TE Vwgh Erkenntnis 1992/8/7 92/14/0132

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Veröffentlicht am 07.08.1992
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

ABGB §983;
EStG 1972 §2 Abs2;
LiebhabereiV;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr. H in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 24. April 1992, Zl. 30.103-3/90, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1979, 1980 und 1981, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der 1936 geborene Beschwerdeführer ist Facharzt. Er wohnt mit seiner Familie in seinem Haus, in dem er seit 1964 auch eine Fremdenpension betreibt. Aus dieser sind ihm bis 1987 nur Verluste in mehrfacher Millionenhöhe entstanden. 1987 erklärte der Beschwerdeführer einen Gewinn von S 3.192,--, 1988 einen Verlust von S 119.021,--, 1989 einen Gewinn von S 214.233,--, 1990 einen solchen von S 203.639 und für 1991 wieder einen Verlust von S 298.746,--. Die unbestrittenermaßen privat genutzte Fläche des Gebäudes beträgt 19,8 %.

Die belangte Behörde hat die Fremdenpension für den Streitzeitraum nicht mehr als Einkunfts(Verlust)quelle anerkannt. Der Beschwerdeführer hat von 1978 bis 1980 die Pension um netto rund S 8 Millionen umbauen lassen und diesen Umbau größtenteils mit Fremdkapital finanziert. Die Kreditzinsen hatten allein in den Jahren 1979, 1980 und 1981 S 293.673,--, S 368.795,-- und S 635.866,-- betragen. Durch den Umbau war die Pension beträchtlich vergrößert worden. Die bis zum Umbau geführte Fremdenpension (Zimmer mit Fließwasser und Frühstück) hatte sich im Hinblick auf die durchwegs negativen Ergebnisse bis 1975 nicht dazu geeignet, Gewinne abzuwerfen. Mit Beginn des Umbaus zum Hotel Garni bzw. zur Vermietung von Ferienwohnungen sei eine Änderung der Wirtschaftsführung eingetreten. Im Zeitraum 1978 bis 1990 habe sich ein Gesamtverlust von S 9,48 Millionen ergeben, wovon rund S 2,1 Millionen auf vorzeitige Abschreibung entfallen seien. Bei deren Außerachtlassung verbleibe für diesen Zeitraum von 13 Jahren noch ein Gesamtverlust von S 7,39 Millionen. Es sei nicht erwiesen, daß - wie vom Beschwerdeführer behauptet - ab 1992 damit zu rechnen sei, daß Gewinne von S 300.000,-- bis S 400.000,-- erzielt würden. Selbst wenn man aber von der Richtigkeit dieser Behauptung ausgehen sollte, wären ab 1992 noch cirka 14 weitere Jahre, bei Mitberücksichtigung der Verluste 1978 sogar noch cirka 17 weitere Jahre (somit 27 bzw. 31 Jahre ab Änderung der Bewirtschaftungsart) erforderlich, um die bereits um die Investitionsbegünstigungen und die erhöhte AfA geminderten Verluste der ersten Jahre auszugleichen. Der Senat nehme daher als erwiesen an, daß der Betrieb der Fremdenpension im Streitzeitraum nicht geeignet gewesen sei, positive Ergebnisse abzuwerfen. Die wesentliche Senkung des Schuldenstandes im Jahre 1989 (S 2 Millionen) und der Ausbau eines Kaffeehauses im Jahre 1991 stellten eine Änderung der Wirtschaftsführung dar. Für die Beurteilung der Ertragsfähigkeit im Streitzeitraum sei aber von einer unveränderten Fortsetzung der Wirtschaftsführung auszugehen. Die Gewinne 1989 und 1990 seien auf den massiven Abbau der Fremdmittel zurückzuführen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf richtige Berechnung der Umsatz- und Einkommensteuer in den Streitjahren, insbesondere auf Anerkennung der Fremdenpension als Einkunftsquelle und nachhaltige unternehmerische Tätigkeit, sowie in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Berufungsverfahren verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer beanstandet, daß er von der belangten Behörde in dem Glauben gelassen worden sei, die Liebhabereiverordnung werde in seiner Berufungssache angewendet werden. Er räumt ein, daß die Anwendung dieser Verordnung im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Recht unterblieben ist, behauptet jedoch, es sei ihm durch das erwähnte Verhalten der belangten Behörde entscheidungswesentliches Vorbringen unmöglich gemacht worden, das die Annahme jedweder Liebhaberei widerlegt hätte. Die belangte Behörde habe ihn damit gleichsam "anrennen" lassen.

Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß ein Verhalten der Berufungsbehörde, das ihn wider Treu und Glauben von einem weiteren Vorbringen abgehalten hätte, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dargestellt hätte. Diese könnte jedoch nur für den Fall ihrer Wesentlichkeit zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen. Eine solche Wesentlichkeit legt der Beschwerdeführer aber auch mit seinem in der Beschwerde nachgeholten Vorbringen nicht dar. Es erübrigt sich damit eine Überprüfung seines Vorbringens zum erwähnten Verfahrensmangel.

Die in der Beschwerde zitierte "Aktennotiz" enthält keine Ausführungen, durch die die entscheidungswesentliche Feststellung der belangten Behörde widerlegbar gewesen wäre, die Tätigkeit hätte sich aus der Sicht der Wirtschaftsführung des Streitzeitraumes und deren Beibehaltung nicht zur Erzielung eines Gesamtüberschusses geeignet.

Daß der Beschwerdeführer die Umbaukosten, die schließlich höher gewesen seien, als im Entwurf des Architekten vorgesehen, weitgehend durch Fremdkapital finanziert habe und der Beschwerdeführer dieses Fremdkapital nach Möglichkeit aus Eigenmitteln in einem möglichst raschen Ablauf tilgen habe wollen, beweist nicht, daß bereits in den Streitjahren die Tilgung, die schließlich 1989 und 1990 erfolgte und zu besseren Ergebnissen führte, objektivierbar geplant gewesen sei (siehe auch die Ausführungen weiter unten).

Daß in den Jahren ab 1991 mit Gewinnen zwischen S 300.000,-- und S 400.000,-- zu rechnen gewesen sei, wird auch in der Aktennotiz und in der Beschwerde ohne nähere Begründung einfach behauptet, solcherart also gar kein Versuch unternommen, den von der belangten Behörde vermißten Nachweis zu erbringen.

Da die belangte Behörde ihre Entscheidung primär darauf gegründet hat, daß die Behauptung über ab 1992 zu erwartende Jahresgewinne von S 300.000,-- bis S 400.000,-- in keiner Weise erwiesen sei, der Beschwerdeführer aber die Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung nicht dartut, erübrigt sich ein Eingehen auf die Hilfsbegründung des angefochtenen Bescheides.

Daß ungeachtet des fehlenden Nachweises dieser Gewinnprognose innerhalb eines angemessenen Zeitraumes mit der Erzielung eines Gesamtgewinnes zu rechnen gewesen wäre, legt auch die Beschwerde selbst nicht nachvollziehbar dar.

Weder dem Umstand, daß der Beschwerdeführer aus ländlichen Verhältnissen stammt und er den Gasthof, der seit 1912 bestanden habe, geerbt hat, noch der Umstand, daß er diesen Gasthof wie geschildert umgebaut hat, zeigt, daß auf Grund der im Streitzeitraum verwirklichten und für die Zukunft damals bereits objektivierbar geplanten Wirtschaftsführung die Möglichkeit zur Erzielung eines Gesamtgewinnes bestanden hätte. Die belangte Behörde durfte daher auch die Gewinnerzielungsabsicht verneinen, weil für eine solche nicht Wunschvorstellungen maßgeblich sind, die sich mit der wirtschaftlichen Realität nicht in Einklang bringen lassen.

Da der Beschwerdeführer nicht darlegt, von welchen Prämissen das von ihm erwähnte "Wifi"-Gutachten und die Wirtschaftlichkeitsprüfung der "Hypo" aufgebaut haben, läßt sich für die Beschwerde auch aus diesen Hinweisen nichts gewinnen.

Die Behauptung, daß dem Betrieb nach der Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde die Qualifikation eines 3-Stern-Hotels verliehen worden sei, bildet keinen Nachweis für die Eignung des Betriebes, innerhalb eines angemessenen Zeitraums einen Gesamtgewinn zu erzielen.

Auf die Frage, ob widrige Umstände, die zu einer Verteuerung oder zu einer Verschlechterung der Ergebnisrechnung führen, außer Betracht zu bleiben hätten, erübrigt es sich einzugehen, weil derartige widrige Umstände nicht konkret behauptet wurden. Daß der Umbau schließlich teurer als nach dem Entwurf des Architekten kam, stellt jedenfalls einen derartigen widrigen Umstand nicht dar, weil sich die Verteuerung ja bereits während der Ausführung des Umbauvorhabens und damit zu Beginn des Beobachtungszeitraumes eingestellt haben muß.

