TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/29 90/12/0178

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Veröffentlicht am 29.07.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §6 Abs1;
AVG §69 Abs2;
AVG §73 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/12/0293

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des Dr. J in W, gegen I. den Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 15. Mai 1990, Pr.Z. 1319/90, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheit der am 11. Juli 1989 erfolgten Pensionierung, und II. den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Wien vom 29. Oktober 1990, Pr.Z. 2984/90, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 2 AVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Magistratsrat im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien und ist rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG.

Mit Bescheid der erstbelangten Behörde vom 11. Juli 1989 wurde der 1941 geborene Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Dienstordnung 1966 (DO) wegen Dienstunfähigkeit auf Grund psychischer und habitueller Ursachen (insbesondere wegen Mangel der Einordnungs- und Einsichtsfähigkeit in rechtliche Zusammenhänge, die zu einer Störung des Dienstbetriebes führten) in den Ruhestand versetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1990, Zl. 89/12/0143, als unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung weiterer Wiederholungen wird im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG auf die umfangreiche Begründung dieses Erkenntnisses und auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zlen. 91/12/0019, 0241, mit dem zwei Wiederaufnahmeanträgen des Beschwerdeführers nach § 45 VwGG nicht Folge gegeben wurde, hingewiesen.

I.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die erstgenannte belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers vom 6. November 1989 und vom 11. Dezember 1989 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der genannten Behörde vom 11. Juli 1989 abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand gemäß § 69 Abs. 2 AVG zurück.

Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt:

Am 6. November 1989 habe der Beschwerdeführer bei der Gemeinderätlichen Personalkommission einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der erstbelangten Behörde abgeschlossenen Pensionierungsverfahrens eingebracht, mit dem er dargelegt habe, daß sein Reaktivierungsantrag vom 18. Juli 1989 schon als ein solcher Antrag auf Wiederaufnahme zu werten wäre. Das Reaktivierungsansuchen werde durch den nunmehrigen "Ergänzungsantrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens überschattet."

Mit Bescheid vom 30. November 1989 habe die Gemeinderätliche Personalkommission die Anträge des Beschwerdeführers vom 18., 20. und auch vom 21. Juli 1989 auf Einleitung des Reaktivierungsverfahrens bzw. auf Reaktivierung gemäß § 53 DO zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe am 14. November und am 21. November 1989 ergänzende Schriftsätze zum wiederaufzunehmenden Verfahren an die gemeinderätliche Personalkommission gerichtet. Er habe weiters drei an den Stadtsenat adressierte Schriftsätze vom 22. November bzw. 23. November 1989 im Wege der Gemeinderätlichen Personalkommission eingebracht, welche ebenfalls die Wiederaufnahme des Pensionierungsverfahrens betroffen hätten.

Für die Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG sei im Falle der Ruhestandsversetzung der Stadtsenat zuständig, eine Vorberatung durch ein anderes Organ sei gesetzlich nicht vorgesehen. Daher habe der Beschwerdeführer den Wiederaufnahmeantrag an eine unzuständige Behörde (nämlich die Gemeinderätliche Personalkommission) gerichtet. Der Wiederaufnahmeantrag sei deshalb am 30. November 1989 von der Gemeinderätlichen Personalkommission gemäß § 6 Abs. 1 AVG an den Stadtsenat übermittelt worden.

Zunächst sei festzustellen, daß eine Umdeutung des Antrages des Beschwerdeführers vom 18. Juli 1989 von einem Reaktivierungs- in einen Wiederaufnahmeantrag nicht zielführend erscheine. Aus dem Reaktivierungsantrag vom 18. Juli 1989 gehe auch nicht andeutungsweise hervor, daß der Beschwerdeführer eine Wiederaufnahme des Verfahrens angestrebt habe.

