TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/4 90/13/0164

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Veröffentlicht am 04.09.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
32/08 Sonstiges Steuerrecht;

Norm

AbgÄG 02te 1977 ;
ABGB §6;
BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §183;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;
BAO §184;
BAO §198 Abs2;
BAO §250 Abs1 litc;
BAO §289 Abs2;
UStG 1972 §16 idF 1977/645 ;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs5 idF 1977/645 ;
UStG 1972 §4 Abs5 idF 1977/645;
UStG 1972 §4 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des K in T, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IX, vom 24. Juli 1989, GZ. 6/4-4062/86-04, betreffend Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 1978 bis 1980, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Beschwerdeführer, dem Inhaber eines "Automatenvertriebes", wurde von 1981 bis 1985 eine Betriebsprüfung hinsichtlich der Zeiträume 1970 bis 1980 vorgenommen. Nach dem Prüfungsbericht erfolgte die Prüfung im Auftrag des Kreisgerichtes N. zur GZ. 8 Vr 12/81 (keine Datumsangabe). Nach den Prüfungsfeststellungen war für das Jahr 1979 ein "Wareneingangsbuch" geführt worden, in dem Wareneingänge und sonstige Betriebsausgaben, aber keine Kasseneingänge verzeichnet waren. Ein Kassabuch (für 1979) sei nicht vorhanden gewesen. Für 1980 sei keine "Buchhaltung" vorhanden.

Nach Tz 9 des Prüfungsberichts ist der Beschwerdeführer u. a. Eigentümer von Geldspielautomaten, die bei Gastwirten aufgestellt sind. Aufzeichnungen zur Ermittlung des Umsatzes aus diesen Geldspielautomaten (im Sinne des § 4 Abs. 3 UStG 1972) seien nicht geführt worden. Der Stand des Zählwerkes Nr. 1, welches (ansonsten) insbesondere bei der Type "Ambassador" durch Aufzählung der gesamten Umsätze (also auch die der Freispiele, jedoch ohne Gamble-Umsätze) die Ermittlung der Automatenumsätze ermögliche, sei im Falle des Beschwerdeführers nicht heranzuziehen, weil entweder die Zählwerke nicht intakt oder ausgebaut seien oder weil die Automaten gebraucht angeschafft wurden und Umsatzzahlen aufwiesen, welche nicht im Unternehmen des Beschwerdeführers erspielt wurden. Nach den Ausführungen im Bericht sei auf Grund umfangreicher Probespiele, welche im Bereich der Bezirkshauptmannschaft N. durchgeführt worden seien, ein Faktor von 3,97 - 5,86 des in den Automaten eingeworfenen Geldbetrages (einschließlich der Gamble-Umsätze) festgestellt worden. Der Prüfer schätzte mit einem Vervielfacher von 3 und erhöhte die (erklärten) "Einspielergebnisse" der Jahre 1978 und 1979 jeweils um das Doppelte dieses Betrages.

Nach Tz 10 des BP-Berichts seien die "Einspielergebnisse" aus Geldspielautomaten nach Zeugenaussagen unvollständig aufgezeichnet worden. Für 1979 wurde daher vom Prüfer eine Zuschätzung in Höhe von 15 % der erklärten Einspielergebnisse (vor Anwendung des Vervielfachers 3) vorgenommen.

Nach Tz 11 des BP-Berichts wurden Umsatz und Gewinn des Jahres 1979 um einen ungeklärten Vermögenszuwachs in Höhe von S 1,070.000,-- erhöht. Die Berechnung lautet:

"Sparbuch 0310-335450 (Tz.47)                   1,500.000,--

Sparbuch 0010-245389 (Tz.47)                     500.000,--

ungedeckter Vermögenszuwachs                   2,000.000,--

- VSt-freie Barmittel aus Vorjahren            - 300.000,--

- 15% Zuschätzung lt.Tz.10 abzgl. Vertrags-

   partner-Anteil                               - 200.000,--

- verdeckte Gewinnausschüttung H. GmbH         - 430.000,--

ungeklärter Vermögenszuwachs                   1,070.000,--"

