TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/15 88/04/0195

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Index

L10016 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BergG 1975 §146 Abs5;
BergG 1975 §166 Abs1;
GdO Stmk 1967 §45 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Gipswerke X-GmbH & Co KG in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. Juli 1988, Zl. 610 029/3-VII/4/87, betreffend Ansuchen um Genehmigung zur Errichtung einer Bergbauanlage (mitbeteiligte Parteien: 1. Land Steiermark, vertreten durch den Landeshauptmann, und

2. Stadtgemeinde Kapfenberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen wird, als unbegründet abgewiesen. Im übrigen wird der angefochtene Bescheid, soweit damit der Bescheid der Berghauptmannschaft Leoben vom 28. Oktober 1987, Zl. 53316/34/86, gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Berghauptmannschaft verwiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 27. Juli 1988 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über Berufungen der mitbeteiligten Parteien gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 dahin, daß der Bescheid der Berghauptmannschaft Leoben vom 28. Oktober 1987 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Berghauptmannschaft verwiesen wird. Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet zurückgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Die Gipswerke X-GmbH & Co.KG in B (im folgenden kurz Gipswerke genannt) hat mit Schreiben vom 11. August 1986 bei der Berghauptmannschaft Leoben u.a. um die Bewilligung zur Errichtung von "Bergbauanlagen", und zwar einer Anlage zur Herstellung von Anhydrit-Fließestrich (Trockenmörtelanlage) auf dem Grundstück Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach, Ortsgemeinde Kapfenberg, und einer Energieversorgungsanlage zur Versorgung der eigenen Bergbauanlagen mit Energie (Wasserkraftanlage Mürz/Diemlach) im Bereich des alten Wehres "Walzwerk Diemlach" angesucht. Hierüber hat die Berghauptmannschaft für den 23. September 1986 eine mündliche Verhandlung mit örtlicher Erhebung anberaumt.

Nach Darstellung des Sachverhaltes, Verlesung von Sachverständigenäußerungen und Sachverständigendarlegungen hat der zur mündlichen Verhandlung und örtlichen Erhebung erschienene Vertreter des Landeshauptmannes von Steiermark vom Standpunkt der vom Landeshauptmann wahrzunehmenden öffentlichen Interessen erklärt, daß im Sinne des § 146 des Berggesetzes 1975 entschiedene Einwände bestünden, da vorerst die Klärung der Frage des Grundeigentumes bzw. der zwangsweisen Grundüberlassung eine wesentliche Vorfrage dieses unverständlich vorgezogenen Verfahrens sei, welches nur unnütze Beunruhigung und Emotionen der Anrainer verursache.

Ein Vorziehen des Verfahrens auf zwangsweise Grundüberlassung sowie wiederholte Vertagungsanträge zwecks Klärung verschiedener Vorfragen (Eigentum, Wasserrecht etc.) wurden vom Verhandlungsleiter abgelehnt. Dieser erklärte hiezu u. a., daß i.S. der nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz vorgeschriebenen Verhandlungskonzentration vorgesehen war und ist, sowohl das Verfahren betreffend die Anlagenerrichtung als auch das Verfahren hinsichtlich der Grundüberlassung gemäß § 172 Berggesetz 1975 gemeinsam durchzuführen, wie dies dem Land Steiermark auch schriftlich mitgeteilt worden ist. Dies sei im Sinne des Parteienantrages auch nach Verfahrensvorschriften zwingend notwendig, an welche sich die Berghauptmannschaft Leoben in ihrem Vorgehen streng gehalten erachte. Die Beurteilung der vom Vertreter des Landeshauptmannes angeführten Vorfragen stellten selbstverständlich an die Behörde die verbindliche Auflage, diese Vorfragen entsprechend zu beachten. Hiezu sei es aber notwendig, daß genaue Kenntnis hinsichtlich der zur Entscheidung vorliegenden Hauptsache bestehe. Dem Antrag des Vertreters des Landeshauptmannes auf Unterbrechung oder Vertagung oder Aussetzung des Verfahrens könne daher nicht entsprochen werden.

Der Vertreter des Landes Steiermark hat insbesondere ausgeführt, daß es nach Meinung des Landes nicht klar sei, daß die geplante Verarbeitungsanlage in Diemlach nach dem Berggesetz 1975 auch zu dem Bergbaubetrieb (der Gipswerke in Tragöß) dazugehöre. Er meinte weiters, daß § 146 (des Berggesetzes 1975) hinsichtlich des Bewilligungsverfahrens nicht zutreffe. Weiters werde festgehalten, daß aus dem nunmehr vorliegenden Plan hervorgehe, daß entgegen der Kundmachung auch Teile eines anderen Grundstückes zwangsweise überlassen werden sollen. Weitere Ausführungen betreffen den von den Gipswerken eingebrachten Antrag auf zwangsweise Grundüberlassung des im Eigentum des Landes stehenden Grundstücks Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach.

Die Vertreter der Stadtgemeinde Kapfenberg haben die Unzuständigkeit der Bergbehörde für die Fließestrichanlage eingewendet, da der betriebliche Zusammenhang zwischen dem Abbau in Tragöß-Oberort und der Verarbeitungsanlage in Kapfenberg (rund 30 km Entfernung) nicht gegeben sei. Hinsichtlich der geplanten Errichtung der Wasserkraftanlage werde ebenso die Unzuständigkeit der Berghauptmannschaft eingewendet, da die Energiegewinnung durch diese Wasserkraftanlage in keinem notwendigen Zusammenhang mit dem "Aufbereiten" i.S. des § 2 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 stehe und daher nicht das Berggesetz zur Anwendung komme. Die Stadtgemeinde Kapfenberg beabsichtige, die gesamte freie zur Verfügung stehende Gewässerstrecke der Mürz (vom Unterwasser des Kraftwerkes Zentrale I bis zum Oberwasser des Kraftwerkes der Papierfabrik Leykam-Mürztaler) energiewirtschaftlich zu nützen. Ein Vorprojekt sei beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 3, bereits eingebracht worden. Die Stadtwerke Kapfenberg versorgten das gesamte Stadtgebiet mit elektrischer Energie, so auch die derzeitigen und zukünftigen Industriebetriebe im Bereich des ehemaligen Felten-Guilleaume-Areals in Diemlach.

Hinsichtlich der zwangsweisen Grundüberlassung gemäß § 172 des Berggesetzes 1975 stellte die Stadtgemeinde Kapfenberg fest, daß sie der Bewilligungswerberin ein Grundstück hinter dem Werk Deuchendorf angeboten habe, dessen Benützung die technisch und wirtschaftlich einwandfreie und sichere Ausübung der geplanten Tätigkeiten gewährleiste. Es sei somit nicht notwendig, das wertvollere Grundstück Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach mit Hilfe der zwangsweisen Grundüberlassung gemäß § 172 des Berggesetzes 1975 in Anspruch zu nehmen.

Vom Standpunkt des Umweltschutzes sei die Stadtgemeinde Kapfenberg aus folgenden Gründen gegen die Errichtung der gegenständlichen Fließestrichanlage:

Im Gemeindegebiet von Kapfenberg gebe es bereits einige emissionsträchtige Betriebe, die die Luftqualität im Raume Kapfenberg stark beeinträchtigten. Mit der gegenständlichen Fließestrichanlage, die eine Staubemission von 50 mg/Nm3 erreichen werde - dieser Wert stelle laut Auskunft des Hygiene-Institutes in Graz nach den derzeit geltenden technischen Richtlinien den zulässigen Höchstwert dar -, werde die Kapfenberger Luft in diesem Gebiet noch weiter belastet. Der Ortsteil Diemlach, in dem die gegenständliche Anlage erbaut werden soll, liege in einem schlecht durchlüfteten Talkessel, sodaß bei Niederdruck-Wetterlage die Belastungen aus der Luftverschmutzung für die Bewohner zu einer ernsten Gesundheitsgefährdung werden könnten. Hingewiesen werde ferner darauf, daß sich nicht weit von der geplanten Anlage Wohngebiete befänden, die zum Teil sogar in "reinem Wohngebiet" lägen und Immissionswerte durch die gegenständliche Anlage zusätzlich zu den bereits bestehenden Emissionen für diese Wohngebiete weit über den zulässigen Wert zu liegen kommen könnten.