Daher sei von einem Wiederaufnahmeantrag auszugehen, der am 6. November 1989 bei einer unzuständigen Behörde eingebracht worden sei und erst der erstbelangten Behörde auf Gefahr des Einschreiters habe übermittelt werden müssen. Gemäß § 69 Abs. 2 AVG sei der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an einzubringen, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. November 1989 enthalte keine Angaben darüber, wann der Beschwerdeführer vom behaupteten Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Somit ermangle es dem genannten Antrag an der obligatorischen Angabe des Zeitpunktes der Kenntniserlangung und infolge des rückwirkenden erfolglosen Umdeutungsversuches an der Einhaltung der zweiwöchigen subjektiven Antragsfrist.

In der Folge habe der Beschwerdeführer laufend ergänzende Schriftsätze eingebracht. Ebenso wie der Wiederaufnahmeantrag vom 6. November 1989 habe auch der erste ergänzende Antrag vom 14. November 1989 gleichfalls der erforderlichen Angabe des Zeitpunktes, an dem der Wiederaufnahmewerber vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe, entbehrt. Erst im ergänzenden Antrag vom 21. November 1989 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er habe bei der Akteneinsicht vor elf Tagen festgestellt, daß in den Disziplinaranzeigen keine Ermittlungen auf Verifizierung vorgenommen worden seien. Dieser zweite ergänzende Antrag sei erst am 21. November 1989, also nach Ablauf von zwei Wochen nach Einlangen des im rechtlichen Sinn relevanten Wiederaufnahmeantrages bei der Behörde gestellt worden.

Am 11. Dezember 1989 habe der Beschwerdeführer einen neuen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der erstbelangten Behörde vom 11. Juli 1989 abgeschlossenen Pensionierungsverfahrens eingebracht. Auch dieser Schriftsatz vom 11. Dezember 1989 enthalte keine Angaben darüber, daß vom Wiederaufnahmewerber hinsichtlich der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe die zweiwöchige Frist des § 69 Abs. 2 AVG 1950 eingehalten worden sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Wiederaufnahmeantrag nicht nur den Wiederaufnahmegrund, sondern auch die Angaben über die Rechtzeitigkeit der Erhebung des Begehrens zu enthalten. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit eines Antrages auf Wiederaufnahme trage der Antragsteller, dieser müsse daher schon im Antrag angeben, wann er vom Vorhandensein des Wiederaufnahmegrundes Kenntnis erlangt habe. Das Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages könne nicht nach § 13 Abs. 3 AVG als Formmangel angesehen und dementsprechend behandelt werden.

Bei dieser Sachlage seien weitere Ermittlungen im Sinne einer inhaltlichen Prüfung des Wiederaufnahmebegehrens entbehrlich gewesen; die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 6. November und vom 11. Dezember 1989 seien demnach aus formalen Gründen gemäß § 69 Abs. 2 AVG 1950 zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die erstgenannte Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte kostenpflichtige Abweisung.

Der Beschwerdeführer legte unaufgefordert eine Äußerung zur Gegenschrift vor.

Einem Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers wegen angeblicher Befangenheit des erkennenden Senates wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1991, Zlen. 91/18/0112, 0113, nicht stattgegeben.

II.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 29. Oktober 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Mai 1990 auf Übergang der Entscheidungspflicht hinsichtlich seines Antrages vom 6. November 1989 auf Wiederaufnahme seines Ruhestandversetzungsverfahrens gemäß § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen.

Zur Begründung wird nach kurzer Darstellung des bereits vorher wiedergegebenen Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den Wiederaufnahmeantrag an eine unzuständige Behörde gerichtet und auch bei einer unzuständigen Behörde eingebracht. Der Wiederaufnahmeantrag sei deshalb am 30. November 1989 von der Gemeinderätlichen Personalkommission gemäß § 6 Abs. 1 AVG an den Stadtsenat übermittelt worden und sei frühestens an diesem Tag dort eingelangt. Soweit die Magistratsabteilung I mit dem gegenständlichen Antrag vom 6. November 1989 befaßt gewesen sei, sei sie in ihrer Funktion als Geschäftsstelle der Gemeinderätlichen Personalkommission tätig geworden. Die Kenntnisnahme durch andere Magistratsdienststellen sei deshalb rechtlich unerheblich, weil der Antrag des Beschwerdeführers ausdrücklich an die Gemeinderätliche Personalkommission gerichtet gewesen sei und daher vorerst diesem Gremium habe vorgelegt werden müssen.

