TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/29 89/12/0171

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Veröffentlicht am 29.07.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

RGV 1955 §73;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Ing. G in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 27. Juli 1989, Zl. 213.013/4-8/89, betreffend Entfall der Tagesgebühr nach § 73 RGV 1955, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Arbeitsinspektorat X.

In der Zeit vom 9. bis 13. Jänner 1989 nahm der Beschwerdeführer auf Grund eines Dienstauftrages der belangten Behörde an der Lehrveranstaltung "Pädagogisches Trainingsseminar II" in K teil. Diese Veranstaltung fand in einem Gasthof (Pension) statt.

Am 28. Februar 1989 legte der Beschwerdeführer seine Reiserechnung, in der er - nach Abzug der kostenlos beigestellten Verpflegung (Frühstück, Mittagessen und Abendessen) eine Reisezulage (Tagesgebühr) geltend machte, die ihm jedoch im beantragten Ausmaß nicht ausbezahlt wurde.

Mit Scheiben vom 10. März 1989 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Feststellung der "Reiserechnungskorrekturen". Seiner Auffassung nach umfasse der Begriff "Verpflegung" mehr als die Zurverfügungstellung des Frühstücks, des Mittag- und Abendessens.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer in der Folge auf, bestimmte Fragen zu beantworten. Dem kam der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 12. Juni 1989 nach, in dem er unter anderem bestätigte, daß ihm Frühstück (vier Mal) Mittag (drei Mal) - und Abendessen (vier Mal) kostenlos beigestellt worden sei. Der Begriff "Verpflegung" umfasse seiner Meinung nach aber auch die Zwischenmahlzeiten und Getränke. Grundsätzlich seien ihm Mehraufwendungen in Form von Getränken vormittags, mittags und abends mit einem Betrag von S 110,-- je Tag entstanden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Juli 1989 stellte die belangte Behörde fest, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Tagesgebühren für die Teilnahme an der oben erwähnten Lehrveranstaltung vom 9. Jänner 1989 14.00 Uhr bis 13. Jänner 1989 12.00 Uhr gemäß § 73 RGV entfalle. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, bei dieser Veranstaltung sei den Teilnehmern Verpflegung (bestehend aus Frühstück, Mittag- und Abendessen) sowie Unterkunft kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Deshalb sei gemäß § 73 RGV die Tagesgebühr entfallen, zumal auch nach den Angaben des Beschwerdeführers die Verpflegung einer gewöhnlichen Pensionsleistung entsprochen habe (die Qualität sei nicht bemängelt worden). In einem Abschnitt (Sonstige Mitteilungen) führt die belangte Behörde folgendes aus:

"Der Begriff der Verpflegung wird im "Großen Brockhaus" und anderen Lexika NICHT definiert. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, insbesondere im Zusammenhang mit "Pensionsleistungen" in Reiseprospekten und dergleichen, ist darunter lediglich die zur Verfügungstellung von Frühstück, Mittag- und Abendessen (ohne Getränke) zu verstehen.

Auch im Kollektivvertrag für das Gast- und Schankgewerbe wird zwar der finanzielle Wert bei Abgeltung von Frühstück, Mittag- und Abendessen angeführt, es fehlen aber die Angaben welche Leistungen jeweils zu einer dieser Mahlzeiten zu erbringen sind.

Desgleichen bieten die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1972 und 1988 ebenfalls keine Definition für den Begriff Verpflegung. Es werden auch hier lediglich im Zusammenhang mit dem Begriff "freie Station" die Werte für das unentgeltliche zur Verfügung stellen von Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie für eine erste und zweite Jause angeführt.

Höhere NACHGEWIESENE Aufwendungen könnten lediglich als Werbungskosten gemäß § 16 Einkommensteuergesetz 1988 berücksichtigt werden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 der gemäß § 92 Abs. 1 GG 1956 im Rang eines Bundesgesetzes stehenden Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) gebührt dem Beamten die Reisekostenvergütung (Z. 1; dort wird auch die nähere Umschreibung vorgenommenen, welche Kosten dadurch abgegolten werden sollen) sowie die Reisezulage (Z. 2); letztere dient der Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft, sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die in den folgenden Bestimmungen keine besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfaßt die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr.

