen S diesbezüglich befragt, wobei S eine Verhaftung strikt in Abrede gestellt habe. Da der Beschwerdeführer seiner Gattin bedeutet habe, er könne wegen seiner Verhaftung den Gendarmerieposten nicht verlassen, habe er (E) dem Beschwerdeführer erklärt, daß dies nicht richtig sei. Der Beschwerdeführer habe sich kurz darauf entfernt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Aufgrund der diesbezüglich übereinstimmenden Beweismittel steht fest, daß der Gendarmeriebeamte O S am 15. März 1989 die Kennzeichentafeln abmontiert und dem Beschwerdeführer den Zulassungsschein seines Motorrades abgenommen hat. Hiebei handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. zB VfSlg. 8569/1979 und die dort zitierte Vorjudikatur) um in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangene Verwaltungsakte.

Die Beschwerde ist daher diesbezüglich zulässig.

2. Hingegen konnten aufgrund des Beweisverfahrens die wegen Verstoßes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit in Beschwerde gezogenen Amtshandlungen nicht als erwiesen angenommen werden. Diesbezüglich haben der Beschwerdeführer und der Zeuge S völlig divergierende Aussagen gemacht. Die Behauptungen des Beschwerdeführers wurden durch die Zeugen K und E in keiner Weise bestätigt. Der Ablauf des Geschehens nach dem Eintreffen des Beschwerdeführers mit dem Dienstfahrzeug in Kühnsdorf deutet eher darauf hin, daß der Beamte S keine Verhaftung des Beschwerdeführers vorgenommen hat. Dies zeigt sich auch daran, daß der Beamte den Beschwerdeführer allein in die Kraftfahrzeugwerkstätte gehen ließ, nicht einmal vor der Werkstätte auf ihn gewartet hat und daß S kurze Zeit später, ohne sich um den Beschwerdeführer weiter zu kümmern, den Gendarmerieposten wieder verlassen hat, um zum Motorrad des Beschwerdeführers zurückzufahren.

Da die diesbezüglich in der Beschwerde behauptete Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch den Gendarmeriebeamten gegen den Beschwerdeführer nicht erwiesen werden konnte, ist die Beschwerde insoweit zurückzuweisen.

3. Soweit die Beschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet.

a) Wie bereits oben ausgeführt, hat der Gendarmeriebeamte S die Kennzeichentafeln des Motorrades des Beschwerdeführers abmontiert sowie den Zulassungsschein abgenommen. Über diese Amtshandlung hat der Beamte - wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich ist - eine Bestätigung ausgestellt, laut welcher die vorgenommene Amtshandlung mit den Worten "zur Klärung des Sachverhaltes, wegen dem Unterschied des Kennzeichens" begründet wird.

Die am Motorrad angebrachten Kennzeichentafeln und der Zulassungsschein sind Urkunden, welche die Benützung des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen rechtlich ermöglichen. Durch die Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines wurde dem Eigentümer der für diese Sache wesentliche Gebrauch als Fahrzeug unmöglich gemacht. Es liegt somit ein Eingriff in das Eigentum des Beschwerdeführers vor (vgl. hiezu die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, zB VfSlg. 6402/1971, 7091/1973, 7931/1976, 8294/1978, 8414/1978 und 8569/1979).

Dieser Eingriff verletzt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. auch hiezu zB VfSlg. 8569/1979) das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, wenn er auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht oder wenn er ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird.

b) Die belangte Behörde beruft sich zur Rechtfertigung des bekämpften Verwaltungsaktes nicht auf Aspekte der Verkehrssicherheit im Sinne der §§57 und 58 KFG; die belangte Behörde geht hiebei offenkundig - durchaus zutreffend - davon aus, daß die Verkehrssicherheit durch eine weitere Verwendung des Motorrades des Beschwerdeführers aufgrund des unbestrittenermaßen einwandfreien Zustandes dieses Fahrzeuges nicht gefährdet gewesen wäre.