Nach Tz 14 des Berichts gehe aus Zeugenaussagen, Beschuldigtenvernehmungen und Selbstanzeigen hervor, daß bei der Auslieferung von Geldspielautomaten zusätzlich zum fakturierten Kaufpreis an den Beschwerdeführer Barzahlungen zu leisten waren. Im Einzelunternehmen des Beschwerdeführers betrugen die zusätzlichen Erlöse bei der Rechnung Nr. 273 vom 14.2.1980 S 81.000,-- und bei der Rechnung Nr. 277 vom 15.2.1980 S 40.000,--. Um diese Beträge wurden Umsatz und Gewinn 1980 erhöht.

Nach einer mit dem Vertreter des Beschwerdeführers im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens aufgenommenen Niederschrift sagte dieser zu dem Vermögensstand der beiden (beschlagnahmten) Sparbücher (S 2,000.000,--) aus, der Beschwerdeführer könne mangels ihm zugänglicher Unterlagen dazu keine exakten Aussagen treffen. Das Geld könne nur aus bereits versteuerten Einnahmen stammen. Der Vorgang könnte sich unter Umständen bei Vorhandensein sämtlicher Bankunterlagen aufklären lassen. Nach der Niederschrift wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers der Inhalt von Aussagen der Zeugen Erich M., Josef V., Ernst H., Erich A., Vinzenz W., Elisabeth W., Harald H., Herma H. über Schwarzzahlungen an den Beschwerdeführer vorgehalten.

Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1978 bis 1980 wurde Berufung erhoben. Hinsichtlich der Umsatzermittlung 1978 und 1979 wurde ausgeführt, der Ansatz eines Faktors 3 sei zu Unrecht erfolgt; richtig sei, "daß kein Faktor angesetzt wird".

Zur Begründung werde auf Heidinger, Geldspielautomaten:

Umsatzsteuer für Freispiele verfassungswidrig?, RdW 1985, S. 124, verwiesen. Die Berufung richtete sich weiters gegen die in den Tz 10 und 11 des BP-Berichtes vorgenommene Zuschätzung und die Vermögensdeckungsrechnung. Die Vermögenszugänge seien aus vermögens- und ertragsteuerfreien Vermögensumschichtungen erfolgt. Gegen die Zurechnung laut Tz 14 des BP-Berichts wurde eingewendet, es sei niemals zu Unterfakturierungen gekommen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Vervielfachung der dem Unternehmer verbliebenen Einsätze (Umsatzsteuer 1978 und 1979) ging die belangte Behörde davon aus, daß den verbliebenen Einsätzen nicht nur die ausbezahlten Gewinne, sondern auch der Wert der Freispiele sowie der Gamble-Spiele zuzurechnen waren. Da im Beschwerdefall keine die Ermittlung dieser Umsätze ermöglichenden Zählwerke vorhanden gewesen seien, seien die Umsätze zu schätzen gewesen. Die belangte Behörde verwies zur Anwendung des Vervielfachers 3 auf Ermittlungen, die Ergebnisse zwischen 3,8 bis 8,5 erbracht hätten. Weiters stellte die Behörde fest, daß in der Berufung der angewendete Faktor der Höhe nach nicht bekämpft worden und somit nicht Berufungsgegenstand sei.

Hinsichtlich der Zuschätzung zu den "Einspielergebnissen" des Jahres 1979 wurde im angefochtenen Bescheid auf Zeugenaussagen verwiesen, nach denen es zu Verkürzungen gekommen sei. Diese Aussagen seien von mehreren Personen aus verschiedenen Orten unabhängig voneinander gemacht worden. Auch von einem Inkassanten der "Firma" des Beschwerdeführers sei diese Vorgangsweise bei der Abrechnung der Einspielergebnisse bestätigt worden. Vom Beschwerdeführer sei demgegenüber nichts Konkretes vorgebracht worden.