§ 73 RGV, der die Teilnahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen betrifft, lautet:

"Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zweck der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz, wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienstortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, entfällt der Anspruch auf Tagesgebühr für den entsprechenden Kalendertag. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr."

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, eine Mahlzeit (Frühstück, Mittag- und Abendessen) könne physiologisch nur den Bedarf bis zur nächsten Mahlzeit decken, nicht aber auch noch den Bedarf unmittelbar ab der vorangegangenen Mahlzeit. Zutreffend sei die belangte Behörde davon ausgegangen, daß es am 9. Jänner 1989 erst ein Abendessen und am 13. Jänner 1989 nur noch ein Frühstück gegeben habe. Von dem oben dargestellten Grundsatz ausgehend hätte keinesfalls angenommen werden dürfen, daß das Abendessen am 9. Jänner 1989 die Verpflegung ab 14.00 Uhr dargestellt habe. Richtigerweise hätte vielmehr angenommen werden müssen, daß mindestens bis 18.00 Uhr des 9. Jänner 1989 keine Verpflegung gegeben war.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Unbestritten hat im Beschwerdefall die Lehrveranstaltung, die außerhalb des Dienstortes des Beschwerdeführers stattgefunden hat und an der er zum Zweck der eigenen Aus- und Fortbildung auf Grund eines Dienstauftrages teilgenommen hat, am 9. Jänner 1989 um 14.00 Uhr begonnen und am 13. Jänner 1989 um 12.00 Uhr geendet; hingegen hat seine Dienstreise am 9. Jänner um 11.45 Uhr begonnen und am 13. Jänner 1989 um

15.10 Uhr geendet. Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich die Frage, ob die Voraussetzung für den Entfall der Tagesgebühr für den Zeitraum der Lehrveranstaltung nach § 73 zweiter Satz RGV zutreffend festgestellt wurde oder nicht.

Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der Entfall der Tagesgebühr bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 73 zweiter Satz RGV ausschließlich für den Zeitraum des Beginns bis zum Ende der Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltung, nicht aber für den davor bzw. danach liegenden Zeitraum des Beginnes bzw. des Endes der Dienstreise gilt.

§ 73 RGV zielt nämlich im Ergebnis darauf ab, einen Mehraufwand dem Beamten durch die unentgeltliche Gewährung von entsprechenden Sachleistungen in Form der Verpflegung und der Nächtigungsmöglichkeit gar nicht erst entstehen zu lassen, nicht aber darauf, Reisegebührenansprüche für dem Beamten (außerhalb dieses Bereiches) entstandene Mehrkosten auszuschließen (so im Ergebnis bereits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 1990, Zl. 89/12/0132).

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes war es im Beschwerdefall aber auch im Hinblick auf die zeitliche Lagerung zwischen Beginn bzw. Ende der Lehrveranstaltung und den jeweils in Betracht kommenden Mahlzeiten (Abendessen bzw. Frühstück) nicht rechtswidrig, den zwischen Beginn und Ende der Lehrveranstaltung liegenden Zeitraum zur Gänze als von § 73 zweiter Satz RGV erfaßt anzusehen: Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann nämlich davon ausgegangen werden, daß das Mittagessen nicht vor 12.00 Uhr und nach 14.00 Uhr eingenommen wird, sodaß die Deckung dieses Nahrungsbedürfnisses im Beschwerdefall nicht mehr vom Zeitraum der Lehrveranstaltung mitumfaßt war.