Am 11. Dezember 1989 habe der Beschwerdeführer einen neuen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der erstbelangten Behörde vom 11. Juli 1989 abgeschlossenen Pensionierungsverfahrens eingebracht. Die erstbelangte Behörde habe die Anträge des Beschwerdeführers vom 6. November und vom 11. Dezember 1989 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 11. Juli 1989 abgeschlossenen Verfahrens mit Bescheid vom 15. Mai 1990 (der erstangefochtene Bescheid) gemäß § 69 Abs. 2 AVG zurückgewiesen. Dieser Bescheid der erstbelangten Behörde sei dem Beschwerdeführer am 22. Mai 1990 zugestellt worden.

Nach Wiedergabe der §§ 6 Abs. 1 und 73 Abs. 1 AVG führt die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides weiter aus, das Weiterleiten eines Anbringens gemäß § 6 AVG bewirke das Erlöschen der Entscheidungspflicht der abtretenden Behörde, habe sie doch durch diesen Verwaltungsakt - wenn auch nicht bindend - eine im Gesetz vorgesehene Verfügung über den Antrag getroffen, die ihrem Wesen nach notwendig die Annahme des Weiterbestehens ihrer Entscheidungspflicht ausschließe und weiters zur Folge habe, daß mit dem Einlagen des abgetretenen Antrages bei der "zuständigen" Behörde diese die Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 1 AVG treffe.

Bei dieser Sachlage habe sich zwingend ergeben, daß die Zustellung des Bescheides der erstbelangten Behörde vom 15. Mai 1990, mit dem auch über den Antrag auf Wiederaufnahme des Pensionierungsverfahrens vom 6. November 1989 abgesprochen worden sei, am 22. Mai 1990 noch innerhalb der mit 30. November 1989 begonnenen Frist des § 73 Abs. 2 AVG 1950 erfolgt sei. Auf die inhaltlichen Ausführungen in den Ergänzungen zum Devolutionsantrag vom 6. September und 11. September 1990 sei demnach nicht weiter einzugehen gewesen und der Devolutionsantrag vom 8. Mai 1990 gemäß § 73 Abs. 2 AVG abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zweitgenannte Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte kostenpflichtige Abweisung.

Der Beschwerdeführer legte mehrere ergänzende Schriftsätze vor. Einem Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers wegen angeblicher Befangenheit des erkennenden Senates wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1991, Zlen. 91/18/0112, 0113, nicht stattgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges verbunden und über diese und die Gegenschriften der belangten Behörden erwogen:

Da für die Frage der Rechtmäßigkeit des erstangefochtenen Bescheides primär die Frage der Zuständigkeit der erstbelangten Behörde maßgebend ist, erfolgt vorerst eine Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit des diesbezüglich maßgebenden zweitangefochtenen Bescheides.

Im vorliegenden Dienstrechtsverfahrens ist gemäß § 1 Abs. 1 DVG § 73 AVG anzuwenden.

Nach § 73 Abs. 1 AVG sind - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht nach Abs. 2 der genannten Bestimmung auf schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Der Beschwerdeführer bringt im Rahmen seiner als "Sachverhaltskern" bezeichneten weitwendigen Ausführungen anknüpfend an den Umstand seiner Akteneinsicht in der Woche vom

6. bis 10. November 1989 unter anderem weiter vor:

"Damit lagen jedoch schon erste Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor, welche Tatsache ich zunächst in einem Antrag vom 6. November 1989 andeutete und später konkreter werdend in weiteren Eingaben vom 14. November, vom 21. November und vom 22. November 1989, zusammenfaßte am 11. 12. 1989, welchen dann etwa dreißig weitere ausführende Schriftsätze betr. das wiederaufzunehmende Verfahren folgten.

Die einzelnen Schriftsätze geben einen jeweiligen fortschreitenden Informationsstand auf Grund von weiteren Akteneinsichtnahmen wider.