Der Vermögenszuwachs (Einzahlungen auf zwei beschlagnahmte Sparbücher von S 2,000.000,--) 1979 sei vom Beschwerdeführer nicht aufgeklärt worden, sodaß die Berechtigung zur Zuschätzung dieses Betrages gegeben sei.

Hinsichtlich der Zurechnung von Schwarzzahlungen beim Verkauf von Automaten verwies die belangte Behörde auf die Zeugen, deren Namen dem Vertreter des Beschwerdeführers bekanntgegeben worden seien. Zum Berufungsbegehren einer Gegenüberstellung wurde ausgeführt, die Partei habe keinen Anspruch auf Anwesenheit bei der Beweisaufnahme. Dem Beschwerdeführer sei es freigestanden, sich zu den aufgenommenen Beweisen zu äußern.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde wurde Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben. Mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 1154/89, wurde die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. UMSÄTZE AUS SPIELEN AN GELDSPIELAUTOMATEN

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Einspielergebnisse aus Spielautomaten im zeitlichen Geltungsbereich der Vorschrift des § 4 Abs. 5 UStG 1972 in der Fassung des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. 645, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß jedes Entgelt für jedes einzelne Spiel zur Bemessungsgrundlage zählt. Gewinnt ein Spieler und kann er mit dem Gewinn am Automaten ein neues Spiel ("Freispiel") tätigen, so wird auf Grund der neuerlichen Inbetriebnahme des Geldspielautomaten ein neuer Umsatz ausgeführt; der geldwerte, auch in anderer Weise (zur Konsumation) verwendbare Gewinnanspruch des Spielers bildet das Entgelt für diesen Umsatz (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. März 1980, Slg. 5465/F, vom 3. November 1986, Slg. 6166/F, und zuletzt vom 14. Jänner 1991, 90/15/0064, und vom 8. April 1991, 90/15/0065).

Daraus folgt, daß zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sowohl sämtliche in den Automaten eingeworfene Bargeldbeträge ("Bargeldeinwurf") ungeachtet einer allfälligen Auszahlung von Gewinnen als auch die Freispiel- und "Gamble"-Umsätze zählen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1991, 90/15/0067).

Mit den von einzelnen Autoren (vgl. insbesondere Lechner, Umsatzsteuerliche Behandlung von Freispielen bei Glücksspielautomaten, ÖStZ 1983, 264; derselbe, Nochmals zur Umsatzsteuer für Glücksspielautomaten, WBl 1987, 59; Heidinger,

Geldspielautomaten: Umsatzsteuer für Freispiele verfassungswidrig?, FJ 1985, 124; derselbe, Nochmals zur Umsatzsteuer für Spielautomaten, SWK 1986 A II 17; derselbe,

Verwaltungsgerichtshof: Vervielfacher für Freispiele bleibt, SWK 1987 A II 3) im Rahmen ihrer Kritik an der erwähnten Rechtsprechung vorgetragenen Argumenten hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits auseinandergesetzt (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 3. November 1986, 85/15/0270, Slg. 6166/F, vom 11. Jänner 1988, 87/15/0102, und vom 11. September 1989, 88/15/0165); diese geben - aus den in den angeführten Erkenntnissen dargelegten Gründen - keinen Anlaß, von der bisher vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsauffassung abzugehen. Soweit sich der Beschwerdeführer neuerlich - ohne wesentliche neue Argumente vorzutragen - gegen die Einbeziehung der für die Ausführung von sogenannten "Freispielen" verwendeten geldwerten Gewinnansprüche in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer wendet, genügt es, auf die oben zitierte Rechtsprechung zu verweisen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1991, 90/15/0065).

Soweit der Beschwerdeführer dabei auf die Lehre und Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland verweist, ist ihm zu entgegnen, daß es sich bei dem zweiten Satz des § 4 Abs. 5 UStG 1972 um einen Sondertatbestand handelt, der dem deutschen Umsatzsteuerrecht fremd ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 1986, Slg. 6166/F).