Dazu kommt noch, daß im Beschwerdefall dem Beschwerdeführer (auf Grund der von ihm unwidersprochen gebliebenen Darstellung in der Gegenschrift der belangten Behörde) eine Tagesgebühr (vermindert um die Kosten für Abendessen und Frühstück) ausbezahlt wurde und ihm daher die von ihm geltend gemachten Mehrkosten (für das Mittagessen) jedenfalls abgegolten wurden.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, daß mit drei Mahlzeiten (ohne Zwischenmahlzeiten) keine volle Verpflegung gegeben sei. Ohne besondere Begründung sei der Begriff "Verpflegung" anders ausgelegt worden, als dies dem allgemeinen Sprachgebrauch entspreche. Laut "Duden Bedeutungswörterbuch" bedeute "Verpflegung" "mit Nahrung versorgen", wobei unter Nahrung auch flüssige Nahrung verstanden werde. Auch sei wegen des niedrigen Gesamtwertes der beigestellten Verpflegung keine ausreichende ("volle") Verpflegung gegeben. Der (von der Buchhaltung bekanntgegebene) Gesamtwert betrage mit S 145,-- (S 35,-- und zweimal S 55,--) für drei Mahlzeiten wesentlich weniger als selbst die niedrigste Tagesgebühr nach Tarif I. Daraus gehe offensichtlich hervor, daß keine volle Verpflegung gewährt worden sei. Hingegen sei die Tagesgebühr sowohl nach ihrem Zweck als auch nach ihrer Höhe geeignet, die vollen Verpflegungskosten tagsüber zu decken.

Soweit der Beschwerdeführer damit geltend macht, zum Begriff der Verpflegung gehörten auch die Kosten der Getränke, trifft dieses Vorbringen zu. Jedoch führt dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wie im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 91/12/0232, näher dargelegt wird, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird. Daß eine kostenlose Befriedigung des Flüssigkeitsbedarfes durch einwandfreies Wasser im Beherbergungsbetrieb, in dem der Beschwerdeführer untergebracht war, nicht möglich gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde behauptet.

Soweit die Beschwerde darauf abzielt, daß eine "volle" Verpflegung im Sinn des § 73 RGV nur dann vorliege, wenn über die drei Mahlzeiten (Frühstück, Mittag- und Abendessen) hinaus auch Zwischenmahlzeiten verabreicht würden, ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff "volle" Verpflegung in der RGV nicht vorkommt. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauches erachtet es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß nur die drei genannten Mahlzeiten unter den Begriff Verpflegung fallen.

Die vom Beschwerdeführer aus dem Verhältnis des Verrechnungswertes der an ihn verabreichten Mahlzeiten zur Tagesgebühr abgeleitete Schlußfolgerung, daraus ergebe sich offenkundig, daß ihm keine Verpflegung im Sinn des § 73 RGV gewährt worden sei, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen läßt der Beschwerdeführer außer Betracht, daß die Tagesgebühr als Teil der Reisezulage nach § 4 Z. 2 neben der Verpflegungskomponente auch zur Deckung jener Reiseauslagen dient, für die in der RGV keine besondere Vergütung festgesetzt ist. Soweit die dem Beschwerdeführer bekanntgegebenen Verrechnungswerte für die Mahlzeiten den Kosten entsprechend sollten, die vom Bund tatsächlich geleistet worden sind, ist darauf hinzuweisen, daß dem Veranstalter einer Veranstaltung für eine Personengruppe für Verpflegung (und Unterkunft) beim Beherbergungsbetrieb wegen der höheren Auslastung, aber auch in Erwartung von Folgeaufträgen im allgemeinen wesentlich günstigere Preisbedingungen zugestanden werden, als sie der einzelne Vertragspartener erzielen kann.

Schon aus diesen Gründen ist der vom Beschwerdeführer angestellte Vergleich untauglich, die von ihm behauptete Schlußfolgerung als offenkundig zutreffend darzutun.

Im Beschwerdefall erscheint dem Verwaltungsgerichtshof ein anderes Ergebnis auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Interpretation aus der Sicht des Gleichheitssatzes geboten; die von der belangten Behörde vertretene Auslegung des Begriffes Verpflegung im Sinn des § 73 RGV (einschließlich der hievon erfaßten Getränke) läßt dem Beschwerdeführer keine Mehrkosten entstehen, die (außerhalb des Anwendungsbereiches des § 73 RGV) nach § 1 in Verbindung mit § 4 RGV abgegolten werden. Eine Fallkonstellation, wie sie dem Erkenntnis vom 21. Juni 1990, Zl. 89/12/0132 zugrunde lag, liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Unbestimmte Begriffe Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989120171.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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