Für die Beschwerdesache sind jedoch die beiden Schriftsätze vom 6. 11. 1989 und vom 14. 11. 1989 als erste die Rechtzeitigkeit kennzeichnenden hervorzuheben."

Gegen die Feststellung der zweitbelangten Behörde, der Beschwerdeführer habe den Antrag auf Wiederaufnahme an eine unzuständige Behörde gerichtet, bringt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seine zu I. eingebrachte Beschwerde vor, er habe diese Anträge nicht nur an die Gemeinderätliche Personalkommission, sondern ausdrücklich auch an die "bescheiderlassende Pensionierungsbehörde Wiener Stadtsenat adressiert." Der Magistrat habe diesen Antrag nicht nur zur Kenntnis genommen (Eingangsstampiglie), sondern auch binnen zwei Tagen an die Magistratsdirektion, Büro des Magistratsdirektors, weitergeleitet. Die Frist zur Entscheidung habe damit nicht erst am 30. November 1989 zu laufen begonnen, sondern schon mit dem Datum des Einlaufstempels.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sowohl der undatierte Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme (bezeichnet nach dem Einlangensdatum bei der Behörde am 6. November 1989) als auch der als Ergänzung bezeichnete Antrag vom 14. November 1989 ausdrücklich an die Gemeinderätliche Personalkommission und nicht an die zuständige erstbelangte Behörde gerichtet waren. In beiden Schriftsätzen wird primär auf einen Antrag des Beschwerdeführers vom 18. Juli 1989 und auf die damit offenbar in Verbindung stehende beantragte Reaktivierung Bezug genommen und der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ausdrücklich nur als Ergänzung bezeichnet.

Ausgehend davon kann es im Sinne des § 6 Abs. 1 AVG nicht als unzutreffend bezeichnet werden, wenn die Gemeinderätliche Personalkommission diesen unklaren Antrag des Beschwerdeführers erst nach Behandlung und Abklärung in ihrem Bereich weiterleitete. Die für die Behandlung des Antrages des Beschwerdeführer auf Reaktivierung ergänzend enthaltenen Ausführungen auf Wiederaufnahme sind von der für letzteren Antrag unzuständigen Gemeinderätlichen Personalkommission daher auf Gefahr des Einschreiters weitergeleitet worden.

Sind die auf Reaktivierung und Wiederaufnahme des Verfahrens gerichteten Anträge des Beschwerdeführers hinsichtlich ihres letztgenannten Teiles der zuständigen Behörde (der erstbelangten Behörde) erst mit 30. November 1989 zugekommen, so folgt daraus, daß die mit dem erstangefochtenen Bescheid hinsichtlich der in diesem erstgenannten Wiederaufnahmeantrag getroffene Entscheidung im Rahmen der Frist des § 73 AVG vorgenommen und auch zugestellt worden ist. Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid erweist sich somit im Ergebnis genauso als unberechtigt, wie der in der erstgenannten Beschwerde erhobene Vorwurf der Unzuständigkeit der erstbelangten Behörde.

Was die erstgenannte Beschwerde gegen die Zurückweisung der Wiederaufnahmeanträge des Beschwerdeführers weiter betrifft, bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, in seinem Schriftsatz vom 14. November 1989 habe er wörtlich ausgeführt, daß er von den als Wiederaufnahme-Gründe zu verwertenden Tatsachen in der "Vorwoche" durch Akteneinsicht erfahren habe. Die Einsichtnahme in den Kalender weise den 14. November 1989 als Dienstag aus, woraus folge, daß die Angabe im Schriftsatz des Beschwerdeführers, er hätte in der Vorwoche Kenntnis von der Tatsache des Wiederaufnahmegrundes erfahren, hinlänglich bestimmt gewesen und jedenfalls den Montag, den 6. November 1989, bis Freitag, den 10. November 1989, an welchen Tagen beim Verwaltungsgerichtshof Akteneinsicht möglich gewesen sei, zeitraummäßig erfaßt habe. Bei einem Wiederaufnahmeantrag sei entscheidend, daß ein Grund ordnungsgemäß im Sinne des § 69 Abs. 2 AVG 1950 rechtzeitig zur Ausführung gelangt sei, weitere Gründe könnten auch später noch geltend gemacht werden, da sie in dem die Bewilligung zur Wiederaufnahme erteilenden Verfahren verwertbar seien. Der Zeitraum vom 6. November 1989 bis 10. November 1989 falle jedoch auch mit dem Zeitraum teilweise zusammen, der seit Einlagen der Akten des Pensionierungsverfahrens beim Verwaltungsgerichtshof zu laufen begonnen habe, welche Tatsache die belangte Behörde habe wissen müssen. Daraus folge, daß der Wiederaufnahmeantrag vom 6. November 1989 (ausgeführt noch am 14. November 1989) somit noch innerhalb der 14-tägigen Präklusivfrist und somit ordnungsgemäß im Sinne des § 69 Abs. 2 AVG gestellt worden sei.