Insbesondere hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in den Erkenntnissen vom 14. März 1980, Slg. Nr. 5465/F, und vom 3. November 1986, Slg. Nr. 6166/F, eingehend mit dem im § 4 Abs. 5 zweiter Satz UStG 1972 enthaltenen Begriff "Entgelt für den einzelnen Spielabschluß" auseinandergesetzt. Danach wird mit jeder neuerlichen Inbetriebnahme des Geldspielautomaten ein neuer Umsatz ausgeführt. Entgegen den umfangreichen Beschwerdeausführungen kann demgegenüber keine Rede davon sein, daß ein einzelner Spielabschluß nur bei jedem neuerlichen Geldeinwurf zustande kommt. Weder die Ausführungen über die Auslegung des Glücksspielgesetzes (1962) noch über den Inhalt eines Glücksvertrages im Sinne des § 1276 ABGB bieten einen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Der Beschwerdeführer übersieht insbesondere mit den aus der Sicht des bürgerlichen Rechts vorgenommenen Darlegungen über den Abschluß eines Glücksvertrages, daß abgabenrechtliche Tatbestände, auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind, nach dem Zweck des jeweiligen Abgabengesetzes und dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung auszulegen ist (vgl. den Beschluß des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 27. Dezember 1991, 2 BvR 72/90, DStR 1992, 106; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1992, 92/16/0015). Im Streitfall ist aber allein die am Zweck des Sondertatbestandes des § 4 Abs. 5 zweiter Satz UStG 1972 orientierte Auslegung dieser abgabenrechtlichen Einzelregelung von Bedeutung.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war bei der Beurteilung des abgabenrechtlichen Tatbestandes auch nicht auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Strafsachen (SSt 54/22) Bedacht zu nehmen.

Soweit der Beschwerdeführer einwendet, die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes bewirke eine exzessive Besteuerung, die damit "zum Ruin eines ganzen Wirtschaftszweiges" führe, und sohin gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verstoße, ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1978, G 82/78, Slg. Nr. 8457, zu verweisen, wonach eine Gleichheitswidrigkeit des § 4 Abs. 5 zweiter Satz UStG 1972 auch dann noch nicht nachgewiesen sei, wenn diese Regelung eine beträchtliche steuerliche Belastung von Spielunternehmern mit sich bringen sollte, denen sie durch entsprechende Gestaltung der Konditionen für die Spiele nicht entgehen können. Es komme dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit zu, mit steuerrechtlichen Vorschriften auch andere als fiskalische Zwecke anzustreben. Selbst wenn der Gesetzgeber Wetten und Spiele mit Gewinnmöglichkeit als unerwünscht ansieht und daher derartige Tätigkeiten durch hohe Besteuerung einzudämmen trachtet, treffe der Vorwurf, er habe eine unsachliche Regelung getroffen, nicht zu.