Die Stadtgemeinde Kapfenberg habe deshalb bereits mit Schreiben vom 9.9.1985 die Umwandlung des Industrie- und Gewerbegebietes II in ein Industrie- und Gewerbegebiet I bei der Steiermärkischen Landesregierung beantragt. Außerdem bestehe die Gefahr, daß die am gegenüberliegenden Ufer der Mürz angesiedelten Gärten nicht mehr als solche genützt werden könnten. Hinzuweisen wäre auch darauf, daß die Staubentwicklung durch die Zubringung und Ablieferung des Materials für diese Anlage noch zusätzlich erhöht werde.

Hinsichtlich der örtlichen Raumplanung sei gegen das gegenständliche Bauvorhaben einzuwenden, daß unweit der vorgesehenen Anlage schon seit längerem eine Wohnsiedlung ("Diemlach-Nord") geplant sei, die vor einigen Jahren nicht verwirklicht werden konnte, da die Emissionen der damals noch bestehenden Firma Felten & Guilleaume so hoch waren, daß das Vorhaben gescheitert sei. Es bestehe bei Errichtung der gegenständlichen Anlage erneuert die Gefahr, daß aufgrund der zu erwartenden Staubemissionen das Vorhaben erneuert negativ begutachtet würde.

Weiter sei darauf hinzuweisen, daß noch folgende öffentliche Interessen durch die geplante Anlage berührt werden:

Die öffentliche Straße im Bereich der Mürzbrücke, die als Zubringerstraße für die Rohstoffe genützt werden soll, sei auch zugleich der einzige Weg zur Schule und zum Kindergarten der nördlich der Mürz gelegenen Wohngebiete. Dieser Schulweg sei durch den zu erwartenden Schwerverkehr dann stark gefährdet.

Auf dem Grundstück Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach, plane bereits seit längerem die Firma Vogel & Noot im Einvernehmen mit der Steiermärkischen Landesregierung einen weiteren Betriebszubau, der mindestens 30 weitere Arbeitsplätze sichern würde, wodurch wesentlich mehr Arbeitsplätze geschaffen werden würden, als durch die gegenständliche Anlage.

Die Zufahrt zur geplanten Anlage sei über das Grundstück Nr. 254 in der Kat.Gem. Diemlach (öffentliches Gut) geplant. Dieser Weg soll im Einvernehmen mit der Steiermärkischen Landesregierung in Richtung Süden an die Grundgrenze des Grundstückes Nr. 70/3 in der Kat.Gem. Diemlach verlegt werden, um die beiden Grundstücke Nr. 70/2 und 70/3 zusammenlegen zu können, damit diese einer besseren Nutzung zugeführt werden könnten.

Durch diese geplante Verlegung des Zufahrtsweges würde sich die Grundinanspruchnahme durch die Gipswerke noch weiter ausdehnen, da die Privatzufahrt dann entlang der Mürz bis zum Bahngrundstück der ÖBB rd. 200 m betragen würde.

Die Vertreter der Gipswerke haben u.a. erklärt, daß keine Grundstücksteile beansprucht würden, die außerhalb des Grundstückes Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach lägen. Insoweit der Plan darüber hinausgehende Grundstücksteile miteinbeziehe, werde dies hiemit korrigiert. Hinsichtlich des Grundstückes Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach werde beantragt, die Entscheidung über die zwangsweise Grundüberlassung auf jene Grundstücksteile einzuschränken, die außerhalb des von § 173 des Berggesetzes 1975 genannten 50 m-Bereiches von bestehenden Gebäuden lägen und den darüber hinausgehenden Grundstücksteil erst nach späterer Durchführung des Verfahrens nach § 173 des Berggesetzes 1975 bescheidmäßig zu erledigen. Bei den gegenständlichen Anlagen würde es sich um Aufbereitungsanlagen handeln, die im engsten betrieblichen und organisatorischen Zusammenhang mit dem bestehenden Bergbau seien, wobei der bestehende Bergbau innerhalb kürzester Frist nicht mehr betrieben werden könnte, würde die gegenständliche Anlage nicht bewilligt bzw. die Grundüberlassung angeordnet werden. Andere Grundstücke könnten nicht herangezogen werden, weil längere Fahrtstrecken durch die dann auftretende Stückkostenbelastung die Rentabilität des Bergbaues beseitigen würde. Der Bergbau in Tragöß und die verfahrensgegenständliche Aufbereitungsanlage werden auch unter einer betrieblichen Leitung stehen.

Der Verhandlungsleiter hat sodann zusammenfassend u.a. festgestellt, daß eine bescheidmäßige Erledigung der beantragten Bewilligungserrichtung der gg. Bergbauanlagen auf dem Grundstück Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach verfahrensrechtlich erst möglich sei, wenn die Voraussetzungen gemäß § 170 des Berggesetzes 1975 (Zustimmung des Grundeigentümers) oder die Rechtskraft eines gemäß § 172 des Berggesetzes 1975 verfügenden Bescheides dies zulasse. Hinsichtlich der im Bewilligungsantrag angeführten Wasserkraftanlagen sei selbstverständlich davon auszugehen, daß eine wasserrechtliche Bewilligung für die Anlage eingeholt bzw. erwirkt werden müsse. Hiezu werde festgestellt, daß im Antrag des Bergwerksberechtigten bei der Berghauptmannschaft Leoben die Grundstücke, auf welchen die Wasserkraftanlage geplant sei, nur teilweise angeführt seien, daß sowohl der Nachweis gemäß § 171 des Berggesetzes 1975 (Zustimmung des Grundeigentümers) derzeit noch fehle und auch ein Antrag gemäß § 172 des Berggesetzes 1975 nicht vorliege. Bei einer positiven Erledigung, d.h. Erteilung der Bewilligung der gg.

Bergbauanlage müßte vom "Konsenswerber" noch ein Gutachten der Landesstelle für Brandverhütung über den betrieblichen Brandschutz beigebracht werden, dessen Auflagen für die Anlage verbindlich wären. Die von den erschienenen Nachbarn und Anrainern vorgebrachten Bedenken gegen die geplante Anlage seien im bergbehördlichen Verfahren massiv dargelegt und besprochen worden. Über den vorgebrachten Antrag der zur Wahrnehmung ihrer Interessen (Erschienener) auf Zusendung der Niederschrift, welche ihre Interessen besonders ausführlich darstellten, werde jedenfalls positiv eingegangen werden, soweit damit nicht irgendwelche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu deren Wahrung die Behörde verpflichtet sei, preisgegeben würden.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 1987 hat die Berghauptmannschaft den Gipswerken auf Grund des § 146 des Berggesetzes 1975 und des Ergebnisses der örtlichen "Erhebung und mündlichen Verhandlung vom 23. September 1986" die Bewilligung zur Errichtung "von Bergbauanlagen (Aufbereitungsanlagen), und zwar einer Fließestrichanlage, auch Trockenmörtelanlage genannt, und der dazu erforderlichen maschinen- und elektrotechnischen sowie verfahrenstechnischen Einrichtungen auf dem Grundstück Nr. xxx, Baufläche, in der Kat.Gem. Diemlach, Ortsgemeinde Kapfenberg, unter der AUFSCHIEBENDEN BEDINGUNG bis zum Nachweis der Verfügbarkeit der für die Errichtung der Bergbauanlagen notwendigen Grundstücksflächen" unter einer Reihe von Auflagen erteilt. Ferner wurde "das Verfahren betreffend den Antrag auf die Bewilligung zur Errichtung der Wasserkraftanlage Mürz-Diemlach mit einer Leistung von 1100 kW beim alten Wehr "Walzwerk-Diemlach" gemäß § 38 AVG 1950 bis zum Vorliegen der Entscheidung der Wasserrechtsbehörde ausgesetzt."