Die belangte Behörde beruft sich vielmehr, wie bereits oben unter Pkt. I.2. ausgeführt, auf die Bestimmung des §58 Abs1 StVO und vertritt die Auffassung, der Gendarmeriebeamte S hätte im Zeitpunkt der Amtshandlung vertretbarerweise annehmen können, der Beschwerdeführer befinde sich aufgrund seiner Erregung nicht in der körperlichen und geistigen Verfassung, ein Fahrzeug zu beherrschen. Der Beamte hätte daher im Sinne des letzten Satzes des §58 Abs1 StVO berechtigterweise eine Maßnahme nach §5 Abs3 dieses Gesetzes setzen könne.

c) Der Verfassungsgerichtshof kann diese Auffassung nicht teilen.

Es besteht keine gesetzliche Vorschrift, welche die Organe der öffentlichen Sicherheit ermächtigt, zu keinem anderen Zweck als dem der Klärung eines Sachverhaltes, Maßnahmen wie die Abnahme von Kennzeichentafeln oder des Zulassungsscheines zu setzen. Auch in der Gegenschrift der belangten Behörde wird nicht behauptet, daß eine allenfalls erforderliche Klärung eines Sachverhaltes solche Maßnahmen rechtfertigt.

Die Abnahme von Kennzeichentafeln und Zulassungsschein kann nach den bereits zitierten Vorschriften des KFG und der StVO grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn die Verkehrssicherheit entweder aufgrund des Zustandes des Fahrzeuges oder des Lenkers gefährdet erscheint. Die belangte Behörde meint, eine solche Gefährdung der Verkehrssicherheit sei wegen des Erregungszustandes des Beschwerdeführers - denkmöglich - gegeben gewesen.

Es mag durchaus zutreffen, daß der Beschwerdeführer im Verlauf der verbalen Auseinandersetzung mit dem Beamten immer mehr in Erregung geraten ist und der Beamte vertretbarerweise zur Auffassung gelangen konnte, der Beschwerdeführer sei nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug zu beherrschen. Für einen derartigen Fall sieht die nach dem letzten Satz des §58 Abs1 StVO sinngemäß anzuwendende Vorschrift des §5 Abs3 dieses Gesetzes je nach Lage des Falles und Art des Fahrzeuges Zwangsmaßnahmen, wie etwa die Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren oder Einstellen des Fahrzeuges und dergleichen vor. Durch die Worte "und dergleichen" in §5 Abs3 StVO wird zwar klargestellt, daß die dort enthaltene Aufzählung der einem Sicherheitsorgan erlaubten Maßnahmen nur eine demonstrative ist. Ungeachtet dessen war bei der hier gegebenen Situation die Vorgangsweise des Gendarmeriebeamten unvertretbar:

Der Beamte hat nach seinen eigenen Angaben den - von ihm nicht festgenommenen - Beschwerdeführer im Dienstfahrzeug nur über dessen ausdrückliches Ersuchen mitgenommen. Er hätte also den - seiner Auffassung nach die Verkehrssicherheit gefährdenden Beschwerdeführer ohne weiteres bei dem betriebsbereiten, mit Kennzeichentafeln nach wie vor versehenen Motorrad zurückgelassen, während er Werkzeug zum Abmontieren der Kennzeichentafeln holen wollte, ohne etwa dem Beschwerdeführer die Fahrzeugschlüssel abzunehmen. Angesichts des Umstandes, daß die vom Gendarmeriebeamten gesetzten Maßnahmen nach Lage des Falles völlig ungeeignet waren, eine Gefährdung der Verkehrssicherheit durch den Beschwerdeführer hintanzuhalten, ist es denkunmöglich, sich zu ihrer Rechtfertigung auf §58 Abs1 iVm §5 Abs3 StVO zu berufen.

4. Es ist daher der Beschwerde - soweit sie zulässig ist stattzugeben und auszusprechen, daß der Beschwerdeführer durch die Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines seines Motorrades im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden ist.

Da der Beschwerdeführer teils obsiegt hat und teils unterlegen ist, werden die Verfahrenskosten gegeneinander aufgehoben (§§43 Abs1 ZPO, 35 Abs1 VerfGG).

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Ausübung unmittelb Befehls- und Zwangsgewalt, Kraftfahrrecht, Zulassung, Kennzeichen, Überprüfung, Straßenpolizei, Fahruntauglichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B483.1989

Dokumentnummer

JFT_10099773_89B00483_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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