TE Vwgh Erkenntnis 1992/8/7 92/14/0062

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Veröffentlicht am 07.08.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ARAbgG 1934 §1 Abs2;
ARAbgG 1934 §2;
BAO §240 Abs3;
BAO §299;
B-VG Art140 Abs7;
EStG 1972 §19 Abs1;
EStG 1972 §22 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1988 §19 Abs1;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 10. März 1992, Zl. 52/1-3/Re-1992, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte hinsichtlich seiner Anträge auf Rückzahlung (§ 240 Abs. 3 BAO) der von seinen Aufsichtsratsvergütungen einbehaltenen Aufsichtsratsabgaben als Anlaßfall zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. März 1988, G 37-61/88-12, mit dem das Aufsichtsratsabgabegesetz und die Aufsichtsratsabgabeverordnung aufgehoben worden waren, obsiegt und die einbehaltenen Abgabenbeträge von zusammen S 186.058,-- im Februar 1989 vom Finanzamt für Körperschaften erstattet erhalten.

Anläßlich der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1989 war dem Finanzamt diese Tatsache zwar bekannt, trotzdem erging ein der Erklärung des Beschwerdeführers entsprechender Einkommensteuerbescheid. Der Beschwerdeführer hatte den rückerstatteten Betrag nicht in die erklärten Einkünfte aufgenommen, sondern in einer Beilage zur Steuererklärung seine Rechtsansicht mitgeteilt, daß es sich nicht um "steuerpflichtige Einkünfte" handle.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde den Einkommensteuerbescheid gemäß § 299 Abs. 2 BAO mit der Begründung auf, bei dem rückerstatteten Abgabenbetrag handle es sich im Streitjahr um eine Betriebseinnahme im Rahmen der Einkünfte gemäß § 22 Z. 2 EStG 1988. Dem Interesse des Abgabepflichtigen an der Nichtaufhebung des Bescheides komme im Vergleich zum öffentlichen Interesse (Rechtsrichtigkeit, Gleichmäßigkeit der Besteuerung) in Anbetracht der nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit des Bescheides geringeres Gewicht zu.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid "in seinem Recht auf fehlerfreie Ermessensübung" verletzt. Durch die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides sei in seine Rechtsposition eingegriffen worden, weil der Beschwerdeführer auf die "Rechtskraft und Unabänderlichkeit dieses Bescheides" habe vertrauen können. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer meint, die Behandlung der Rückzahlung der Abgaben als Betriebseinnahme sei unrichtig, weil die Aufhebung der Rechtsnormen durch den Verfassungsgerichtshof gezeigt habe, daß die Aufsichtsratsabgaben in den Jahren des Zufließens der Aufsichtsratsvergütungen nicht als Betriebsausgaben hätten behandelt werden dürfen. Die Aufsichtsratsvergütungen hätten einschließlich der (zu Unrecht) einbehaltenen Aufsichtsratsabgaben unter den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit erfaßt werden müssen.

In dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, daß aus seiner Sicht Anlaßfall zur erwähnten Normkontrollentscheidung des Verfassungsgerichtshofes eine Beschwerde gegen die Erledigung eines Antrages auf Rückzahlung von Aufsichtsratsabgabe gemäß § 240 Abs. 3 BAO war, nicht eine Beschwerde betreffend unrichtige Veranlagung in den Jahren des Zufließens der Aufsichtsratsvergütungen, in der von ihm die Betriebsausgabenqualität der Abzugsabgabe bestritten worden wäre. Da dem Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang (mit der Einkommensteuerveranlagung) die "Ergreiferprämie" aus einem Anlaßfall nicht zukommt, durfte die belangte Behörde die Betriebsausgabenqualität der einbehaltenen Aufsichtsratsabgabe in den Jahren des seinerzeitigen Zufließens der Aufsichtsratsvergütungen nicht in Zweifel ziehen. Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß durch die Rückerstattung im Jahre 1989 seinerzeit als Betriebsausgaben abgezogene Aufsichtsratsabgaben zurückgeflossen sind und daher vereinnahmt wurden. Diese Einnahmen stehen im Streitjahr im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer seinerzeit entfalteten Tätigkeit, die zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führten. Es war daher richtig, diesen Betrag als Einnahmen des Streitjahres unter der erwähnten Einkunftsart zu behandeln (vgl. Paul Doralt, ÖStZ 1988, 240 ff). Der gegenteiligen Ansicht von Staribacher in Steuer und Beratung, 2/Februar 1990, 7 ff, wird daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt.