In der Begründung des Bescheides gibt die Berghauptmannschaft im wesentlichen den Inhalt der über die mündliche Verhandlung und örtlichen Erhebung am 23. September 1986 aufgenommenen Niederschrift sowie den Inhalt der dieser Niederschrift angeschlossenen Schriftsätze des Sachverständigen für Elektrotechnik, der Vertreter der Österreichischen Bundesbahnen, des Vertreters der Bundeswasserbauverwaltung und der Grundeigentümerin A wieder. Zu den bei der am 23. September 1986 durchgeführten mündlichen Verhandlung und örtlichen Erhebung abgegebenen Stellungnahmen wies die Berghauptmannschaft i.w. darauf hin, daß sie sich zu Beginn und während der Verhandlung mit einer relativ großen Zahl aufgebrachter und offensichtlich destruktiv orientierter und motivierter Personen konfrontiert sah, denen es darum ginge, ihre Ablehnung zum Ausdruck zu bringen, bevor überhaupt das Projekt vorgestellt werden konnte. Während der ganzen Verhandlung, die übrigens recht diszipliniert geführt worden sei, sei kein einziges Mal hervorgekommen, welchen Wert und Nutzen das gegenständliche Projekt haben könnte, es seien lediglich allfällige schädliche Auswirkungen, die von den geplanten Anlagen auf die Umgebung erfolgen könnten, angeführt worden, wobei die Gutachten der beigezogenen Sachverständigen, die bewiesen, daß weder mit einer Gefährdung noch mit einer über das zumutbare Ausmaß hinausgehenden Belästigung der Umwelt aus den projektierten Anlagen zu rechnen sei, sichtlich keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hätten. Dieser Umstand sei umso bemerkenswerter, als die geplanten Anlagen in einem bisher überwiegend von der Industrie dominierten Gebiet vorgesehen seien und eine Mehrbelastung der Umwelt nicht zu erwarten sei, ein Anliegen, welches der Anrainer- und Nachbarschaft im Sinne der Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität selbstverständlich zukomme und dem bergbehördlichen Verfahren oberste Richtschnur bedeute. Eine Parteistellung sei jedoch gemäß § 146 Abs. 5 Berggesetz 1975 im bergbehördlichen Verfahren diesem Personenkreis nicht gewährt.

Die Stellungnahme der Vertreter des Landes Steiermark hätten sich hauptsächlich auf Fragen der Zuständigkeit sowie der zwangsweisen Grundüberlassung bezogen. Letztere sei, wie bereits im Spruch angeführt, ausgesondert und einer eigenen Erledigung vorbehalten worden. Hinsichtlich der aufgeworfenen Kompetenzfrage bemerkte die Berghauptmannschaft, daß ihr diesbezüglich keine Zweifel aufgekommen seien, ansonsten dies von Amts wegen gemäß § 6 AVG 1950 hätte festgestellt werden müssen.

Ähnlich wie die Vertreter des Landes Steiermark hätten sich die Vertreter der Stadtgemeinde Kapfenberg geäußert, wobei hinsichtlich der geplanten Wasserkraftanlage darauf hingewiesen werde, daß das Verfahren diesbezüglich gemäß § 38 AVG 1950 bis zum Vorliegen der wasserrechtlichen Entscheidung ausgesetzt würde.

Gegen den Bescheid der Berghauptmannschaft haben das Land Steiermark und die Stadtgemeinde Kapfenberg rechtzeitig berufen. Vom Land Steiermark wird beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben. Von der Stadtgemeinde Kapfenberg wird dem Sinne nach beantragt, den Bescheid dahin abzuändern, daß das Ansuchen der Gipswerke abgewiesen wird. In eventu würde der Antrag gestellt, den Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berghauptmannschaft zurückzuverweisen.

Die Gipswerke haben durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, hinsichtlich des Spruchteils Frist des Bescheides berufen und beantragt, die Fristbestimmung im angefochtenen Bescheid in Stattgebung der Berufung auszuschalten, in eventu diese Fristbestimmung auf 30. Mai 1989 zu ändern.

Die Berufungsschrift der Gipswerke ist beim Postamt 1033 Wien zur Post gegeben worden, und zwar nach dem aufgedruckten Freistempel am 16. November 1987. Laut eigenhändiger Bestätigung im Postbuch der Berghauptmannschaft ist dem Bergbaubevollmächtigten der Gipswerke eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides am 30. Oktober 1987 in den Amtsräumen der Berghauptmannschaft übergeben worden.

In der Begründung der Berufung des Landes Steiermark wird i. w. ausgeführt, daß bereits anläßlich der mündlichen Verhandlung am 23. September 1986 vom Vertreter des Landes Steiermark vorgebracht worden sei, daß die Bergbehörde für die Genehmigung der gegenständlichen Anlage nicht zuständig sei. Begründend sei damals ausgeführt worden, daß die geplante Verarbeitungsanlage in Diemlach nicht zum Bergbaubetrieb in Tragöß gehöre und daher bergrechtliche Bestimmungen nicht zur Anwendung gelangen könnten. Dennoch habe die Berghauptmannschaft Leoben die gegenständliche Anlage mit Bescheid bewilligt und zur Einrede der Unzuständigkeit nur festgestellt, daß ihr bezüglich der aufgeworfenen Kompetenzfrage keine Zweifel gekommen seien, ansonsten sie diese von Amts wegen gemäß § 6 AVG 1950 hätte feststellen müssen.

Diese Feststellung sei nicht geeignet, die anläßlich der Verhandlung geäußerten Zweifel an der Zuständigkeit der Bergbehörde auszuräumen. In der gegenständlichen Anlage soll nämlich ein Rohstoff (Anhydrit) zu einem verkaufsfähigen Fertigprodukt (Trockenmörtel) verarbeitet werden. Der Rohstoff werde im rd. 30 km entfernten Bergbaubetrieb in Tragöß gewonnen und soll mit LKW zur geplanten Anlage in Diemlach transportiert werden. Dort würden andere Materialien (z.B. Sand, Trockenfarbstoff usw.), die nicht im Rahmen des Bergbaubetriebes in Tragöß gewonnen würden, beigemengt und zusammen mit Anhydrit zu Trockenmörtel, somit zu einem verkaufsfähigen Fertigprodukt und NICHT zu einem verkaufsfähigen ROHPRODUKT verarbeitet. Wenn nun aber jene Arbeitsvorgänge, die im geplanten Objekt durchgeführt werden sollen, nicht unter jene im § 2 Abs. 2 des Berggesetzes 1975 angeführten Tätigkeiten fielen, könne das gegenständliche Objekt nicht als Bergbauanlage im Sinne des § 145 des Berggesetzes 1975 beurteilt werden.

In der Begründung der Berufung der Stadtgemeinde Kapfenberg wird i.w. ausgeführt, daß diese anläßlich der Verhandlung am 23. September 1986 massive Einwände gegen die Erteilung der bergbehördlichen Bewilligung für die Aufbereitungsanlage der Gipswerke erhoben habe. Im Bescheid vom 28. Oktober 1987 habe die Berghauptmannschaft nur zur Einwendung der Unzuständigkeit festgestellt, daß ihr keine Zweifel über ihre Zuständigkeit gekommen seien. Auf die übrigen Einwendungen der Stadtgemeinde sei nicht eingegangen worden. Da also keine ihrer Einwendungen begründet abgewiesen worden sei, bringe die Stadtgemeinde Kapfenberg diese neuerlich vor:

1.