Aus dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, zu § 16 UStG 1972 ergangenen Erkenntnis vom 27. September 1977, 2916/76, wonach die Auszahlung eines Gewinnes insoweit eine Entgeltsrückgewähr (Entgeltsminderung) darstellt, als der Spielunternehmer dabei den Betrag zurückgewähren muß, den er als Entgelt für seine Leistung erhielt (den Einsatz), ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen: Einerseits steht der Umstand, daß die Bemessungsgrundlage aus dem "Bargeldeinwurf" (ungeachtet der Auszahlung von Gewinnen) und den Freispiel- und Gamble-Umsätzen besteht, in keinem Zusammenhang mit der Frage einer - im Verwaltungsverfahren nicht relevierten - Entgeltsminderung dieser Umsätze. Andererseits war die im zuletzt genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Auffassung aber unmittelbare Folge der bis zum 2. Abgabenänderungsgesetz 1977 vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Ansicht, daß nur das jeweils für die Inbetriebnahme des Spielautomaten aufgewendete Geldstück das Entgelt für die Leistung des Automatenaufstellers bildete, und sich somit die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage aus der Summe der verlorenen Spieleinsätze ergab. Durch die seitdem eingetretene Gesetzesänderung (im § 4 Abs. 5 zweiter Satz UStG 1972) wurde jedoch bestimmt, daß die sonstige Leistung des Spielautomatenaufstellers durch den Abschluß des einzelnen Spieles bewirkt wird. Diese Gesetzesänderung wirkt sich auch auf den Begriff der Bemessungsgrundlage im Sinne der Bestimmungen der §§ 4 und 16 UStG 1972 aus. Bei dem einzelnen Spiel als in sich abgeschlossenem Umsatz löst der Gewinn keine Änderung (Verminderung) der Bemessungsgrundlage aus; der Gewinn stellt sich vielmehr als Erfüllung des (bei Abschluß des Glücksvertrags) versprochenen ungewissen Vorteils, also als Teil der vom Unternehmer erbrachten Leistung dar. Die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1977, 2916/76, vertretene Auffassung ist daher im Hinblick auf § 4 Abs. 5 zweiter Satz UStG 1972 in der Fassung des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977 überholt.

Gegen die Feststellung im angefochtenen Bescheid, der angewendete Faktor sei der Höhe nach nicht bekämpft worden, wird der Vorwurf der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben, und zwar, weil der Sachverhalt von der belangten Behörde damit in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden sei. Die belangte Behörde war aber mit der gerügten Feststellung im Recht: Wie in der Beschwerde zutreffend wiedergegeben wurde, enthielt die Berufungsschrift folgende hiefür maßgebliche Sätze: "Dieser Ansatz des Faktors erfolgte zu Unrecht, richtig ist vielmehr, daß kein Faktor angesetzt wird. ... Es wird daher beantragt, die aus diesem Titel vorgenommenen umsatzsteuerlichen und ertragsteuerlichen Konsequenzen vollinhaltlich zu stornieren."

Im Verein mit dem Umstand, daß in der Begründung der Berufung keinerlei Einwendungen gegen die Höhe des von der Betriebsprüfung mit näherer Begründung angenommenen Vervielfachers enthalten sind, war die Behörde im Hinblick auf diese Stellen der Berufungsschrift im Recht, wenn sie davon ausging, daß die Berufung sich nicht gegen die Höhe des Vervielfachers richtete. Schließlich ist darauf zu verweisen, daß weder in der Beschwerdeschrift noch in der Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde ausgeführt worden ist, zu welchem anderen Bescheid die belangte Behörde bei einer näheren Auseinandersetzung mit den für das Ausmaß des Vervielfachers bestimmenden Tatsachen hätte gelangen können.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wird vom Beschwerdeführer gerügt, daß die Behörde eine "Schätzungsberechtigung" angenommen hat. Demgegenüber wurde bereits vom Prüfer festgestellt, daß funktionsfähige Zählwerke entweder nicht vorhanden waren oder - bei gebraucht erworbenen Automaten - der Anfangsstand der Zählwerke im Zeitpunkt der Aufnahme in das Betriebsvermögen nicht festgestellt werden konnte. Gegen diese Sachverhaltsfeststellungen wurde vom Beschwerdeführer im Abgabenverfahren nichts vorgebracht. Auch in der Beschwerdeschrift werden gegen diese Sachverhaltsfeststellungen keine substanziellen Einwendungen erhoben. Der Beschwerdeführer hatte - worauf die belangte Behörde im bekämpften Bescheid hingewiesen hat - nicht die Umsätze im Sinne der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sondern lediglich die nach Abzug von Gewinnen sowie von Freispiel- und Gamble-Umsätzen verbliebenen Umsätze aufgezeichnet. Schon damit haben sich die Umsatzaufzeichnungen als sachlich unrichtig erwiesen, sodaß die Abgabenbehörde gemäß § 184 Abs. 1 und 3 BAO zur Schätzung der Umsätze verpflichtet war. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war demgegenüber die Frage, ob die den Prüferfeststellungen zufolge geführten Aufzeichnungen des Beschwerdeführers ansonsten sachlich richtig und formell mängelfrei waren, für die schätzungsweise Ermittlung der Umsätze der Jahre 1978 und 1979 nicht mehr von wesentlicher Bedeutung. Im übrigen kann die in der Beschwerdeschrift ausgesprochene bloße Vermutung, die Aufzeichnungen müßten umfassender - als vom Prüfer festgestellt - gewesen sein, weil sonst keine Bilanz und keine Umsatzsteuererklärungen erstellt hätten werden können, den eindeutigen und im Abgabenverfahren unbestritten gebliebenen Prüfungsfeststellungen nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.