"Durchschnittlichkeit" der Verhaltensweise bildet keinen Nachweis für die Einkunfts-(Verlust)quelleneigenschaft. Um diese Eigenschaft zu verneinen, bedarf es daher auch keines Nachweises, daß sich die betreffende Person in ihrer Tätigkeit abweichend vom Durchschnitt verhalten habe. Mit der Behauptung, konsequenterweise müßte von der Finanzverwaltung die gesamte Branche als Liebhaberei abqualifiziert werden, entfernt sich der Beschwerdeführer von der Feststellung der belangten Behörde, daß die Erzielbarkeit von jährlichen Gewinnen zwischen S 300.000,-- und S 400.000,-- ab 1992 nicht nachgewiesen sei, die Erzielbarkeit eines Gesamtüberschusses daher innerhalb angemessener Zeit nicht vorliege. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß sich die gesamte Branche in vergleichbarer Situation befände, da wohl deren überwiegender Teil allein aus den Einkünften ihrer Tätigkeit den Lebensunterhalt des Unternehmers und seiner Familie bestreiten muß.

Der Beschwerdeführer beruft sich zu Unrecht auf Treu und Glauben mit der Begründung, bis 1986 habe die Praxis bestanden, Fremdkapitalzinsen außer Betracht zu lassen. Selbst dann, wenn eine solche Praxis bestanden haben sollte, hätte der Beschwerdeführer auf diese wegen deren Unvereinbarkeit mit dem Gesetz nicht vertrauen dürfen. Etwas anderes läßt sich auch dem in der Beschwerde erwähnten Erkenntnis VwSlg 6168F/1986 nicht entnehmen.

Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, es handle sich lediglich um Anlauf(Anfangs)verluste, übersieht er, daß nach der Feststellung der belangten Behörde nicht nur Anlauf(Anfangs)verluste vorliegen, sondern Ertragsunfähigkeit, weil innerhalb absehbarer Zeit, nämlich auch in den nächsten 13 bis 17 Jahren - ausgehend von der im Streitzeitraum geplanten Wirtschaftsführung und deren Beibehaltung - ein Gesamtüberschuß nicht zu erzielen ist.

Die Befürchtung des Beschwerdeführers, die Finanzverwaltung könnte "unter dem Schlagwort Änderung der Bewirtschaftungsart" Argumente finden, um mit einer Besteuerung des Einkommens vorzugehen, sobald der Beschwerdeführer dauerhaft in die Gewinnzone komme, bildet keine Begründung zum Nachweis inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Daß die Ertragsunfähigkeit des Betriebes zu Beginn des Beobachtungszeitraumes ausgehend von der damals eingeschlagenen Bewirtschaftungsart nicht absehbar gewesen wäre, läßt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Es ist daher auch im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer keine andere Beurteilung der Liebhabereifrage geboten.

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß der Bau eines Tageskaffeehauses im Jahre 1991 ebenso wie ein maßgeblicher Abbau des Fremdmitteleinsatzes eine Änderung der Wirtschaftsführung darstellen, die allenfalls zu einer anderen Beurteilung der Ertragsaussichten ab dem Zeitpunkt der Änderung zwingt.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, er habe von vornherein die Absicht gehabt, die für den Umbau nötigen Fremdmittel so schnell wie möglich aus eigenen Mitteln zurückzuzahlen, so zeigt er damit einen objektivierbaren Plan des Fremdmittelabbaus, der von vornherein bestanden hätte, nicht auf. Ein solcher müßte in einem entsprechenden Planungsverhalten, also etwa der Vereinbarung bestimmter Rückzahlungsbeträge mit dem Kreditunternehmen, Ausdruck gefunden haben. Die nachträgliche Behauptung seinerzeitiger Absicht, die nicht objektivierbar in Erscheinung getreten ist, bildet keinen tauglichen Grund für Feststellungen zur Beurteilung einer Tätigkeit als Einkunfts(Verlust)quelle.

Das äußere Erscheinungsbild des Betriebes des Beschwerdeführers gibt keinen Aufschluß über die Ertragsfähigkeit des Betriebes. Der Hinweis darauf, daß die Ausstattung des Betriebes jener von Vergleichsbetrieben entspräche, kann der Beschwerde daher ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Es ließ somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140132.X00

Im RIS seit

07.08.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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