Die Unzuständigkeit der Bergbehörde für die Fließestrichanlage werde eingewendet, da der betriebliche Zusammenhang zwischen dem Abbau in Tragöß/Oberort und der Verarbeitungsanlage in Kapfenberg (rd. 30 km Entfernung) nicht gegeben sei. Dadurch, daß der Berghauptmannschaft "keine Zweifel über ihre Zuständigkeit" gekommen seien, sei dieses Argument noch nicht entkräftet.

2.

Im Gemeindegebiet von Kapfenberg gebe es bereits emissionsträchtige Betriebe, die die Luftqualität im Raum Kapfenberg stark beeinträchtigten. Die gegenständliche Fließestrichanlage werde lt. Sachverständigengutachten 50 mg/Nm3 erreichen, was lt. Auskunft des Hygieneinstitutes in Graz nach den derzeit geltenden Richtlinien den zulässigen Höchstwert darstelle. Es könne also keine Rede davon sein, daß "eine Mehrbelastung der Umwelt nicht zu erwarten" sei. Durch diese zusätzliche Emission werde die Kapfenberger Luft in diesem Gebiet noch weiter belastet. Der Ortsteil Diemlach, in dem die gegenständliche Anlage errichtet werden soll, liege in einem schlecht durchlüfteten Talkessel, sodaß bei Niederdruckwetterlage die Belastung aus der Luftverschmutzung für die Bewohner zu einer ernsten Gesundheitsgefährdung führen können. Ob nun tatsächlich eine Gefährdung der Gesundheit vorliege oder nicht, hätte nur durch ein medizinisches Gutachten ermittelt werden können. Da im gegenständlichen Verfahren kein medizinischer Sachverständiger herangezogen worden sei, liege ein grober Mangel des Verfahrens vor.

3.

Die Einwendung, daß die Staubentwicklung durch die Zubringung und Ablieferung des Materials noch zusätzlich erhöht werde, sei ebenfalls im gegenständlichen Bescheid nicht behandelt worden. Dadurch bestehe die Möglichkeit, daß die Gesamtemissionsmenge den zulässigen Höchstwert von 50 mg/Nm3 übersteigen könne, da "das zum Betriebsgeschehen von einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser dem einer Betriebsanlage zugehörigen Geschehen zuzurechnen sei". So sei auch keine Auflage erteilt worden, daß der gemahlene Anhydrit in geschlossenen Wägen abtransportiert werden müsse.

4.

Hinsichtlich der örtlichen Raumplanung sei gegen das gg. Bauvorhaben einzuwenden, daß unweit der vorgesehenen Anlage schon seit längerem eine Wohnsiedlung ("Diemlach-Nord") geplant sei, die vor einigen Jahren nicht verwirklicht habe werden können, da die Emissionen der damals noch bestehenden Firma Felten & Guilleaume so hoch gewesen seien, daß die Förderung von Seite des Landes versagt worden sei. Bei Errichtung der gg. Anlage bestehe erneuert die Gefahr, daß auf Grund der zu erwartenden Staubemissionen das Bauvorhaben erneuert negativ begutachtet werde.

Die Stadtgemeinde Kapfenberg führt in der Begründung ihrer Berufung abschließend i.w. noch aus, sollte die Bestimmung des § 146 Abs. 6 des Berggesetzes 1975 für eine Parteistellung der Stadtgemeinde noch nicht ausreichen, beantrage sie diese als Grundeigentümer des angrenzenden öffentlichen Gutes und als Eigentümer benachbarter Grundstücke, wie z.B. der Grundstücke Nr. 102/2, 124 Baufläche, 125 Baufläche in der Kat.Gem. Diemlach. § 146 Abs. 5 des Berggesetzes 1975 bestimme, daß im Bewilligungsverfahren, wenn die Bergbauanlage auf der Oberfläche von Grundstücken errichtet oder betrieben werde, die Eigentümer der benachbarten Grundstücke Parteien seien, wenn sie gefährdet werden könnten. Da wie ausgeführt eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden könne, sei bis zur endgültigen Klärung darüber für die Eigentümer der benachbarten Grundstücke entgegen der Meinung der Berghauptmannschaft die Parteistellung gegeben.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat hiezu erwogen:

Gips und Anhydrit zählen nach § 3 Abs. 1 Z. 2 des Berggesetzes 1975 zu den bergfreien mineralischen Rohstoffen. Nach § 2 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 gilt dieses für das Aufsuchen und Gewinnen derartiger mineralischer Rohstoffe sowie für das Aufbereiten dieser, soweit es durch den Bergbauberechtigten in betrieblichem Zusammenhang mit dem Aufsuchen und Gewinnen erfolgt. Was unter "Aufsuchen", "Gewinnen" und "Aufbereiten" im Sinne des Berggesetzes 1975 zu verstehen ist, gibt dessen § 1 Z. 1 bis 3 an. Nach § 132 des Berggesetzes 1975 steht einem Bergbauberechtigten als besondere Befugnis außerdem zu, die (aufbereiteten) mineralischen Rohstoffe in betrieblichem und räumlichem Zusammenhang mit dem Aufbereiten zu pelletieren, brikettieren, trocknen, brennen, schwelen sowie verkoken - es handelt sich hiebei um Veredelungsvorgänge - und, falls die (veredelten) mineralischen Rohstoffe noch nicht verkaufsfähig sind, bis zu einem verkaufsfähigen Rohprodukt zu verarbeiten. Ein betrieblicher Zusammenhang ist insbesondere gegeben, wenn zwischen dem Aufsuchen und Gewinnen einerseits und dem Aufbereiten andererseits eine Verbindung durch betriebliche Einrichtungen, wie Förderbänder, Seilbahnen oder dgl. besteht (siehe hiezu auch die Erl. zu § 2 der Regierungsvorlage betr. das Berggesetz 1975, 1303 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII. GP.). Ein solcher Zusammenhang wird aber auch vorliegen, wenn der betriebliche Zusammenhang organisatorischer Natur ist (gemeinsame Betriebsleitung, gemeinsame Werksleitung oder dgl.). Ein räumlicher Zusammenhang wird anzunehmen sein, wenn ein räumliches Naheverhältnis besteht, etwa wenn die betrieblichen Anlagen sich auf dem selben Werksgelände befinden. Zu beachten ist ferner, daß der Begriff "Gewinnen" im Sinne des § 1 Z. 2 des Berggesetzes 1975 nicht bloß den Abbau umfaßt, sondern u.a. auch die damit zusammenhängenden nachfolgenden Tätigkeiten, so vor allem auch den Transport der abgebauten mineralischen Rohstoffe zur Aufbereitung.

Prüfungen, welche Arbeitsvorgänge in den Anlagen, auf die sich der angefochtene Bescheid bezieht, dem Aufbereiten, der Veredelung bzw. der Weiterverarbeitung im dargelegten Sinn zuzuordnen sind, und inwieweit ein betrieblicher Zusammenhang zwischen dem Aufbereiten und dem Gewinnen bzw. inwieweit ein betrieblicher und räumlicher Zusammenhang zwischen dem Aufbereiten und Veredeln bzw. der Weiterverarbeitung zu einem verkaufsfähigen Rohprodukt besteht, hat die Berghauptmannschaft nach den Akten des Verfahrens nicht vorgenommen. Es fehlt in den Akten auch eine umfassende Beschreibung der Anlagen und der in diesen vorgesehenen Arbeitsvorgänge. Es wird überdies zu beachten sein, daß das Einsatzgut Anhydrit ist und eine Weiterverarbeitung bei Erfüllung der sonstigen berggesetzlichen Voraussetzungen nur bis zu einem verkaufsfähigen Rohprodukt dem Anwendungsbereich des Berggesetzes 1975 unterliegt. Wann noch ein verkaufsfähiges Rohprodukt vorliegt, wird allenfalls durch Einholung eines gesteinshüttentechnischen Sachverständigengutachtens zu klären sein.