2. VERMÖGENSDECKUNGSRECHNUNG 1979

Die Abgabenbehörde hat die Grundlagen der Abgabenerhebung auch dann zu schätzen, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, daß ein beim Abgabepflichtigen eingetretener Vermögenszuwachs weder aus seinem erklärten Einkommen noch aus sonstigen Einnahmen, die der Einkommensteuer nicht unterliegen, herrühren kann. Wenn in einem mängelfreien Verfahren ein Vermögenszuwachs festgestellt wird, den der Abgabepflichtige nicht aufklären kann, ist die Annahme gerechtfertigt, daß der unaufgeklärte Vermögenszuwachs aus nicht einbekannten Einkünften stammt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1992, 90/13/0295, mit weiteren Hinweisen).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer am 9. März 1979 ein Sparbuch mit einer Ersteinlage von S 500.000,-- und am 29. August 1979 ein weiteres Sparbuch mit einer Ersteinlage von S 1,500.000,-- eröffnet hat. Die Herkunft der Mittel konnten dem Prüfer gegenüber, dem die Buchhaltung und die Belege des Beschwerdeführers für 1979 in der Kanzlei des seinerzeitigen steuerlichen Vertreters zur Verfügung standen, nicht angegeben werden. Nach Abzug von geschätzten (vermögensteuerfreien) Barmitteln aus Vorjahren, der Zuschätzung zu den Einspielergebnissen und einer verdeckten Gewinnausschüttung einer GmbH gelangte der Prüfer zu einem unaufgeklärten Vermögenszuwachs von S 1,070.000,--.

Der Beschwerdeführer hat im Prüfungsverfahren und im anschließenden Berufungsverfahren lediglich allgemeine Angaben darüber gemacht, woher die Mittel für die Sparbucheinlagen stammen könnten, nämlich Treuhandgelder, Vermögensumschichtungen oder Kundenanzahlungen. Konkrete Angaben über diese beiden, im Hinblick auf die Höhe der runden Beträge signifikanten Beträge wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Dem Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, von Amts wegen die vom Kreisgericht N. beschlagnahmten Unterlagen dem Beschwerdeführer zur Verfügung zu stellen, ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer selbst einen darauf abzielenden Antrag im Abgabenverfahren nicht gestellt hat. Zu der vom Beschwerdeführer ins Auge gefaßten amtswegigen Vorgangsweise waren die Abgabenbehörde aber schon deswegen nicht in der Lage, weil der Prüfer eben weder in der vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers geführten Belegsammlung für 1979 noch in den ihm zur Verfügung gestandenen beschlagnahmten Beweismitteln Hinweise für eine Aufklärung für die beiden Spareinlagen finden konnte.