Das weitere Beschwerdevorbringen beschäftigt sich mit der angeblichen Einheit der Einbringungsstelle Magistrat und mit der Frage der Zuständigkeit, die bereits vorher abgehandelt worden ist.

Nach § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in der der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages nicht nach § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen angesehen und dementsprechend behandelt werden (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 26. Juni 1967, Slg. N.F. Nr. 7158/A).

Im Beschwerdefall hat die erstbelangte Behörde über zwei Wiederaufnahme-Anträge des Beschwerdeführers, und zwar vom 6. November 1989 und vom 11. Dezember 1989 aus formalen Gründen zurückweisend abgesprochen.

Daß der undatierte und als Ergänzung zu einem Reaktivierungsantrag bezeichnete Wiederaufnahme-Antrag, der am 6. November 1989 bei der Behörde vorgelegt worden ist, keine Angabe über die Rechtzeitigkeit des Begehrens enthalten hat, ist auch vom Beschwerdeführer unbestritten. Der Beschwerdeführer vermeint aber nach seinem Vorbringen, er habe diesen Mangel durch seinen Schriftsatz vom 14. November 1989 in offener Frist dadurch behoben, daß er diesen Schriftsatz wie folgt eingeleitet habe:

"Wie ich in der Vorwoche feststellen konnte, legte die Dienstbehörde in meiner Pensionierungssache dem Verwaltungsgerichtshof nicht den vollständigen Akt vor."

Daraus und in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen ergibt sich, daß das für die Kenntniserlangung maßgebende Faktum für den Beschwerdeführer die Akteneinsicht beim Verwaltungsgerichtshof gewesen ist. Diese ist - wie niederschriftlich dokumentiert ist - tatsächlich am 8. November 1989 erfolgt. Daraus ergibt sich weiters, daß eine diesbezügliche Verbindung der Anträge vom "6. 11. 1989" mit dem Schreiben vom 14. November 1989, von dem der Beschwerdeführer aber auch die Behörde ausgeht, was den Inhalt betrifft schon deshalb nicht gegeben sein kann, weil der Beschwerdeführer am 6. November nicht etwas geltend machen konnte, wovon er erst am 8. November 1989 Kenntnis erlangt haben konnte. Da die erstbelangte Behörde im Spruch ausdrücklich aber nur über den Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers vom 6. November 1989 abgesprochen hat, kann im Hinblick auf die dargelegte Notwendigkeit einer getrennten Betrachtung der genannten Eingaben dahingestellt bleiben, ob die Formulierung "in der Vorwoche" als hinreichende Angabe der Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages im Sinne des § 69 Abs. 2 AVG gesehen werden kann.

Hinsichtlich des im Spruch zweitgenannten Wiederaufnahmeantrages des Beschwerdeführers vom 11. Dezember 1989 hat der Beschwerdeführer trotz des Umfanges und der großen Zahl seiner Eingaben nichts vorgebracht. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher - da es sich auch um einen teilbaren Abspruch handelt - davon aus, daß der diesbezügliche Abspruch nicht in Beschwerde gezogen worden ist.

Aus den vorher angestellten Überlegungen mußten beide Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Formgebrechen behebbare Verschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen ohne unnötigen Aufschub Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990120178.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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