Aber selbst wenn nach dem Ergebnis der vorbezeichneten Prüfungen es sich gegenständlichenfalls um Anlagen handelt, auf die das Berggesetz 1975 anzuwenden ist, wird folgendes zu beachten sein:

Nach § 146 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 ist sowohl zur Herstellung (Errichtung) als auch zum Betrieb (zur Benützung) einer Bergbauanlage eine Bewilligung der Berghauptmannschaft erforderlich. Das Wesen einer Bergbauanlage liegt besonders darin, daß diese ein selbständiges Ganzes bildet und örtlich gebunden ist.

Nach § 146 Abs. 2 des Berggesetzes 1975 sind diese Bewilligungen, erforderlichenfalls unter Festsetzung von geeigneten Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn keine Gefährdung von Personen und dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Belästigung der Umwelt zu erwarten ist. Auch ist auf öffentliche Interessen Bedacht zu nehmen.

Eine über das zumutbare Maß hinausgehende Belästigung der Umwelt wird nicht vorliegen, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht erheblich überschreitet und die ortsübliche Benützung der Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigt. Hiebei sind auch die für die Widmung der Grundstücke maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen (siehe hiezu § 146 Abs. 4 des Berggesetzes 1975).

Unter "Bedachtnahme" ist nach der Lehre (siehe hiezu Adamovich-Funk "Allgemeines Verwaltungsrecht", 3. Aufl., Springer-Verlag, 1987, S. 304, ferner Rill-Schäffer "Die Rechtsnormen für die Planungskoordinierung seitens der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Raumordnung", Schriftenreihe der österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) Nr. 6, 1975, S. 32) die Berücksichtigung von Maßnahmen, Entscheidungen und Interessen anderer Entscheidungsträger zu verstehen, ohne daß es zu einem Zusammenwirken der beteiligten Entscheidungsträger kommt. Erreicht werden soll eine Harmonisierung von Entscheidungen verschiedener Entscheidungsträger, und zwar dadurch, daß die verschiedenen Entscheidungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles aufeinander abgestimmt und miteinander in Einklang gebracht werden (siehe hiezu Adamovich-Funk a.a.O., S. 303, und Rill-Schäffer a.a.O., S. 29 f). In diesem Sinn ist auch der letzte Satz des § 146 Abs. 2 des Berggesetzes 1975 zu sehen.

Parteien in den Bewilligungsverfahren gegenständlicher Art sind nach § 146 Abs. 5 des Berggesetzes 1975 insbesondere der Bewilligungswerber, wenn das Grundstück, auf dem die Bergbauanlage gelegen ist, nicht dem Bewilligungswerber gehört, der Eigentümer dieses Grundstückes sowie die Eigentümer der an dieses Grundstück angrenzenden oder diesem benachbarten Grundstücke, wenn sie und ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet werden können und die Bergbauanlage, auf die sich das Bewilligungsverfahren bezieht, auf der Oberfläche oder im oberflächennahen Bereich von Grundstücken errichtet (betrieben) wird. Daraus folgt, daß einem Anrainer oder Nachbarn dann Parteistellung zukommt, wenn dieser und/oder dessen dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassene Sachen durch die Errichtung (den Betrieb) der Bergbauanlage gefährdet werden k ö n n e n . Es begründet demnach bereits eine MÖGLICHE Gefährdung die Parteistellung (siehe hiezu auch die VwGH.Erk. Zln. 1319/68 und 1455/68 vom 24. Juni 1970 und das VwGH.Erk. Zl. 1518/77 vom 14. Feber 1978). Um den Kreis der Parteistellung genießenden Anrainer und Nachbarn zu ermitteln, ist sohin vor allem diese - zunächst nur in prozessualer Hinsicht bedeutsame - Frage zu prüfen. Hiebei wird bei der Auslegung des schon im § 81 Abs. 3 des Berggesetzes, BGBl. Nr. 73/1954, in der Fassung des Art. I Z. 4 der Berggesetznovelle 1969, BGBl. Nr. 67 - diese Gesetzesstelle entspricht dem § 146 Abs. 5 des Berggesetzes 1975 - enthaltenen Begriffs "gefährden" bzw. "Gefährdung" - es handelt sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff - davon auszugehen sein, daß eine Gefährdung dann vorliegt, wenn begründeterweise angenommen werden kann, daß ein Schaden eintreten wird (siehe hiezu auch Grass-Kreisel "Das Berggesetz", Manz 1960, S. 53, Anm. 3 zu § 83), und zwar im Hinblick auf Personen, daß diese getötet oder an ihrem Körper oder an ihrer Gesundheit verletzt werden, im Hinblick auf Sachen, wie etwa Grundstücke, daß diese beschädigt werden (siehe hiezu § 183 Abs. 1 des Berggesetzes 1975). Die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes einer Sache gilt jedoch nicht als Gefährdung (siehe hiezu § 146 Abs. 3 des Berggesetzes 1975). Der Sachentscheidung ist es vorbehalten, die Frage zu lösen, ob nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Annahme, es könne eine schädliche Einwirkung auf den als Anrainer bzw. Nachbarn in Betracht kommenden Personenkreis stattfinden, begründet war.

Das Land Steiermark ist unbestrittenermaßen Eigentümer des Grundstückes, auf dem die gg. Anlagen errichtet werden sollen. Ihm kommt sohin nach § 146 Abs. 5 des Berggesetzes 1975 Parteistellung im gg. Bewilligungsverfahren zu.

Die Stadtgemeinde Kapfenberg hat bei der mündlichen Verhandlung und örtlichen Erhebung am 23. September 1986 eine Reihe von Einwendungen gegen das geplante Vorhaben vorgebracht und in der Berufung unter Bezugnahme auf mehrere in ihrem Eigentum befindliche benachbarte Grundstücke dem Sinne nach behauptet, daß sie durch den Betrieb der in Rede stehenden Anlagen gefährdet werden könnte. Unter Bedachtnahme auf die Art der geplanten Anlagen und die sich durch diese ergebende Betriebsweise erscheint eine Beeinträchtigung der Stadtgemeinde Kapfenberg als Grundeigentümerin nur durch Emissionen denkbar, wobei es für die Parteistellung unmaßgeblich ist, ob die geplanten Anlagen schon Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen vorsehen. Die Parteistellung der Stadtgemeinde Kapfenberg könnte demnach nur dann verneint werden, wenn festgestellt worden wäre, daß die Möglichkeit einer Gefährdung im schon dargelegten Sinn auszuschließen ist. Eine derartige Feststellung hat die Berghauptmannschaft jedoch nicht getroffen, wie diese es insbesondere auch verabsäumt hat, die voraussichtlichen Emissionsquellen und die davon ausgehenden Emissionen - außer Staubentwicklungen und Lärm werden auch Abgase aus den Heizungsanlagen in Betracht kommen - genau zu erfassen, deren Ausbreitung unter Berücksichtigung der meteorologischen Gegebenheiten zu ermitteln und so jenen Raum abzugrenzen, in dem mit einer Beeinträchtigung durch hinzukommende Immissionen allenfalls zu rechnen ist. Es hätte ferner ermittelt werden müssen, welche Wirkungen auf die Personen in diesem Raum zu gewärtigen sind, wenn die entsprechend den neuen Emissionen erwarteten Immissionen zu der bereits bestehenden Grundbelastung hinzutreten und solcherart auf den menschlichen Organismus der im Immissionsbereich wohnenden bzw. sich dort aufhaltenden Personen einwirken, was zu beurteilen einem medizinischen Sachverständigen zu überantworten gewesen wäre.