Wenn der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner auf § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG gestützten Verfahrensrüge vorbringt, es wäre unumgänglich gewesen, in die vom Kreisgericht N. beschlagnahmten Unterlagen Einsicht zu nehmen, ist ihm zu entgegnen, daß im Zuge der Betriebsprüfung eben diese beschlagnahmten Unterlagen untersucht worden sind. Ein konkreter Beweisantrag, "Einsicht in die Unterlagen beim Kreisgericht N. zu nehmen", wurde vom Beschwerdeführer entgegen seinem Beschwerdevorbringen im Abgabenverfahren, wie ausgeführt, nicht gestellt. Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer, daß es bei Vorliegen eines unaufgeklärten Vermögenszuwachses dem Abgabepflichtigen obliegt, diesen durch entsprechend konkrete Angaben aufzuklären. Keineswegs ist bei einem solchen Sachverhalt die Behörde verpflichtet, einen Erkundungsbeweis, bei dem erst ein abgabenrechtlich relevanter Sachverhalt festgestellt werden soll, zu führen. Zur amtswegigen Vornahme eines solchen Erkundungsbeweises, bei dem erst Tatsachen für eine der vom Beschwerdeführer gegebenen Varianten zur Erklärung des Vermögenszuwachses festgestellt werden sollten, ist die Abgabenbehörde keineswegs verpflichtet.

Wenn der Beschwerdeführer ebenfalls zum Faktum des ungeklärten Vermögenszuwachses unter Bezugnahme auf die beim Kreisgericht N. verwahrten Unterlagen rügt, er habe zu der Beweisaufnahme nicht ausreichend Stellung nehmen können, so übersieht er, daß die im Zuge der Betriebsprüfung vorgenommene Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen hinsichtlich der Herkunft der Geldeinlagen zu keinem Ergebnis geführt hat.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wendet sich der Beschwerdeführer auch gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Würdigung der Beweise, auf Grund derer der Sachverhalt angenommen worden ist, nur insoferne der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie unter anderem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1992, 90/13/0295 u.v.m.). Der Folgerung der belangten Behörde, daß durch den bloßen Hinweis auf Treuhandgelder ODER Vermögensumschichtungen ODER Kundenanzahlungen - also durch drei alternativ vom Beschwerdeführer aufgestellte Vermutungen - der Vermögenszuwachs nicht aufgeklärt erschien, kann dabei eine Schlüssigkeit nicht abgesprochen werden.

Soweit vom Beschwerdeführer schließlich gerügt wird, daß "dem Bescheidspruch offenbar nicht alle erforderlichen Tatbestandsmerkmale beigegeben wurden und keine ausreichende Konkretisierung" vorliegt, übersieht er, daß in der Berufungsentscheidung über das Berufungsbegehren abzusprechen ist. Wird wie im Beschwerdefall die Berufung als unbegründet abgewiesen (vgl. § 289 Abs. 2 BAO), so ist dieser Ausspruch so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem Bescheid der unteren Instanz im Spruch übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte, der fortan an die Stelle des angefochtenen Bescheides tritt (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, S. 684, und die dort zitierte Rechtsprechung). Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide - im Beschwerdefall wurde über eine Berufung gegen solche Abgabenbescheide entschieden - im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Der Umstand, daß auch die Bemessungsgrundlage der vorgeschriebenen Abgabe in den Spruch des Abgabenbescheides aufzunehmen ist, bedeutet aber nicht, daß alle Faktoren, die die Festsetzung der Abgabe zufolge ihrer Tatbestandsmäßigkeit beeinflussen, "Bemessungsgrundlage" im Sinne der angeführten Gesetzesstelle sind (vgl. Stoll, a.a.O., S. 467). Die Meinung des Beschwerdeführers, im Spruch eines (Abgaben-)Bescheides seien alle einzelnen "Tatbestandsmerkmale" anzuführen, steht daher mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die Berufungsbehörde auch nicht gehalten, sämtliche gesetzlichen Grundlagen, die für die Erlassung des Bescheides in Betracht kommen, anzuführen; sie hat vielmehr im Rahmen des Rechtsmittelantrages (vgl. § 250 Abs. 1 lit. c BAO) zu entscheiden, wobei für die Begründung der Rechtsmittelentscheidung keine formalen Regeln bestehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990130164.X00

Im RIS seit

16.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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