Eine Berichtigung der Veranlagung für die Abgabenjahre, in denen die betreffenden Aufsichtsratsvergütungen zugeflossen sind, hätte daher nicht zu erfolgen. Auch die Ausführungen zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Steuerprogression übersehen somit, daß Anlaßfall nicht die seinerzeitigen Veranlagungen waren. Der Beschwerdeführer irrt daher auch, wenn er meint, es würde aus der Tatsache, daß eine Aufrollung der Steuerfestsetzungsverfahren der vergangenen Jahre aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht möglich sei, die Verpflichtung abgeleitet, den rückbezahlten Betrag im Rückzahlungsjahr zu versteuern. Die Besteuerung im Jahre des Zurückfließens von Betriebsausgaben ist vielmehr eine Folge der bereits dargelegten Zuordnung zu den Betriebseinnahmen in der erwähnten Einkunftsart.

Da weder die seinerzeitigen Veranlagungen noch die nunmehr strittige Veranlagung Anlaßfälle zum bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes darstellten, ist auch die Meinung des Beschwerdeführers unrichtig, die seinerzeit als Betriebsausgabe berücksichtigte Aufsichtsratsabgabe wäre im gegebenen Zusammenhang als eine der Einkommensteuer gleichzuhaltende Abgabe anzusehen, deren Rückzahlung nun nicht zu Einnahmen führen könne.

Die einkommensteuerrechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde ist daher nicht rechtswidrig.

Daß der Beschwerdeführer die rückerstattete Aufsichtsratsabgabe auf Grund einer zivilrechtlichen Pflicht der Gesellschaft im Streitjahr ersetzt habe (vgl. Paul Doralt, RdW 1988, 346 ff), was bei der im angefochtenen Bescheid unwidersprochen festgehaltenen "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3" (EStG 1988) zu Betriebsausgaben in gleicher Höhe geführt hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Auch der Vorwurf der Beschwerde gegen die Ermessensübung schlägt nicht durch. Die von der belangten Behörde vorgenommene Abwägung der Interessen ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ausreichend. Daß mit der Berücksichtigung "nicht bloß geringfügiger" Rechtswidrigkeit die Höhe des der Besteuerung entgehenden Betrages gemeint ist, liegt auf der Hand und kann daher auch nachvollzogen werden.

Mit einer Behebung rechtswidriger Bescheide durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 299 BAO in dem durch das Gesetz gezogenen sachlichen und zeitlichen Rahmen muß jeder Steuerpflichtige rechnen. Insoweit ist der Vertrauensschutz bereits durch den Gesetzgeber durchbrochen. Nur darüber hinausgehende Unbilligkeiten für den Steuerpflichtigen sind daher bei der Interessenabwägung und damit in der Ermessensübung zu berücksichtigen. Derartige Besonderheiten des Einzelfalles zeigt der Beschwerdeführer aber gar nicht auf. Er behauptet lediglich, er habe auf die Rechtskraft des Steuerbescheides vertraut und im Hinblick auf dessen Unabänderbarkeit Dispositionen getroffen, die er allerdings nicht näher ausführt. Er leitet seinen Vertrauensschutz daher lediglich aus einer Unabänderbarkeit rechtskräftiger Steuerbescheide ab, die in Wahrheit mit Rücksicht auf § 299 BAO nicht besteht.

Auch der Vorwurf, die Berufung der belangten Behörde auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei unzutreffend, vielmehr würde ein neuer Einkommensteuerbescheid, der sich auf die Rechtsmeinung der belangten Behörde stütze, gegen das Gleichheitsgebot verstoßen, ist unrichtig. Worin die befürchtete Gleichheitswidrigkeit liegen soll, begründet der Beschwerdeführer nicht. Die Pflicht der Abgabenbehörden gemäß § 114 BAO, alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften gleichmäßig zu behandeln, ist eine einfachgesetzliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes. Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, daß durch die Abgabenbehörden alle in vergleichbarer tatsächlicher und rechtlicher Situation wie der Beschwerdeführer stehenden Steuerpflichtigen gleichbehandelt werden sollen. Es ist unerfindlich, warum der angefochtene Bescheid kein Mittel sein sollte, der Erreichung dieses Zieles zu dienen.

Die Ermessensentscheidung der belangten Behörde läßt daher weder einen Mißbrauch noch eine Überschreitung des durch den Gesetzgeber gezogenen Ermessensspielraumes erkennen.

Da dem angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes keine den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzende Rechtswidrigkeit anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140062.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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