So gesehen wird der Stadtgemeinde Kapfenberg hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Parteistellung zukommen und ihr als vom Bescheid der Berghauptmannschaft betroffenen Partei das Recht, Berufung zu erheben, zustehen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage sind ergänzende Ermittlungen zwecks Klärung, ob bzw. inwieweit das gg. Vorhaben dem Anwendungsbereich des Berggesetzes 1975 unterliegt, und in weiterer Folge, wenn dies zumindest teilweise zutreffen sollte, ergänzende Ermittlungen zwecks genauer Erfassung der voraussichtlichen Emissionsquellen, der davon ausgehenden Emissionen, Ermittlung von deren Ausbreitung, Abgrenzung des Raumes, in dem mit einer Beeinträchtigung durch hinzukommende Immissionen allenfalls zu rechnen ist, Erfassung der zu erwartenden Wirkungen auf die Personen in diesem Raum, wenn die entsprechend den neuen Emissionen erwarteten Immissionen zu der bereits bestehenden Grundbelastung hinzutreten und solcherart auf den menschlichen Organismus der im Immissionsbereich wohnenden bzw. sich dort aufhaltenden Personen einwirken, sowie die Durchführung einer neuen mündlichen Verhandlung unter Beiziehung der Parteien, der berührten Verwaltungsbehörden und allfälliger Sachverständiger unvermeidlich. Die Berufungsbehörde sah sich daher veranlaßt, den Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Berghauptmannschaft zu verweisen.

Zu bemerken bleibt, daß ein Bewilligungswerber, der eine Bergbauanlage auf fremden Grundstücken errichten und betreiben will, vor Benützung der Oberfläche dieser Grundstücke nach § 170 des Berggesetzes 1975 die Zustimmung des Grundeigentümers einzuholen hat. Nur dann, wenn von vornherein der Abschluß eines Übereinkommens zwischen dem Bewilligungswerber und dem Grundeigentümer wahrscheinlich ist, erscheint es sinnvoll, das Bewilligungsverfahren zu Ende zu führen und die Bewilligung unter der aufschiebenden Bedingung zu erteilen, daß mit der Errichtung der Bergbauanlage erst begonnen werden darf, wenn ein Übereinkommen mit dem Grundeigentümer getroffen worden ist. Auch wenn um zwangsweise Grundüberlassung angesucht worden ist, sollte erst das Ergebnis des Verfahrens abgewartet werden, da selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine zwangsweise Grundüberlassung eine andere Lage und Ausführung der geplanten Bergbauanlage in Betracht kommen könnte, sodaß eine vorher erteilte Herstellungsbewilligung gegenstandslos werden könnte.

Die Berufung der Gipswerke war aus folgenden Gründen als verspätet zurückzuweisen.

Nach § 63 Abs. 5 AVG 1950 beträgt die Berufungsfrist zwei Wochen. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Zuzustellen ist ein Bescheid, mit dem eine Bewilligung nach § 146 des Berggesetzes 1975 erteilt wird, jedenfalls allen Parteien des Bewilligungsverfahrens (siehe hiezu § 146 Abs. 5 leg. cit.), sohin auch dem Bergbauberechtigten. Hatte dieser nach § 166 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 einen Bergbaubevollmächtigten zu bestellen, so sind diesem die für den Bergbauberechtigten bestimmten Schriftsücke zuzustellen. Nun besteht zwar die Möglichkeit, sich in einer Verwaltungsrechtssache eines berufsmäßigen Parteienvertreters zu bedienen. Es wird dann darauf ankommen, ob die erteilte Vollmacht die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken beinhaltet. Dies kann dazu führen, daß es zwei Zustellungsbevollmächtigte des Bergbauberechtigten gibt. Die Zustellung des Schriftstückes ist bewirkt, wenn sie auch nur an einen der beiden Zustellungsbevollmächtigten vorgenommen worden ist (siehe hiezu auch § 9 Abs. 2 letzter Satz des Zustellgesetzes).

Die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides erfolgte gegenständlichenfalls lt. eigenhändiger Bestätigung im Postbuch der Berghauptmannschaft am Freitag, dem 30. Oktober 1987, durch Übergabe an den Bergbaubevollmächtigten der Gesellschaft in den Amtsräumen der Berghauptmannschaft.

Die Berufungsfrist beträgt nach der eingangs zitierten Gesetzesstelle zwei Wochen. Nach § 32 Abs. 2 AVG 1950 enden Fristen, die nach Wochen bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Demnach endete vorliegendenfalls die Frist für die Einbringung einer Berufung am Freitag, dem 13. November 1987.

Nach § 13 (gemeint wohl: § 33) Abs. 3 AVG 1950 werden die Tage des Postenlaufes nicht in die Berufungsfrist eingerechnet. Sohin hätte die Berufungsschrift spätestens am 13. November 1987 zur Post gegeben werden müssen. Sie ist jedoch erst am 16. November 1987 zur Post gegeben worden. Da sohin die Berufung verspätet eingebracht worden ist, war sie gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zurückzuweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof werden als

Beschwerdepunkte geltend gemacht:

"Durch den angefochtenen Bescheid sind wir in unserem aus § 66 Abs. 4 AVG begründeten Recht, wonach unsere fristgerecht eingereichte Berufung hinsichtlich der Ausführungsfrist meritorisch erledigt wird, ferner in unserem aus § 66 iVm § 10 AVG begründeten Recht, daß als Berufung eines Vertreters eines Berufungswerbers ein Schriftsück nur dann in Betracht gezogen und meritorisch erledigt wird, wenn die angebliche Vertreterstellung durch schriftliche Vollmacht nachgewiesen wird, ferner in unserem aus § 66 Abs. 4 AVG begründeten Recht, daß nur Berufungen von Parteien iSd § 146 Abs. 5 BergG meritorisch erledigt werden, in unserem Recht auf Parteiengehör (§§ 37, 65 AVG), auf sorgfältige Berücksichtigung des Ergebnisses des gesamten Ermittlungsverfahrens (§ 42 AVG) und auf Unterlassung von Behebungsbescheiden (§ 66 Abs. 2 AVG), verletzt."

In Ausführung der so bezeichneten Beschwerdepunkte wird in der Beschwerde im Zusammenhalt mit den von der Beschwerdeführerin erstatteten Schriftsätzen vom 20. April 1989 sowie 1. Juni 1989 im wesentlichen vorgebracht:

Die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin sei deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Rechtsform keine juristische Person sei, sondern eine Kommanditgesellschaft, bei der bloß ein Komplementär eine juristische Person sei. Es sei in der österreichischen Rechtslehre anerkannt, daß die sogenannten Personenhandelsgesellschaften keine juristischen Personen seien. Es könne daher für den Betrieb der Beschwerdeführerin keinen Bergbaubevollmächtigten im Sinne des § 166 Abs. 1 Berggesetz 1975 geben, "da andererseits unbestritten ist, daß auch Personenhandelsgesellschaften Bergbauberechtigte sein können, mag auch bisher im Verkehr der Behörde Dr. P als Bergbaubevollmächtigter bezeichnet worden sein". Auch sei keine Bevollmächtigung des Dr. P feststellbar. Daraus folge, daß nicht die Ausfolgung des erstinstanzlichen Bescheides an Dr. P als Zustellung gewertet werden könne, sondern nur die Zustellung an den rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin.

Der Berufung des Landes Steiermark komme meritorisch keine Berechtigung zu. Das Land Steiermark habe stets die Zuständigkeit der Bergbehörde für die gegenständliche Bescheiderlassung bestritten und ebenfalls nur Umweltgesichtspunkte geltend gemacht. Da aber nur die Berufung auf eigene subjektive Rechte die Parteistellung vermittle, könne auch hinsichtlich der Frage, ob allenfalls Zuständigkeitsvorschriften verletzt seien, dem Land Steiermark nur dann Parteistellung zugekommen sein, wenn es Parteistellung in materieller Hinsicht hätte, wenn also eine ortsübliche Nutzung des im Landeseigentum stehenden Grundstückes verhindert worden wäre. Die Berufungsbehörde hätte also, wenn man nicht die Auffassung vertrete, daß die Parteistellung überhaupt davon abhänge, daß subjektive Rechte in den Einwendungen geltend gemacht worden seien, jedenfalls prüfen müssen, ob überhaupt eine Gefährdung des Eigentumes des Landes Steiermark denkbar sei. Denn daß juristische Personen nicht im Sinne des § 146 Abs. 2 Berggesetz 1975 als gefährdete Personen angesehen werden könnten, stehe nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fest.

Hinsichtlich der Berufung der zweitmitbeteiligten Partei zeige sich zunächst ein Vertretungsproblem. Nach der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 vertrete zwar prinzipiell der Bürgermeister die Gemeinde, "jedoch bestimmt § 63 der Gemeindeordnung, daß Urkunden über Verbindlichkeiten der Gemeinde gegenüber Dritten, soweit es sich nicht um Angelegenheiten der laufenden Verwaltung handelt, vom Bürgermeister und einem weiteren Mitglied des Gemeindevorstands zu fertigen und mit dem Gemeindesiegel zu versehen sind". Die Berufung sei "als Verfahrenshandlung (sogenannte doppelfunktionale Prozeßhandlung) für die Gemeinde verpflichtend, weil im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof immer wieder judizierte Mitwirkungspflicht der Parteien (z.B. 4.977A/1959,

16. April 1980, Zl. 599/79; 16. Jänner 1985, 83/03/0077) die Stadtgemeinde dadurch einer verfahrensrechtlichen Obliegenheit entspricht, und dadurch selbst gegenüber Dritten (nämlich der Behörde) eine Pflicht begründet bzw. nicht begründet". Dies müsse umso mehr gelten, als die Stadtgemeinde nach dem Vorbringen in der Berufung nicht auf Grund ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereiches tätig werde - in diesem Zusammenhang hätte sie ohnedies im Sinne des § 146 Abs. 5 Berggesetz 1975 keine Parteistellung - sondern die Parteistellung aus ihrer Stellung als angeblicher Grundeigentümer ableite. Die belangte Behörde berufe sich zur Begründung der Parteistellung der Stadtgemeinde Kapfenberg tatsächlich auf Äußerungen in der Verhandlung, wonach sie eine derartige Stellung als Grundeigentümer in Anspruch genommen habe. Tatsächlich fänden sich jedoch in der Verhandlungsschrift derartige Behauptungen der Stadtgemeinde Kapfenberg nicht. Es werde auch von der Stadtgemeinde Kapfenberg bei dieser Gelegenheit nicht konkret vorgebracht, wie eine Gefährdung ihrer Grundstücke eintreten solle, was auch nicht verwundere, da die Stadtgemeinde überhaupt (jedenfalls in diesem Stadium des Verfahrens) nicht behaupte, Grundstückseigentümer gewesen zu sein. Soweit der angefochtene Bescheid eine Bezugnahme auf die im Eigentum der Stadtgemeinde befindlichen benachbarten Grundstücke in dieser Verhandlung behaupte, sei dies aktenwidrig. Erstmals in der Berufung stelle die Stadtgemeinde die Behauptung auf, daß sie Eigentümer benachbarter Grundstücke sei bzw. Grundstückseigentümer des öffentlichen Gutes. Diese Berufung sei der Beschwerdeführerin aber niemals zugestellt worden, sodaß die Beschwerdeführerin zu diesen aktenwidrigen Behauptungen nicht habe Stellung nehmen können. Tatsache sei, daß das angrenzende öffentliche Gut im Eigentum der Bundesstraßenverwaltung bzw. des Landes stehe, nicht aber als Gemeindestraße gewidmet sei. Genausowenig habe die Gemeinde das Liegenschaftseigentum an den in der Berufung angeführten Parzellen. Voraussetzung einer solchen Parteistellung wäre aber nach § 146 Abs. 5 Berggesetz 1975, daß die Eigentümer des Grundstückes oder die Sache (die den Bergbauberechtigten nicht überlassen worden sei) durch den Betrieb gefährdet werden könnten. Unter Gefährdung sei, ähnlich wie in § 74 GewO 1973, nur eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen oder eine Gefährdung von Sachen zu verstehen, wobei eine bloße Verkehrswertminderung unbeachtlich sei. Selbst wenn nur eine potentielle Gefährdung von Sachen ausreichen sollte, hätte die Berufung dartun müssen, warum bei den angrenzenden oder benachbarten Grundstücken derartige Beeinträchtigungen stattfinden könnten; bloße Belästigungen im Sinne der Gewerbeordnung seien bergrechtlich überhaupt irrelevant. "Sowohl aus dem Mangel der entsprechenden Fertigung der Berufung als auch wegen Fehlens der Grundeigentümereigenschaft an den Grundstücken, wie oben beschrieben seitens der Stadtgemeinde Kapfenberg und auch aus der mangelnden Möglichkeit der Gefährdung solcher Grundstücke, selbst wenn sie im Eigentum der Stadtgemeinde Kapfenberg stünden, ergibt sich sohin, daß die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig hätte zurückgewiesen werden müssen."

Schließlich hätte die belangte Behörde, selbst wenn sie die Berufungen des Landes Steiermark und der Stadtgemeinde Kapfenberg "meritorisch und nicht durch Zurückweisung zu erledigen gedacht hätte", nicht den Bescheid der Berghauptmannschaft aufheben dürfen, sondern in der Sache selbst entscheiden müssen. § 66 Abs. 2 AVG 1950 ermögliche der Berufungsbehörde nur dann die Bescheidbehebung, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft sei, daß die Durchführung oder Wiederholung einer Verhandlung unvermeidlich erscheine. Die Berufungsbehörde begründe ihre Meinung dahin, daß zunächst einmal festgestellt werden müsse, ob bzw. inwieweit das gegenwärtige Vorhaben dem Anwendungsbereich des Berggesetzes 1975 unterliege, wobei dazu auch die Heranziehung eines "gesteinshüttentechnischen Sachverständigengutachtens" verlangt werde. Es sei unklar, wieso es dazu einer neuerlichen Verhandlung bedürfe. Der Sachverständige hätte genausogut im Berufungsverfahren herangezogen werden können und dann festgestellt, daß die Anlage insgesamt oder mit Ausnahme ganz unwichtiger Verpackungs- und Abfertigungsvorgänge dem Berggesetz 1975 unterliege, weil ein unlösbarer Zusammenhang mit dem Bergbau zur Herstellung eines verkaufsfähigen Rohproduktes bestehe. Genauso hätte eine genaue Abgrenzung der Emissionen in ihrer Ausbreitung (sofern ein solches Vorhaben überhaupt durch einen Sachverständigen geleistet werden könne) auch ohne weitere mündliche Verhandlung stattfinden können. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsbescheides hätten eher einen phrasenhaften Charakter, zumal mit einem Sachverständigen auch in Form eines gemischten Augenscheins das Auslangen hätte gefunden werden können. Im Grunde sei die Beschwerdeführerin das Opfer einer Meinungsverschiedenheit zwischen der Behörde erster und zweiter Instanz.

Die Beschwerde ist, insoweit die Berufung der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen wird, nicht begründet:

Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat nach § 9 Abs. 1 erster Satz Zustellgesetz die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen.

Nach § 166 Abs. 1 Berggesetz 1975, BGBl. Nr. 259 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 355/1990), haben Bergbauberechtigte, die gemeinsam Inhaber einer Bergbauberechtigung oder in den Fällen des § 2 Abs. 2 einer Gewerbeberechtigung sind oder denen gemeinsam die Ausübung solcher Berechtigungen überlassen worden ist, ferner alleinige Bergbauberechtigte, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Ausland haben oder juristische Personen sind, eine im Inland wohnhafte eigenberechtigte Person zu bestellen, die ermächtigt ist, für sie, bei mehreren Teilhabern für alle gemeinsam, rechtswirksam Aufträge der Bergbehörden entgegenzunehmen und Schriftstücke der Bergbehörden zu empfangen (Bergbaubevollmächtigte).

In der Beschwerde wird nun nicht bestritten, daß von der Beschwerdeführerin - als Bergbauberechtigte - ein Bergbaubevollmächtigter bestellt worden war. Bestritten wird lediglich, daß die an diesen Bergbaubevollmächtigten erfolgte Zustellung Rechtswirkungen auszulösen vermochte, weil die Beschwerdeführerin als Kommanditgesellschaft keine juristische Person sei und daher ein Bergbaubevollmächtigter rite gar nicht zu bestellen gewesen wäre.

Dieses Beschwerdevorbringen ist schon aus folgendem Grund nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - soweit er die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin betrifft - aufzuzeigen: § 9 Zustellgesetz stellt allein auf die Tatsache der Bestellung eines Zustellbevollmächtigten ab. Daß ein Bergbaubevollmächtigter, dem nach § 166 Abs. 1 Berggesetz 1975 (auch) die Stellung eines Zustellbevollmächtigten zukommt, bestellt wurde, ist unbestritten. Ob die Beschwerdeführerin gesetzlich VERPFLICHTET war, einen solchen zu bestellen, ist im gegebenen Zusammenhang rechtlich bedeutungslos.

Soweit sich die Beschwerde gegen den weiteren Abspruch des angefochtenen Bescheides wendet, wonach (auf Grund der Berufungen der mitbeteiligten Parteien) der erstinstanzliche Bescheid gem. § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen wird, ist vorweg zu bemerken, daß durch diesen abändernden Abspruch des angefochtenen Bescheides die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt sein konnte und auch insofern die Beschwerde zulässig ist. Es ist nämlich von der allgemeinen Regel auszugehen, wonach ungeachtet des Umstandes, daß ein Bescheid von einer Partei als nicht bekämpft anzusehen ist, die Beschwerde zulässig ist, wenn dieser Bescheid infolge eines Rechtsmittels eines Dritten zum Nachteil dieser Partei geändert wurde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1984, Zl. 82/04/0263).

Die Beschwerde ist nicht berechtigt, soweit damit die mangelnde Parteistellung und damit die mangelnde Berufungslegitimation des Landes Steiermark aufzuzeigen gesucht wird.

Gemäß § 146 Abs. 1 Berggesetz 1975 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Berggesetznovelle 1990 - sind zur Herstellung (Errichtung) und zum Betrieb (zur Benützung) unter anderem von obertägigen Bergbauanlagen sowie bei wesentlichen Änderungen an derartigen Bergbauanlagen Bewilligungen der Berghauptmannschaft einzuholen. Die Bewilligungen sind gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, erforderlichenfalls unter Festsetzung von geeigneten Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn keine Gefährdung von Personen und dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Belästigung der Umwelt zu erwarten ist. Auf öffentliche Rücksichten (Abs. 6) ist Bedacht zu nehmen. Unter einer Gefährdung von Sachen ist gemäß § 146 Abs. 3 leg. cit. die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes der Sache nicht zu verstehen. Nach der Anordnung des § 146 Abs. 4 leg. cit. liegt eine über das zumutbare Maß hinausgehende Belästigung der Umwelt vor, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß erheblich überschreitet und die ortsübliche Benützung der Grundstücke wesentlich beeinträchtigt. Hiebei sind auch die für die Widmung der Grundstücke maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen. Gemäß § 146 Abs. 5 leg. cit. sind Parteien in den Bewilligungsverfahren u.a. der Bewilligungswerber und, wenn die Bergbauanlage auf der Oberfläche oder im oberflächennahen Bereich von Grundstücken errichtet oder betrieben wird, deren Eigentümer sowie die Eigentümer der angrenzenden und der benachbarten Grundstücke, wenn sie und ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet werden können.

Es ist unbestritten, daß die in Frage stehende Anlage auf der Oberfläche eines im Eigentum des Landes Steiermark stehenden Grundstückes errichtet und betrieben werden soll. Zutreffend vertritt die belangte Behörde in ihrer Äußerung vom 18. Mai 1989 die Ansicht, wonach allein aus der Tatsache, daß die Anlagen auf der Oberfläche des Grundstückes des Landes Steiermark errichtet werden sollen, dem Land Steiermark Parteistellung in dem in Rede stehenden Bewilligungsverfahren zukommt. Entgegen der von der Beschwerdeführerin nicht näher begründeten Rechtsmeinung, bezieht sich der letzte Halbsatz des § 146 Abs. 1 erster Satz Berggesetz 1975 ("wenn sie und ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet werden können") nur auf die Eigentümer der angrenzenden und der benachbarten Grundstücke. Mit der Regelung des § 146 Abs. 1 erster Satz wurden nämlich erkennbar drei Gruppen von (Formal-)Parteien geschaffen: a) der Bewilligungswerber, b) die Eigentümer der Grundstücke, auf deren Oberfläche oder in deren oberflächennahen Bereich die Bergbauanlage errichtet oder betrieben wird, und c) die Eigentümer der angrenzenden und der benachbarten Grundstücke, wenn sie und ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet werden können.

Soweit hinsichtlich der Berufung der zweitmitbeteiligten Partei eine mangelnde Vertretungslegitimation des Bürgermeisters zur Erhebung der Berufung geltend gemacht wird, so genügt es darauf zu verweisen, daß gemäß § 45 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, der Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertritt. Erhebt der Bürgermeister im Namen der Gemeinde eine Berufung, so kann dies, selbst wenn dem keine Beschlußfassung des im Innenverhältnis zuständigen Gemeindeorganes zugrundegelegen ist, im Sinne der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu einer Zurückweisung der Berufung mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung führen (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1983, Zl. 82/07/0190, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerde ist aber insoweit begründet, als die mangelnde Parteistellung der zweitmitbeteiligten Partei gerügt wird.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid von einer (denkbaren) Beeinträchtigung der zweitmitbeteiligten Partei als Grundeigentümerin durch Emissionen aus. Damit verkannte sie die Rechtslage. Für die zweitmitbeteiligte Partei als Gebietskörperschaft kommt nämlich die Frage einer persönlichen Gefährdung gar nicht in Betracht (vgl. sinngemäß das zur GewO 1973 ergangene hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1989, Zl. 88/04/0231). Darauf aber, daß - losgelöst von einer nicht in Betracht kommenden persönlichen Gefährdung der zweitmitbeteiligten Partei - "ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet werden können", hat die belangte Behörde offenbar infolge der Verkennung der Rechtslage gar nicht abgestellt. Wenn sich die zweitmitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift allerdings darauf beruft, daß sie als Eigentümerin der Grundstücke und als Verwalterin der darauf befindlichen Objekte auf jeden Fall die Interessen der dort Wohnenden zu vertreten habe, so geht sie an den angeführten Tatbestandsmerkmalen des bergrechtlichen Anrainer- bzw. Nachbarbegriffes vorbei.

Die Beschwerdeführerin ist aber auch im Recht, wenn sie die Zulässigkeit der Rückverweisung an die erste Instanz im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG 1950 rügt.

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, darf die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt demnach die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für seine Ermittlung (Erhebung der Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise) in Betracht kommenden Personen, die daher gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen, beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden und die dafür notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung der Behörde erster Instanz oder selbst vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1990, Zl. 90/09/0055, und die dort zitierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Die belangte Behörde ging nun selbst davon aus, daß (zunächst) die Frage zu klären ist, "ob bzw. inwieweit das gg. Vorhaben dem Anwendungsbereich des Berggesetzes 1975 unterliegt". Zur Klärung dieses VORRANGIGEN Prozeßthemas hätte die von der belangten Behörde vermißte Beweisaufnahme durch sie selbst oder durch die von

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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